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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Über die Bemannung der deutschen Uanffahrteischisfe

deutschen Tiefladegesetz, dem sich Bestimmungen über das Maximum der Deck¬
ladung anschließen.

Wenn man endlich mit dem Laden und Löschen fertig geworden ist, geht
es sofort in See, denn eins is inouez?, und der Ladungsoffizier hat am Ende
sofort seine Wache auf der Brücke wahrzunehmen. Überkommt ihn bei seiner
Müdigkeit gar noch eine Kollision, oder läuft er auf den Strand, dann ist es
um ihn geschehn. Weil solche übermüdeten Offiziere geradezu eine Gefahr für
das eigne und für andre Schiffe sind, hat sich die Gesetzgebung der Sache an¬
genommen, und der augenblicklich dem Reichstage vorliegende Entwurf einer
Seemannsordnung bestimmt in K 33: Dagegen ist denjenigen Schiffsoffiziereu.
die den Dienst auf Deck versehen, im Hafen eine Ruhezeit von mindestens acht
Stunden innerhalb jeder vierundzwanzig Stunden zu gewähren.

Auf den Dampfern zweiter Klasse giebt es nur drei Offiziere, die im
Hafen gerade so in Anspruch genommen sind wie die auf Dampfern erster
Klasse. Die kleinern Dampfer mit einem oder zwei Offizieren treiben kleine
oder Küstenfahrt und machen meistens sogenannte Rundtoureu. Während einer
vielleicht vierzehntägiger Nundtour laufen sie acht bis zwölf Häfen an, in
jedem wird gelöscht und geladen, und wenn das letzte Stück erledigt ist, werden
die Festmachetaue losgeworfen, es geht in See, und der Offizier hat seine
Brückenwache ebenso wahrzunehmen, als wenn er acht Tage Urlaub gehabt hätte.
Daß ich höchst neugierig bin, wie die angeführte Stelle der neuen Secmanns-
ordnung wirken wird, wird nur sogar ein binnenländischer Leser nachfühlen.

Da der Ladungsoffizier weder Stückzahl, noch Maß oder Gewicht der
eingenommnen Ladung kontrollieren oder kontrollieren lassen kann, lassen gegen¬
wärtig schon manche Reeber die Ladungen am Lande oder in den Leichtern
zählen, messen oder wägen, aber andre überlassen dies ganz ruhig den viel¬
geplagten Offizieren, denn es ist so Gebrauch von alters her. Die Mannschaft
erhält die beim Laden oder Löschen zugebrachten Überstunden bezahlt, aber
eines Offiziers soll dies nicht würdig sein, er erhält nur seine Heuer, und
wenn er noch so viele Überstunden gearbeitet hat. Bei einigen Dampfer¬
reedereien erhalten die Offiziere eine Pauschalgratifikation, wenn kein Ladungs¬
manko vorgekommen ist, bei den weitaus meisten nichts, denn sie haben ja
nur ihre Pflicht gethan; ja bei andern mußten sie früher (ob es noch so ist,
weiß ich nicht) einen Teil ihrer Heuer stehn lassen, bis die etwaigen Claims
für Ladungsmanko abgewickelt waren. Bei einer größern Reederei mußte der
Kapitän, der doch während des Ladens und Löschens am Lande übergenug zu
thun hat, 20 Mark, der erste Offizier 15 Mark, der zweite 12 Mark und der
dritte 10 Mark stehn lassen. Von diesem Gelde wurden die Claims in xloiw
bezahlt, einerlei, ob dem Einzelnen eine Unaufmerksamkeit oder ein Verschulden
nachgewiesen werden konnte oder nicht.



Ist inzwischen auf dein diesjährigen Seeberufsgenossenschaststage zu Mannheim schon
teilweise in Erfüllung gegangen.
Über die Bemannung der deutschen Uanffahrteischisfe

deutschen Tiefladegesetz, dem sich Bestimmungen über das Maximum der Deck¬
ladung anschließen.

Wenn man endlich mit dem Laden und Löschen fertig geworden ist, geht
es sofort in See, denn eins is inouez?, und der Ladungsoffizier hat am Ende
sofort seine Wache auf der Brücke wahrzunehmen. Überkommt ihn bei seiner
Müdigkeit gar noch eine Kollision, oder läuft er auf den Strand, dann ist es
um ihn geschehn. Weil solche übermüdeten Offiziere geradezu eine Gefahr für
das eigne und für andre Schiffe sind, hat sich die Gesetzgebung der Sache an¬
genommen, und der augenblicklich dem Reichstage vorliegende Entwurf einer
Seemannsordnung bestimmt in K 33: Dagegen ist denjenigen Schiffsoffiziereu.
die den Dienst auf Deck versehen, im Hafen eine Ruhezeit von mindestens acht
Stunden innerhalb jeder vierundzwanzig Stunden zu gewähren.

Auf den Dampfern zweiter Klasse giebt es nur drei Offiziere, die im
Hafen gerade so in Anspruch genommen sind wie die auf Dampfern erster
Klasse. Die kleinern Dampfer mit einem oder zwei Offizieren treiben kleine
oder Küstenfahrt und machen meistens sogenannte Rundtoureu. Während einer
vielleicht vierzehntägiger Nundtour laufen sie acht bis zwölf Häfen an, in
jedem wird gelöscht und geladen, und wenn das letzte Stück erledigt ist, werden
die Festmachetaue losgeworfen, es geht in See, und der Offizier hat seine
Brückenwache ebenso wahrzunehmen, als wenn er acht Tage Urlaub gehabt hätte.
Daß ich höchst neugierig bin, wie die angeführte Stelle der neuen Secmanns-
ordnung wirken wird, wird nur sogar ein binnenländischer Leser nachfühlen.

Da der Ladungsoffizier weder Stückzahl, noch Maß oder Gewicht der
eingenommnen Ladung kontrollieren oder kontrollieren lassen kann, lassen gegen¬
wärtig schon manche Reeber die Ladungen am Lande oder in den Leichtern
zählen, messen oder wägen, aber andre überlassen dies ganz ruhig den viel¬
geplagten Offizieren, denn es ist so Gebrauch von alters her. Die Mannschaft
erhält die beim Laden oder Löschen zugebrachten Überstunden bezahlt, aber
eines Offiziers soll dies nicht würdig sein, er erhält nur seine Heuer, und
wenn er noch so viele Überstunden gearbeitet hat. Bei einigen Dampfer¬
reedereien erhalten die Offiziere eine Pauschalgratifikation, wenn kein Ladungs¬
manko vorgekommen ist, bei den weitaus meisten nichts, denn sie haben ja
nur ihre Pflicht gethan; ja bei andern mußten sie früher (ob es noch so ist,
weiß ich nicht) einen Teil ihrer Heuer stehn lassen, bis die etwaigen Claims
für Ladungsmanko abgewickelt waren. Bei einer größern Reederei mußte der
Kapitän, der doch während des Ladens und Löschens am Lande übergenug zu
thun hat, 20 Mark, der erste Offizier 15 Mark, der zweite 12 Mark und der
dritte 10 Mark stehn lassen. Von diesem Gelde wurden die Claims in xloiw
bezahlt, einerlei, ob dem Einzelnen eine Unaufmerksamkeit oder ein Verschulden
nachgewiesen werden konnte oder nicht.



Ist inzwischen auf dein diesjährigen Seeberufsgenossenschaststage zu Mannheim schon
teilweise in Erfüllung gegangen.
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[0409] Über die Bemannung der deutschen Uanffahrteischisfe deutschen Tiefladegesetz, dem sich Bestimmungen über das Maximum der Deck¬ ladung anschließen. Wenn man endlich mit dem Laden und Löschen fertig geworden ist, geht es sofort in See, denn eins is inouez?, und der Ladungsoffizier hat am Ende sofort seine Wache auf der Brücke wahrzunehmen. Überkommt ihn bei seiner Müdigkeit gar noch eine Kollision, oder läuft er auf den Strand, dann ist es um ihn geschehn. Weil solche übermüdeten Offiziere geradezu eine Gefahr für das eigne und für andre Schiffe sind, hat sich die Gesetzgebung der Sache an¬ genommen, und der augenblicklich dem Reichstage vorliegende Entwurf einer Seemannsordnung bestimmt in K 33: Dagegen ist denjenigen Schiffsoffiziereu. die den Dienst auf Deck versehen, im Hafen eine Ruhezeit von mindestens acht Stunden innerhalb jeder vierundzwanzig Stunden zu gewähren. Auf den Dampfern zweiter Klasse giebt es nur drei Offiziere, die im Hafen gerade so in Anspruch genommen sind wie die auf Dampfern erster Klasse. Die kleinern Dampfer mit einem oder zwei Offizieren treiben kleine oder Küstenfahrt und machen meistens sogenannte Rundtoureu. Während einer vielleicht vierzehntägiger Nundtour laufen sie acht bis zwölf Häfen an, in jedem wird gelöscht und geladen, und wenn das letzte Stück erledigt ist, werden die Festmachetaue losgeworfen, es geht in See, und der Offizier hat seine Brückenwache ebenso wahrzunehmen, als wenn er acht Tage Urlaub gehabt hätte. Daß ich höchst neugierig bin, wie die angeführte Stelle der neuen Secmanns- ordnung wirken wird, wird nur sogar ein binnenländischer Leser nachfühlen. Da der Ladungsoffizier weder Stückzahl, noch Maß oder Gewicht der eingenommnen Ladung kontrollieren oder kontrollieren lassen kann, lassen gegen¬ wärtig schon manche Reeber die Ladungen am Lande oder in den Leichtern zählen, messen oder wägen, aber andre überlassen dies ganz ruhig den viel¬ geplagten Offizieren, denn es ist so Gebrauch von alters her. Die Mannschaft erhält die beim Laden oder Löschen zugebrachten Überstunden bezahlt, aber eines Offiziers soll dies nicht würdig sein, er erhält nur seine Heuer, und wenn er noch so viele Überstunden gearbeitet hat. Bei einigen Dampfer¬ reedereien erhalten die Offiziere eine Pauschalgratifikation, wenn kein Ladungs¬ manko vorgekommen ist, bei den weitaus meisten nichts, denn sie haben ja nur ihre Pflicht gethan; ja bei andern mußten sie früher (ob es noch so ist, weiß ich nicht) einen Teil ihrer Heuer stehn lassen, bis die etwaigen Claims für Ladungsmanko abgewickelt waren. Bei einer größern Reederei mußte der Kapitän, der doch während des Ladens und Löschens am Lande übergenug zu thun hat, 20 Mark, der erste Offizier 15 Mark, der zweite 12 Mark und der dritte 10 Mark stehn lassen. Von diesem Gelde wurden die Claims in xloiw bezahlt, einerlei, ob dem Einzelnen eine Unaufmerksamkeit oder ein Verschulden nachgewiesen werden konnte oder nicht. Ist inzwischen auf dein diesjährigen Seeberufsgenossenschaststage zu Mannheim schon teilweise in Erfüllung gegangen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/409>, abgerufen am 28.09.2024.