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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wohl auch das Bestreben mit im Spiel gewesen sein, den Chinesen endlich einmal
für derartige Unthaten eine längst verdiente empfindlichere Züchtigung zu teil werden
zu lassen, als sie bisher erhalten hatten.

Die Bewegung in Schankung hat schon nach der Provinz Tschihli, worin
Peking liegt, übergegriffen. Die treibenden Kräfte dieser Bewegung erklären immer
wieder, sie hätten in keiner Weise die Absicht, der Negierung entgegenzutreten, sondern
sie wollten nur die verhaßten Fremden vertreiben. Deu hohen Mandarinen scheint
dies glaubhaft zu sein, denn die hier in Schanghai erscheinenden Zeitungen be¬
haupten bestimmt, in Peking sympathisiere man ziemlich offen mit der Bewegung.
Sicher ist, daß bisher erst ganz unzureichende Schritte gethan worden sind, die
christlichen Chinesen in Nordchina zu schützen. Diese sind vielmehr noch immer
ihren erbarmungslosen Verfolgern ausgesetzt. Eine große Menge von ihnen hat in
der bittern Winterknlte ihr ganzes Hab und Gut verlöre". Das Elend ist infolge¬
dessen vielfach groß. Die Mandarinen überlassen die Unglücklichen einfach ihrem
Schicksal, weil sie sich nach ihrer Auffassung durch den Anschluß an die Missionare
außerhalb des für Chinese" geltenden Rechts gestellt haben.

Ganz anders verfuhren aber die Mandarinen nach der Niederbrennung des
Dorfes bei Tsingtao, wo im vorigen Frühling drei Deutsche angegriffen und in
Lebensgefahr gebracht worden waren. Wie nämlich die ^ortd Odins, vailx Usus
jetzt mitteilt, hat die chinesische Regierung kürzlich eine größere Summe Geldes an
alle von der deutschen Strafexpedition betroffnen Personen verteilen lassen. Auch
sonst sorgt man in Peking dafür, den Forderungen, die ein Gesandter nach einer
Fremdenhetze mit großer Mühe durchsetzt, möglichst bald ihre Stachel zu nehmen.
Die chinesische Verschlagenheit behält da am letzten Ende doch immer die Oberhand.
Bei der im Reiche der Mitte geltenden Verantwortlichkeit der Mandarinen für
alles, was in ihrem Bezirke vorgeht, mußten die Gesandten bald auf den Gedanken
kommen, die Absetzung eines Beamten zu verlangen, in dessen Machtbereich Fremde
ernstlich belästigt worden waren. Obgleich dies nun durchaus der chinesischen Sitte
entspricht, so sträubte sich die Pekinger Regierung zuerst doch mit Händen und
Füßen dagegen. Schon hieraus ist zu erkennen, daß sie von vornherein gar nicht
die Absicht hatte, Gerechtigkeit gegen die Fremden zu üben. Im Gegenteil, sie
wollte, sobald Ausländer ins Spiel kamen, mit zweierlei Maß messen. Als endlich
bei der häufigen Wiederholung der Unruhen der von den Gesandten ausgeübte
Druck für die hohen Mandarinen zu stark wurde, mußten sie sich zur Nachgiebigkeit
bequemen. Aber die Gesandten sollten bald erfahren, daß mit der Erklärung, ein
Beamter sei abgesetzt worden, nicht viel erreicht war. Denn in China unterscheidet
mau scharf zwischen zwei Arten von Absetzuugen. Die leichtere Art ist nicht viel
mehr als eine Scheinstrafe, weshalb ihre Verhängung auch nur geringen Eindruck
macht. Jeder Chinese weiß in diesem Falle, daß der abgesetzte Beamte in kurzer
Zeit einen andern, ebenso hohen Posten wiedererhalten wird.

Sehr viel ernster ist die zweite Art der Absetzung. Stehn nämlich in der
amtlichen Pekinger Zeitung hinter der Verfügung, die die Entlassung eines Be¬
amten ankündigt, die bösen Worte: "er soll niemals wieder ein öffentliches Amt
bekleiden," so ist das nnter gewöhnlichen Umständen eine schlimme Geschichte für
den, den es angeht. Er muß schon sehr viel Einfluß haben und eine Menge Geld
für Bestechungen opfern können, soll es ihm gelingen, eine solche gegen ihn er¬
lassene Verfügung rückgängig zu machen. Weitaus in den meisten Fällen mißlingen
alle dahin zielenden Anstrengungen. Dann aber ist der Betreffende einfach Privat¬
mann, und mag er vorher Vizekönig gewesen sein, während die Mandarinen bei
der leichtern Art der Entlassung Mandarinen bleiben, wenn man sie auch auf kurze
Zeit einige Stufen im Range herabsetzt.

Dieser äußerlich ziemlich feine Unterschied war den Ausländern anfänglich gar


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wohl auch das Bestreben mit im Spiel gewesen sein, den Chinesen endlich einmal
für derartige Unthaten eine längst verdiente empfindlichere Züchtigung zu teil werden
zu lassen, als sie bisher erhalten hatten.

Die Bewegung in Schankung hat schon nach der Provinz Tschihli, worin
Peking liegt, übergegriffen. Die treibenden Kräfte dieser Bewegung erklären immer
wieder, sie hätten in keiner Weise die Absicht, der Negierung entgegenzutreten, sondern
sie wollten nur die verhaßten Fremden vertreiben. Deu hohen Mandarinen scheint
dies glaubhaft zu sein, denn die hier in Schanghai erscheinenden Zeitungen be¬
haupten bestimmt, in Peking sympathisiere man ziemlich offen mit der Bewegung.
Sicher ist, daß bisher erst ganz unzureichende Schritte gethan worden sind, die
christlichen Chinesen in Nordchina zu schützen. Diese sind vielmehr noch immer
ihren erbarmungslosen Verfolgern ausgesetzt. Eine große Menge von ihnen hat in
der bittern Winterknlte ihr ganzes Hab und Gut verlöre«. Das Elend ist infolge¬
dessen vielfach groß. Die Mandarinen überlassen die Unglücklichen einfach ihrem
Schicksal, weil sie sich nach ihrer Auffassung durch den Anschluß an die Missionare
außerhalb des für Chinese» geltenden Rechts gestellt haben.

Ganz anders verfuhren aber die Mandarinen nach der Niederbrennung des
Dorfes bei Tsingtao, wo im vorigen Frühling drei Deutsche angegriffen und in
Lebensgefahr gebracht worden waren. Wie nämlich die ^ortd Odins, vailx Usus
jetzt mitteilt, hat die chinesische Regierung kürzlich eine größere Summe Geldes an
alle von der deutschen Strafexpedition betroffnen Personen verteilen lassen. Auch
sonst sorgt man in Peking dafür, den Forderungen, die ein Gesandter nach einer
Fremdenhetze mit großer Mühe durchsetzt, möglichst bald ihre Stachel zu nehmen.
Die chinesische Verschlagenheit behält da am letzten Ende doch immer die Oberhand.
Bei der im Reiche der Mitte geltenden Verantwortlichkeit der Mandarinen für
alles, was in ihrem Bezirke vorgeht, mußten die Gesandten bald auf den Gedanken
kommen, die Absetzung eines Beamten zu verlangen, in dessen Machtbereich Fremde
ernstlich belästigt worden waren. Obgleich dies nun durchaus der chinesischen Sitte
entspricht, so sträubte sich die Pekinger Regierung zuerst doch mit Händen und
Füßen dagegen. Schon hieraus ist zu erkennen, daß sie von vornherein gar nicht
die Absicht hatte, Gerechtigkeit gegen die Fremden zu üben. Im Gegenteil, sie
wollte, sobald Ausländer ins Spiel kamen, mit zweierlei Maß messen. Als endlich
bei der häufigen Wiederholung der Unruhen der von den Gesandten ausgeübte
Druck für die hohen Mandarinen zu stark wurde, mußten sie sich zur Nachgiebigkeit
bequemen. Aber die Gesandten sollten bald erfahren, daß mit der Erklärung, ein
Beamter sei abgesetzt worden, nicht viel erreicht war. Denn in China unterscheidet
mau scharf zwischen zwei Arten von Absetzuugen. Die leichtere Art ist nicht viel
mehr als eine Scheinstrafe, weshalb ihre Verhängung auch nur geringen Eindruck
macht. Jeder Chinese weiß in diesem Falle, daß der abgesetzte Beamte in kurzer
Zeit einen andern, ebenso hohen Posten wiedererhalten wird.

Sehr viel ernster ist die zweite Art der Absetzung. Stehn nämlich in der
amtlichen Pekinger Zeitung hinter der Verfügung, die die Entlassung eines Be¬
amten ankündigt, die bösen Worte: „er soll niemals wieder ein öffentliches Amt
bekleiden," so ist das nnter gewöhnlichen Umständen eine schlimme Geschichte für
den, den es angeht. Er muß schon sehr viel Einfluß haben und eine Menge Geld
für Bestechungen opfern können, soll es ihm gelingen, eine solche gegen ihn er¬
lassene Verfügung rückgängig zu machen. Weitaus in den meisten Fällen mißlingen
alle dahin zielenden Anstrengungen. Dann aber ist der Betreffende einfach Privat¬
mann, und mag er vorher Vizekönig gewesen sein, während die Mandarinen bei
der leichtern Art der Entlassung Mandarinen bleiben, wenn man sie auch auf kurze
Zeit einige Stufen im Range herabsetzt.

Dieser äußerlich ziemlich feine Unterschied war den Ausländern anfänglich gar


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[0311] Maßgebliches und Unmaßgebliches Wohl auch das Bestreben mit im Spiel gewesen sein, den Chinesen endlich einmal für derartige Unthaten eine längst verdiente empfindlichere Züchtigung zu teil werden zu lassen, als sie bisher erhalten hatten. Die Bewegung in Schankung hat schon nach der Provinz Tschihli, worin Peking liegt, übergegriffen. Die treibenden Kräfte dieser Bewegung erklären immer wieder, sie hätten in keiner Weise die Absicht, der Negierung entgegenzutreten, sondern sie wollten nur die verhaßten Fremden vertreiben. Deu hohen Mandarinen scheint dies glaubhaft zu sein, denn die hier in Schanghai erscheinenden Zeitungen be¬ haupten bestimmt, in Peking sympathisiere man ziemlich offen mit der Bewegung. Sicher ist, daß bisher erst ganz unzureichende Schritte gethan worden sind, die christlichen Chinesen in Nordchina zu schützen. Diese sind vielmehr noch immer ihren erbarmungslosen Verfolgern ausgesetzt. Eine große Menge von ihnen hat in der bittern Winterknlte ihr ganzes Hab und Gut verlöre«. Das Elend ist infolge¬ dessen vielfach groß. Die Mandarinen überlassen die Unglücklichen einfach ihrem Schicksal, weil sie sich nach ihrer Auffassung durch den Anschluß an die Missionare außerhalb des für Chinese» geltenden Rechts gestellt haben. Ganz anders verfuhren aber die Mandarinen nach der Niederbrennung des Dorfes bei Tsingtao, wo im vorigen Frühling drei Deutsche angegriffen und in Lebensgefahr gebracht worden waren. Wie nämlich die ^ortd Odins, vailx Usus jetzt mitteilt, hat die chinesische Regierung kürzlich eine größere Summe Geldes an alle von der deutschen Strafexpedition betroffnen Personen verteilen lassen. Auch sonst sorgt man in Peking dafür, den Forderungen, die ein Gesandter nach einer Fremdenhetze mit großer Mühe durchsetzt, möglichst bald ihre Stachel zu nehmen. Die chinesische Verschlagenheit behält da am letzten Ende doch immer die Oberhand. Bei der im Reiche der Mitte geltenden Verantwortlichkeit der Mandarinen für alles, was in ihrem Bezirke vorgeht, mußten die Gesandten bald auf den Gedanken kommen, die Absetzung eines Beamten zu verlangen, in dessen Machtbereich Fremde ernstlich belästigt worden waren. Obgleich dies nun durchaus der chinesischen Sitte entspricht, so sträubte sich die Pekinger Regierung zuerst doch mit Händen und Füßen dagegen. Schon hieraus ist zu erkennen, daß sie von vornherein gar nicht die Absicht hatte, Gerechtigkeit gegen die Fremden zu üben. Im Gegenteil, sie wollte, sobald Ausländer ins Spiel kamen, mit zweierlei Maß messen. Als endlich bei der häufigen Wiederholung der Unruhen der von den Gesandten ausgeübte Druck für die hohen Mandarinen zu stark wurde, mußten sie sich zur Nachgiebigkeit bequemen. Aber die Gesandten sollten bald erfahren, daß mit der Erklärung, ein Beamter sei abgesetzt worden, nicht viel erreicht war. Denn in China unterscheidet mau scharf zwischen zwei Arten von Absetzuugen. Die leichtere Art ist nicht viel mehr als eine Scheinstrafe, weshalb ihre Verhängung auch nur geringen Eindruck macht. Jeder Chinese weiß in diesem Falle, daß der abgesetzte Beamte in kurzer Zeit einen andern, ebenso hohen Posten wiedererhalten wird. Sehr viel ernster ist die zweite Art der Absetzung. Stehn nämlich in der amtlichen Pekinger Zeitung hinter der Verfügung, die die Entlassung eines Be¬ amten ankündigt, die bösen Worte: „er soll niemals wieder ein öffentliches Amt bekleiden," so ist das nnter gewöhnlichen Umständen eine schlimme Geschichte für den, den es angeht. Er muß schon sehr viel Einfluß haben und eine Menge Geld für Bestechungen opfern können, soll es ihm gelingen, eine solche gegen ihn er¬ lassene Verfügung rückgängig zu machen. Weitaus in den meisten Fällen mißlingen alle dahin zielenden Anstrengungen. Dann aber ist der Betreffende einfach Privat¬ mann, und mag er vorher Vizekönig gewesen sein, während die Mandarinen bei der leichtern Art der Entlassung Mandarinen bleiben, wenn man sie auch auf kurze Zeit einige Stufen im Range herabsetzt. Dieser äußerlich ziemlich feine Unterschied war den Ausländern anfänglich gar

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/311>, abgerufen am 01.07.2024.