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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

erlangen, was nach Naumann, wenn es ein bleibender Zustand würde und die
Regierung das konservativ-klerikale Kartell segnete, ein großes Unglück sein würde,
aber er meint, das Zentrum müsse doch endlich einmal durch Beseitigung aller kon¬
fessionellen Streitpunkte (die aber nicht leicht sein wird, wenn, wie Naumann will,
der Staat die Schule nicht klerikalisieren läßt) gesprengt werden und in einen
konservativen und einen demokratischen Flügel zerfallen. Die herrschende Demokratie
der Zukunft (wenn man eine Jndustriebevölkerung, in der die Unternehmer herrschen,
Demokratie nennen darf) bedeutet min natürlich nicht etwa die Republik. Die Not¬
wendigkeit der monarchischen Verfassung des neuen Reichs nicht bloß, sondern des
persönlichen Regiments, das zuerst Bismarck im Namen des Kaisers geführt hat,
wird sehr schön, wenn auch meiner Ansicht nach nicht erschöpfend dargethan. Der
Kaiser ist von den beiden Mächten, die im Reiche walten (die "verbündeten Re¬
gierungen" zählen nicht mehr), die stärkere und muß es bleiben; aber er kann nichts
ändern an der Natur des Reichs, die darin besteht, daß es politisch auf einer aus
dem allgemeinen gleichen Wahlrecht hervorgehenden Volksvertretung beruht, und
daß es vorzugsweise aus wirtschaftlichen Bedürfnissen hervorgegangen ist, wie Nau¬
mann an der Entstehungsgeschichte des Reichs aus dem Zollbunde und an der
Reichsverfassung nachweist. Und Kaiser Wilhelm II. will daran auch gar nichts
ändern, namentlich nicht am zweiten, er ist nach Naumann, wie Bismarck in seiner
besten Zeit, ganz und gar modern, Freund des Kapitalismus und der Industrie.
Gegenwärtig befindet er sich in der unnatürlichen Lage, sich in Fragen der Landes¬
verteidigung auf die Konservativen, die, um ihre politische Stellung zu retten, sogar
die verhaßte Flotte bewilligen, in Fragen unsrer wirtschaftlichen Entwicklung, von
der unsre ganze Zukunft abhängt, auf die vereinigte Linke stützen zu müssen. Diese
Lage hat die Demokratie, die bürgerliche wie die sozialistische, durch ihren unver¬
ständigen Widerstand gegen Militär- und Flvttenvorlagen verschuldet. Sehr ein¬
dringlich beweist Naumann den sozialistischen Arbeitern, einmal, daß sie bei Fort¬
setzung dieses Widerstands niemals die Mehrheit erringen können, weil die Parole:
Macht und Sicherheit des Vaterlands, stets die Mehrheit gewinnt, dann, daß auch
ihr Heil vom wachsenden Reichtum der Nation abhängt, und daß dieses Wachstum
anders als militärisch nicht gesichert werden kann. "Es giebt keine Morgenröte
neuer Zeiten ohne Pulver und Blei. Das ist moralisch und ästhetisch angesehen
jammervoll, aber es ist die Wirklichkeit." Niemand könne dem Kaiser zumuten,
daß er die Demokratie lieben, noch den Arbeitern, daß sie alle ihre demokratischen
Grundsätze aufgeben sollen, aber die Notwendigkeit werde beide zusammenführen.
Kein Teil könne den andern entbehren; die Arbeiter brauchten den Kaiser als
Bahnbrecher der wirtschaftlichen Entwicklung, der Kaiser sei Heerkönig, die Masse
des Heeres werde bald aus Industriearbeitern bestehn, seine Macht beruhe also
darauf, daß er körperlich kräftige, intelligente und patriotische Industriearbeiter
habe. "Viel unklarer als eine Demokratie, die ihr Prinzip wahrt, aber praktisch
mit dem Kaiser geht, ist ein Konservatismus, der theoretisch die absolute Macht
anerkennt und praktisch gegen sie agitiert." Das Verdienst oder Mißverdienst, steh
vorzugsweise und am erfolgreichsten um die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen
unnatürlichen Zustands bemüht zu haben, gebühre dem als Finanzminister unstreitig
hochverdienten Miauet. Aber lange werde es ihm nicht mehr gelingen. "Wenn
ihm einmal der Arzt, und sei es auch ein politischer Doktor, die Fortsetzung seiner
aufreibenden Thätigkeit untersagen sollte, würde niemand da sein, der das alte
Kartell immer wieder von neuem leimen könnte."

Wenn man sämtliche Prämissen Naumanns zugiebt, wird man seinen Folge¬
rungen kaum ausweichen können. Ich bestreite einige dieser Voraussetzungen, ver¬
zichte aber darauf, meine abweichende Meinung hier noch einmal zu begründen.
Das kleine Buch wird in weiten Kreisen einschlagen, denn es bewegt sich, wie


Maßgebliches und Unmaßgebliches

erlangen, was nach Naumann, wenn es ein bleibender Zustand würde und die
Regierung das konservativ-klerikale Kartell segnete, ein großes Unglück sein würde,
aber er meint, das Zentrum müsse doch endlich einmal durch Beseitigung aller kon¬
fessionellen Streitpunkte (die aber nicht leicht sein wird, wenn, wie Naumann will,
der Staat die Schule nicht klerikalisieren läßt) gesprengt werden und in einen
konservativen und einen demokratischen Flügel zerfallen. Die herrschende Demokratie
der Zukunft (wenn man eine Jndustriebevölkerung, in der die Unternehmer herrschen,
Demokratie nennen darf) bedeutet min natürlich nicht etwa die Republik. Die Not¬
wendigkeit der monarchischen Verfassung des neuen Reichs nicht bloß, sondern des
persönlichen Regiments, das zuerst Bismarck im Namen des Kaisers geführt hat,
wird sehr schön, wenn auch meiner Ansicht nach nicht erschöpfend dargethan. Der
Kaiser ist von den beiden Mächten, die im Reiche walten (die „verbündeten Re¬
gierungen" zählen nicht mehr), die stärkere und muß es bleiben; aber er kann nichts
ändern an der Natur des Reichs, die darin besteht, daß es politisch auf einer aus
dem allgemeinen gleichen Wahlrecht hervorgehenden Volksvertretung beruht, und
daß es vorzugsweise aus wirtschaftlichen Bedürfnissen hervorgegangen ist, wie Nau¬
mann an der Entstehungsgeschichte des Reichs aus dem Zollbunde und an der
Reichsverfassung nachweist. Und Kaiser Wilhelm II. will daran auch gar nichts
ändern, namentlich nicht am zweiten, er ist nach Naumann, wie Bismarck in seiner
besten Zeit, ganz und gar modern, Freund des Kapitalismus und der Industrie.
Gegenwärtig befindet er sich in der unnatürlichen Lage, sich in Fragen der Landes¬
verteidigung auf die Konservativen, die, um ihre politische Stellung zu retten, sogar
die verhaßte Flotte bewilligen, in Fragen unsrer wirtschaftlichen Entwicklung, von
der unsre ganze Zukunft abhängt, auf die vereinigte Linke stützen zu müssen. Diese
Lage hat die Demokratie, die bürgerliche wie die sozialistische, durch ihren unver¬
ständigen Widerstand gegen Militär- und Flvttenvorlagen verschuldet. Sehr ein¬
dringlich beweist Naumann den sozialistischen Arbeitern, einmal, daß sie bei Fort¬
setzung dieses Widerstands niemals die Mehrheit erringen können, weil die Parole:
Macht und Sicherheit des Vaterlands, stets die Mehrheit gewinnt, dann, daß auch
ihr Heil vom wachsenden Reichtum der Nation abhängt, und daß dieses Wachstum
anders als militärisch nicht gesichert werden kann. „Es giebt keine Morgenröte
neuer Zeiten ohne Pulver und Blei. Das ist moralisch und ästhetisch angesehen
jammervoll, aber es ist die Wirklichkeit." Niemand könne dem Kaiser zumuten,
daß er die Demokratie lieben, noch den Arbeitern, daß sie alle ihre demokratischen
Grundsätze aufgeben sollen, aber die Notwendigkeit werde beide zusammenführen.
Kein Teil könne den andern entbehren; die Arbeiter brauchten den Kaiser als
Bahnbrecher der wirtschaftlichen Entwicklung, der Kaiser sei Heerkönig, die Masse
des Heeres werde bald aus Industriearbeitern bestehn, seine Macht beruhe also
darauf, daß er körperlich kräftige, intelligente und patriotische Industriearbeiter
habe. „Viel unklarer als eine Demokratie, die ihr Prinzip wahrt, aber praktisch
mit dem Kaiser geht, ist ein Konservatismus, der theoretisch die absolute Macht
anerkennt und praktisch gegen sie agitiert." Das Verdienst oder Mißverdienst, steh
vorzugsweise und am erfolgreichsten um die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen
unnatürlichen Zustands bemüht zu haben, gebühre dem als Finanzminister unstreitig
hochverdienten Miauet. Aber lange werde es ihm nicht mehr gelingen. „Wenn
ihm einmal der Arzt, und sei es auch ein politischer Doktor, die Fortsetzung seiner
aufreibenden Thätigkeit untersagen sollte, würde niemand da sein, der das alte
Kartell immer wieder von neuem leimen könnte."

Wenn man sämtliche Prämissen Naumanns zugiebt, wird man seinen Folge¬
rungen kaum ausweichen können. Ich bestreite einige dieser Voraussetzungen, ver¬
zichte aber darauf, meine abweichende Meinung hier noch einmal zu begründen.
Das kleine Buch wird in weiten Kreisen einschlagen, denn es bewegt sich, wie


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[0363] Maßgebliches und Unmaßgebliches erlangen, was nach Naumann, wenn es ein bleibender Zustand würde und die Regierung das konservativ-klerikale Kartell segnete, ein großes Unglück sein würde, aber er meint, das Zentrum müsse doch endlich einmal durch Beseitigung aller kon¬ fessionellen Streitpunkte (die aber nicht leicht sein wird, wenn, wie Naumann will, der Staat die Schule nicht klerikalisieren läßt) gesprengt werden und in einen konservativen und einen demokratischen Flügel zerfallen. Die herrschende Demokratie der Zukunft (wenn man eine Jndustriebevölkerung, in der die Unternehmer herrschen, Demokratie nennen darf) bedeutet min natürlich nicht etwa die Republik. Die Not¬ wendigkeit der monarchischen Verfassung des neuen Reichs nicht bloß, sondern des persönlichen Regiments, das zuerst Bismarck im Namen des Kaisers geführt hat, wird sehr schön, wenn auch meiner Ansicht nach nicht erschöpfend dargethan. Der Kaiser ist von den beiden Mächten, die im Reiche walten (die „verbündeten Re¬ gierungen" zählen nicht mehr), die stärkere und muß es bleiben; aber er kann nichts ändern an der Natur des Reichs, die darin besteht, daß es politisch auf einer aus dem allgemeinen gleichen Wahlrecht hervorgehenden Volksvertretung beruht, und daß es vorzugsweise aus wirtschaftlichen Bedürfnissen hervorgegangen ist, wie Nau¬ mann an der Entstehungsgeschichte des Reichs aus dem Zollbunde und an der Reichsverfassung nachweist. Und Kaiser Wilhelm II. will daran auch gar nichts ändern, namentlich nicht am zweiten, er ist nach Naumann, wie Bismarck in seiner besten Zeit, ganz und gar modern, Freund des Kapitalismus und der Industrie. Gegenwärtig befindet er sich in der unnatürlichen Lage, sich in Fragen der Landes¬ verteidigung auf die Konservativen, die, um ihre politische Stellung zu retten, sogar die verhaßte Flotte bewilligen, in Fragen unsrer wirtschaftlichen Entwicklung, von der unsre ganze Zukunft abhängt, auf die vereinigte Linke stützen zu müssen. Diese Lage hat die Demokratie, die bürgerliche wie die sozialistische, durch ihren unver¬ ständigen Widerstand gegen Militär- und Flvttenvorlagen verschuldet. Sehr ein¬ dringlich beweist Naumann den sozialistischen Arbeitern, einmal, daß sie bei Fort¬ setzung dieses Widerstands niemals die Mehrheit erringen können, weil die Parole: Macht und Sicherheit des Vaterlands, stets die Mehrheit gewinnt, dann, daß auch ihr Heil vom wachsenden Reichtum der Nation abhängt, und daß dieses Wachstum anders als militärisch nicht gesichert werden kann. „Es giebt keine Morgenröte neuer Zeiten ohne Pulver und Blei. Das ist moralisch und ästhetisch angesehen jammervoll, aber es ist die Wirklichkeit." Niemand könne dem Kaiser zumuten, daß er die Demokratie lieben, noch den Arbeitern, daß sie alle ihre demokratischen Grundsätze aufgeben sollen, aber die Notwendigkeit werde beide zusammenführen. Kein Teil könne den andern entbehren; die Arbeiter brauchten den Kaiser als Bahnbrecher der wirtschaftlichen Entwicklung, der Kaiser sei Heerkönig, die Masse des Heeres werde bald aus Industriearbeitern bestehn, seine Macht beruhe also darauf, daß er körperlich kräftige, intelligente und patriotische Industriearbeiter habe. „Viel unklarer als eine Demokratie, die ihr Prinzip wahrt, aber praktisch mit dem Kaiser geht, ist ein Konservatismus, der theoretisch die absolute Macht anerkennt und praktisch gegen sie agitiert." Das Verdienst oder Mißverdienst, steh vorzugsweise und am erfolgreichsten um die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen unnatürlichen Zustands bemüht zu haben, gebühre dem als Finanzminister unstreitig hochverdienten Miauet. Aber lange werde es ihm nicht mehr gelingen. „Wenn ihm einmal der Arzt, und sei es auch ein politischer Doktor, die Fortsetzung seiner aufreibenden Thätigkeit untersagen sollte, würde niemand da sein, der das alte Kartell immer wieder von neuem leimen könnte." Wenn man sämtliche Prämissen Naumanns zugiebt, wird man seinen Folge¬ rungen kaum ausweichen können. Ich bestreite einige dieser Voraussetzungen, ver¬ zichte aber darauf, meine abweichende Meinung hier noch einmal zu begründen. Das kleine Buch wird in weiten Kreisen einschlagen, denn es bewegt sich, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/363>, abgerufen am 01.07.2024.