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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

organisation endlich einmal aufhören. Die Zeit, wo die bürgerliche Demokratie
Führerin der Arbeiterbewegung hätte werden können, ist vorüber; heut bleibt dieser
Demokratie, die nur noch ans Krücken in den Reichstag hinkt, nichts übrig, als mit
der Arbeiterdemokratie zu verschmelzen. Nun bestehn ja noch drei ältere Aristokratien,
die alle drei die Arbeiter führen wollen. Aber abgesehen von der kirchlichen
Aristokratie, d. h. von der katholischen Geistlichkeit, die sich der Führung der
ganzen katholischen Bevölkerung bemächtigt und dadurch eine vorübergehende poli¬
tische Ausnahmeerscheinung geschaffen hat, ist von den andern beiden Aristokratien
die eine gar nicht, die andre vorläufig nicht geeignet, die industrielle Arbeiterschaft
zu führen. Die ostelbische Grundaristokratie, die sich in der konservativen Partei
organisiert hat, steht ihr als geborne Feindin der Demokratie und der Industrie
mit doppelter Feindschaft gegenüber. Die industrielle Aristokratie der Unternehmer
aber ist durch den Interessengegensatz mit ihren eignen Arbeitern verfeindet. Für
sich allein würden beide Aristokratien in einem Staatswesen mit allgemeinem Stimm¬
recht zur Ohnmacht verurteilt sein, weil sie mir eine dünne Schicht bilden. Aber
den ostelbischen Großgrundbesitzern ist es gelungen, die Bauern für sich zu ge¬
winnen, deren Feinde sie nicht mehr sind, seitdem ihnen die schlechten Getreidepreise
die Lust benommen haben, ihren Grundbesitz auf Kosten des Banernlandes auszu¬
dehnen, und außerdem spielen sie sich noch als Beschützer des städtischen Mittel¬
standes auf. Die Großindustriellen aber und die ihnen durch Interesse verwandten
Großhändler haben es noch gar nicht zu einer politischen Organisation gebracht
und verteilen sich in drei Fraktionen, die freikonservative, die nationnlliberale und
die freisinnige, die ihren Ursprung jetzt nicht mehr vorhandnen politischen Verhält¬
nissen und Bedürfnissen verdanken. Am schwersten hat die nationalliberale Partei
darunter gelitten, daß sie sich gegen die Anerkennung des Wesens aller politischen
Parteien sträubte, die nichts als zu politischen Zwecken organisierte Volksschichten
sind; sie hat keine solche Schicht zur Grundlage und lebt jetzt in weiten Gebieten
nur noch von der Gnade des Bundes der Landwirte als dessen Helferin. Bis
jetzt hat sich die Industrie mit den Agrariern vertragen, teils weil sie selbst schutz-
zöllnerisch war und mit den Agrarier" zu gegenseitiger Unterstützung in Zollsachen
einen Vertrag geschlossen hatte, teils weil ihr die Agrarier halfen, die Arbeiter¬
bewegung niederzuhalten. Je deutlicher es sich jedoch täglich zeigt, daß unser Jn-
landsmarkt der Industrie nicht genügt, daß die heimische Landwirtschaft ihren, der
Industrie, Bedarf an Nahrungsmitteln und Rohstoffen nicht zu decken vermag, daß
wir, um die gewaltige Menge dieser Einfuhrwaren kaufen zu können, Jndustrie-
erzeugnisse ausführen müssen, und daß wir dieses nur bei niedrigem Preise der
Nahrungsmittel können, desto mehr müssen die Industriellen Freihändler werden,
und desto näher rückt der Tag, wo sie einsehen werden, daß ihnen das Bündnis
mit den Agrariern teurer zu stehn kommt als das mit ihren Arbeitern, das sie
dann mit der Bewilligung der Arbeiterforderungen erkaufen werden. (Sollte es
dahin kommen, so würde, glaube ich, nicht eine Arbeiteraristokratie, sondern die
Unternehmerschaft die politische Führung der Arbeiter antreten und anfänglich aller¬
dings im Einvernehmen mit den intelligenten Arbeitern handhaben.) Um die Macht
der Ostelbier rascher zu brechen, soll man, rät Naumann, die Landarbeiter ans der
Vormundschaft der Gutsbesitzer zu befreien suchen. "Der beste Ansatzpunkt ist der
Landhunger. Man fasse die Parole "das Land der Masse" in greifbare Vorschläge
von Parzellierung oder auch genossenschaftlicher Verwaltung! Daneben protestiere
man gegen die Einfuhr der Ausländer! Die Einfuhrerschwerung bezüglich der
Polen, Russen, Galizier ist eine scharfe nationale Waffe gegen das Großgütershstem
als solches." Auf diese Weise muß eine demokratisch-industriell-freihändlerische
Mehrheit entsteh", der eine konservative Minderheit gegenübersteht. Diese kann
zwar, so lange das Zentrum lebt, mit ihm zusammen vielleicht noch die Mehrheit


Maßgebliches und Unmaßgebliches

organisation endlich einmal aufhören. Die Zeit, wo die bürgerliche Demokratie
Führerin der Arbeiterbewegung hätte werden können, ist vorüber; heut bleibt dieser
Demokratie, die nur noch ans Krücken in den Reichstag hinkt, nichts übrig, als mit
der Arbeiterdemokratie zu verschmelzen. Nun bestehn ja noch drei ältere Aristokratien,
die alle drei die Arbeiter führen wollen. Aber abgesehen von der kirchlichen
Aristokratie, d. h. von der katholischen Geistlichkeit, die sich der Führung der
ganzen katholischen Bevölkerung bemächtigt und dadurch eine vorübergehende poli¬
tische Ausnahmeerscheinung geschaffen hat, ist von den andern beiden Aristokratien
die eine gar nicht, die andre vorläufig nicht geeignet, die industrielle Arbeiterschaft
zu führen. Die ostelbische Grundaristokratie, die sich in der konservativen Partei
organisiert hat, steht ihr als geborne Feindin der Demokratie und der Industrie
mit doppelter Feindschaft gegenüber. Die industrielle Aristokratie der Unternehmer
aber ist durch den Interessengegensatz mit ihren eignen Arbeitern verfeindet. Für
sich allein würden beide Aristokratien in einem Staatswesen mit allgemeinem Stimm¬
recht zur Ohnmacht verurteilt sein, weil sie mir eine dünne Schicht bilden. Aber
den ostelbischen Großgrundbesitzern ist es gelungen, die Bauern für sich zu ge¬
winnen, deren Feinde sie nicht mehr sind, seitdem ihnen die schlechten Getreidepreise
die Lust benommen haben, ihren Grundbesitz auf Kosten des Banernlandes auszu¬
dehnen, und außerdem spielen sie sich noch als Beschützer des städtischen Mittel¬
standes auf. Die Großindustriellen aber und die ihnen durch Interesse verwandten
Großhändler haben es noch gar nicht zu einer politischen Organisation gebracht
und verteilen sich in drei Fraktionen, die freikonservative, die nationnlliberale und
die freisinnige, die ihren Ursprung jetzt nicht mehr vorhandnen politischen Verhält¬
nissen und Bedürfnissen verdanken. Am schwersten hat die nationalliberale Partei
darunter gelitten, daß sie sich gegen die Anerkennung des Wesens aller politischen
Parteien sträubte, die nichts als zu politischen Zwecken organisierte Volksschichten
sind; sie hat keine solche Schicht zur Grundlage und lebt jetzt in weiten Gebieten
nur noch von der Gnade des Bundes der Landwirte als dessen Helferin. Bis
jetzt hat sich die Industrie mit den Agrariern vertragen, teils weil sie selbst schutz-
zöllnerisch war und mit den Agrarier» zu gegenseitiger Unterstützung in Zollsachen
einen Vertrag geschlossen hatte, teils weil ihr die Agrarier halfen, die Arbeiter¬
bewegung niederzuhalten. Je deutlicher es sich jedoch täglich zeigt, daß unser Jn-
landsmarkt der Industrie nicht genügt, daß die heimische Landwirtschaft ihren, der
Industrie, Bedarf an Nahrungsmitteln und Rohstoffen nicht zu decken vermag, daß
wir, um die gewaltige Menge dieser Einfuhrwaren kaufen zu können, Jndustrie-
erzeugnisse ausführen müssen, und daß wir dieses nur bei niedrigem Preise der
Nahrungsmittel können, desto mehr müssen die Industriellen Freihändler werden,
und desto näher rückt der Tag, wo sie einsehen werden, daß ihnen das Bündnis
mit den Agrariern teurer zu stehn kommt als das mit ihren Arbeitern, das sie
dann mit der Bewilligung der Arbeiterforderungen erkaufen werden. (Sollte es
dahin kommen, so würde, glaube ich, nicht eine Arbeiteraristokratie, sondern die
Unternehmerschaft die politische Führung der Arbeiter antreten und anfänglich aller¬
dings im Einvernehmen mit den intelligenten Arbeitern handhaben.) Um die Macht
der Ostelbier rascher zu brechen, soll man, rät Naumann, die Landarbeiter ans der
Vormundschaft der Gutsbesitzer zu befreien suchen. „Der beste Ansatzpunkt ist der
Landhunger. Man fasse die Parole »das Land der Masse« in greifbare Vorschläge
von Parzellierung oder auch genossenschaftlicher Verwaltung! Daneben protestiere
man gegen die Einfuhr der Ausländer! Die Einfuhrerschwerung bezüglich der
Polen, Russen, Galizier ist eine scharfe nationale Waffe gegen das Großgütershstem
als solches." Auf diese Weise muß eine demokratisch-industriell-freihändlerische
Mehrheit entsteh», der eine konservative Minderheit gegenübersteht. Diese kann
zwar, so lange das Zentrum lebt, mit ihm zusammen vielleicht noch die Mehrheit


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[0362] Maßgebliches und Unmaßgebliches organisation endlich einmal aufhören. Die Zeit, wo die bürgerliche Demokratie Führerin der Arbeiterbewegung hätte werden können, ist vorüber; heut bleibt dieser Demokratie, die nur noch ans Krücken in den Reichstag hinkt, nichts übrig, als mit der Arbeiterdemokratie zu verschmelzen. Nun bestehn ja noch drei ältere Aristokratien, die alle drei die Arbeiter führen wollen. Aber abgesehen von der kirchlichen Aristokratie, d. h. von der katholischen Geistlichkeit, die sich der Führung der ganzen katholischen Bevölkerung bemächtigt und dadurch eine vorübergehende poli¬ tische Ausnahmeerscheinung geschaffen hat, ist von den andern beiden Aristokratien die eine gar nicht, die andre vorläufig nicht geeignet, die industrielle Arbeiterschaft zu führen. Die ostelbische Grundaristokratie, die sich in der konservativen Partei organisiert hat, steht ihr als geborne Feindin der Demokratie und der Industrie mit doppelter Feindschaft gegenüber. Die industrielle Aristokratie der Unternehmer aber ist durch den Interessengegensatz mit ihren eignen Arbeitern verfeindet. Für sich allein würden beide Aristokratien in einem Staatswesen mit allgemeinem Stimm¬ recht zur Ohnmacht verurteilt sein, weil sie mir eine dünne Schicht bilden. Aber den ostelbischen Großgrundbesitzern ist es gelungen, die Bauern für sich zu ge¬ winnen, deren Feinde sie nicht mehr sind, seitdem ihnen die schlechten Getreidepreise die Lust benommen haben, ihren Grundbesitz auf Kosten des Banernlandes auszu¬ dehnen, und außerdem spielen sie sich noch als Beschützer des städtischen Mittel¬ standes auf. Die Großindustriellen aber und die ihnen durch Interesse verwandten Großhändler haben es noch gar nicht zu einer politischen Organisation gebracht und verteilen sich in drei Fraktionen, die freikonservative, die nationnlliberale und die freisinnige, die ihren Ursprung jetzt nicht mehr vorhandnen politischen Verhält¬ nissen und Bedürfnissen verdanken. Am schwersten hat die nationalliberale Partei darunter gelitten, daß sie sich gegen die Anerkennung des Wesens aller politischen Parteien sträubte, die nichts als zu politischen Zwecken organisierte Volksschichten sind; sie hat keine solche Schicht zur Grundlage und lebt jetzt in weiten Gebieten nur noch von der Gnade des Bundes der Landwirte als dessen Helferin. Bis jetzt hat sich die Industrie mit den Agrariern vertragen, teils weil sie selbst schutz- zöllnerisch war und mit den Agrarier» zu gegenseitiger Unterstützung in Zollsachen einen Vertrag geschlossen hatte, teils weil ihr die Agrarier halfen, die Arbeiter¬ bewegung niederzuhalten. Je deutlicher es sich jedoch täglich zeigt, daß unser Jn- landsmarkt der Industrie nicht genügt, daß die heimische Landwirtschaft ihren, der Industrie, Bedarf an Nahrungsmitteln und Rohstoffen nicht zu decken vermag, daß wir, um die gewaltige Menge dieser Einfuhrwaren kaufen zu können, Jndustrie- erzeugnisse ausführen müssen, und daß wir dieses nur bei niedrigem Preise der Nahrungsmittel können, desto mehr müssen die Industriellen Freihändler werden, und desto näher rückt der Tag, wo sie einsehen werden, daß ihnen das Bündnis mit den Agrariern teurer zu stehn kommt als das mit ihren Arbeitern, das sie dann mit der Bewilligung der Arbeiterforderungen erkaufen werden. (Sollte es dahin kommen, so würde, glaube ich, nicht eine Arbeiteraristokratie, sondern die Unternehmerschaft die politische Führung der Arbeiter antreten und anfänglich aller¬ dings im Einvernehmen mit den intelligenten Arbeitern handhaben.) Um die Macht der Ostelbier rascher zu brechen, soll man, rät Naumann, die Landarbeiter ans der Vormundschaft der Gutsbesitzer zu befreien suchen. „Der beste Ansatzpunkt ist der Landhunger. Man fasse die Parole »das Land der Masse« in greifbare Vorschläge von Parzellierung oder auch genossenschaftlicher Verwaltung! Daneben protestiere man gegen die Einfuhr der Ausländer! Die Einfuhrerschwerung bezüglich der Polen, Russen, Galizier ist eine scharfe nationale Waffe gegen das Großgütershstem als solches." Auf diese Weise muß eine demokratisch-industriell-freihändlerische Mehrheit entsteh», der eine konservative Minderheit gegenübersteht. Diese kann zwar, so lange das Zentrum lebt, mit ihm zusammen vielleicht noch die Mehrheit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/362>, abgerufen am 03.07.2024.