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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Zur neuen Aanalvorlage

die sie vertrete", wohl oder übel fügen und gerecht zu werden versuchen
müßten, so gut und so schlecht wie es gehe, gerade deshalb haben die Konser¬
vativen Veranlassung, die wiederholte Mittellandkanalvorlage jetzt einer sachlichen
Prüfung zu unterziehn, sie auf keine" Fall von vornherein abzulehnen. Und
wenn sie selbst etwa die Vorlage ans den persönlichen Wunsch, d. h. auf das
persönliche pflichtmäßige Ermessen des Monarchen zurückführen zu sollen glaube",
so haben sie als Konservative einfach die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, sich
doppelt und dreifach zu bemühen, den sachlichen Gründen, die den Monarchen
zur nochmalige" Vorlegung bestimme", "ut die jetzt zum zweitenmal von
dem sachverständige" Fachminister dargelegt worden sind, gerecht zu werden.
Es ist schlechterdings ""verträglich mit der Pflicht eines preußischen Konser¬
vative", sich so zu verhalten, als wenn er solche Vorlagen als Ausflüsse
persönlicher, momentaner Launen des Monarchen zu betrachten berechtigt sei.
Wenn das konservative Männer thu", was soll man dann von den Sozial¬
demokraten erwarte"? Wenn sich die Mitglieder der konservativen Parteien und
die konservativ und monarchisch gesinnten Angehörige" der Zentrumsfraktion
nur endlich einmal auf Herz und Nieren prüfen wollten, so würde diese grünt
sätzliche Opposition bald ein Ende haben. Sie würden mit Schrecke" wahr¬
nehmen, in welchem verhängnisvollen Fahrwasser sie treiben. Daß von den
Rednern der Opposition sechs- oder siebenmal in der viertägiger ersten Lesung
versichert worden ist, ihnen und ihren Freunden lüge jeder grundsätzliche Wider¬
spruch fern, null gar nichts bedeuten. Das ist immer gesagt worden, aber
das Handeln hat die Reden immer Lügen gestraft. Der Minister von Miqnel
hatte mir zu sehr Recht, wenn er am 4. Februar den Herren sagte, man könnte
glauben, daß sie in der Sache rmrti pris hätte" und hinterher die Gründe
dafür zusammensuchten, und er hat nur seine Pflicht gethan, wenn er sie bat,
sich die politischen Konsequenzen eines solche" Verhaltens zu vergegenwärtige".
Das war keine Drohung; die hätte gar keinen Sinn mehr. Aber es ist eine
ernste Mahmmg zur Besinnung in dein Augenblick, wo die Herren geneigt
scheinen, ihre parlamentarische Macht wieder in unverantwortlicher Weise zu
mißbrauchen. Hoffentlich wird sie die gebührende Beachtung finden. Dann,
aber auch nur dann werden die sachlichen Gründe, die für den Mittellandkanal
sprechen, zur Geltung und wird die neue Kanalvorlage unter Dach kommen.

(Schluß folgt)




Zur neuen Aanalvorlage

die sie vertrete», wohl oder übel fügen und gerecht zu werden versuchen
müßten, so gut und so schlecht wie es gehe, gerade deshalb haben die Konser¬
vativen Veranlassung, die wiederholte Mittellandkanalvorlage jetzt einer sachlichen
Prüfung zu unterziehn, sie auf keine» Fall von vornherein abzulehnen. Und
wenn sie selbst etwa die Vorlage ans den persönlichen Wunsch, d. h. auf das
persönliche pflichtmäßige Ermessen des Monarchen zurückführen zu sollen glaube»,
so haben sie als Konservative einfach die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, sich
doppelt und dreifach zu bemühen, den sachlichen Gründen, die den Monarchen
zur nochmalige» Vorlegung bestimme», »ut die jetzt zum zweitenmal von
dem sachverständige» Fachminister dargelegt worden sind, gerecht zu werden.
Es ist schlechterdings »»verträglich mit der Pflicht eines preußischen Konser¬
vative», sich so zu verhalten, als wenn er solche Vorlagen als Ausflüsse
persönlicher, momentaner Launen des Monarchen zu betrachten berechtigt sei.
Wenn das konservative Männer thu», was soll man dann von den Sozial¬
demokraten erwarte»? Wenn sich die Mitglieder der konservativen Parteien und
die konservativ und monarchisch gesinnten Angehörige» der Zentrumsfraktion
nur endlich einmal auf Herz und Nieren prüfen wollten, so würde diese grünt
sätzliche Opposition bald ein Ende haben. Sie würden mit Schrecke» wahr¬
nehmen, in welchem verhängnisvollen Fahrwasser sie treiben. Daß von den
Rednern der Opposition sechs- oder siebenmal in der viertägiger ersten Lesung
versichert worden ist, ihnen und ihren Freunden lüge jeder grundsätzliche Wider¬
spruch fern, null gar nichts bedeuten. Das ist immer gesagt worden, aber
das Handeln hat die Reden immer Lügen gestraft. Der Minister von Miqnel
hatte mir zu sehr Recht, wenn er am 4. Februar den Herren sagte, man könnte
glauben, daß sie in der Sache rmrti pris hätte» und hinterher die Gründe
dafür zusammensuchten, und er hat nur seine Pflicht gethan, wenn er sie bat,
sich die politischen Konsequenzen eines solche» Verhaltens zu vergegenwärtige».
Das war keine Drohung; die hätte gar keinen Sinn mehr. Aber es ist eine
ernste Mahmmg zur Besinnung in dein Augenblick, wo die Herren geneigt
scheinen, ihre parlamentarische Macht wieder in unverantwortlicher Weise zu
mißbrauchen. Hoffentlich wird sie die gebührende Beachtung finden. Dann,
aber auch nur dann werden die sachlichen Gründe, die für den Mittellandkanal
sprechen, zur Geltung und wird die neue Kanalvorlage unter Dach kommen.

(Schluß folgt)




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[0338] Zur neuen Aanalvorlage die sie vertrete», wohl oder übel fügen und gerecht zu werden versuchen müßten, so gut und so schlecht wie es gehe, gerade deshalb haben die Konser¬ vativen Veranlassung, die wiederholte Mittellandkanalvorlage jetzt einer sachlichen Prüfung zu unterziehn, sie auf keine» Fall von vornherein abzulehnen. Und wenn sie selbst etwa die Vorlage ans den persönlichen Wunsch, d. h. auf das persönliche pflichtmäßige Ermessen des Monarchen zurückführen zu sollen glaube», so haben sie als Konservative einfach die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, sich doppelt und dreifach zu bemühen, den sachlichen Gründen, die den Monarchen zur nochmalige» Vorlegung bestimme», »ut die jetzt zum zweitenmal von dem sachverständige» Fachminister dargelegt worden sind, gerecht zu werden. Es ist schlechterdings »»verträglich mit der Pflicht eines preußischen Konser¬ vative», sich so zu verhalten, als wenn er solche Vorlagen als Ausflüsse persönlicher, momentaner Launen des Monarchen zu betrachten berechtigt sei. Wenn das konservative Männer thu», was soll man dann von den Sozial¬ demokraten erwarte»? Wenn sich die Mitglieder der konservativen Parteien und die konservativ und monarchisch gesinnten Angehörige» der Zentrumsfraktion nur endlich einmal auf Herz und Nieren prüfen wollten, so würde diese grünt sätzliche Opposition bald ein Ende haben. Sie würden mit Schrecke» wahr¬ nehmen, in welchem verhängnisvollen Fahrwasser sie treiben. Daß von den Rednern der Opposition sechs- oder siebenmal in der viertägiger ersten Lesung versichert worden ist, ihnen und ihren Freunden lüge jeder grundsätzliche Wider¬ spruch fern, null gar nichts bedeuten. Das ist immer gesagt worden, aber das Handeln hat die Reden immer Lügen gestraft. Der Minister von Miqnel hatte mir zu sehr Recht, wenn er am 4. Februar den Herren sagte, man könnte glauben, daß sie in der Sache rmrti pris hätte» und hinterher die Gründe dafür zusammensuchten, und er hat nur seine Pflicht gethan, wenn er sie bat, sich die politischen Konsequenzen eines solche» Verhaltens zu vergegenwärtige». Das war keine Drohung; die hätte gar keinen Sinn mehr. Aber es ist eine ernste Mahmmg zur Besinnung in dein Augenblick, wo die Herren geneigt scheinen, ihre parlamentarische Macht wieder in unverantwortlicher Weise zu mißbrauchen. Hoffentlich wird sie die gebührende Beachtung finden. Dann, aber auch nur dann werden die sachlichen Gründe, die für den Mittellandkanal sprechen, zur Geltung und wird die neue Kanalvorlage unter Dach kommen. (Schluß folgt)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/338>, abgerufen am 29.06.2024.