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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Vorschlag zur Regelung des Zlpc>thekcnmesens in Deutschland

trugen oder Kräntergewölbe weise". Im übrigen hat das Publikum Vertrauen
zu den Apotheken, es holt sich seine Arzneien, sobald ihm vom Arzte keine
entgegenstehenden Vorschriften gemacht werden, oder keine besondern Gründe,
z. B. konfessionelle, vorliegen, aus der ihm zunächst liegenden Apotheke, in
dein Bewußtsein, daß es überall in Deutschland das Verlangte gleichmäßig
und gleich gut erhält.

Die Apothekenbesitzer, insbesondre die in größern Städten, haben wenig
Interesse für die Regulierung, obgleich, mit Ausnahme der zwei oder drei
Exklusivprivilegien, ein Privilegium nicht mehr zu bedeuten hat als eine Kon¬
zession, deren Wert bekanntlich sehr herabsinkt, sobald die Regierung mir die
Absicht verlauten läßt, in der nächste!? Umgebung eine neue Konzession aus¬
zuschreiben. Mau beruft sich auf die langjährigen Traditionen und glaubt,
daß eine Regelung nur möglich sei, wenn das Recht der freien Niederlassung
gegeben, aber die derzeitigen Werte vorher abgelöst würden, und die fernere
freie Verkäuflichkeit und die Vererbung des Apothekenbetriebsrechts gewährleistet
würden. Daß bei einer Ablösung, wenn diese überhaupt in der Absicht der
Negierung liegen sollte -- die Ansichten hierüber gehn bekanntlich sehr weit
auseinander --, nur der reine Medizinalumsatz, d, h. die Nezepturbeträge in
Betracht kommen würden, darüber scheint man sich in den Apothekerkreisen
vielfach auch uicht klar zu sein. Mancher hofft vielleicht auf eine Verstaat^
lichnng der Apotheke" und denkt dann, mit einemmale aller Sorgen ledig,
sich wvhlsitniert ins Privatleben zurückziehn zu können.

Man greift wohl nicht fehl, wenn man also annimmt, daß die Apotheken¬
besitzer kein großes Interesse an einer Ablösung haben; mich wenn ein Modus
dafür gefunden würde, der gerecht und parteilos ausführbar wäre, so würden
sie doch mehr oder weniger den kürzern ziehn; in ihrem Interesse liegt es des¬
halb, daß es beim alten bleibt. Anders denken darüber die Apotheker, die
das Staatsexamen hinter sich haben, sich gern selbständig machen möchten, aber
keine Mittel zum Ankauf besitzen, und denen? es versagt ist, sich nach ihrem
freien Ermessen niederzulasse" und eine Apotheke zu gründen. Sie sind, wenn
sie keinen andern Beruf ergreifen wollen, gezwungen, bis ihnen vielleicht am
Ende ihrer Tage eine Konzession zufällt, eine unselbständige Stellung als Ge¬
hilfe, im glücklichsten Falle als Provisor oder Administrator auf lange Jahre
hinaus zu übernehmen. Diese Leute erwarten und verlange" das freie Nieder-
lassungsrecht.

De"e" schließe" sich an, wer wollte es ihnen verdenken, vielleicht manche
Inhaber einer der neuen Konzessionen und vielleicht auch mancher Besitzt
einer alten kleinen, wenig einträglichen Landapotheke. Beide sind meist selten
in der Lage, einen Gehilfen beschäftigen und bezahlen zu können. Es ist em
schwerer Beruf, ununterbrochen Tag für Tag wie zur Nacht in Erfüllung
der Pflicht am Ladentisch zu hafte", wo es weder Geschäftsschluß noch Acht¬
stundentag giebt, weder Sonntag noch Festtag, wo nicht einmal die allerwärts
eingreifenden Paragraphen der SonntagSheitignng durch de" obligate" "Laden-


Vorschlag zur Regelung des Zlpc>thekcnmesens in Deutschland

trugen oder Kräntergewölbe weise». Im übrigen hat das Publikum Vertrauen
zu den Apotheken, es holt sich seine Arzneien, sobald ihm vom Arzte keine
entgegenstehenden Vorschriften gemacht werden, oder keine besondern Gründe,
z. B. konfessionelle, vorliegen, aus der ihm zunächst liegenden Apotheke, in
dein Bewußtsein, daß es überall in Deutschland das Verlangte gleichmäßig
und gleich gut erhält.

Die Apothekenbesitzer, insbesondre die in größern Städten, haben wenig
Interesse für die Regulierung, obgleich, mit Ausnahme der zwei oder drei
Exklusivprivilegien, ein Privilegium nicht mehr zu bedeuten hat als eine Kon¬
zession, deren Wert bekanntlich sehr herabsinkt, sobald die Regierung mir die
Absicht verlauten läßt, in der nächste!? Umgebung eine neue Konzession aus¬
zuschreiben. Mau beruft sich auf die langjährigen Traditionen und glaubt,
daß eine Regelung nur möglich sei, wenn das Recht der freien Niederlassung
gegeben, aber die derzeitigen Werte vorher abgelöst würden, und die fernere
freie Verkäuflichkeit und die Vererbung des Apothekenbetriebsrechts gewährleistet
würden. Daß bei einer Ablösung, wenn diese überhaupt in der Absicht der
Negierung liegen sollte — die Ansichten hierüber gehn bekanntlich sehr weit
auseinander —, nur der reine Medizinalumsatz, d, h. die Nezepturbeträge in
Betracht kommen würden, darüber scheint man sich in den Apothekerkreisen
vielfach auch uicht klar zu sein. Mancher hofft vielleicht auf eine Verstaat^
lichnng der Apotheke» und denkt dann, mit einemmale aller Sorgen ledig,
sich wvhlsitniert ins Privatleben zurückziehn zu können.

Man greift wohl nicht fehl, wenn man also annimmt, daß die Apotheken¬
besitzer kein großes Interesse an einer Ablösung haben; mich wenn ein Modus
dafür gefunden würde, der gerecht und parteilos ausführbar wäre, so würden
sie doch mehr oder weniger den kürzern ziehn; in ihrem Interesse liegt es des¬
halb, daß es beim alten bleibt. Anders denken darüber die Apotheker, die
das Staatsexamen hinter sich haben, sich gern selbständig machen möchten, aber
keine Mittel zum Ankauf besitzen, und denen? es versagt ist, sich nach ihrem
freien Ermessen niederzulasse» und eine Apotheke zu gründen. Sie sind, wenn
sie keinen andern Beruf ergreifen wollen, gezwungen, bis ihnen vielleicht am
Ende ihrer Tage eine Konzession zufällt, eine unselbständige Stellung als Ge¬
hilfe, im glücklichsten Falle als Provisor oder Administrator auf lange Jahre
hinaus zu übernehmen. Diese Leute erwarten und verlange» das freie Nieder-
lassungsrecht.

De»e» schließe» sich an, wer wollte es ihnen verdenken, vielleicht manche
Inhaber einer der neuen Konzessionen und vielleicht auch mancher Besitzt
einer alten kleinen, wenig einträglichen Landapotheke. Beide sind meist selten
in der Lage, einen Gehilfen beschäftigen und bezahlen zu können. Es ist em
schwerer Beruf, ununterbrochen Tag für Tag wie zur Nacht in Erfüllung
der Pflicht am Ladentisch zu hafte», wo es weder Geschäftsschluß noch Acht¬
stundentag giebt, weder Sonntag noch Festtag, wo nicht einmal die allerwärts
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/448>, abgerufen am 04.07.2024.