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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Die tschechische Obstruktion

der Tschechen ab. Deren Resolutionen konnte mein nicht ohne weiteres trauen, denn
an solchen hat es auch vor dem Sturze Clarhs nicht gefehlt, und doch hat sich die
jungtschechische Obstruktion damals einer wohlwollenden Duldung, wenn nicht Förde¬
rung durch die Parteien der Rechten zu erfreuen gehabt. Dieses Doppelspiel mutete
mau insbesondre dem feudalen Grundbesitz zu, so wie mau auch von den galizischen
Stancziken weiß, das; sie um keinen Preis das slawisch-klerikal-feudale Bündnis
aufgeben mochten. Eine etwas entschiednere Abwendung wird von den Klerikalen
erwartet. Direkte Genossenschaft in der Obstruktion haben den Jungtschechen nur
einige Kroaten geleistet, was um ihrer Isolierung wenig ändert. Da zur Stellung
gewisser Anträge die Zahl 50 genügt, sind die 61 Jungtschechen imstande, den Mi߬
brauch der Tagesordnung, den sie sich nnn einmal aus Trotz in den Kopf gesetzt haben,
auch ohne fremde Hilfe durchzuführen. Dem Antrage des Klerikalen Kathrein auf
Entsendung eines Ausschusses zur Abänderung der Tagesordnung wollte die deutsche
Opposition nicht zustimmen, weil sie ihrem rühmlichen Kampfe gegen die Lex Falken-
hayn nicht selbst nachträglich die moralische Berechtigung entzieh" kann. Sie überläßt
es vielmehr den übrigen Parteien der Rechten, die Jungtschechen wieder zur Vernunft
zu bringen. Das Exekutivkomitee der Rechten trat auch alsbald zu einer langen Be¬
ratung zusammen, um über die Möglichkeiten eines Kompromisses zu verhandeln, jedoch
ohne Erfolg. Und nachdem das Abgeordnetenhaus nur drei Sitzungen gehalten
hatte, vou denen die letzte wegen Beschlußunfähigkeit geschlossen werden mußte, wurde
abermals eine achttägige Sitzungspause beschlossen, weil die Delegationen in Budapest
zusammentraten. Übrigens schälkelen die Tschechen manche Verhandlungsgegenstände
aus der Obstruktiou aus. So haben sie unter ausdrücklicher Verwahrung gegen ein
daraus zu folgerndes Präjudiz die Abhaltung einer besondern Abendsitzung zur
Vornahme der Wahl der Quoteudeputatiou zugelassen, offenbar um die Krone, die
über die Aufrechthaltung der dualistischen Beziehungen zu Ungarn mit besondrer
Empfindlichkeit wacht, nicht gegen sich aufzubringen. Inzwischen wurde in Böhmen
von radikaler Seite ein Entrüstungsrummel gegen die Körberscheu Sprachgesetzentwürfe
veranstaltet und von juugtschechischer Seite mitgemacht. Ebenso verkünden aber auch
die Deutschradikalen die Uncmnehmbarkeit der allerdings vom Ministerpräsidenten
selbst als abänderungsfähig bezeichneten Vorlagen, solange nicht die deutsche Staats¬
sprache gesetzlich festgestellt ist. Unter den bestehenden parlamentarischen Verhält¬
nissen muß aber jedermann die Undurcyführbarkeit dieser Forderung erkennen.

Die Hoffnung, daß während der für die Delegatiousverhaudlungen bestimmten
achttägigen Pause die in Pest versammelten österreichischen Parteiführer die Jung¬
tschechen zum Aufgeben ihrer Obstruttioustaktik bestimmen würden, fand keine Er¬
füllung, und so mußte im voraus mit der Lähmung des Reichsrath nach dessen
Wiederzusammentritt gerechnet werden. Das Ministerium mußte schon damals, wenn
es nicht den Platz räumen wollte, dem Gedanken an eine Auflösung des Abgeordneten¬
hauses näher treten. Allerdings konnte an die Ausführung nicht früher gegangen
werden, als bis die Delegationen ihre Arbeit gethan hatten. In dieser Zeit mußte
es sich entscheiden, ob auch die eruste Mahnung, die der Kaiser beim Empfange
der Delegationen an die Jungtschechen gerichtet hatte, fruchtlos bleiben würde.
Freilich wurde es allgemein angenommen, weil angeblich die tschechischen Abge¬
ordneten von einer Auflösung des Hauses und einer Neuwahl eine Stärkung ihrer
Stellung gegenüber den Radikalen erwarten und nur die Polen und Deutschliberalen
eine Anzahl von Mandaten zu verlieren fürchten. Gerade darum giebt man sich
Mühe, eine Auflösung zu verhindern. Kommt es doch dazu, so hat äußerlich die
jungtschechische Obstruktion einen Sieg errungen, der aber dann mit dem Zerfalle
der Majorität bezahlt worden ist, deren übrige Parteien in diesem Falle die
tschechische Rücksichtslosigkeit endlich selbst erfahren hätten. Ohne den Rückhalt an


Die tschechische Obstruktion

der Tschechen ab. Deren Resolutionen konnte mein nicht ohne weiteres trauen, denn
an solchen hat es auch vor dem Sturze Clarhs nicht gefehlt, und doch hat sich die
jungtschechische Obstruktion damals einer wohlwollenden Duldung, wenn nicht Förde¬
rung durch die Parteien der Rechten zu erfreuen gehabt. Dieses Doppelspiel mutete
mau insbesondre dem feudalen Grundbesitz zu, so wie mau auch von den galizischen
Stancziken weiß, das; sie um keinen Preis das slawisch-klerikal-feudale Bündnis
aufgeben mochten. Eine etwas entschiednere Abwendung wird von den Klerikalen
erwartet. Direkte Genossenschaft in der Obstruktion haben den Jungtschechen nur
einige Kroaten geleistet, was um ihrer Isolierung wenig ändert. Da zur Stellung
gewisser Anträge die Zahl 50 genügt, sind die 61 Jungtschechen imstande, den Mi߬
brauch der Tagesordnung, den sie sich nnn einmal aus Trotz in den Kopf gesetzt haben,
auch ohne fremde Hilfe durchzuführen. Dem Antrage des Klerikalen Kathrein auf
Entsendung eines Ausschusses zur Abänderung der Tagesordnung wollte die deutsche
Opposition nicht zustimmen, weil sie ihrem rühmlichen Kampfe gegen die Lex Falken-
hayn nicht selbst nachträglich die moralische Berechtigung entzieh» kann. Sie überläßt
es vielmehr den übrigen Parteien der Rechten, die Jungtschechen wieder zur Vernunft
zu bringen. Das Exekutivkomitee der Rechten trat auch alsbald zu einer langen Be¬
ratung zusammen, um über die Möglichkeiten eines Kompromisses zu verhandeln, jedoch
ohne Erfolg. Und nachdem das Abgeordnetenhaus nur drei Sitzungen gehalten
hatte, vou denen die letzte wegen Beschlußunfähigkeit geschlossen werden mußte, wurde
abermals eine achttägige Sitzungspause beschlossen, weil die Delegationen in Budapest
zusammentraten. Übrigens schälkelen die Tschechen manche Verhandlungsgegenstände
aus der Obstruktiou aus. So haben sie unter ausdrücklicher Verwahrung gegen ein
daraus zu folgerndes Präjudiz die Abhaltung einer besondern Abendsitzung zur
Vornahme der Wahl der Quoteudeputatiou zugelassen, offenbar um die Krone, die
über die Aufrechthaltung der dualistischen Beziehungen zu Ungarn mit besondrer
Empfindlichkeit wacht, nicht gegen sich aufzubringen. Inzwischen wurde in Böhmen
von radikaler Seite ein Entrüstungsrummel gegen die Körberscheu Sprachgesetzentwürfe
veranstaltet und von juugtschechischer Seite mitgemacht. Ebenso verkünden aber auch
die Deutschradikalen die Uncmnehmbarkeit der allerdings vom Ministerpräsidenten
selbst als abänderungsfähig bezeichneten Vorlagen, solange nicht die deutsche Staats¬
sprache gesetzlich festgestellt ist. Unter den bestehenden parlamentarischen Verhält¬
nissen muß aber jedermann die Undurcyführbarkeit dieser Forderung erkennen.

Die Hoffnung, daß während der für die Delegatiousverhaudlungen bestimmten
achttägigen Pause die in Pest versammelten österreichischen Parteiführer die Jung¬
tschechen zum Aufgeben ihrer Obstruttioustaktik bestimmen würden, fand keine Er¬
füllung, und so mußte im voraus mit der Lähmung des Reichsrath nach dessen
Wiederzusammentritt gerechnet werden. Das Ministerium mußte schon damals, wenn
es nicht den Platz räumen wollte, dem Gedanken an eine Auflösung des Abgeordneten¬
hauses näher treten. Allerdings konnte an die Ausführung nicht früher gegangen
werden, als bis die Delegationen ihre Arbeit gethan hatten. In dieser Zeit mußte
es sich entscheiden, ob auch die eruste Mahnung, die der Kaiser beim Empfange
der Delegationen an die Jungtschechen gerichtet hatte, fruchtlos bleiben würde.
Freilich wurde es allgemein angenommen, weil angeblich die tschechischen Abge¬
ordneten von einer Auflösung des Hauses und einer Neuwahl eine Stärkung ihrer
Stellung gegenüber den Radikalen erwarten und nur die Polen und Deutschliberalen
eine Anzahl von Mandaten zu verlieren fürchten. Gerade darum giebt man sich
Mühe, eine Auflösung zu verhindern. Kommt es doch dazu, so hat äußerlich die
jungtschechische Obstruktion einen Sieg errungen, der aber dann mit dem Zerfalle
der Majorität bezahlt worden ist, deren übrige Parteien in diesem Falle die
tschechische Rücksichtslosigkeit endlich selbst erfahren hätten. Ohne den Rückhalt an


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[0552] Die tschechische Obstruktion der Tschechen ab. Deren Resolutionen konnte mein nicht ohne weiteres trauen, denn an solchen hat es auch vor dem Sturze Clarhs nicht gefehlt, und doch hat sich die jungtschechische Obstruktion damals einer wohlwollenden Duldung, wenn nicht Förde¬ rung durch die Parteien der Rechten zu erfreuen gehabt. Dieses Doppelspiel mutete mau insbesondre dem feudalen Grundbesitz zu, so wie mau auch von den galizischen Stancziken weiß, das; sie um keinen Preis das slawisch-klerikal-feudale Bündnis aufgeben mochten. Eine etwas entschiednere Abwendung wird von den Klerikalen erwartet. Direkte Genossenschaft in der Obstruktion haben den Jungtschechen nur einige Kroaten geleistet, was um ihrer Isolierung wenig ändert. Da zur Stellung gewisser Anträge die Zahl 50 genügt, sind die 61 Jungtschechen imstande, den Mi߬ brauch der Tagesordnung, den sie sich nnn einmal aus Trotz in den Kopf gesetzt haben, auch ohne fremde Hilfe durchzuführen. Dem Antrage des Klerikalen Kathrein auf Entsendung eines Ausschusses zur Abänderung der Tagesordnung wollte die deutsche Opposition nicht zustimmen, weil sie ihrem rühmlichen Kampfe gegen die Lex Falken- hayn nicht selbst nachträglich die moralische Berechtigung entzieh» kann. Sie überläßt es vielmehr den übrigen Parteien der Rechten, die Jungtschechen wieder zur Vernunft zu bringen. Das Exekutivkomitee der Rechten trat auch alsbald zu einer langen Be¬ ratung zusammen, um über die Möglichkeiten eines Kompromisses zu verhandeln, jedoch ohne Erfolg. Und nachdem das Abgeordnetenhaus nur drei Sitzungen gehalten hatte, vou denen die letzte wegen Beschlußunfähigkeit geschlossen werden mußte, wurde abermals eine achttägige Sitzungspause beschlossen, weil die Delegationen in Budapest zusammentraten. Übrigens schälkelen die Tschechen manche Verhandlungsgegenstände aus der Obstruktiou aus. So haben sie unter ausdrücklicher Verwahrung gegen ein daraus zu folgerndes Präjudiz die Abhaltung einer besondern Abendsitzung zur Vornahme der Wahl der Quoteudeputatiou zugelassen, offenbar um die Krone, die über die Aufrechthaltung der dualistischen Beziehungen zu Ungarn mit besondrer Empfindlichkeit wacht, nicht gegen sich aufzubringen. Inzwischen wurde in Böhmen von radikaler Seite ein Entrüstungsrummel gegen die Körberscheu Sprachgesetzentwürfe veranstaltet und von juugtschechischer Seite mitgemacht. Ebenso verkünden aber auch die Deutschradikalen die Uncmnehmbarkeit der allerdings vom Ministerpräsidenten selbst als abänderungsfähig bezeichneten Vorlagen, solange nicht die deutsche Staats¬ sprache gesetzlich festgestellt ist. Unter den bestehenden parlamentarischen Verhält¬ nissen muß aber jedermann die Undurcyführbarkeit dieser Forderung erkennen. Die Hoffnung, daß während der für die Delegatiousverhaudlungen bestimmten achttägigen Pause die in Pest versammelten österreichischen Parteiführer die Jung¬ tschechen zum Aufgeben ihrer Obstruttioustaktik bestimmen würden, fand keine Er¬ füllung, und so mußte im voraus mit der Lähmung des Reichsrath nach dessen Wiederzusammentritt gerechnet werden. Das Ministerium mußte schon damals, wenn es nicht den Platz räumen wollte, dem Gedanken an eine Auflösung des Abgeordneten¬ hauses näher treten. Allerdings konnte an die Ausführung nicht früher gegangen werden, als bis die Delegationen ihre Arbeit gethan hatten. In dieser Zeit mußte es sich entscheiden, ob auch die eruste Mahnung, die der Kaiser beim Empfange der Delegationen an die Jungtschechen gerichtet hatte, fruchtlos bleiben würde. Freilich wurde es allgemein angenommen, weil angeblich die tschechischen Abge¬ ordneten von einer Auflösung des Hauses und einer Neuwahl eine Stärkung ihrer Stellung gegenüber den Radikalen erwarten und nur die Polen und Deutschliberalen eine Anzahl von Mandaten zu verlieren fürchten. Gerade darum giebt man sich Mühe, eine Auflösung zu verhindern. Kommt es doch dazu, so hat äußerlich die jungtschechische Obstruktion einen Sieg errungen, der aber dann mit dem Zerfalle der Majorität bezahlt worden ist, deren übrige Parteien in diesem Falle die tschechische Rücksichtslosigkeit endlich selbst erfahren hätten. Ohne den Rückhalt an

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/552>, abgerufen am 22.07.2024.