Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Auf klassischem Boden Verzeihung, gnädige Frau -- man sieht so viel fremde Gesichter -- er sprach Bitte, bitte, das habe ich schon bemerkt. Ich weiß auch bereits durch Ihre Wen" soll ich ihn nur übergeben, sagte Ihre gute Mama; er hat ja in seinem Drei Jungen und vier Mädels, rief die helle Stimme von vorhin da¬ Dann haben Sie Übung, sagte Kurtchen ergeben. Drei sind schon verheiratet, und einer ist Leutnant, ging der Bericht weiter. Na Trude, verschone nur Herrn Giesicke mit unsern Personalien, sagte der O bitte, Herr von Bredow, sagte Kurtchen Giesicke. Es ist ja im höchsten Unter den Pantoffel, wollen Sie sagen. Auch das, wenn die gnädige Frau befiehlt. Wenn Sie von vornherein so ergeben sind, bleibt der Mama ja gar kein Ach Kiuder, renommiert doch nicht so, sagte der alte Baron, bei dem das Das seid ihr, Frida und Trude! rief der Junker. Und du, und du! schrieen die beiden. Aber Bodo, sagte die Baronin dazwischen, die beiden sind ja noch viel zu jung. Einerlei, ich bin nicht gewohnt, mit meinen Töchtern mehr als eine Kampagne Kann ich nicht beurteilen, Herr Baron. Nun, ich sage Ihnen, seien Sie nur einmal Vater von vier heiratsfähigen Oder wirtschaften Sie einmal auf einem Hof mit vierzig Milchkühen, das Kurtchen dachte an das Getöse der Bredowschen Füße und an das schlachten¬ Ja ja, es ist keine Kleinigkeit, fuhr Frau von Bredow fort, die die kleine Nun Mutter, einstweilen können wir ja die Mädels in der Wirtschaft noch Und ich bin der Meinung, Fräulein von Bredow, wir sollten, um der offen¬ Auf klassischem Boden Verzeihung, gnädige Frau — man sieht so viel fremde Gesichter — er sprach Bitte, bitte, das habe ich schon bemerkt. Ich weiß auch bereits durch Ihre Wen« soll ich ihn nur übergeben, sagte Ihre gute Mama; er hat ja in seinem Drei Jungen und vier Mädels, rief die helle Stimme von vorhin da¬ Dann haben Sie Übung, sagte Kurtchen ergeben. Drei sind schon verheiratet, und einer ist Leutnant, ging der Bericht weiter. Na Trude, verschone nur Herrn Giesicke mit unsern Personalien, sagte der O bitte, Herr von Bredow, sagte Kurtchen Giesicke. Es ist ja im höchsten Unter den Pantoffel, wollen Sie sagen. Auch das, wenn die gnädige Frau befiehlt. Wenn Sie von vornherein so ergeben sind, bleibt der Mama ja gar kein Ach Kiuder, renommiert doch nicht so, sagte der alte Baron, bei dem das Das seid ihr, Frida und Trude! rief der Junker. Und du, und du! schrieen die beiden. Aber Bodo, sagte die Baronin dazwischen, die beiden sind ja noch viel zu jung. Einerlei, ich bin nicht gewohnt, mit meinen Töchtern mehr als eine Kampagne Kann ich nicht beurteilen, Herr Baron. Nun, ich sage Ihnen, seien Sie nur einmal Vater von vier heiratsfähigen Oder wirtschaften Sie einmal auf einem Hof mit vierzig Milchkühen, das Kurtchen dachte an das Getöse der Bredowschen Füße und an das schlachten¬ Ja ja, es ist keine Kleinigkeit, fuhr Frau von Bredow fort, die die kleine Nun Mutter, einstweilen können wir ja die Mädels in der Wirtschaft noch Und ich bin der Meinung, Fräulein von Bredow, wir sollten, um der offen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0472" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291549"/> <fw type="header" place="top"> Auf klassischem Boden</fw><lb/> <p xml:id="ID_1564"> Verzeihung, gnädige Frau — man sieht so viel fremde Gesichter — er sprach<lb/> es mit dem Ausdruck, als könne er das Ende seines eignen Satzes kaum erwarten —,<lb/> ich erkenne Sie eben erst.</p><lb/> <p xml:id="ID_1565"> Bitte, bitte, das habe ich schon bemerkt. Ich weiß auch bereits durch Ihre<lb/> Frau Mutter: der junge Herr ist sehr zerstreut. Sie lächelte mütterlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1566"> Wen« soll ich ihn nur übergeben, sagte Ihre gute Mama; er hat ja in seinem<lb/> Leben noch nie für sich selbst gesorgt. Seien Sie ganz beruhigt, habe ich geant¬<lb/> wortet, für die ersten Monate, so lauge wir hier sind, will ich schon ein Auge auf<lb/> ihn haben. Ich habe ja sieben Kinder groß gezogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1567"> Drei Jungen und vier Mädels, rief die helle Stimme von vorhin da¬<lb/> zwischen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1568"> Dann haben Sie Übung, sagte Kurtchen ergeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1569"> Drei sind schon verheiratet, und einer ist Leutnant, ging der Bericht weiter.</p><lb/> <p xml:id="ID_1570"> Na Trude, verschone nur Herrn Giesicke mit unsern Personalien, sagte der<lb/> brüderliche Lodenträger.</p><lb/> <p xml:id="ID_1571"> O bitte, Herr von Bredow, sagte Kurtchen Giesicke. Es ist ja im höchsten<lb/> Grade interessant für mich, zu hören, was man unter der Leitung der gnädigen<lb/> Frau alles werden kann. Was den Leutnant betrifft, so ist es damit für mich zu<lb/> spät, fürchte ich, aber unter die Haube zu bringen wäre ich ja noch.</p><lb/> <p xml:id="ID_1572"> Unter den Pantoffel, wollen Sie sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1573"> Auch das, wenn die gnädige Frau befiehlt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1574"> Wenn Sie von vornherein so ergeben sind, bleibt der Mama ja gar kein<lb/> Ruhm als Überwinderin, meinte der Junker.</p><lb/> <p xml:id="ID_1575"> Ach Kiuder, renommiert doch nicht so, sagte der alte Baron, bei dem das<lb/> leuchtende Blond der Bredowschen Haare in Schneeweiß übergegangen war. Wir<lb/> haben unser eignes Jungvieh ja noch nicht untergebracht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1576"> Das seid ihr, Frida und Trude! rief der Junker.</p><lb/> <p xml:id="ID_1577"> Und du, und du! schrieen die beiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1578"> Aber Bodo, sagte die Baronin dazwischen, die beiden sind ja noch viel zu jung.<lb/> Trude ist noch auf keinen Ball gekommen, und Frida hat erst einen Winter getanzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1579"> Einerlei, ich bin nicht gewohnt, mit meinen Töchtern mehr als eine Kampagne<lb/> mitzumachen. Rückgang im Betrieb, flaue Zeiten, nicht wahr, Herr Giesicke?</p><lb/> <p xml:id="ID_1580"> Kann ich nicht beurteilen, Herr Baron.</p><lb/> <p xml:id="ID_1581"> Nun, ich sage Ihnen, seien Sie nur einmal Vater von vier heiratsfähigen<lb/> Töchtern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1582"> Oder wirtschaften Sie einmal auf einem Hof mit vierzig Milchkühen, das<lb/> Jungvieh gar nicht gerechnet, täglich achtzehn Mann hoch am Gesindetisch, und<lb/> dann noch drei eigensinnige Männer an der Herrschaftsschüssel — von den Töchtern<lb/> gar nicht zu reden. Sie würden manchmal nicht wissen, wo Ihnen der Kopf steht,<lb/> sagte die Baronin.</p><lb/> <p xml:id="ID_1583"> Kurtchen dachte an das Getöse der Bredowschen Füße und an das schlachten¬<lb/> freudige Gebaren dieser Familie. Er schauderte leise in sich hinein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1584"> Ja ja, es ist keine Kleinigkeit, fuhr Frau von Bredow fort, die die kleine<lb/> Bewegung gesehen hatte, bis man die Kinder alle richtig untergebracht hat, jedes<lb/> an seinen Platz, und sich mit Ruhe in seinen Sarg legen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1585"> Nun Mutter, einstweilen können wir ja die Mädels in der Wirtschaft noch<lb/> ganz gut gebrauchen, sagte der Junker und Hoferbe. Ich bin der Meinung, unterm<lb/> Preis brauchen wir sie noch nicht loszuschlagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1586"> Und ich bin der Meinung, Fräulein von Bredow, wir sollten, um der offen¬<lb/> baren Übermacht zu begegnen, einen Verein der Heiratsfähigen gründen und uns<lb/> im gegebnen Fall zur Gegenwehr zusammenschließen, sagte Kurtchen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0472]
Auf klassischem Boden
Verzeihung, gnädige Frau — man sieht so viel fremde Gesichter — er sprach
es mit dem Ausdruck, als könne er das Ende seines eignen Satzes kaum erwarten —,
ich erkenne Sie eben erst.
Bitte, bitte, das habe ich schon bemerkt. Ich weiß auch bereits durch Ihre
Frau Mutter: der junge Herr ist sehr zerstreut. Sie lächelte mütterlich.
Wen« soll ich ihn nur übergeben, sagte Ihre gute Mama; er hat ja in seinem
Leben noch nie für sich selbst gesorgt. Seien Sie ganz beruhigt, habe ich geant¬
wortet, für die ersten Monate, so lauge wir hier sind, will ich schon ein Auge auf
ihn haben. Ich habe ja sieben Kinder groß gezogen.
Drei Jungen und vier Mädels, rief die helle Stimme von vorhin da¬
zwischen.
Dann haben Sie Übung, sagte Kurtchen ergeben.
Drei sind schon verheiratet, und einer ist Leutnant, ging der Bericht weiter.
Na Trude, verschone nur Herrn Giesicke mit unsern Personalien, sagte der
brüderliche Lodenträger.
O bitte, Herr von Bredow, sagte Kurtchen Giesicke. Es ist ja im höchsten
Grade interessant für mich, zu hören, was man unter der Leitung der gnädigen
Frau alles werden kann. Was den Leutnant betrifft, so ist es damit für mich zu
spät, fürchte ich, aber unter die Haube zu bringen wäre ich ja noch.
Unter den Pantoffel, wollen Sie sagen.
Auch das, wenn die gnädige Frau befiehlt.
Wenn Sie von vornherein so ergeben sind, bleibt der Mama ja gar kein
Ruhm als Überwinderin, meinte der Junker.
Ach Kiuder, renommiert doch nicht so, sagte der alte Baron, bei dem das
leuchtende Blond der Bredowschen Haare in Schneeweiß übergegangen war. Wir
haben unser eignes Jungvieh ja noch nicht untergebracht.
Das seid ihr, Frida und Trude! rief der Junker.
Und du, und du! schrieen die beiden.
Aber Bodo, sagte die Baronin dazwischen, die beiden sind ja noch viel zu jung.
Trude ist noch auf keinen Ball gekommen, und Frida hat erst einen Winter getanzt.
Einerlei, ich bin nicht gewohnt, mit meinen Töchtern mehr als eine Kampagne
mitzumachen. Rückgang im Betrieb, flaue Zeiten, nicht wahr, Herr Giesicke?
Kann ich nicht beurteilen, Herr Baron.
Nun, ich sage Ihnen, seien Sie nur einmal Vater von vier heiratsfähigen
Töchtern.
Oder wirtschaften Sie einmal auf einem Hof mit vierzig Milchkühen, das
Jungvieh gar nicht gerechnet, täglich achtzehn Mann hoch am Gesindetisch, und
dann noch drei eigensinnige Männer an der Herrschaftsschüssel — von den Töchtern
gar nicht zu reden. Sie würden manchmal nicht wissen, wo Ihnen der Kopf steht,
sagte die Baronin.
Kurtchen dachte an das Getöse der Bredowschen Füße und an das schlachten¬
freudige Gebaren dieser Familie. Er schauderte leise in sich hinein.
Ja ja, es ist keine Kleinigkeit, fuhr Frau von Bredow fort, die die kleine
Bewegung gesehen hatte, bis man die Kinder alle richtig untergebracht hat, jedes
an seinen Platz, und sich mit Ruhe in seinen Sarg legen kann.
Nun Mutter, einstweilen können wir ja die Mädels in der Wirtschaft noch
ganz gut gebrauchen, sagte der Junker und Hoferbe. Ich bin der Meinung, unterm
Preis brauchen wir sie noch nicht loszuschlagen.
Und ich bin der Meinung, Fräulein von Bredow, wir sollten, um der offen¬
baren Übermacht zu begegnen, einen Verein der Heiratsfähigen gründen und uns
im gegebnen Fall zur Gegenwehr zusammenschließen, sagte Kurtchen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |