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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Irdischen, das uns Sterblichen zum Ausleben gegeben ist, zur Kunst. Selbstver¬
ständlich kann nicht jeder Mensch "Künstler" sein. Was ist denn Künstler? Ent¬
weder der Schöpfer eines Kunstwerks -- das zu vollbringen ist wenigen gegeben.
Aber da darf man fragen, für wen schafft denn der Künstler? Doch wohl nicht für
das Papier, auf das er seiue Partitur schreibt, sondern für die, bei denen er Ver¬
ständnis zu finden hofft. Der Kunstverständige ist ihm Voraussetzung; nicht der sach¬
verständige Techniker, sondern das mitfühlende Gemüt. Oder es ist der reproduzierende
Künstler, der Techniker im besondern -- das braucht man noch viel weniger zu sein,
um ein selbständiges Verhältnis zur Kunst zu haben. Darüber brauche ich wohl kein
Wort zu verlieren. Deshalb aber behaupte ich, daß ein harmonisch gebildeter Mensch
ein selbständiges Verhältnis zu allen Künsten haben muß. Ob unsre jetzigen Lebens¬
verhältnisse jeden dazu gelangen lassen, ist eine andre Frage. Nun meine ich aber, je
älter der Kunstsinnige wird, desto mehr wird er sich zu den bildenden Künsten hin¬
gezogen fühlen müssen. In einer Madonna von Bellini oder Andrea del Sarto oder
Raffael, in einem der Meisterwerke der Antike liegt nicht weniger Stimmung als in
der schönsten Sinfonie -- es giebt noch eine ganze Reihe andrer Parallelen; was
aber dazu kommt und die bildende Kunst über ihre Schwestern erhebt, das ist die
beruhigende, sättigende Wirkung der vollen und festen Form, es ist, daß uns hier der
Mensch selbst entgegentritt -- und in ihm das Göttliche, das wir uns nicht anders
vorstellen können, und das sich uns hier vollendeter und greifbarer offenbart als in
Worten oder Tönen. Ich meine also vor allem die Darstellung der menschlichen
Gestalt, denn z. B. die Landschaftsmalerei, die neben der Musik eine so große Macht
"uf dem Gebiete unsrer modernen Kunstpflege geworden ist, hat ähnliche Grundlage"
für ihre Wirkungen wie die Musik. Aber wenn der Hauch des Göttlichen nnr
unbestimmt dnrch die Natur weht, nur ein Ahnen es dort erfaßt, wie sich in der
Musik nur ein Sehnen auszudrücken vermag -- in dem Menschen selbst tritt es uns
^ar und überwältigend entgegen. Was kein Ton, kein Wort vermag, der Ausdruck
eines Gesichts, ein Zug darin, das Aufleuchten oder das sich Verschleiern des Auges,
^Ne Bewegung, eine Geste können mir die ganze Seele eines Menschen verraten;
"ut das ist der Gegenstand der bildenden Kunst. Sie zeigt den Menschen und
den Gott in ihm.

Sie kann es wenigstens. Denn um wieder zu dem zurückzukehren, wovon ich
"^geschweift bin: Ich meine, wir haben uns ans allen Kunstgebieten sachte, Schritt für
Schritt von dem Klassischen entfernt, das idealere Zeiten erreicht hatten. Die Künste
^oft sind aus ihrem Heiligtum und aus dem Kreis der begeisterten Gemeinde heraus¬
getreten und in die große Ebene der Durchschnittsbildung hinnntergestiegen, und sie
ynben ihre Würde und ihre Hoheit preisgegeben, weil sie der Flachheit gefallen
'vollen, den modernen Anschauungen zu dienen bestrebt sind. Das ganze Knnsttreibeu ist
nervös, effekthaschend und neuerungssüchtig geworden. Wie die Komponisten nach einem
großen, Raffinement im Äußern streben, so suchen die Dirigenten aus den klassischen
^""werken heranszuquälen, was gar nicht darin steckt, und hineinzupressen, was
^)"en ganz fremd ist. Ich muß manchmal lachen, wenn ich die Kapellmeister mit
com Armen vor dem Orchester arbeiten sehe und dann an Rietz denke, wie er
se nur das Tempo angab und dann den Taktstock ruhig auf das Pult und die
^ante auf den Rücken legte, das wundervolle Orchester -- es ist noch eben so
ortrefflichi -- sich selbst überließ und sich zu dem Publikum umdrehte und be¬
achtete, wie es diesem gefiel. Wenn er dann mich Jungen sitzen sah, blies er die
Ver^" ""^ ^ mir eine gräßliche Grimasse, sodaß ich in die tödlichste
,^üben kam. Denn natürlich sahen dann die Damen ringsum auch ans mich"Ub lächelten.

an .^^"s hatte ich vorhin, als Sie mich aus meinen Gedanken aufscheuchten,
"was andres gedacht, was aber mich hierher gehört. Für mich ist immer wie das


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Irdischen, das uns Sterblichen zum Ausleben gegeben ist, zur Kunst. Selbstver¬
ständlich kann nicht jeder Mensch „Künstler" sein. Was ist denn Künstler? Ent¬
weder der Schöpfer eines Kunstwerks — das zu vollbringen ist wenigen gegeben.
Aber da darf man fragen, für wen schafft denn der Künstler? Doch wohl nicht für
das Papier, auf das er seiue Partitur schreibt, sondern für die, bei denen er Ver¬
ständnis zu finden hofft. Der Kunstverständige ist ihm Voraussetzung; nicht der sach¬
verständige Techniker, sondern das mitfühlende Gemüt. Oder es ist der reproduzierende
Künstler, der Techniker im besondern — das braucht man noch viel weniger zu sein,
um ein selbständiges Verhältnis zur Kunst zu haben. Darüber brauche ich wohl kein
Wort zu verlieren. Deshalb aber behaupte ich, daß ein harmonisch gebildeter Mensch
ein selbständiges Verhältnis zu allen Künsten haben muß. Ob unsre jetzigen Lebens¬
verhältnisse jeden dazu gelangen lassen, ist eine andre Frage. Nun meine ich aber, je
älter der Kunstsinnige wird, desto mehr wird er sich zu den bildenden Künsten hin¬
gezogen fühlen müssen. In einer Madonna von Bellini oder Andrea del Sarto oder
Raffael, in einem der Meisterwerke der Antike liegt nicht weniger Stimmung als in
der schönsten Sinfonie — es giebt noch eine ganze Reihe andrer Parallelen; was
aber dazu kommt und die bildende Kunst über ihre Schwestern erhebt, das ist die
beruhigende, sättigende Wirkung der vollen und festen Form, es ist, daß uns hier der
Mensch selbst entgegentritt — und in ihm das Göttliche, das wir uns nicht anders
vorstellen können, und das sich uns hier vollendeter und greifbarer offenbart als in
Worten oder Tönen. Ich meine also vor allem die Darstellung der menschlichen
Gestalt, denn z. B. die Landschaftsmalerei, die neben der Musik eine so große Macht
"uf dem Gebiete unsrer modernen Kunstpflege geworden ist, hat ähnliche Grundlage»
für ihre Wirkungen wie die Musik. Aber wenn der Hauch des Göttlichen nnr
unbestimmt dnrch die Natur weht, nur ein Ahnen es dort erfaßt, wie sich in der
Musik nur ein Sehnen auszudrücken vermag — in dem Menschen selbst tritt es uns
^ar und überwältigend entgegen. Was kein Ton, kein Wort vermag, der Ausdruck
eines Gesichts, ein Zug darin, das Aufleuchten oder das sich Verschleiern des Auges,
^Ne Bewegung, eine Geste können mir die ganze Seele eines Menschen verraten;
"ut das ist der Gegenstand der bildenden Kunst. Sie zeigt den Menschen und
den Gott in ihm.

Sie kann es wenigstens. Denn um wieder zu dem zurückzukehren, wovon ich
"^geschweift bin: Ich meine, wir haben uns ans allen Kunstgebieten sachte, Schritt für
Schritt von dem Klassischen entfernt, das idealere Zeiten erreicht hatten. Die Künste
^oft sind aus ihrem Heiligtum und aus dem Kreis der begeisterten Gemeinde heraus¬
getreten und in die große Ebene der Durchschnittsbildung hinnntergestiegen, und sie
ynben ihre Würde und ihre Hoheit preisgegeben, weil sie der Flachheit gefallen
'vollen, den modernen Anschauungen zu dienen bestrebt sind. Das ganze Knnsttreibeu ist
nervös, effekthaschend und neuerungssüchtig geworden. Wie die Komponisten nach einem
großen, Raffinement im Äußern streben, so suchen die Dirigenten aus den klassischen
^"»werken heranszuquälen, was gar nicht darin steckt, und hineinzupressen, was
^)»en ganz fremd ist. Ich muß manchmal lachen, wenn ich die Kapellmeister mit
com Armen vor dem Orchester arbeiten sehe und dann an Rietz denke, wie er
se nur das Tempo angab und dann den Taktstock ruhig auf das Pult und die
^ante auf den Rücken legte, das wundervolle Orchester — es ist noch eben so
ortrefflichi — sich selbst überließ und sich zu dem Publikum umdrehte und be¬
achtete, wie es diesem gefiel. Wenn er dann mich Jungen sitzen sah, blies er die
Ver^" ""^ ^ mir eine gräßliche Grimasse, sodaß ich in die tödlichste
,^üben kam. Denn natürlich sahen dann die Damen ringsum auch ans mich"Ub lächelten.

an .^^«s hatte ich vorhin, als Sie mich aus meinen Gedanken aufscheuchten,
«was andres gedacht, was aber mich hierher gehört. Für mich ist immer wie das


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[0423] Maßgebliches und Unmaßgebliches Irdischen, das uns Sterblichen zum Ausleben gegeben ist, zur Kunst. Selbstver¬ ständlich kann nicht jeder Mensch „Künstler" sein. Was ist denn Künstler? Ent¬ weder der Schöpfer eines Kunstwerks — das zu vollbringen ist wenigen gegeben. Aber da darf man fragen, für wen schafft denn der Künstler? Doch wohl nicht für das Papier, auf das er seiue Partitur schreibt, sondern für die, bei denen er Ver¬ ständnis zu finden hofft. Der Kunstverständige ist ihm Voraussetzung; nicht der sach¬ verständige Techniker, sondern das mitfühlende Gemüt. Oder es ist der reproduzierende Künstler, der Techniker im besondern — das braucht man noch viel weniger zu sein, um ein selbständiges Verhältnis zur Kunst zu haben. Darüber brauche ich wohl kein Wort zu verlieren. Deshalb aber behaupte ich, daß ein harmonisch gebildeter Mensch ein selbständiges Verhältnis zu allen Künsten haben muß. Ob unsre jetzigen Lebens¬ verhältnisse jeden dazu gelangen lassen, ist eine andre Frage. Nun meine ich aber, je älter der Kunstsinnige wird, desto mehr wird er sich zu den bildenden Künsten hin¬ gezogen fühlen müssen. In einer Madonna von Bellini oder Andrea del Sarto oder Raffael, in einem der Meisterwerke der Antike liegt nicht weniger Stimmung als in der schönsten Sinfonie — es giebt noch eine ganze Reihe andrer Parallelen; was aber dazu kommt und die bildende Kunst über ihre Schwestern erhebt, das ist die beruhigende, sättigende Wirkung der vollen und festen Form, es ist, daß uns hier der Mensch selbst entgegentritt — und in ihm das Göttliche, das wir uns nicht anders vorstellen können, und das sich uns hier vollendeter und greifbarer offenbart als in Worten oder Tönen. Ich meine also vor allem die Darstellung der menschlichen Gestalt, denn z. B. die Landschaftsmalerei, die neben der Musik eine so große Macht "uf dem Gebiete unsrer modernen Kunstpflege geworden ist, hat ähnliche Grundlage» für ihre Wirkungen wie die Musik. Aber wenn der Hauch des Göttlichen nnr unbestimmt dnrch die Natur weht, nur ein Ahnen es dort erfaßt, wie sich in der Musik nur ein Sehnen auszudrücken vermag — in dem Menschen selbst tritt es uns ^ar und überwältigend entgegen. Was kein Ton, kein Wort vermag, der Ausdruck eines Gesichts, ein Zug darin, das Aufleuchten oder das sich Verschleiern des Auges, ^Ne Bewegung, eine Geste können mir die ganze Seele eines Menschen verraten; "ut das ist der Gegenstand der bildenden Kunst. Sie zeigt den Menschen und den Gott in ihm. Sie kann es wenigstens. Denn um wieder zu dem zurückzukehren, wovon ich "^geschweift bin: Ich meine, wir haben uns ans allen Kunstgebieten sachte, Schritt für Schritt von dem Klassischen entfernt, das idealere Zeiten erreicht hatten. Die Künste ^oft sind aus ihrem Heiligtum und aus dem Kreis der begeisterten Gemeinde heraus¬ getreten und in die große Ebene der Durchschnittsbildung hinnntergestiegen, und sie ynben ihre Würde und ihre Hoheit preisgegeben, weil sie der Flachheit gefallen 'vollen, den modernen Anschauungen zu dienen bestrebt sind. Das ganze Knnsttreibeu ist nervös, effekthaschend und neuerungssüchtig geworden. Wie die Komponisten nach einem großen, Raffinement im Äußern streben, so suchen die Dirigenten aus den klassischen ^"»werken heranszuquälen, was gar nicht darin steckt, und hineinzupressen, was ^)»en ganz fremd ist. Ich muß manchmal lachen, wenn ich die Kapellmeister mit com Armen vor dem Orchester arbeiten sehe und dann an Rietz denke, wie er se nur das Tempo angab und dann den Taktstock ruhig auf das Pult und die ^ante auf den Rücken legte, das wundervolle Orchester — es ist noch eben so ortrefflichi — sich selbst überließ und sich zu dem Publikum umdrehte und be¬ achtete, wie es diesem gefiel. Wenn er dann mich Jungen sitzen sah, blies er die Ver^" ""^ ^ mir eine gräßliche Grimasse, sodaß ich in die tödlichste ,^üben kam. Denn natürlich sahen dann die Damen ringsum auch ans mich"Ub lächelten. an .^^«s hatte ich vorhin, als Sie mich aus meinen Gedanken aufscheuchten, «was andres gedacht, was aber mich hierher gehört. Für mich ist immer wie das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/423>, abgerufen am 01.07.2024.