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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Frau Potixhar

längst bekannt geworden und als eine Rücksichtslosigkeit Stellers erschienen. Die
Wage gegen ihn einzureichen verstand er sich jedoch nicht ohne weiteres, da er
grundsätzlich nur da eintrat, wo er selbst vom Recht der Sache bis auf jeden Rest
überzeugt war. Er bat deshalb Leuner, ihm reinen Wein wegen der nächtlichen
Besuche Herings einzuschenken.

Herr Gerichtsdirektor, erwiderte ihm Leuuer, dos is uus halber ä Rätsel, de
Unnersuchung wirds wohl rausstelln, wie de Leid uff su was kumma sin.

Und Sie sind Ihrer Frau ganz sicher? Nehmen Sie mir die Frage nicht
übel, Herr Leuner.

Nee, dos nahm ich Ihna nich übel, Herr Gerichtsdirektvr! Ich hob meine
Frnn sttlbr dornvch fro'n müssn. Nu is es su: eure Dnmmheet kimmt mer ihr am
Emil zutraun, otter eure Lüg bräche se nich übers Harz. Wenn se jo oder nee so't,
do tour ich meinen Kopp dorfür einsetzen, un se Hot nee geso't.

Darauf hin ging denn die Klage wegen grober Beleidigung und Verleumdung
an das Gerichtsamt Steinitz ab, Steller wurde davon verständigt und versprach
durch seinen Advokaten, den Justitiar Zauge, deu Wahrheitsbeweis. Trotz des in
den fünfziger Jahren noch üblichen schriftlichen Verfahrens nahm der Prozeß einen
für damals außergewöhnlich schnellen Gang. Auch der Amtmann war von der
Spannung ergriffen, in die die Angelegenheit die ganze Gegend versetzt hatte. Nach
drei Monaten schon kam das Urteil und wies Lenner ab. Die unterlegne Partei
trug an diesem Ausgang große Schuld, Frau Leuuer hatte eine Vernehmung
empört abgewiesen, Hering aber dem Gerichtscnnt mit einem Schreiben geant¬
wortet, das ihm eine beträchtliche Ordnungsstrafe zuzog. Leuner appellierte, und
das Bezirksgericht, an das die Sache nun verwiesen wurde, verfuhr wesentlich
gründlicher als die erste Instanz und machte sich vor allem die Idee zu eigen, die
seiner Zeit von der Körnern ausgesprochen worden war: Gesetzt, es ist wahr, daß der
Hering nachts, wenn Lenner sich in Kommotau befand, wirklich zur Hinterthür der
Mühle hereiugcgangen und wieder herausgegangen ist, so muß immer noch bewiesen
werden, daß ihn Frnu Leuuer empfangen hat. Zange fühlte, daß hier die Schwäche
des Stetterschcu Wahrheitsbeweises lag, und fing an, durch Instruktionen den Zeugen
erfolgreich nachzuhelfen. Die örtlichen Verhältnisse erleichterten das. Die viel¬
erwähnte Hinterthür lag im ersten Stock, das Haus War in deu Berg hineingebaut
und hatte für das Erdgeschoß keinen Ausgang und kaum ein Fenster; es war also
für einen Beobachter kein sehr großer Raum zu beherrschen. Zuerst fragte Zange
die Tochter der Lanchsen, ob sie in den Nächten, wo Hering gekommen war, nicht
auch die Frau Leuner gesehen hätte. Das konnte sie mit gutem Gewissen bejahen,
denn eines späten Abends war sie von der Frau getroffen und für ihr Herum¬
treiben ausgescholten worden. Damit lag also für Zange ein Beweisstück vor, daß
Frau Leuner den Jäger erwartet hatte. Als die übrigen Zeugen merkten, was der
Herr Justitiar gern hören wollte, ward ihre Erinnerung auf einmal lebendig; bei
jeder neue" Frage tauchten weitere Einzelheiten auf, und immer wiederholtes
Abfragen durch den Justitiar befestigte sie dermaßen in der Einbildung der ein¬
fältigen Dienstleute, daß sie zu jedem Schwüre bereit waren. Die Stellersche
Partei konnte hiernach für den zweiten Gang des Prozesses mit Belegen nicht bloß
für die nächtlichen Besuche des Jägers dienen, sondern anch feststellen, daß ihn
Frnu Lenner erwartet hatte, daß das Paar zusammen gesehen und gehört worden
war. Das Bild der Schuld war vollständig geworden bis aufs Lachen und Weinen
des Liebespaares, und bis auf die nach und vom Fenster geworfuen Kußhände.
Der Untersuchungsrichter des Bezirksgerichts, ein ziemlich ungläubiger Thomas, fand
es jedoch nötig, die Zeugen an Ort und Stelle in genaues Verhör zu nehmen.
Für jeden einzelnen reiste er die acht Stunden nach Naschlitz, wenn nötig mehrmals,


Frau Potixhar

längst bekannt geworden und als eine Rücksichtslosigkeit Stellers erschienen. Die
Wage gegen ihn einzureichen verstand er sich jedoch nicht ohne weiteres, da er
grundsätzlich nur da eintrat, wo er selbst vom Recht der Sache bis auf jeden Rest
überzeugt war. Er bat deshalb Leuner, ihm reinen Wein wegen der nächtlichen
Besuche Herings einzuschenken.

Herr Gerichtsdirektor, erwiderte ihm Leuuer, dos is uus halber ä Rätsel, de
Unnersuchung wirds wohl rausstelln, wie de Leid uff su was kumma sin.

Und Sie sind Ihrer Frau ganz sicher? Nehmen Sie mir die Frage nicht
übel, Herr Leuner.

Nee, dos nahm ich Ihna nich übel, Herr Gerichtsdirektvr! Ich hob meine
Frnn sttlbr dornvch fro'n müssn. Nu is es su: eure Dnmmheet kimmt mer ihr am
Emil zutraun, otter eure Lüg bräche se nich übers Harz. Wenn se jo oder nee so't,
do tour ich meinen Kopp dorfür einsetzen, un se Hot nee geso't.

Darauf hin ging denn die Klage wegen grober Beleidigung und Verleumdung
an das Gerichtsamt Steinitz ab, Steller wurde davon verständigt und versprach
durch seinen Advokaten, den Justitiar Zauge, deu Wahrheitsbeweis. Trotz des in
den fünfziger Jahren noch üblichen schriftlichen Verfahrens nahm der Prozeß einen
für damals außergewöhnlich schnellen Gang. Auch der Amtmann war von der
Spannung ergriffen, in die die Angelegenheit die ganze Gegend versetzt hatte. Nach
drei Monaten schon kam das Urteil und wies Lenner ab. Die unterlegne Partei
trug an diesem Ausgang große Schuld, Frau Leuuer hatte eine Vernehmung
empört abgewiesen, Hering aber dem Gerichtscnnt mit einem Schreiben geant¬
wortet, das ihm eine beträchtliche Ordnungsstrafe zuzog. Leuner appellierte, und
das Bezirksgericht, an das die Sache nun verwiesen wurde, verfuhr wesentlich
gründlicher als die erste Instanz und machte sich vor allem die Idee zu eigen, die
seiner Zeit von der Körnern ausgesprochen worden war: Gesetzt, es ist wahr, daß der
Hering nachts, wenn Lenner sich in Kommotau befand, wirklich zur Hinterthür der
Mühle hereiugcgangen und wieder herausgegangen ist, so muß immer noch bewiesen
werden, daß ihn Frnu Leuuer empfangen hat. Zange fühlte, daß hier die Schwäche
des Stetterschcu Wahrheitsbeweises lag, und fing an, durch Instruktionen den Zeugen
erfolgreich nachzuhelfen. Die örtlichen Verhältnisse erleichterten das. Die viel¬
erwähnte Hinterthür lag im ersten Stock, das Haus War in deu Berg hineingebaut
und hatte für das Erdgeschoß keinen Ausgang und kaum ein Fenster; es war also
für einen Beobachter kein sehr großer Raum zu beherrschen. Zuerst fragte Zange
die Tochter der Lanchsen, ob sie in den Nächten, wo Hering gekommen war, nicht
auch die Frau Leuner gesehen hätte. Das konnte sie mit gutem Gewissen bejahen,
denn eines späten Abends war sie von der Frau getroffen und für ihr Herum¬
treiben ausgescholten worden. Damit lag also für Zange ein Beweisstück vor, daß
Frau Leuner den Jäger erwartet hatte. Als die übrigen Zeugen merkten, was der
Herr Justitiar gern hören wollte, ward ihre Erinnerung auf einmal lebendig; bei
jeder neue» Frage tauchten weitere Einzelheiten auf, und immer wiederholtes
Abfragen durch den Justitiar befestigte sie dermaßen in der Einbildung der ein¬
fältigen Dienstleute, daß sie zu jedem Schwüre bereit waren. Die Stellersche
Partei konnte hiernach für den zweiten Gang des Prozesses mit Belegen nicht bloß
für die nächtlichen Besuche des Jägers dienen, sondern anch feststellen, daß ihn
Frnu Lenner erwartet hatte, daß das Paar zusammen gesehen und gehört worden
war. Das Bild der Schuld war vollständig geworden bis aufs Lachen und Weinen
des Liebespaares, und bis auf die nach und vom Fenster geworfuen Kußhände.
Der Untersuchungsrichter des Bezirksgerichts, ein ziemlich ungläubiger Thomas, fand
es jedoch nötig, die Zeugen an Ort und Stelle in genaues Verhör zu nehmen.
Für jeden einzelnen reiste er die acht Stunden nach Naschlitz, wenn nötig mehrmals,


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[0263] Frau Potixhar längst bekannt geworden und als eine Rücksichtslosigkeit Stellers erschienen. Die Wage gegen ihn einzureichen verstand er sich jedoch nicht ohne weiteres, da er grundsätzlich nur da eintrat, wo er selbst vom Recht der Sache bis auf jeden Rest überzeugt war. Er bat deshalb Leuner, ihm reinen Wein wegen der nächtlichen Besuche Herings einzuschenken. Herr Gerichtsdirektor, erwiderte ihm Leuuer, dos is uus halber ä Rätsel, de Unnersuchung wirds wohl rausstelln, wie de Leid uff su was kumma sin. Und Sie sind Ihrer Frau ganz sicher? Nehmen Sie mir die Frage nicht übel, Herr Leuner. Nee, dos nahm ich Ihna nich übel, Herr Gerichtsdirektvr! Ich hob meine Frnn sttlbr dornvch fro'n müssn. Nu is es su: eure Dnmmheet kimmt mer ihr am Emil zutraun, otter eure Lüg bräche se nich übers Harz. Wenn se jo oder nee so't, do tour ich meinen Kopp dorfür einsetzen, un se Hot nee geso't. Darauf hin ging denn die Klage wegen grober Beleidigung und Verleumdung an das Gerichtsamt Steinitz ab, Steller wurde davon verständigt und versprach durch seinen Advokaten, den Justitiar Zauge, deu Wahrheitsbeweis. Trotz des in den fünfziger Jahren noch üblichen schriftlichen Verfahrens nahm der Prozeß einen für damals außergewöhnlich schnellen Gang. Auch der Amtmann war von der Spannung ergriffen, in die die Angelegenheit die ganze Gegend versetzt hatte. Nach drei Monaten schon kam das Urteil und wies Lenner ab. Die unterlegne Partei trug an diesem Ausgang große Schuld, Frau Leuuer hatte eine Vernehmung empört abgewiesen, Hering aber dem Gerichtscnnt mit einem Schreiben geant¬ wortet, das ihm eine beträchtliche Ordnungsstrafe zuzog. Leuner appellierte, und das Bezirksgericht, an das die Sache nun verwiesen wurde, verfuhr wesentlich gründlicher als die erste Instanz und machte sich vor allem die Idee zu eigen, die seiner Zeit von der Körnern ausgesprochen worden war: Gesetzt, es ist wahr, daß der Hering nachts, wenn Lenner sich in Kommotau befand, wirklich zur Hinterthür der Mühle hereiugcgangen und wieder herausgegangen ist, so muß immer noch bewiesen werden, daß ihn Frnu Leuuer empfangen hat. Zange fühlte, daß hier die Schwäche des Stetterschcu Wahrheitsbeweises lag, und fing an, durch Instruktionen den Zeugen erfolgreich nachzuhelfen. Die örtlichen Verhältnisse erleichterten das. Die viel¬ erwähnte Hinterthür lag im ersten Stock, das Haus War in deu Berg hineingebaut und hatte für das Erdgeschoß keinen Ausgang und kaum ein Fenster; es war also für einen Beobachter kein sehr großer Raum zu beherrschen. Zuerst fragte Zange die Tochter der Lanchsen, ob sie in den Nächten, wo Hering gekommen war, nicht auch die Frau Leuner gesehen hätte. Das konnte sie mit gutem Gewissen bejahen, denn eines späten Abends war sie von der Frau getroffen und für ihr Herum¬ treiben ausgescholten worden. Damit lag also für Zange ein Beweisstück vor, daß Frau Leuner den Jäger erwartet hatte. Als die übrigen Zeugen merkten, was der Herr Justitiar gern hören wollte, ward ihre Erinnerung auf einmal lebendig; bei jeder neue» Frage tauchten weitere Einzelheiten auf, und immer wiederholtes Abfragen durch den Justitiar befestigte sie dermaßen in der Einbildung der ein¬ fältigen Dienstleute, daß sie zu jedem Schwüre bereit waren. Die Stellersche Partei konnte hiernach für den zweiten Gang des Prozesses mit Belegen nicht bloß für die nächtlichen Besuche des Jägers dienen, sondern anch feststellen, daß ihn Frnu Lenner erwartet hatte, daß das Paar zusammen gesehen und gehört worden war. Das Bild der Schuld war vollständig geworden bis aufs Lachen und Weinen des Liebespaares, und bis auf die nach und vom Fenster geworfuen Kußhände. Der Untersuchungsrichter des Bezirksgerichts, ein ziemlich ungläubiger Thomas, fand es jedoch nötig, die Zeugen an Ort und Stelle in genaues Verhör zu nehmen. Für jeden einzelnen reiste er die acht Stunden nach Naschlitz, wenn nötig mehrmals,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/263>, abgerufen am 29.06.2024.