Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliche und Unmaßgebliches

Spciziergängen an nachbarlichen Hütten vorüber nicht zu versäumen, in diesen
mitunter kleine Geschenke zur freudigen Überraschung der armen Bewohner zu
verstecken.

Den Satz, den wir hervorgehoben haben, hat Fürst von Ligne nur vornehm
flüchtig hingeworfen. Er glaubt ihn mit der Bemerkung erwiesen zu haben, daß man,
wenn man daran denke, ein Blumenbeet, ein Boskett einzurichten, einer Schlucht
Schatten zu verschaffen, oder einem Bache Richtung zu geben, keine Zeit habe, Hof¬
geschichten einzufädeln, ein gefährlicher Staatsbürger zu werden oder unter Frauen
Unfug zu treiben. Auf diese Art ist der erwähnte Ausspruch für uns aber nicht ab¬
gethan. Sollte er nicht auch ohne Seine Durchlaucht, zumal auf bescheidnere Ver¬
hältnisse bezogen und schlicht und recht verstanden, Ausführung verdienen und gefunden
haben? Zuuttchst drängt sich uns dann in dieser grausam statistischen Zeit die Frage
auf: Wie viele Familienväter besitzen denn im gruudgütigen Deutschland oder, um
rascher eine Übersicht zu gewinnen, in Schwarzburg-Rudolstadt oder in Schaumburg-
Lippe einen Garten oder ein Gärtchen, worin sie pädagogische Übungen anstellen
konnten? Gewiß, wir haben neben einer Menge von Luxusgärten auch "Arbeiter¬
gärten." In den musterhaften Arbeitergärten Krupps in Altenhof und Alfredshof,
in den Arbeitcrgärten von Mülhausen i. E., in den Gärten der Werftenarbeiter von
Wilhelmshaven betrachten wir es als gutes Zeichen, daß dort nicht nur Kohlrabi
und Gurke üppig gedeihen, sondern auch Rosen und Nelken, sogar ein Lobelien¬
ring und eine Weigelia sichtbar werden. Gern rechnen wir hinzu, daß Behörden
und Menschenfreunde vielfach gesorgt haben, der ärmern städtischen Bevölkerung
gegen mäßige Pacht "Gartenland" zur Verfügung zu stellen. Und da sei nament¬
lich Leipzig mit seinen ausgedehnten, nach dem Stifter genannten "Schrebergärten"
und Kiel rin ebenfalls mehr als dritthalbtnusend Gartenlandgebieten, jedes zwei¬
undvierzig Geviertmeter groß, rühmend hervorgehoben. An solchen Plätzen zeigen
sich oft, namentlich nach Feierabend, ganze Familien mit Lust und Verstäuduis
thätig. Bald sind sie darauf bedacht, eine Rasenbank durch übergcbogne Feuerbohnen¬
ranken zur Laube zu gestalten, bald ein Beet für Goldlack, Reseda und Wicken her¬
zustellen usw. Gewiß regen bedächtige Familienväter durch ihr eignes Zufrieden- und
Vergnügtsein auf ihrem kleinen Fleck des Grünens und Blühens ihre Kinder durch
Anleitung zu gesundheitfördernder Arbeit erzieherisch an.

Die eigentliche Pädagogik hat sich die Beschäftigung im Garten als Er¬
ziehungsmittel nicht entgehn lassen. Das Pestalozzi-Fröbelhaus in Berlin leistet
darin Anerkennenswertes. In der Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal vor dem
Thüringer Walde -- sie feierte 1884 das Jahrhundert ihres Bestehens und hat
gegenwärtig etwa siebzig Zöglinge -- bekommen die ihr anvertraute" sieben- bis
vierzehnjährigen Knaben jeder sein Beet im Anstaltsgarten zugewiesen. Die schon
erfahrnen Schüler weisen die jüngern an, Schnittlauch, Radieschen, Kresse (für das
Butterbrot), Nasturzieu, Phlox, Levkoyen, eine Nhabarberstaude, einen Adlerfarn zu
Pflanzen und zu Pflegen. Je umsichtiger, freundlicher, fröhlicher es geschieht, desto
besser. In den Bosketts wird Bekanntschaft mit Sträuchern und Bäumen gemacht.
Sobald wie möglich wird ein Strauß gepflückt, um der einen oder der andern
Lehrersfrau, die es gut mit den Zöglingen meint, überreicht zu werden. Von dem
an die kleine Arbeiterschaft herantretenden Lehrer werden weitere botanische Hin¬
weisungen erteilt, und bei guter Laune deutet er darauf hin, wie manches der An¬
staltsgarten enthalten könnte, ohne es zu enthalten: eine nicht üble c!sinon8liÄi,lo in
a.dö?ut,la, von unabsehbarer Ausdehnung. In den neuerdings vielfach eingerichteten
Knabenhorten fehlt nie die Garteubeschäftigung. Schon vor vierzig Jahren traf,
wie wir einer biographischen Skizze in der vorjährigen Deutschen Rundschau ent¬
nehmen, der um die Landwirtschaft, Bienenzucht und Fischerei sehr verdiente Guts-


Maßgebliche und Unmaßgebliches

Spciziergängen an nachbarlichen Hütten vorüber nicht zu versäumen, in diesen
mitunter kleine Geschenke zur freudigen Überraschung der armen Bewohner zu
verstecken.

Den Satz, den wir hervorgehoben haben, hat Fürst von Ligne nur vornehm
flüchtig hingeworfen. Er glaubt ihn mit der Bemerkung erwiesen zu haben, daß man,
wenn man daran denke, ein Blumenbeet, ein Boskett einzurichten, einer Schlucht
Schatten zu verschaffen, oder einem Bache Richtung zu geben, keine Zeit habe, Hof¬
geschichten einzufädeln, ein gefährlicher Staatsbürger zu werden oder unter Frauen
Unfug zu treiben. Auf diese Art ist der erwähnte Ausspruch für uns aber nicht ab¬
gethan. Sollte er nicht auch ohne Seine Durchlaucht, zumal auf bescheidnere Ver¬
hältnisse bezogen und schlicht und recht verstanden, Ausführung verdienen und gefunden
haben? Zuuttchst drängt sich uns dann in dieser grausam statistischen Zeit die Frage
auf: Wie viele Familienväter besitzen denn im gruudgütigen Deutschland oder, um
rascher eine Übersicht zu gewinnen, in Schwarzburg-Rudolstadt oder in Schaumburg-
Lippe einen Garten oder ein Gärtchen, worin sie pädagogische Übungen anstellen
konnten? Gewiß, wir haben neben einer Menge von Luxusgärten auch „Arbeiter¬
gärten." In den musterhaften Arbeitergärten Krupps in Altenhof und Alfredshof,
in den Arbeitcrgärten von Mülhausen i. E., in den Gärten der Werftenarbeiter von
Wilhelmshaven betrachten wir es als gutes Zeichen, daß dort nicht nur Kohlrabi
und Gurke üppig gedeihen, sondern auch Rosen und Nelken, sogar ein Lobelien¬
ring und eine Weigelia sichtbar werden. Gern rechnen wir hinzu, daß Behörden
und Menschenfreunde vielfach gesorgt haben, der ärmern städtischen Bevölkerung
gegen mäßige Pacht „Gartenland" zur Verfügung zu stellen. Und da sei nament¬
lich Leipzig mit seinen ausgedehnten, nach dem Stifter genannten „Schrebergärten"
und Kiel rin ebenfalls mehr als dritthalbtnusend Gartenlandgebieten, jedes zwei¬
undvierzig Geviertmeter groß, rühmend hervorgehoben. An solchen Plätzen zeigen
sich oft, namentlich nach Feierabend, ganze Familien mit Lust und Verstäuduis
thätig. Bald sind sie darauf bedacht, eine Rasenbank durch übergcbogne Feuerbohnen¬
ranken zur Laube zu gestalten, bald ein Beet für Goldlack, Reseda und Wicken her¬
zustellen usw. Gewiß regen bedächtige Familienväter durch ihr eignes Zufrieden- und
Vergnügtsein auf ihrem kleinen Fleck des Grünens und Blühens ihre Kinder durch
Anleitung zu gesundheitfördernder Arbeit erzieherisch an.

Die eigentliche Pädagogik hat sich die Beschäftigung im Garten als Er¬
ziehungsmittel nicht entgehn lassen. Das Pestalozzi-Fröbelhaus in Berlin leistet
darin Anerkennenswertes. In der Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal vor dem
Thüringer Walde — sie feierte 1884 das Jahrhundert ihres Bestehens und hat
gegenwärtig etwa siebzig Zöglinge — bekommen die ihr anvertraute« sieben- bis
vierzehnjährigen Knaben jeder sein Beet im Anstaltsgarten zugewiesen. Die schon
erfahrnen Schüler weisen die jüngern an, Schnittlauch, Radieschen, Kresse (für das
Butterbrot), Nasturzieu, Phlox, Levkoyen, eine Nhabarberstaude, einen Adlerfarn zu
Pflanzen und zu Pflegen. Je umsichtiger, freundlicher, fröhlicher es geschieht, desto
besser. In den Bosketts wird Bekanntschaft mit Sträuchern und Bäumen gemacht.
Sobald wie möglich wird ein Strauß gepflückt, um der einen oder der andern
Lehrersfrau, die es gut mit den Zöglingen meint, überreicht zu werden. Von dem
an die kleine Arbeiterschaft herantretenden Lehrer werden weitere botanische Hin¬
weisungen erteilt, und bei guter Laune deutet er darauf hin, wie manches der An¬
staltsgarten enthalten könnte, ohne es zu enthalten: eine nicht üble c!sinon8liÄi,lo in
a.dö?ut,la, von unabsehbarer Ausdehnung. In den neuerdings vielfach eingerichteten
Knabenhorten fehlt nie die Garteubeschäftigung. Schon vor vierzig Jahren traf,
wie wir einer biographischen Skizze in der vorjährigen Deutschen Rundschau ent¬
nehmen, der um die Landwirtschaft, Bienenzucht und Fischerei sehr verdiente Guts-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0060" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290471"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliche und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_218" prev="#ID_217"> Spciziergängen an nachbarlichen Hütten vorüber nicht zu versäumen, in diesen<lb/>
mitunter kleine Geschenke zur freudigen Überraschung der armen Bewohner zu<lb/>
verstecken.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_219"> Den Satz, den wir hervorgehoben haben, hat Fürst von Ligne nur vornehm<lb/>
flüchtig hingeworfen. Er glaubt ihn mit der Bemerkung erwiesen zu haben, daß man,<lb/>
wenn man daran denke, ein Blumenbeet, ein Boskett einzurichten, einer Schlucht<lb/>
Schatten zu verschaffen, oder einem Bache Richtung zu geben, keine Zeit habe, Hof¬<lb/>
geschichten einzufädeln, ein gefährlicher Staatsbürger zu werden oder unter Frauen<lb/>
Unfug zu treiben. Auf diese Art ist der erwähnte Ausspruch für uns aber nicht ab¬<lb/>
gethan. Sollte er nicht auch ohne Seine Durchlaucht, zumal auf bescheidnere Ver¬<lb/>
hältnisse bezogen und schlicht und recht verstanden, Ausführung verdienen und gefunden<lb/>
haben? Zuuttchst drängt sich uns dann in dieser grausam statistischen Zeit die Frage<lb/>
auf: Wie viele Familienväter besitzen denn im gruudgütigen Deutschland oder, um<lb/>
rascher eine Übersicht zu gewinnen, in Schwarzburg-Rudolstadt oder in Schaumburg-<lb/>
Lippe einen Garten oder ein Gärtchen, worin sie pädagogische Übungen anstellen<lb/>
konnten? Gewiß, wir haben neben einer Menge von Luxusgärten auch &#x201E;Arbeiter¬<lb/>
gärten." In den musterhaften Arbeitergärten Krupps in Altenhof und Alfredshof,<lb/>
in den Arbeitcrgärten von Mülhausen i. E., in den Gärten der Werftenarbeiter von<lb/>
Wilhelmshaven betrachten wir es als gutes Zeichen, daß dort nicht nur Kohlrabi<lb/>
und Gurke üppig gedeihen, sondern auch Rosen und Nelken, sogar ein Lobelien¬<lb/>
ring und eine Weigelia sichtbar werden. Gern rechnen wir hinzu, daß Behörden<lb/>
und Menschenfreunde vielfach gesorgt haben, der ärmern städtischen Bevölkerung<lb/>
gegen mäßige Pacht &#x201E;Gartenland" zur Verfügung zu stellen. Und da sei nament¬<lb/>
lich Leipzig mit seinen ausgedehnten, nach dem Stifter genannten &#x201E;Schrebergärten"<lb/>
und Kiel rin ebenfalls mehr als dritthalbtnusend Gartenlandgebieten, jedes zwei¬<lb/>
undvierzig Geviertmeter groß, rühmend hervorgehoben. An solchen Plätzen zeigen<lb/>
sich oft, namentlich nach Feierabend, ganze Familien mit Lust und Verstäuduis<lb/>
thätig. Bald sind sie darauf bedacht, eine Rasenbank durch übergcbogne Feuerbohnen¬<lb/>
ranken zur Laube zu gestalten, bald ein Beet für Goldlack, Reseda und Wicken her¬<lb/>
zustellen usw. Gewiß regen bedächtige Familienväter durch ihr eignes Zufrieden- und<lb/>
Vergnügtsein auf ihrem kleinen Fleck des Grünens und Blühens ihre Kinder durch<lb/>
Anleitung zu gesundheitfördernder Arbeit erzieherisch an.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_220" next="#ID_221"> Die eigentliche Pädagogik hat sich die Beschäftigung im Garten als Er¬<lb/>
ziehungsmittel nicht entgehn lassen. Das Pestalozzi-Fröbelhaus in Berlin leistet<lb/>
darin Anerkennenswertes. In der Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal vor dem<lb/>
Thüringer Walde &#x2014; sie feierte 1884 das Jahrhundert ihres Bestehens und hat<lb/>
gegenwärtig etwa siebzig Zöglinge &#x2014; bekommen die ihr anvertraute« sieben- bis<lb/>
vierzehnjährigen Knaben jeder sein Beet im Anstaltsgarten zugewiesen. Die schon<lb/>
erfahrnen Schüler weisen die jüngern an, Schnittlauch, Radieschen, Kresse (für das<lb/>
Butterbrot), Nasturzieu, Phlox, Levkoyen, eine Nhabarberstaude, einen Adlerfarn zu<lb/>
Pflanzen und zu Pflegen. Je umsichtiger, freundlicher, fröhlicher es geschieht, desto<lb/>
besser. In den Bosketts wird Bekanntschaft mit Sträuchern und Bäumen gemacht.<lb/>
Sobald wie möglich wird ein Strauß gepflückt, um der einen oder der andern<lb/>
Lehrersfrau, die es gut mit den Zöglingen meint, überreicht zu werden. Von dem<lb/>
an die kleine Arbeiterschaft herantretenden Lehrer werden weitere botanische Hin¬<lb/>
weisungen erteilt, und bei guter Laune deutet er darauf hin, wie manches der An¬<lb/>
staltsgarten enthalten könnte, ohne es zu enthalten: eine nicht üble c!sinon8liÄi,lo in<lb/>
a.dö?ut,la, von unabsehbarer Ausdehnung. In den neuerdings vielfach eingerichteten<lb/>
Knabenhorten fehlt nie die Garteubeschäftigung. Schon vor vierzig Jahren traf,<lb/>
wie wir einer biographischen Skizze in der vorjährigen Deutschen Rundschau ent¬<lb/>
nehmen, der um die Landwirtschaft, Bienenzucht und Fischerei sehr verdiente Guts-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0060] Maßgebliche und Unmaßgebliches Spciziergängen an nachbarlichen Hütten vorüber nicht zu versäumen, in diesen mitunter kleine Geschenke zur freudigen Überraschung der armen Bewohner zu verstecken. Den Satz, den wir hervorgehoben haben, hat Fürst von Ligne nur vornehm flüchtig hingeworfen. Er glaubt ihn mit der Bemerkung erwiesen zu haben, daß man, wenn man daran denke, ein Blumenbeet, ein Boskett einzurichten, einer Schlucht Schatten zu verschaffen, oder einem Bache Richtung zu geben, keine Zeit habe, Hof¬ geschichten einzufädeln, ein gefährlicher Staatsbürger zu werden oder unter Frauen Unfug zu treiben. Auf diese Art ist der erwähnte Ausspruch für uns aber nicht ab¬ gethan. Sollte er nicht auch ohne Seine Durchlaucht, zumal auf bescheidnere Ver¬ hältnisse bezogen und schlicht und recht verstanden, Ausführung verdienen und gefunden haben? Zuuttchst drängt sich uns dann in dieser grausam statistischen Zeit die Frage auf: Wie viele Familienväter besitzen denn im gruudgütigen Deutschland oder, um rascher eine Übersicht zu gewinnen, in Schwarzburg-Rudolstadt oder in Schaumburg- Lippe einen Garten oder ein Gärtchen, worin sie pädagogische Übungen anstellen konnten? Gewiß, wir haben neben einer Menge von Luxusgärten auch „Arbeiter¬ gärten." In den musterhaften Arbeitergärten Krupps in Altenhof und Alfredshof, in den Arbeitcrgärten von Mülhausen i. E., in den Gärten der Werftenarbeiter von Wilhelmshaven betrachten wir es als gutes Zeichen, daß dort nicht nur Kohlrabi und Gurke üppig gedeihen, sondern auch Rosen und Nelken, sogar ein Lobelien¬ ring und eine Weigelia sichtbar werden. Gern rechnen wir hinzu, daß Behörden und Menschenfreunde vielfach gesorgt haben, der ärmern städtischen Bevölkerung gegen mäßige Pacht „Gartenland" zur Verfügung zu stellen. Und da sei nament¬ lich Leipzig mit seinen ausgedehnten, nach dem Stifter genannten „Schrebergärten" und Kiel rin ebenfalls mehr als dritthalbtnusend Gartenlandgebieten, jedes zwei¬ undvierzig Geviertmeter groß, rühmend hervorgehoben. An solchen Plätzen zeigen sich oft, namentlich nach Feierabend, ganze Familien mit Lust und Verstäuduis thätig. Bald sind sie darauf bedacht, eine Rasenbank durch übergcbogne Feuerbohnen¬ ranken zur Laube zu gestalten, bald ein Beet für Goldlack, Reseda und Wicken her¬ zustellen usw. Gewiß regen bedächtige Familienväter durch ihr eignes Zufrieden- und Vergnügtsein auf ihrem kleinen Fleck des Grünens und Blühens ihre Kinder durch Anleitung zu gesundheitfördernder Arbeit erzieherisch an. Die eigentliche Pädagogik hat sich die Beschäftigung im Garten als Er¬ ziehungsmittel nicht entgehn lassen. Das Pestalozzi-Fröbelhaus in Berlin leistet darin Anerkennenswertes. In der Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal vor dem Thüringer Walde — sie feierte 1884 das Jahrhundert ihres Bestehens und hat gegenwärtig etwa siebzig Zöglinge — bekommen die ihr anvertraute« sieben- bis vierzehnjährigen Knaben jeder sein Beet im Anstaltsgarten zugewiesen. Die schon erfahrnen Schüler weisen die jüngern an, Schnittlauch, Radieschen, Kresse (für das Butterbrot), Nasturzieu, Phlox, Levkoyen, eine Nhabarberstaude, einen Adlerfarn zu Pflanzen und zu Pflegen. Je umsichtiger, freundlicher, fröhlicher es geschieht, desto besser. In den Bosketts wird Bekanntschaft mit Sträuchern und Bäumen gemacht. Sobald wie möglich wird ein Strauß gepflückt, um der einen oder der andern Lehrersfrau, die es gut mit den Zöglingen meint, überreicht zu werden. Von dem an die kleine Arbeiterschaft herantretenden Lehrer werden weitere botanische Hin¬ weisungen erteilt, und bei guter Laune deutet er darauf hin, wie manches der An¬ staltsgarten enthalten könnte, ohne es zu enthalten: eine nicht üble c!sinon8liÄi,lo in a.dö?ut,la, von unabsehbarer Ausdehnung. In den neuerdings vielfach eingerichteten Knabenhorten fehlt nie die Garteubeschäftigung. Schon vor vierzig Jahren traf, wie wir einer biographischen Skizze in der vorjährigen Deutschen Rundschau ent¬ nehmen, der um die Landwirtschaft, Bienenzucht und Fischerei sehr verdiente Guts-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/60
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/60>, abgerufen am 01.07.2024.