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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

täuschung merken zu lassen, ist natürlich kein einigermaßen gebildeter Mensch, Aber
gerade daß man sich nichts merken laßt und merken lassen darf, selbst wenn die
ganze Bewirtung scheußlich wäre und schief ginge, ist eine unsrer gesellschaftlichen
Unwahrheiten, gegen die man ohnmächtig ist, wenn man an solchen Gesellschaften
teil nimmt. Man ist dann unter die Wölfe geraten und muß mit ihnen heulen.
Ich will Ihnen zunächst ein paar Fragen vorlegen. Die beantworten Sie nur
einmal ganz ehrlich. Ist es Ihre Absicht, die gestrige Einladung mit einer eben¬
solchen zu einer ähnlichen Bewirtung oder Abfütterung zu erwidern? Wollen Sie
sich auch dreißig oder vierzig Leute zusammcnbitten, die untereinander entweder
keine oder so gut wie keine Beziehungen haben? Werden Sie dazu auch in einem
Hotel oder bei einem beliebigen Koch ein ähnliches Mahl bestellen, wenn Sie es
doch sonst während des ganzen Jahres in Ihrem Hause nicht auf den Tisch bringen
lassen, das Gedeck für zehn, zwölf oder fünfzehn Mark ohne Wein? Werden Sie
sich dazu auch zwei oder drei Lohndiener mit den scheußlichen weißbanmwollnen
Handschuhen mieten? Und wenn Sie wirklich die Absicht haben, das zu thun,
nennen Sie das eine herzliche, einfache, dem deutschen Hanse und deutscher Sitte
entsprechende Gastlichkeit? Haben Sie nicht die Empfindung, daß in diesem Treiben
-- wenigstens für unsre Verhältnisse -- ein ganzer Rattenkönig von abscheulichen
Unwahrheiten und konventionellen Lügen steckt, an die wir uns zu unsrer Schande
dergestalt gewöhnt haben, daß wir uns ihrer nicht einmal mehr ehrlich zu schämen
vermögen? Darauf antworten Sie mir. Dann will ich Ihnen meine Meinung
weiter sagen.

Damit hatte er freilich den kitzligsten Punkt getroffen. Ich selbst hatte
mir, seitdem ich die Müllersche Einladung angenommen hatte, wiederholt die
Frage vorgelegt, wie ich sie erwidern sollte. Ich hatte auch mit meiner Frau
darüber gesprochen, und diese war gar nicht abgeneigt gewesen, sich einmal
mit einem ähnlichen Mittagessen loszuschießen. Ich hatte aber wenig Lust dazu.
Mich störte der Gedanke, daß wir in unserm Hause Gäste mit einer Fülle von Ge¬
richten unter Formen bewirten sollten, die so stark von der alltäglichen Gestaltung
unsers häuslichen Lebens abwichen. Und ich hatte mich auch mit meiner Frau
schon vorläufig geeinigt. Ich hatte sie gefragt, ob sie sich denn getraue, eine größere,
formelle Gesellschaft von ihrem Wirtschaftsgelde anständig zu bewirten, den Wein
wolle ich natürlich tragen, aber Extrasummen zur Bestreitung der Kosten solcher
teuern Gesellschaften seien in meinem Haushaltspläne nicht ausgeworfen, stünden
mir auch nicht zur Verfügung. Daraufhin waren wir übereingekommen, daß wir
unsern Freund Müller mit seiner Frau an meinem Geburtstage auf Uhr zu
Tisch einladen und dazu, wie wir es schon oft gethan, noch zwei befreundete Fa¬
milien bitten wollten. Meine Frau nimmt dann ihre ehemalige, jetzt verheiratete
Köchin zur Hilfe, es wird ein Gericht mehr aufgetragen als sonst, ich spendiere ein
paar Flaschen sehr guten Rheinweins -- Schaumwein habe ich überhaupt nicht im
Keller --. und die Herren werden durch einen persönlichen kurzen Brief um Über¬
rock" eingeladen. So sind wir schon oft recht fröhlich miteinander gewesen, ohne
unsern Wirtschaftsetat zu gefährden. Insofern war ich also den Fragen unsers
Freundes gegenüber persönlich in einer günstigen Position, freilich mit dem un¬
heimlichen Gefühle, daß ich ihm sachlich damit ziemlich weitgehende Konzessionen
machte. Ich erwiderte ihm: .

^
, Ihre erste Frage verneine ich. Es ist nicht unsre Absicht, die gestrige Ein-
l"dung mit einer ähnlichen zu einem Zauberfeste gleicher Art zu erwidern. Das
können wir nicht, schon weil es über unsre Mittel gehn würde, dreißig oder vierzig
Leute zugleich so reichlich bei uns zu bewirten. Dazu besteht auch bei uns kein
Bedürfnis. Wir stehn gar nicht mit einer so großen Anzahl von Familien auf
den, Einladungsfußc. Ich bin kein Beamter, der mit so und so viel Kollegen,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

täuschung merken zu lassen, ist natürlich kein einigermaßen gebildeter Mensch, Aber
gerade daß man sich nichts merken laßt und merken lassen darf, selbst wenn die
ganze Bewirtung scheußlich wäre und schief ginge, ist eine unsrer gesellschaftlichen
Unwahrheiten, gegen die man ohnmächtig ist, wenn man an solchen Gesellschaften
teil nimmt. Man ist dann unter die Wölfe geraten und muß mit ihnen heulen.
Ich will Ihnen zunächst ein paar Fragen vorlegen. Die beantworten Sie nur
einmal ganz ehrlich. Ist es Ihre Absicht, die gestrige Einladung mit einer eben¬
solchen zu einer ähnlichen Bewirtung oder Abfütterung zu erwidern? Wollen Sie
sich auch dreißig oder vierzig Leute zusammcnbitten, die untereinander entweder
keine oder so gut wie keine Beziehungen haben? Werden Sie dazu auch in einem
Hotel oder bei einem beliebigen Koch ein ähnliches Mahl bestellen, wenn Sie es
doch sonst während des ganzen Jahres in Ihrem Hause nicht auf den Tisch bringen
lassen, das Gedeck für zehn, zwölf oder fünfzehn Mark ohne Wein? Werden Sie
sich dazu auch zwei oder drei Lohndiener mit den scheußlichen weißbanmwollnen
Handschuhen mieten? Und wenn Sie wirklich die Absicht haben, das zu thun,
nennen Sie das eine herzliche, einfache, dem deutschen Hanse und deutscher Sitte
entsprechende Gastlichkeit? Haben Sie nicht die Empfindung, daß in diesem Treiben
— wenigstens für unsre Verhältnisse — ein ganzer Rattenkönig von abscheulichen
Unwahrheiten und konventionellen Lügen steckt, an die wir uns zu unsrer Schande
dergestalt gewöhnt haben, daß wir uns ihrer nicht einmal mehr ehrlich zu schämen
vermögen? Darauf antworten Sie mir. Dann will ich Ihnen meine Meinung
weiter sagen.

Damit hatte er freilich den kitzligsten Punkt getroffen. Ich selbst hatte
mir, seitdem ich die Müllersche Einladung angenommen hatte, wiederholt die
Frage vorgelegt, wie ich sie erwidern sollte. Ich hatte auch mit meiner Frau
darüber gesprochen, und diese war gar nicht abgeneigt gewesen, sich einmal
mit einem ähnlichen Mittagessen loszuschießen. Ich hatte aber wenig Lust dazu.
Mich störte der Gedanke, daß wir in unserm Hause Gäste mit einer Fülle von Ge¬
richten unter Formen bewirten sollten, die so stark von der alltäglichen Gestaltung
unsers häuslichen Lebens abwichen. Und ich hatte mich auch mit meiner Frau
schon vorläufig geeinigt. Ich hatte sie gefragt, ob sie sich denn getraue, eine größere,
formelle Gesellschaft von ihrem Wirtschaftsgelde anständig zu bewirten, den Wein
wolle ich natürlich tragen, aber Extrasummen zur Bestreitung der Kosten solcher
teuern Gesellschaften seien in meinem Haushaltspläne nicht ausgeworfen, stünden
mir auch nicht zur Verfügung. Daraufhin waren wir übereingekommen, daß wir
unsern Freund Müller mit seiner Frau an meinem Geburtstage auf Uhr zu
Tisch einladen und dazu, wie wir es schon oft gethan, noch zwei befreundete Fa¬
milien bitten wollten. Meine Frau nimmt dann ihre ehemalige, jetzt verheiratete
Köchin zur Hilfe, es wird ein Gericht mehr aufgetragen als sonst, ich spendiere ein
paar Flaschen sehr guten Rheinweins — Schaumwein habe ich überhaupt nicht im
Keller —. und die Herren werden durch einen persönlichen kurzen Brief um Über¬
rock" eingeladen. So sind wir schon oft recht fröhlich miteinander gewesen, ohne
unsern Wirtschaftsetat zu gefährden. Insofern war ich also den Fragen unsers
Freundes gegenüber persönlich in einer günstigen Position, freilich mit dem un¬
heimlichen Gefühle, daß ich ihm sachlich damit ziemlich weitgehende Konzessionen
machte. Ich erwiderte ihm: .

^
, Ihre erste Frage verneine ich. Es ist nicht unsre Absicht, die gestrige Ein-
l"dung mit einer ähnlichen zu einem Zauberfeste gleicher Art zu erwidern. Das
können wir nicht, schon weil es über unsre Mittel gehn würde, dreißig oder vierzig
Leute zugleich so reichlich bei uns zu bewirten. Dazu besteht auch bei uns kein
Bedürfnis. Wir stehn gar nicht mit einer so großen Anzahl von Familien auf
den, Einladungsfußc. Ich bin kein Beamter, der mit so und so viel Kollegen,


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[0317] Maßgebliches und Unmaßgebliches täuschung merken zu lassen, ist natürlich kein einigermaßen gebildeter Mensch, Aber gerade daß man sich nichts merken laßt und merken lassen darf, selbst wenn die ganze Bewirtung scheußlich wäre und schief ginge, ist eine unsrer gesellschaftlichen Unwahrheiten, gegen die man ohnmächtig ist, wenn man an solchen Gesellschaften teil nimmt. Man ist dann unter die Wölfe geraten und muß mit ihnen heulen. Ich will Ihnen zunächst ein paar Fragen vorlegen. Die beantworten Sie nur einmal ganz ehrlich. Ist es Ihre Absicht, die gestrige Einladung mit einer eben¬ solchen zu einer ähnlichen Bewirtung oder Abfütterung zu erwidern? Wollen Sie sich auch dreißig oder vierzig Leute zusammcnbitten, die untereinander entweder keine oder so gut wie keine Beziehungen haben? Werden Sie dazu auch in einem Hotel oder bei einem beliebigen Koch ein ähnliches Mahl bestellen, wenn Sie es doch sonst während des ganzen Jahres in Ihrem Hause nicht auf den Tisch bringen lassen, das Gedeck für zehn, zwölf oder fünfzehn Mark ohne Wein? Werden Sie sich dazu auch zwei oder drei Lohndiener mit den scheußlichen weißbanmwollnen Handschuhen mieten? Und wenn Sie wirklich die Absicht haben, das zu thun, nennen Sie das eine herzliche, einfache, dem deutschen Hanse und deutscher Sitte entsprechende Gastlichkeit? Haben Sie nicht die Empfindung, daß in diesem Treiben — wenigstens für unsre Verhältnisse — ein ganzer Rattenkönig von abscheulichen Unwahrheiten und konventionellen Lügen steckt, an die wir uns zu unsrer Schande dergestalt gewöhnt haben, daß wir uns ihrer nicht einmal mehr ehrlich zu schämen vermögen? Darauf antworten Sie mir. Dann will ich Ihnen meine Meinung weiter sagen. Damit hatte er freilich den kitzligsten Punkt getroffen. Ich selbst hatte mir, seitdem ich die Müllersche Einladung angenommen hatte, wiederholt die Frage vorgelegt, wie ich sie erwidern sollte. Ich hatte auch mit meiner Frau darüber gesprochen, und diese war gar nicht abgeneigt gewesen, sich einmal mit einem ähnlichen Mittagessen loszuschießen. Ich hatte aber wenig Lust dazu. Mich störte der Gedanke, daß wir in unserm Hause Gäste mit einer Fülle von Ge¬ richten unter Formen bewirten sollten, die so stark von der alltäglichen Gestaltung unsers häuslichen Lebens abwichen. Und ich hatte mich auch mit meiner Frau schon vorläufig geeinigt. Ich hatte sie gefragt, ob sie sich denn getraue, eine größere, formelle Gesellschaft von ihrem Wirtschaftsgelde anständig zu bewirten, den Wein wolle ich natürlich tragen, aber Extrasummen zur Bestreitung der Kosten solcher teuern Gesellschaften seien in meinem Haushaltspläne nicht ausgeworfen, stünden mir auch nicht zur Verfügung. Daraufhin waren wir übereingekommen, daß wir unsern Freund Müller mit seiner Frau an meinem Geburtstage auf Uhr zu Tisch einladen und dazu, wie wir es schon oft gethan, noch zwei befreundete Fa¬ milien bitten wollten. Meine Frau nimmt dann ihre ehemalige, jetzt verheiratete Köchin zur Hilfe, es wird ein Gericht mehr aufgetragen als sonst, ich spendiere ein paar Flaschen sehr guten Rheinweins — Schaumwein habe ich überhaupt nicht im Keller —. und die Herren werden durch einen persönlichen kurzen Brief um Über¬ rock" eingeladen. So sind wir schon oft recht fröhlich miteinander gewesen, ohne unsern Wirtschaftsetat zu gefährden. Insofern war ich also den Fragen unsers Freundes gegenüber persönlich in einer günstigen Position, freilich mit dem un¬ heimlichen Gefühle, daß ich ihm sachlich damit ziemlich weitgehende Konzessionen machte. Ich erwiderte ihm: . ^ , Ihre erste Frage verneine ich. Es ist nicht unsre Absicht, die gestrige Ein- l"dung mit einer ähnlichen zu einem Zauberfeste gleicher Art zu erwidern. Das können wir nicht, schon weil es über unsre Mittel gehn würde, dreißig oder vierzig Leute zugleich so reichlich bei uns zu bewirten. Dazu besteht auch bei uns kein Bedürfnis. Wir stehn gar nicht mit einer so großen Anzahl von Familien auf den, Einladungsfußc. Ich bin kein Beamter, der mit so und so viel Kollegen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/317>, abgerufen am 22.07.2024.