Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.Erinnerungen an den ungarischen F°^Z"S ,in Jahre ^3^9 Vorkehrungen getroffen worden. Die Musikkapelle des österreichischen Regi¬ Der Stab des dritten Korps lag ungefähr vierzehn Tage lang in Krakau Erinnerungen an den ungarischen F°^Z"S ,in Jahre ^3^9 Vorkehrungen getroffen worden. Die Musikkapelle des österreichischen Regi¬ Der Stab des dritten Korps lag ungefähr vierzehn Tage lang in Krakau <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0043" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290454"/> <fw type="header" place="top"> Erinnerungen an den ungarischen F°^Z"S ,in Jahre ^3^9</fw><lb/> <p xml:id="ID_89" prev="#ID_88"> Vorkehrungen getroffen worden. Die Musikkapelle des österreichischen Regi¬<lb/> ments „Fürst Liechtenstein" in weißer Uniform mit hellgrünen Aufschlügen<lb/> stand auf dein rechten Flügel; die österreichischen Befehlshaber waren in der<lb/> Stadt und erwarteten die Ankunft des Grafen. Die Musik spielte unsre<lb/> Nationalhymne „Gott erhalte den Zaren." Das in Reih und Glied stehende<lb/> Bataillon präsentierte unter Hurrarufen. Das Haus des Bankiers Hetzel, in<lb/> dem wir abfliegen, lag auf einem großen freien Platze, der von dichten Volks¬<lb/> massen bedeckt war; und diese Massen harrten bis spät abends aus, wo dann<lb/> ein langer Fackelzug stattfand. Ein junges Mädchen überreichte dem Grafen<lb/> einen Blumenstrauß, und ein Beamter in kaukasischen Nationalkostüm hielt eine<lb/> Dankrede. Graf Rüdiger antwortete freundlich und energisch. Die Begeisterung<lb/> war allgemein; überall sprach man die Hoffnung aus auf baldige Beilegung<lb/> der Feindseligkeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_90"> Der Stab des dritten Korps lag ungefähr vierzehn Tage lang in Krakau<lb/> in Quartier, und während dieser Zeit bis zur Ankunft des Kaisers und des<lb/> Generalfeldmarschalls Fürsten Warschawsti standen die Truppen unter dem<lb/> direkten Oberbefehl des Grafen Rüdiger. Der Verkehr zwischen den öster¬<lb/> reichischen Soldaten und den unsrigen war anfangs sehr angenehm und freund¬<lb/> lich. Man konnte in den ersten Tagen sehen, wie russische Soldaten Arm in<lb/> Arm mit österreichischen gingen, wie sie einander traktierten und zusammen auf<lb/> das Wohl beider Kaiser und auf den gewünschten Erfolg des Kriegs tranken.<lb/> Im ersten Krakauer Gnsthofe, der „Weißen Rose," wo die ganze Stadt,<lb/> namentlich Militärs zusammenkamen, erschienen mich unsre Offiziere und<lb/> wurden mit den österreichischen bekannt. Der Empfang war überaus freund¬<lb/> lich und herzlich; überall hingen die Bilder beider Kaiser, und unter Hurra¬<lb/> rufe»? wurden beide Majestäten immer gemeinsam genannt. Einige Tage nach<lb/> unsrer Ankunft fand im Saale des Adelsklubs ein Mittagessen unter allge¬<lb/> meiner Beteiligung und auf gemeinsame Kosten statt. Das Essen, die Be¬<lb/> dienung, die Ausschmückung des Saales waren prächtig. Unsre Uniformen er¬<lb/> schienen überall zwischen österreichischen; Fahnen, Flinten, Säbel schmückten<lb/> durcheinander die Wände des Saales. An einem Saalende spielte eine öster¬<lb/> reichische, am andern eine russische Kapelle. Besonders zeichneten sich vom<lb/> Jeleeki-Regiment unsre Sänger aus, eine für Fremde ganz neue Erscheinung,<lb/> die so treffend die Gefühle des russischen Soldaten auszudrücken versteh»; dafür<lb/> wurden unsre Burschen auch freigebig von den österreichischen Gästen belohnt.<lb/> Als das Mahl zu Ende war, wurden auf einige Tische Stühle gestellt, und<lb/> auf die Stühle stieg bald dieser bald jener von den Gästen, und mit Cham¬<lb/> pagnerpokalen in der Hand ließ man von diesen improvisierten Nednerbühnen<lb/> heiße begeisterte Worte strömen. Nach einigen Stunden fröhlichen Zechens<lb/> ging alles nach freundschaftlicher Umarmung im Gefühl der Einigkeit aus¬<lb/> einander. Leider dauerte diese Freundschaft nicht lange, und die nähere Be¬<lb/> kanntschaft ließ den Unterschied zwischen österreichischen und russischen Charak¬<lb/> teren scharf hervortreten.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
Erinnerungen an den ungarischen F°^Z"S ,in Jahre ^3^9
Vorkehrungen getroffen worden. Die Musikkapelle des österreichischen Regi¬
ments „Fürst Liechtenstein" in weißer Uniform mit hellgrünen Aufschlügen
stand auf dein rechten Flügel; die österreichischen Befehlshaber waren in der
Stadt und erwarteten die Ankunft des Grafen. Die Musik spielte unsre
Nationalhymne „Gott erhalte den Zaren." Das in Reih und Glied stehende
Bataillon präsentierte unter Hurrarufen. Das Haus des Bankiers Hetzel, in
dem wir abfliegen, lag auf einem großen freien Platze, der von dichten Volks¬
massen bedeckt war; und diese Massen harrten bis spät abends aus, wo dann
ein langer Fackelzug stattfand. Ein junges Mädchen überreichte dem Grafen
einen Blumenstrauß, und ein Beamter in kaukasischen Nationalkostüm hielt eine
Dankrede. Graf Rüdiger antwortete freundlich und energisch. Die Begeisterung
war allgemein; überall sprach man die Hoffnung aus auf baldige Beilegung
der Feindseligkeiten.
Der Stab des dritten Korps lag ungefähr vierzehn Tage lang in Krakau
in Quartier, und während dieser Zeit bis zur Ankunft des Kaisers und des
Generalfeldmarschalls Fürsten Warschawsti standen die Truppen unter dem
direkten Oberbefehl des Grafen Rüdiger. Der Verkehr zwischen den öster¬
reichischen Soldaten und den unsrigen war anfangs sehr angenehm und freund¬
lich. Man konnte in den ersten Tagen sehen, wie russische Soldaten Arm in
Arm mit österreichischen gingen, wie sie einander traktierten und zusammen auf
das Wohl beider Kaiser und auf den gewünschten Erfolg des Kriegs tranken.
Im ersten Krakauer Gnsthofe, der „Weißen Rose," wo die ganze Stadt,
namentlich Militärs zusammenkamen, erschienen mich unsre Offiziere und
wurden mit den österreichischen bekannt. Der Empfang war überaus freund¬
lich und herzlich; überall hingen die Bilder beider Kaiser, und unter Hurra¬
rufe»? wurden beide Majestäten immer gemeinsam genannt. Einige Tage nach
unsrer Ankunft fand im Saale des Adelsklubs ein Mittagessen unter allge¬
meiner Beteiligung und auf gemeinsame Kosten statt. Das Essen, die Be¬
dienung, die Ausschmückung des Saales waren prächtig. Unsre Uniformen er¬
schienen überall zwischen österreichischen; Fahnen, Flinten, Säbel schmückten
durcheinander die Wände des Saales. An einem Saalende spielte eine öster¬
reichische, am andern eine russische Kapelle. Besonders zeichneten sich vom
Jeleeki-Regiment unsre Sänger aus, eine für Fremde ganz neue Erscheinung,
die so treffend die Gefühle des russischen Soldaten auszudrücken versteh»; dafür
wurden unsre Burschen auch freigebig von den österreichischen Gästen belohnt.
Als das Mahl zu Ende war, wurden auf einige Tische Stühle gestellt, und
auf die Stühle stieg bald dieser bald jener von den Gästen, und mit Cham¬
pagnerpokalen in der Hand ließ man von diesen improvisierten Nednerbühnen
heiße begeisterte Worte strömen. Nach einigen Stunden fröhlichen Zechens
ging alles nach freundschaftlicher Umarmung im Gefühl der Einigkeit aus¬
einander. Leider dauerte diese Freundschaft nicht lange, und die nähere Be¬
kanntschaft ließ den Unterschied zwischen österreichischen und russischen Charak¬
teren scharf hervortreten.
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