Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Georg von Bunsen

Spruch Motleys angeführt, daß die Londoner Gesellschaft die glänzendste und ge¬
bildetste der Welt sei, und der schon im Jahre 1852 unvermeidliche und seitdem
immer unentrinnbarer gewordne Max Müller bescheinigt dem damaligen preußischen
Kronprinzen (S. 128): "Rasch erfaßte er die Vorteile des englischen Universitäts¬
wesens, besonders was das Collegesystem und die direkte Unterweisung des Lehrers
betrifft." Wie schade, daß Goldstücker nicht mehr lebt: er allein könnte uns viel¬
leicht dieses dunkle Wort deuten.

So sieht uns denn im Stil besonders der aus der Sprache der Mutter und
der Großmutter der Verfasserin übersetzten Stücke imnier Altengland ins Gesicht.
Seite 189 heißt es: "Alle, die viel in England ausgegangen jwsut on^" statt
in Gesellschaft gegangen sind, Seite 191 "in das Herz meiner Söhne den
Wunsch zu erwecken," Seite 195 ist Bismarck der Durchsetzer der deutschen Ein¬
heit. Seite 208 "dieser Plan gefiel uicht der Regierung." Seite 213 "im Ge¬
spräch war er sehr lebhaft und nicht ohne französische Genauigkeit si"6ol8lo^,"
Seite 216 "sie übersiedelten nach der Hauptstadt," Seite 242 "es läge ein
Vorwurf in der Behauptung, daß England ihr germanisches Erbrecht vergäße und
lateinischer in ihren Anschauungen würde," Seite 246 "jeder beleidigte ihn als
Spionen," Seite 254 schreibt Bunsen seiner Frau: "Mein geliebter Ratgeber
seounsslml," Seite 272 rühmt Kaiserin Augusta, daß ihr Privatsekretttr I. Brandes
"sie ganz auf dem Laufenden der Lage setzte," Seite 274 "Professor Thanler
von dieser jok tuis^ Universität," nämlich der von Kiel, wo sich Bunsen gerade
aufhielt, Seite 321 "mein Vater überhörte jovernsarä) einen Deckoffizier,"
Seite 323 "in Mentone ward ihm anregender Verkehr mit dem Comte Foucher
de Careil, dem frühern französischen Botschafter, und dem feinen Kenner und
Übersetzer von Schopenhauer und Hegel zu teil" Wd das drei Personen oder
eine und dieselbe^, Seite 330 "die eisern dünkende Persönlichkeit Stanleys."
Seite 343 "als eine Schwägerin in England auf den Tod lag," und ebenda "er
ließ es sich nicht nehmen, einem neben uns sitzenden Ehepaar auf alles Interessante
aufmerksam zu machen."

Die politischen Ansichten der Verfasserin brauchen uns schließlich nicht weiter
zu interessieren, wenn sie nicht einmal symptomatisch für den Standpunkt wären,
den die ihrem Vater mehr oder weniger nahe stehenden Kreise zu seiner Lebenszeit
einnahmen und noch heute einnehmen, und wenn man nicht fürchten müßte, daß
ihre thatsächliche" Mitteilungen tendenziös gefärbt sind. Gern wird man freilich
glauben, daß der Prinz von Preuße" im Jahre 1843 (S. 55) bemerkt hat, daß
den sso!^ Prinzen zu seiner Zeit kein Latein gelehrt worden sei, wenigstens hätten
sie es nie gekonnt, wobei selbstverständlich der grobe Sprachfehler nicht auf sein
Konto kommt -- aber was soll man dazu sagen, wenn (S. 284) erzählt wird:
..Als ein Telegramm dem Fürsten Bismarck die Nachricht des Hödelschen Attentats
auf den Kaiser brachte, schlug er energisch auf den Tisch und rief aus: Jetzt haben
wir sie! -- Die Sozialdemokraten? fragte einer der Umgebung. -- Nein, die Liberalen."
Diese Klatschgeschichte ist in den verschiedensten Formen, aber niemals mit An¬
führung eines greifbaren Gewährsmannes erzählt und vielfach geglaubt worden.
Als sie anch Unruh (S. 362 seiner in Buchform herausgegebnen Erinnerungen)
erwähnte, ist sie auf Veranlassung Bismarcks als vollständig erfunden bezeichnet,
und dieses Dementi mehrfach energisch wiederholt worden. Vorläufig wird kein
ernsthafter Mann dem Geschwätz unbekannter und nicht verantwortlicher Leute mehr
Glauben schenken dürfe", als dem Worte des Fürsten Bismarck.

Aber der Haß gegen Bismarck treibt noch ganz andre Blüten: Bismarck ist
"ur die Inkarnation des ..neudeutschen Geistes" (S, 195). Den Inhabern oder
Vertretern dieses Geistes ist (S. 197) "fremd das Edle, Wahre. Schöne, soweit es


Grenzboten II 1900 8s
Georg von Bunsen

Spruch Motleys angeführt, daß die Londoner Gesellschaft die glänzendste und ge¬
bildetste der Welt sei, und der schon im Jahre 1852 unvermeidliche und seitdem
immer unentrinnbarer gewordne Max Müller bescheinigt dem damaligen preußischen
Kronprinzen (S. 128): „Rasch erfaßte er die Vorteile des englischen Universitäts¬
wesens, besonders was das Collegesystem und die direkte Unterweisung des Lehrers
betrifft." Wie schade, daß Goldstücker nicht mehr lebt: er allein könnte uns viel¬
leicht dieses dunkle Wort deuten.

So sieht uns denn im Stil besonders der aus der Sprache der Mutter und
der Großmutter der Verfasserin übersetzten Stücke imnier Altengland ins Gesicht.
Seite 189 heißt es: „Alle, die viel in England ausgegangen jwsut on^" statt
in Gesellschaft gegangen sind, Seite 191 „in das Herz meiner Söhne den
Wunsch zu erwecken," Seite 195 ist Bismarck der Durchsetzer der deutschen Ein¬
heit. Seite 208 „dieser Plan gefiel uicht der Regierung." Seite 213 „im Ge¬
spräch war er sehr lebhaft und nicht ohne französische Genauigkeit si»6ol8lo^,"
Seite 216 „sie übersiedelten nach der Hauptstadt," Seite 242 „es läge ein
Vorwurf in der Behauptung, daß England ihr germanisches Erbrecht vergäße und
lateinischer in ihren Anschauungen würde," Seite 246 „jeder beleidigte ihn als
Spionen," Seite 254 schreibt Bunsen seiner Frau: „Mein geliebter Ratgeber
seounsslml," Seite 272 rühmt Kaiserin Augusta, daß ihr Privatsekretttr I. Brandes
„sie ganz auf dem Laufenden der Lage setzte," Seite 274 „Professor Thanler
von dieser jok tuis^ Universität," nämlich der von Kiel, wo sich Bunsen gerade
aufhielt, Seite 321 „mein Vater überhörte jovernsarä) einen Deckoffizier,"
Seite 323 „in Mentone ward ihm anregender Verkehr mit dem Comte Foucher
de Careil, dem frühern französischen Botschafter, und dem feinen Kenner und
Übersetzer von Schopenhauer und Hegel zu teil" Wd das drei Personen oder
eine und dieselbe^, Seite 330 „die eisern dünkende Persönlichkeit Stanleys."
Seite 343 „als eine Schwägerin in England auf den Tod lag," und ebenda „er
ließ es sich nicht nehmen, einem neben uns sitzenden Ehepaar auf alles Interessante
aufmerksam zu machen."

Die politischen Ansichten der Verfasserin brauchen uns schließlich nicht weiter
zu interessieren, wenn sie nicht einmal symptomatisch für den Standpunkt wären,
den die ihrem Vater mehr oder weniger nahe stehenden Kreise zu seiner Lebenszeit
einnahmen und noch heute einnehmen, und wenn man nicht fürchten müßte, daß
ihre thatsächliche» Mitteilungen tendenziös gefärbt sind. Gern wird man freilich
glauben, daß der Prinz von Preuße» im Jahre 1843 (S. 55) bemerkt hat, daß
den sso!^ Prinzen zu seiner Zeit kein Latein gelehrt worden sei, wenigstens hätten
sie es nie gekonnt, wobei selbstverständlich der grobe Sprachfehler nicht auf sein
Konto kommt — aber was soll man dazu sagen, wenn (S. 284) erzählt wird:
..Als ein Telegramm dem Fürsten Bismarck die Nachricht des Hödelschen Attentats
auf den Kaiser brachte, schlug er energisch auf den Tisch und rief aus: Jetzt haben
wir sie! — Die Sozialdemokraten? fragte einer der Umgebung. — Nein, die Liberalen."
Diese Klatschgeschichte ist in den verschiedensten Formen, aber niemals mit An¬
führung eines greifbaren Gewährsmannes erzählt und vielfach geglaubt worden.
Als sie anch Unruh (S. 362 seiner in Buchform herausgegebnen Erinnerungen)
erwähnte, ist sie auf Veranlassung Bismarcks als vollständig erfunden bezeichnet,
und dieses Dementi mehrfach energisch wiederholt worden. Vorläufig wird kein
ernsthafter Mann dem Geschwätz unbekannter und nicht verantwortlicher Leute mehr
Glauben schenken dürfe», als dem Worte des Fürsten Bismarck.

Aber der Haß gegen Bismarck treibt noch ganz andre Blüten: Bismarck ist
"ur die Inkarnation des ..neudeutschen Geistes" (S, 195). Den Inhabern oder
Vertretern dieses Geistes ist (S. 197) „fremd das Edle, Wahre. Schöne, soweit es


Grenzboten II 1900 8s
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0265" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290676"/>
          <fw type="header" place="top"> Georg von Bunsen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1025" prev="#ID_1024"> Spruch Motleys angeführt, daß die Londoner Gesellschaft die glänzendste und ge¬<lb/>
bildetste der Welt sei, und der schon im Jahre 1852 unvermeidliche und seitdem<lb/>
immer unentrinnbarer gewordne Max Müller bescheinigt dem damaligen preußischen<lb/>
Kronprinzen (S. 128): &#x201E;Rasch erfaßte er die Vorteile des englischen Universitäts¬<lb/>
wesens, besonders was das Collegesystem und die direkte Unterweisung des Lehrers<lb/>
betrifft." Wie schade, daß Goldstücker nicht mehr lebt: er allein könnte uns viel¬<lb/>
leicht dieses dunkle Wort deuten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1026"> So sieht uns denn im Stil besonders der aus der Sprache der Mutter und<lb/>
der Großmutter der Verfasserin übersetzten Stücke imnier Altengland ins Gesicht.<lb/>
Seite 189 heißt es: &#x201E;Alle, die viel in England ausgegangen jwsut on^" statt<lb/>
in Gesellschaft gegangen sind, Seite 191 &#x201E;in das Herz meiner Söhne den<lb/>
Wunsch zu erwecken," Seite 195 ist Bismarck der Durchsetzer der deutschen Ein¬<lb/>
heit. Seite 208 &#x201E;dieser Plan gefiel uicht der Regierung." Seite 213 &#x201E;im Ge¬<lb/>
spräch war er sehr lebhaft und nicht ohne französische Genauigkeit si»6ol8lo^,"<lb/>
Seite 216 &#x201E;sie übersiedelten nach der Hauptstadt," Seite 242 &#x201E;es läge ein<lb/>
Vorwurf in der Behauptung, daß England ihr germanisches Erbrecht vergäße und<lb/>
lateinischer in ihren Anschauungen würde," Seite 246 &#x201E;jeder beleidigte ihn als<lb/>
Spionen," Seite 254 schreibt Bunsen seiner Frau: &#x201E;Mein geliebter Ratgeber<lb/>
seounsslml," Seite 272 rühmt Kaiserin Augusta, daß ihr Privatsekretttr I. Brandes<lb/>
&#x201E;sie ganz auf dem Laufenden der Lage setzte," Seite 274 &#x201E;Professor Thanler<lb/>
von dieser jok tuis^ Universität," nämlich der von Kiel, wo sich Bunsen gerade<lb/>
aufhielt, Seite 321 &#x201E;mein Vater überhörte jovernsarä) einen Deckoffizier,"<lb/>
Seite 323 &#x201E;in Mentone ward ihm anregender Verkehr mit dem Comte Foucher<lb/>
de Careil, dem frühern französischen Botschafter, und dem feinen Kenner und<lb/>
Übersetzer von Schopenhauer und Hegel zu teil" Wd das drei Personen oder<lb/>
eine und dieselbe^, Seite 330 &#x201E;die eisern dünkende Persönlichkeit Stanleys."<lb/>
Seite 343 &#x201E;als eine Schwägerin in England auf den Tod lag," und ebenda &#x201E;er<lb/>
ließ es sich nicht nehmen, einem neben uns sitzenden Ehepaar auf alles Interessante<lb/>
aufmerksam zu machen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1027"> Die politischen Ansichten der Verfasserin brauchen uns schließlich nicht weiter<lb/>
zu interessieren, wenn sie nicht einmal symptomatisch für den Standpunkt wären,<lb/>
den die ihrem Vater mehr oder weniger nahe stehenden Kreise zu seiner Lebenszeit<lb/>
einnahmen und noch heute einnehmen, und wenn man nicht fürchten müßte, daß<lb/>
ihre thatsächliche» Mitteilungen tendenziös gefärbt sind. Gern wird man freilich<lb/>
glauben, daß der Prinz von Preuße» im Jahre 1843 (S. 55) bemerkt hat, daß<lb/>
den sso!^ Prinzen zu seiner Zeit kein Latein gelehrt worden sei, wenigstens hätten<lb/>
sie es nie gekonnt, wobei selbstverständlich der grobe Sprachfehler nicht auf sein<lb/>
Konto kommt &#x2014; aber was soll man dazu sagen, wenn (S. 284) erzählt wird:<lb/>
..Als ein Telegramm dem Fürsten Bismarck die Nachricht des Hödelschen Attentats<lb/>
auf den Kaiser brachte, schlug er energisch auf den Tisch und rief aus: Jetzt haben<lb/>
wir sie! &#x2014; Die Sozialdemokraten? fragte einer der Umgebung. &#x2014; Nein, die Liberalen."<lb/>
Diese Klatschgeschichte ist in den verschiedensten Formen, aber niemals mit An¬<lb/>
führung eines greifbaren Gewährsmannes erzählt und vielfach geglaubt worden.<lb/>
Als sie anch Unruh (S. 362 seiner in Buchform herausgegebnen Erinnerungen)<lb/>
erwähnte, ist sie auf Veranlassung Bismarcks als vollständig erfunden bezeichnet,<lb/>
und dieses Dementi mehrfach energisch wiederholt worden. Vorläufig wird kein<lb/>
ernsthafter Mann dem Geschwätz unbekannter und nicht verantwortlicher Leute mehr<lb/>
Glauben schenken dürfe», als dem Worte des Fürsten Bismarck.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1028" next="#ID_1029"> Aber der Haß gegen Bismarck treibt noch ganz andre Blüten: Bismarck ist<lb/>
"ur die Inkarnation des ..neudeutschen Geistes" (S, 195). Den Inhabern oder<lb/>
Vertretern dieses Geistes ist (S. 197) &#x201E;fremd das Edle, Wahre. Schöne, soweit es</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 1900 8s</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0265] Georg von Bunsen Spruch Motleys angeführt, daß die Londoner Gesellschaft die glänzendste und ge¬ bildetste der Welt sei, und der schon im Jahre 1852 unvermeidliche und seitdem immer unentrinnbarer gewordne Max Müller bescheinigt dem damaligen preußischen Kronprinzen (S. 128): „Rasch erfaßte er die Vorteile des englischen Universitäts¬ wesens, besonders was das Collegesystem und die direkte Unterweisung des Lehrers betrifft." Wie schade, daß Goldstücker nicht mehr lebt: er allein könnte uns viel¬ leicht dieses dunkle Wort deuten. So sieht uns denn im Stil besonders der aus der Sprache der Mutter und der Großmutter der Verfasserin übersetzten Stücke imnier Altengland ins Gesicht. Seite 189 heißt es: „Alle, die viel in England ausgegangen jwsut on^" statt in Gesellschaft gegangen sind, Seite 191 „in das Herz meiner Söhne den Wunsch zu erwecken," Seite 195 ist Bismarck der Durchsetzer der deutschen Ein¬ heit. Seite 208 „dieser Plan gefiel uicht der Regierung." Seite 213 „im Ge¬ spräch war er sehr lebhaft und nicht ohne französische Genauigkeit si»6ol8lo^," Seite 216 „sie übersiedelten nach der Hauptstadt," Seite 242 „es läge ein Vorwurf in der Behauptung, daß England ihr germanisches Erbrecht vergäße und lateinischer in ihren Anschauungen würde," Seite 246 „jeder beleidigte ihn als Spionen," Seite 254 schreibt Bunsen seiner Frau: „Mein geliebter Ratgeber seounsslml," Seite 272 rühmt Kaiserin Augusta, daß ihr Privatsekretttr I. Brandes „sie ganz auf dem Laufenden der Lage setzte," Seite 274 „Professor Thanler von dieser jok tuis^ Universität," nämlich der von Kiel, wo sich Bunsen gerade aufhielt, Seite 321 „mein Vater überhörte jovernsarä) einen Deckoffizier," Seite 323 „in Mentone ward ihm anregender Verkehr mit dem Comte Foucher de Careil, dem frühern französischen Botschafter, und dem feinen Kenner und Übersetzer von Schopenhauer und Hegel zu teil" Wd das drei Personen oder eine und dieselbe^, Seite 330 „die eisern dünkende Persönlichkeit Stanleys." Seite 343 „als eine Schwägerin in England auf den Tod lag," und ebenda „er ließ es sich nicht nehmen, einem neben uns sitzenden Ehepaar auf alles Interessante aufmerksam zu machen." Die politischen Ansichten der Verfasserin brauchen uns schließlich nicht weiter zu interessieren, wenn sie nicht einmal symptomatisch für den Standpunkt wären, den die ihrem Vater mehr oder weniger nahe stehenden Kreise zu seiner Lebenszeit einnahmen und noch heute einnehmen, und wenn man nicht fürchten müßte, daß ihre thatsächliche» Mitteilungen tendenziös gefärbt sind. Gern wird man freilich glauben, daß der Prinz von Preuße» im Jahre 1843 (S. 55) bemerkt hat, daß den sso!^ Prinzen zu seiner Zeit kein Latein gelehrt worden sei, wenigstens hätten sie es nie gekonnt, wobei selbstverständlich der grobe Sprachfehler nicht auf sein Konto kommt — aber was soll man dazu sagen, wenn (S. 284) erzählt wird: ..Als ein Telegramm dem Fürsten Bismarck die Nachricht des Hödelschen Attentats auf den Kaiser brachte, schlug er energisch auf den Tisch und rief aus: Jetzt haben wir sie! — Die Sozialdemokraten? fragte einer der Umgebung. — Nein, die Liberalen." Diese Klatschgeschichte ist in den verschiedensten Formen, aber niemals mit An¬ führung eines greifbaren Gewährsmannes erzählt und vielfach geglaubt worden. Als sie anch Unruh (S. 362 seiner in Buchform herausgegebnen Erinnerungen) erwähnte, ist sie auf Veranlassung Bismarcks als vollständig erfunden bezeichnet, und dieses Dementi mehrfach energisch wiederholt worden. Vorläufig wird kein ernsthafter Mann dem Geschwätz unbekannter und nicht verantwortlicher Leute mehr Glauben schenken dürfe», als dem Worte des Fürsten Bismarck. Aber der Haß gegen Bismarck treibt noch ganz andre Blüten: Bismarck ist "ur die Inkarnation des ..neudeutschen Geistes" (S, 195). Den Inhabern oder Vertretern dieses Geistes ist (S. 197) „fremd das Edle, Wahre. Schöne, soweit es Grenzboten II 1900 8s

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/265
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/265>, abgerufen am 03.07.2024.