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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

und sagen sie, wird doch alles ans der Landstraße verrichtet, mit dem nötigen Ge¬
schrei und dem üblichen Gedränge.

Sollte nicht -- denn nnr das fehlt ja noch -- der Landmann nun auch das
keimende Saatkorn lieber nnsgraben, damit jeder zusehen und seinen Senf dazu
geben kann, während es sich, von keiner deckenden Erdhütte geschützt, in Wind
und Wetter, in Frost und Sonnenschein zum Halme entwickelt? Sollte nicht auch
die Bauersfrau das El sezieren, damit es ohne ihre Hilfe nicht etwa mit dem
Küchelchen schief gehe?

Wen der Politische Takt nicht darüber belehrt, wo dergleichen liegt, das nicht
berührt werden darf, dem kann anch die Warnung nichts helfen, denn sie muß ja not¬
wendig zu spät kommen und kann nur hilflos die Hände ringen, wenn das "schreckliche
Kind" schon alles vom Herzen herunter hat, was es für sich hätte behalten sollen.
Aber lant und vernehmlich soll man doch sein Bedauern aussprechen, wo man im
öffentlichen Leben zu seinem Entsetzen solcher verderbenbringenden Beredsamkeit be¬
gegnet, wäre es auch nur, damit der eine oder der andre von Zeit zu Zeit darau
erinnert würde, daß der Chef des Auswärtigen Amts dazu da ist, ohne fremde
Hilfe, und ohne daß es der Schmerzensrnfe der den antiken Chor vertretenden
Volksseele bedürfte, in verschwiegner Stille zu besorgen, was zum Gelingen ver¬
schwiegne Stille braucht, und diskret zu behandeln, was diskrete Behandlung
erheischt.

"Zno no" i^evrici^w? Nichts, so denkt der wohlmeinende und selbstbewußte
Jüngling, wohin ich nicht im Vertrauen auf das schöne Recht der Gedanken- und
Redefreiheit zu steigen, nichts, das ich nicht auch ohne besondre Information mit
Hilfe meines gesunden Menschenverstands zu begreifen und zu bewältige" vermöchte!
Und so scheinen leider auch ältere erfahrne Männer zu denken. Das beschränkte
Laienverständnis ist ihnen ein verpönter Begriff, der wie der beschränkte Unter¬
thanenverstand berüchtigten Andenkens in das Gebiet der rein bureaukratischen Er¬
findung gehört. Wohl ihnen! Selbstgefühl und Beredsamkeit, heißt es, seien süßer
als Honig für die, denen sie beschert sind. Wollte Gott, der Staat hätte mehr
Ursache, sich mit ihnen zu freuen, so oft sie bis zur Bewußtlosigkeit in den em-
Psnngnen Gabe" schwelgen.

Wenn jemand beim Schachspiel dazwischenredet, wenn er den nächsten Zug
Vorschreibt oder den eben gethanen tadelt, so wird das von jedermann ohne Rück¬
sicht auf die Gerechtsame der Gedanken- und Redefreiheit gerügt. Auch der weniger
erfahrne Weltbürger weiß, daß sich das nicht gehört, und daß es -- eine leider
im öffentlichen Leben nicht mehr vorhnndne Grenze -- als vorlaut gilt.

Und doch ist solches Hineinreden bei einer Schachpartie nichts im Vergleiche
zu der frivolen Anmaßung, mit der dem berechneten Zuge des Staatsmanns vor¬
gegriffen oder nachgehöhnt wird. Denn beim Schachspiel kennt der Zuschaner doch
wenigstens immer die Stellung der Figuren, wenn ihm auch der Plan des Spielers
verborgen bleibt; beim politischen Schachbrett dagegen tappt er, solange die Sache
noch im Werden ist, oftmals ganz im dunkeln. Wieviel Korrespondenzen, wieviel
persönliche Beobachtungen, wieviel bei mündlichem Gedankenaustausch zum Vorschein
getommnes ist dem die Partie spielenden Staatsmann bekannt, wovon seine wohl¬
meinenden, selbstbewußten Kritiker und Ratgeber sich nichts träumen lassen.

Ja Gedanken- und Redefreiheit ist etwas schönes, wenn sie mit Maß und
Verständnis, mit weiser Vorsicht und kluger Berechnung genossen, wenn sie von
Männern in Anspruch genommen und gepflegt wird, denen Takt und Erfahrung
sagen, was im verborgnen reifen muß, und was nicht über den Kamm der allezeit Voll¬
kommenheit anstrebenden, aber für die Erreichung ihrer Ziele leider nicht Verantwort¬
licher öffentlichen Meinung geschoren werden darf. Mit ungestümem Beifall freigebige


Grenzboten I 1901 18
Maßgebliches und Unmaßgebliches

und sagen sie, wird doch alles ans der Landstraße verrichtet, mit dem nötigen Ge¬
schrei und dem üblichen Gedränge.

Sollte nicht — denn nnr das fehlt ja noch — der Landmann nun auch das
keimende Saatkorn lieber nnsgraben, damit jeder zusehen und seinen Senf dazu
geben kann, während es sich, von keiner deckenden Erdhütte geschützt, in Wind
und Wetter, in Frost und Sonnenschein zum Halme entwickelt? Sollte nicht auch
die Bauersfrau das El sezieren, damit es ohne ihre Hilfe nicht etwa mit dem
Küchelchen schief gehe?

Wen der Politische Takt nicht darüber belehrt, wo dergleichen liegt, das nicht
berührt werden darf, dem kann anch die Warnung nichts helfen, denn sie muß ja not¬
wendig zu spät kommen und kann nur hilflos die Hände ringen, wenn das „schreckliche
Kind" schon alles vom Herzen herunter hat, was es für sich hätte behalten sollen.
Aber lant und vernehmlich soll man doch sein Bedauern aussprechen, wo man im
öffentlichen Leben zu seinem Entsetzen solcher verderbenbringenden Beredsamkeit be¬
gegnet, wäre es auch nur, damit der eine oder der andre von Zeit zu Zeit darau
erinnert würde, daß der Chef des Auswärtigen Amts dazu da ist, ohne fremde
Hilfe, und ohne daß es der Schmerzensrnfe der den antiken Chor vertretenden
Volksseele bedürfte, in verschwiegner Stille zu besorgen, was zum Gelingen ver¬
schwiegne Stille braucht, und diskret zu behandeln, was diskrete Behandlung
erheischt.

«Zno no» i^evrici^w? Nichts, so denkt der wohlmeinende und selbstbewußte
Jüngling, wohin ich nicht im Vertrauen auf das schöne Recht der Gedanken- und
Redefreiheit zu steigen, nichts, das ich nicht auch ohne besondre Information mit
Hilfe meines gesunden Menschenverstands zu begreifen und zu bewältige» vermöchte!
Und so scheinen leider auch ältere erfahrne Männer zu denken. Das beschränkte
Laienverständnis ist ihnen ein verpönter Begriff, der wie der beschränkte Unter¬
thanenverstand berüchtigten Andenkens in das Gebiet der rein bureaukratischen Er¬
findung gehört. Wohl ihnen! Selbstgefühl und Beredsamkeit, heißt es, seien süßer
als Honig für die, denen sie beschert sind. Wollte Gott, der Staat hätte mehr
Ursache, sich mit ihnen zu freuen, so oft sie bis zur Bewußtlosigkeit in den em-
Psnngnen Gabe» schwelgen.

Wenn jemand beim Schachspiel dazwischenredet, wenn er den nächsten Zug
Vorschreibt oder den eben gethanen tadelt, so wird das von jedermann ohne Rück¬
sicht auf die Gerechtsame der Gedanken- und Redefreiheit gerügt. Auch der weniger
erfahrne Weltbürger weiß, daß sich das nicht gehört, und daß es — eine leider
im öffentlichen Leben nicht mehr vorhnndne Grenze — als vorlaut gilt.

Und doch ist solches Hineinreden bei einer Schachpartie nichts im Vergleiche
zu der frivolen Anmaßung, mit der dem berechneten Zuge des Staatsmanns vor¬
gegriffen oder nachgehöhnt wird. Denn beim Schachspiel kennt der Zuschaner doch
wenigstens immer die Stellung der Figuren, wenn ihm auch der Plan des Spielers
verborgen bleibt; beim politischen Schachbrett dagegen tappt er, solange die Sache
noch im Werden ist, oftmals ganz im dunkeln. Wieviel Korrespondenzen, wieviel
persönliche Beobachtungen, wieviel bei mündlichem Gedankenaustausch zum Vorschein
getommnes ist dem die Partie spielenden Staatsmann bekannt, wovon seine wohl¬
meinenden, selbstbewußten Kritiker und Ratgeber sich nichts träumen lassen.

Ja Gedanken- und Redefreiheit ist etwas schönes, wenn sie mit Maß und
Verständnis, mit weiser Vorsicht und kluger Berechnung genossen, wenn sie von
Männern in Anspruch genommen und gepflegt wird, denen Takt und Erfahrung
sagen, was im verborgnen reifen muß, und was nicht über den Kamm der allezeit Voll¬
kommenheit anstrebenden, aber für die Erreichung ihrer Ziele leider nicht Verantwort¬
licher öffentlichen Meinung geschoren werden darf. Mit ungestümem Beifall freigebige


Grenzboten I 1901 18
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[0105] Maßgebliches und Unmaßgebliches und sagen sie, wird doch alles ans der Landstraße verrichtet, mit dem nötigen Ge¬ schrei und dem üblichen Gedränge. Sollte nicht — denn nnr das fehlt ja noch — der Landmann nun auch das keimende Saatkorn lieber nnsgraben, damit jeder zusehen und seinen Senf dazu geben kann, während es sich, von keiner deckenden Erdhütte geschützt, in Wind und Wetter, in Frost und Sonnenschein zum Halme entwickelt? Sollte nicht auch die Bauersfrau das El sezieren, damit es ohne ihre Hilfe nicht etwa mit dem Küchelchen schief gehe? Wen der Politische Takt nicht darüber belehrt, wo dergleichen liegt, das nicht berührt werden darf, dem kann anch die Warnung nichts helfen, denn sie muß ja not¬ wendig zu spät kommen und kann nur hilflos die Hände ringen, wenn das „schreckliche Kind" schon alles vom Herzen herunter hat, was es für sich hätte behalten sollen. Aber lant und vernehmlich soll man doch sein Bedauern aussprechen, wo man im öffentlichen Leben zu seinem Entsetzen solcher verderbenbringenden Beredsamkeit be¬ gegnet, wäre es auch nur, damit der eine oder der andre von Zeit zu Zeit darau erinnert würde, daß der Chef des Auswärtigen Amts dazu da ist, ohne fremde Hilfe, und ohne daß es der Schmerzensrnfe der den antiken Chor vertretenden Volksseele bedürfte, in verschwiegner Stille zu besorgen, was zum Gelingen ver¬ schwiegne Stille braucht, und diskret zu behandeln, was diskrete Behandlung erheischt. «Zno no» i^evrici^w? Nichts, so denkt der wohlmeinende und selbstbewußte Jüngling, wohin ich nicht im Vertrauen auf das schöne Recht der Gedanken- und Redefreiheit zu steigen, nichts, das ich nicht auch ohne besondre Information mit Hilfe meines gesunden Menschenverstands zu begreifen und zu bewältige» vermöchte! Und so scheinen leider auch ältere erfahrne Männer zu denken. Das beschränkte Laienverständnis ist ihnen ein verpönter Begriff, der wie der beschränkte Unter¬ thanenverstand berüchtigten Andenkens in das Gebiet der rein bureaukratischen Er¬ findung gehört. Wohl ihnen! Selbstgefühl und Beredsamkeit, heißt es, seien süßer als Honig für die, denen sie beschert sind. Wollte Gott, der Staat hätte mehr Ursache, sich mit ihnen zu freuen, so oft sie bis zur Bewußtlosigkeit in den em- Psnngnen Gabe» schwelgen. Wenn jemand beim Schachspiel dazwischenredet, wenn er den nächsten Zug Vorschreibt oder den eben gethanen tadelt, so wird das von jedermann ohne Rück¬ sicht auf die Gerechtsame der Gedanken- und Redefreiheit gerügt. Auch der weniger erfahrne Weltbürger weiß, daß sich das nicht gehört, und daß es — eine leider im öffentlichen Leben nicht mehr vorhnndne Grenze — als vorlaut gilt. Und doch ist solches Hineinreden bei einer Schachpartie nichts im Vergleiche zu der frivolen Anmaßung, mit der dem berechneten Zuge des Staatsmanns vor¬ gegriffen oder nachgehöhnt wird. Denn beim Schachspiel kennt der Zuschaner doch wenigstens immer die Stellung der Figuren, wenn ihm auch der Plan des Spielers verborgen bleibt; beim politischen Schachbrett dagegen tappt er, solange die Sache noch im Werden ist, oftmals ganz im dunkeln. Wieviel Korrespondenzen, wieviel persönliche Beobachtungen, wieviel bei mündlichem Gedankenaustausch zum Vorschein getommnes ist dem die Partie spielenden Staatsmann bekannt, wovon seine wohl¬ meinenden, selbstbewußten Kritiker und Ratgeber sich nichts träumen lassen. Ja Gedanken- und Redefreiheit ist etwas schönes, wenn sie mit Maß und Verständnis, mit weiser Vorsicht und kluger Berechnung genossen, wenn sie von Männern in Anspruch genommen und gepflegt wird, denen Takt und Erfahrung sagen, was im verborgnen reifen muß, und was nicht über den Kamm der allezeit Voll¬ kommenheit anstrebenden, aber für die Erreichung ihrer Ziele leider nicht Verantwort¬ licher öffentlichen Meinung geschoren werden darf. Mit ungestümem Beifall freigebige Grenzboten I 1901 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/105>, abgerufen am 29.06.2024.