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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Bücher über den klassischen Süden

gelegt haben, ist die Aufdeckung von Delphi, dem größten und wichtigsten sakralen
Mittelpunkt der griechischen Welt, erst im letzten Jahrzehnt den mit ungewöhnlich
reichen Mitteln ausgerüsteten Franzosen gelungen, die das ganze auf der Tempel¬
stätte liegende große Dorf Kastri (350 Häuser) angekauft, niedergerissen und auf
einer andern Stelle wieder aufgebaut haben. So haben sie seit dem Frühjahr 1898
den Tempel und eine Reihe von Schatzhänsern freigelegt und dabei, da die Plün¬
derer des Heiligtums -- der größte war Konstantin der Große -- von demi un¬
ermeßlichen Reichtume an Kunstwerken begreiflicherweise die Erzeugnisse der voll¬
entwickelten Kunst vorzogen, zwar aus deren Blütezeit wenig gefunden, umso mehr
aber aus der ältern, der archaischen Zeit, die dadurch in ein ganz neues, helleres Licht
gerückt worden ist. Leider läßt die Publikation dieser Schätze noch immer auf sich
warten; nur die Pariser Weltausstellung hat eine Übersicht davon zugänglich ge¬
macht. Die homerischen Königsburgen, Tiryns und die "golddurchblinkte Mykene"
aufgedeckt zu haben, ist bekanntlich das unvergeßliche Verdienst Heinrich Schliemcmns,
der, unbeirrt von aller philologischen Hyperkritik, im festen Glauben an die Wirk¬
lichkeit dessen, was Homer schildert, den Spaten ansetzte und zum Erstaunen der
gelehrten Welt diese Wirklichkeit fand, so wuchtig und glänzend, wie sie in der alt¬
griechischen Sage erscheint. Seitdem sind wir in der Beurteilung derartiger Über¬
lieferungen wesentlich konservativer geworden. Schliemann hat auf dem flachen
Vurghügel von Tiryns unmittelbar am Strande des argolischen Meerbusens hinter
den Riesenmauern, die schon den Griechen als das Werk übermenschlicher Bau¬
meister, der Cyklopen galten, die ganze Anlage eines echt homerischen Palastes mit
dem Hof, dem säulengetragnen Männersaal s/tF/"^"^, dem Urbilde auch des
griechischen Tempels mit Vorhalle und Vorhaus, ?r^>"6o^os), Frauengemach, Schlaf¬
gemach und Schatzhaus, auf der weit imposanter", seit der argivischen Zerstörung
468 v. Chr. verlassenen Höhe von Mykenä im nordöstlichen Winkel der Jnnchos-
ebene zu dem Löwenthor und dem sogenannten Schatzhause des Atreus vor allem
die mit Goldschmuck aufs reichste ciusgestatteteu Königsgräber aufgedeckt, damit Neste
einer schon hochentwickelten, halborientalischen Kunst, die den sagenhaften Zusammen¬
hang dieser Bauten und der Herrengeschlechter, die sie errichtet haben, mit Vorder¬
asien über allen Zweifel erhebt. Auch Lang hat sich dem mächtigen Eindrucke
dieser so lange angezweifelten Wirklichkeit nicht entziehen können; er ist als
ein Homergläubiger nach Ithaka gezogen, um auch hier den Spuren des Dichters
an Ort und Stelle nachzugehn, und hat hier die Überzeugung gewonnen, daß
Homer die Insel genau gekannt und naturgetreu geschildert hat. Und welcher
Grund liegt denn auch vor, daran zu zweifeln und anzunehmen, daß die Angaben
der Odyssee nur Phantasiegebilde seien? In der tiefen, völlig windgeschützten Bucht
am heutigen Hauptort der Insel, Wathy ans ihrer Südhälfte erkennt er
den Phorkyshafen, wo die Phä'ater den schlummernden Odysseus ans Land setzen;
auf der kleinen Hochebene Marathia im Süden findet er die "Ställe des Eumäos"
wieder, in einer starken Quelle um AbHange die Arethusa, im Norden der Nord¬
hälfte zwischen Neriton und Nelon an der "Bucht der Polis," wie sie noch heute
heißt, die Stadt und die Burg des Odysseus. Ein Kärtchen (ans Bädekers Griechen¬
land) macht diese Aufstellungen noch anschaulicher, die Lang in einer "Nachschrift"
für Philologen auch gegen Dörpfelds neue Meinung, das homerische Ithaka sei
Leukas, vertritt. Voll homerischer Erinnerungen ist er dann nach Troja gegangen,
wo Schliemann das Erstaunlichste geleistet hat. indem er, der ganz festen und doch
lange in der Neuzeit nicht mehr geglaubten Tradition der Alten folgend, seit 1871
an der Stätte von Hissarlik (d. i. Burgruine) über der versumpften Ebene des
Skamcmdros nach dem homerischen Troja grub. nachweislich haben hier neun
Niederlassungen einander abgelöst, begreiflich, weil diese Städte alle aus leichten


Bücher über den klassischen Süden

gelegt haben, ist die Aufdeckung von Delphi, dem größten und wichtigsten sakralen
Mittelpunkt der griechischen Welt, erst im letzten Jahrzehnt den mit ungewöhnlich
reichen Mitteln ausgerüsteten Franzosen gelungen, die das ganze auf der Tempel¬
stätte liegende große Dorf Kastri (350 Häuser) angekauft, niedergerissen und auf
einer andern Stelle wieder aufgebaut haben. So haben sie seit dem Frühjahr 1898
den Tempel und eine Reihe von Schatzhänsern freigelegt und dabei, da die Plün¬
derer des Heiligtums — der größte war Konstantin der Große — von demi un¬
ermeßlichen Reichtume an Kunstwerken begreiflicherweise die Erzeugnisse der voll¬
entwickelten Kunst vorzogen, zwar aus deren Blütezeit wenig gefunden, umso mehr
aber aus der ältern, der archaischen Zeit, die dadurch in ein ganz neues, helleres Licht
gerückt worden ist. Leider läßt die Publikation dieser Schätze noch immer auf sich
warten; nur die Pariser Weltausstellung hat eine Übersicht davon zugänglich ge¬
macht. Die homerischen Königsburgen, Tiryns und die „golddurchblinkte Mykene"
aufgedeckt zu haben, ist bekanntlich das unvergeßliche Verdienst Heinrich Schliemcmns,
der, unbeirrt von aller philologischen Hyperkritik, im festen Glauben an die Wirk¬
lichkeit dessen, was Homer schildert, den Spaten ansetzte und zum Erstaunen der
gelehrten Welt diese Wirklichkeit fand, so wuchtig und glänzend, wie sie in der alt¬
griechischen Sage erscheint. Seitdem sind wir in der Beurteilung derartiger Über¬
lieferungen wesentlich konservativer geworden. Schliemann hat auf dem flachen
Vurghügel von Tiryns unmittelbar am Strande des argolischen Meerbusens hinter
den Riesenmauern, die schon den Griechen als das Werk übermenschlicher Bau¬
meister, der Cyklopen galten, die ganze Anlage eines echt homerischen Palastes mit
dem Hof, dem säulengetragnen Männersaal s/tF/«^»^, dem Urbilde auch des
griechischen Tempels mit Vorhalle und Vorhaus, ?r^>»6o^os), Frauengemach, Schlaf¬
gemach und Schatzhaus, auf der weit imposanter», seit der argivischen Zerstörung
468 v. Chr. verlassenen Höhe von Mykenä im nordöstlichen Winkel der Jnnchos-
ebene zu dem Löwenthor und dem sogenannten Schatzhause des Atreus vor allem
die mit Goldschmuck aufs reichste ciusgestatteteu Königsgräber aufgedeckt, damit Neste
einer schon hochentwickelten, halborientalischen Kunst, die den sagenhaften Zusammen¬
hang dieser Bauten und der Herrengeschlechter, die sie errichtet haben, mit Vorder¬
asien über allen Zweifel erhebt. Auch Lang hat sich dem mächtigen Eindrucke
dieser so lange angezweifelten Wirklichkeit nicht entziehen können; er ist als
ein Homergläubiger nach Ithaka gezogen, um auch hier den Spuren des Dichters
an Ort und Stelle nachzugehn, und hat hier die Überzeugung gewonnen, daß
Homer die Insel genau gekannt und naturgetreu geschildert hat. Und welcher
Grund liegt denn auch vor, daran zu zweifeln und anzunehmen, daß die Angaben
der Odyssee nur Phantasiegebilde seien? In der tiefen, völlig windgeschützten Bucht
am heutigen Hauptort der Insel, Wathy ans ihrer Südhälfte erkennt er
den Phorkyshafen, wo die Phä'ater den schlummernden Odysseus ans Land setzen;
auf der kleinen Hochebene Marathia im Süden findet er die „Ställe des Eumäos"
wieder, in einer starken Quelle um AbHange die Arethusa, im Norden der Nord¬
hälfte zwischen Neriton und Nelon an der „Bucht der Polis," wie sie noch heute
heißt, die Stadt und die Burg des Odysseus. Ein Kärtchen (ans Bädekers Griechen¬
land) macht diese Aufstellungen noch anschaulicher, die Lang in einer „Nachschrift"
für Philologen auch gegen Dörpfelds neue Meinung, das homerische Ithaka sei
Leukas, vertritt. Voll homerischer Erinnerungen ist er dann nach Troja gegangen,
wo Schliemann das Erstaunlichste geleistet hat. indem er, der ganz festen und doch
lange in der Neuzeit nicht mehr geglaubten Tradition der Alten folgend, seit 1871
an der Stätte von Hissarlik (d. i. Burgruine) über der versumpften Ebene des
Skamcmdros nach dem homerischen Troja grub. nachweislich haben hier neun
Niederlassungen einander abgelöst, begreiflich, weil diese Städte alle aus leichten


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[0568] Bücher über den klassischen Süden gelegt haben, ist die Aufdeckung von Delphi, dem größten und wichtigsten sakralen Mittelpunkt der griechischen Welt, erst im letzten Jahrzehnt den mit ungewöhnlich reichen Mitteln ausgerüsteten Franzosen gelungen, die das ganze auf der Tempel¬ stätte liegende große Dorf Kastri (350 Häuser) angekauft, niedergerissen und auf einer andern Stelle wieder aufgebaut haben. So haben sie seit dem Frühjahr 1898 den Tempel und eine Reihe von Schatzhänsern freigelegt und dabei, da die Plün¬ derer des Heiligtums — der größte war Konstantin der Große — von demi un¬ ermeßlichen Reichtume an Kunstwerken begreiflicherweise die Erzeugnisse der voll¬ entwickelten Kunst vorzogen, zwar aus deren Blütezeit wenig gefunden, umso mehr aber aus der ältern, der archaischen Zeit, die dadurch in ein ganz neues, helleres Licht gerückt worden ist. Leider läßt die Publikation dieser Schätze noch immer auf sich warten; nur die Pariser Weltausstellung hat eine Übersicht davon zugänglich ge¬ macht. Die homerischen Königsburgen, Tiryns und die „golddurchblinkte Mykene" aufgedeckt zu haben, ist bekanntlich das unvergeßliche Verdienst Heinrich Schliemcmns, der, unbeirrt von aller philologischen Hyperkritik, im festen Glauben an die Wirk¬ lichkeit dessen, was Homer schildert, den Spaten ansetzte und zum Erstaunen der gelehrten Welt diese Wirklichkeit fand, so wuchtig und glänzend, wie sie in der alt¬ griechischen Sage erscheint. Seitdem sind wir in der Beurteilung derartiger Über¬ lieferungen wesentlich konservativer geworden. Schliemann hat auf dem flachen Vurghügel von Tiryns unmittelbar am Strande des argolischen Meerbusens hinter den Riesenmauern, die schon den Griechen als das Werk übermenschlicher Bau¬ meister, der Cyklopen galten, die ganze Anlage eines echt homerischen Palastes mit dem Hof, dem säulengetragnen Männersaal s/tF/«^»^, dem Urbilde auch des griechischen Tempels mit Vorhalle und Vorhaus, ?r^>»6o^os), Frauengemach, Schlaf¬ gemach und Schatzhaus, auf der weit imposanter», seit der argivischen Zerstörung 468 v. Chr. verlassenen Höhe von Mykenä im nordöstlichen Winkel der Jnnchos- ebene zu dem Löwenthor und dem sogenannten Schatzhause des Atreus vor allem die mit Goldschmuck aufs reichste ciusgestatteteu Königsgräber aufgedeckt, damit Neste einer schon hochentwickelten, halborientalischen Kunst, die den sagenhaften Zusammen¬ hang dieser Bauten und der Herrengeschlechter, die sie errichtet haben, mit Vorder¬ asien über allen Zweifel erhebt. Auch Lang hat sich dem mächtigen Eindrucke dieser so lange angezweifelten Wirklichkeit nicht entziehen können; er ist als ein Homergläubiger nach Ithaka gezogen, um auch hier den Spuren des Dichters an Ort und Stelle nachzugehn, und hat hier die Überzeugung gewonnen, daß Homer die Insel genau gekannt und naturgetreu geschildert hat. Und welcher Grund liegt denn auch vor, daran zu zweifeln und anzunehmen, daß die Angaben der Odyssee nur Phantasiegebilde seien? In der tiefen, völlig windgeschützten Bucht am heutigen Hauptort der Insel, Wathy ans ihrer Südhälfte erkennt er den Phorkyshafen, wo die Phä'ater den schlummernden Odysseus ans Land setzen; auf der kleinen Hochebene Marathia im Süden findet er die „Ställe des Eumäos" wieder, in einer starken Quelle um AbHange die Arethusa, im Norden der Nord¬ hälfte zwischen Neriton und Nelon an der „Bucht der Polis," wie sie noch heute heißt, die Stadt und die Burg des Odysseus. Ein Kärtchen (ans Bädekers Griechen¬ land) macht diese Aufstellungen noch anschaulicher, die Lang in einer „Nachschrift" für Philologen auch gegen Dörpfelds neue Meinung, das homerische Ithaka sei Leukas, vertritt. Voll homerischer Erinnerungen ist er dann nach Troja gegangen, wo Schliemann das Erstaunlichste geleistet hat. indem er, der ganz festen und doch lange in der Neuzeit nicht mehr geglaubten Tradition der Alten folgend, seit 1871 an der Stätte von Hissarlik (d. i. Burgruine) über der versumpften Ebene des Skamcmdros nach dem homerischen Troja grub. nachweislich haben hier neun Niederlassungen einander abgelöst, begreiflich, weil diese Städte alle aus leichten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/568>, abgerufen am 28.09.2024.