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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Frankreichs Bevölkerung und Heeresersatz

jährigem Dienste eingestellt, ') Sie trafen vom 14, bis 16, November 1898
bei ihren Truppenteilen ein.

Sieht man das letzte, im Jahre 1899 eingestellte Rekrutenkontingent
(Klasse 1898) näher an, so ergiebt sich das Nachstehende. Von den, wie eben
erwähnt worden ist, in die Aushebungslisten eingetragnen rund 310000 Mann
sind in die aktive Armee zu dreijähriger oder zweijähriger Dienstleistung ein¬
gestellt worden:

bei der Infanterie , , , , 91162 Mann
" " Kavallerie , , , . 18359
" " Fußartillerie . . , 3832 "
" " Feldartillerio , , , 15446 "
" dem Genie...... 3753 "
" " Train...... 2040 "
als Handwerker..... 2SSO "
" Sanitätssoldaten , , , 1224
13836t. Mann
Hierzu kommen , , , , , 68281 " zu einjähriger Dienst-
206 647 Mann leistung Dispensierte

Diese Zahl wird sich, nach französischen Angaben, durch Todesfälle, Entlassungen,
Nichteintreten usw. auf etwa 202000 Mann ermäßigen, was gegen das Vor¬
jahr einen Ausfall von rund 28000 Rekruten bedeutet. Daß man unter solchen
Umständen immer von neuem die Frage aufwirft, in welcher Weise es möglich
sein könnte, die Natalität im allgemeinen und, wenn möglich, die Zahl der
männlichen Geburten im besondern zu erhöhen, erscheint sehr begreiflich. Schon
vor Jahre" beschäftigte man sich in der französischen Kammer in eingehender
Weise mit dieser Angelegenheit. Man schlug damals unter anderm die Reduktion
der aktiven Dienstzeit auf nur ein Jahr vor für den Sohn einer Familie mit
mindestens fünf Kindern und für die jungen Leute, die bei ihrem Eintritt in
die Armee schon verheiratet sind. Von andrer Seite wurde eine Steuer¬
erleichterung für die kinderreichen Familien und eine Steuerbelastung für die
Junggesellen und die kinderarmer oder die kinderlosen Familien empfohlen. Diese
verschiednen Vorschlüge haben sich ausnahmelos als undurchführbar oder un¬
zweckmäßig erwiesen, um so mehr, als die vielen Dispensationen von der ge¬
setzlichen dreijährigen aktiven Dienstpflicht an und für sich schon einen schweren
Übelstand bedeuten, und als von diesen Befreiungen, zum Teil wenigstens,
schon jetzt die Familien mit mehreren Söhnen einen Gewinn ziehen.

Neuerdings sind nun wieder zwei Vorschläge aufgetaucht, die wir kurz
wiedergeben möchten, obgleich sie uns als ganz undurchführbar erscheinen. Im
LxsetÄtöur inilitglrs (Novemberausgabc) schlug nämlich Oberst Odicr vor, daß
sich die Dauer der militärischen Dienstzeit richten solle nach der Zahl der
Söhne, die eine Familie habe. Er begründet diesen Vorschlag damit, daß die
Dienstleistung -- abgesehen von den vielen Dispensationen -- zwar gleich
mäßig sei für den Einzelnen, nicht aber für die Familie. So habe zum Bei-



') Woher der Überschuß von acht Mann kommt, ist aus den uns vorliegenden Unterlagen
nicht zu sehen.
Frankreichs Bevölkerung und Heeresersatz

jährigem Dienste eingestellt, ') Sie trafen vom 14, bis 16, November 1898
bei ihren Truppenteilen ein.

Sieht man das letzte, im Jahre 1899 eingestellte Rekrutenkontingent
(Klasse 1898) näher an, so ergiebt sich das Nachstehende. Von den, wie eben
erwähnt worden ist, in die Aushebungslisten eingetragnen rund 310000 Mann
sind in die aktive Armee zu dreijähriger oder zweijähriger Dienstleistung ein¬
gestellt worden:

bei der Infanterie , , , , 91162 Mann
„ „ Kavallerie , , , . 18359
„ „ Fußartillerie . . , 3832 „
„ „ Feldartillerio , , , 15446 „
„ dem Genie...... 3753 „
„ „ Train...... 2040 „
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„ Sanitätssoldaten , , , 1224
13836t. Mann
Hierzu kommen , , , , , 68281 „ zu einjähriger Dienst-
206 647 Mann leistung Dispensierte

Diese Zahl wird sich, nach französischen Angaben, durch Todesfälle, Entlassungen,
Nichteintreten usw. auf etwa 202000 Mann ermäßigen, was gegen das Vor¬
jahr einen Ausfall von rund 28000 Rekruten bedeutet. Daß man unter solchen
Umständen immer von neuem die Frage aufwirft, in welcher Weise es möglich
sein könnte, die Natalität im allgemeinen und, wenn möglich, die Zahl der
männlichen Geburten im besondern zu erhöhen, erscheint sehr begreiflich. Schon
vor Jahre» beschäftigte man sich in der französischen Kammer in eingehender
Weise mit dieser Angelegenheit. Man schlug damals unter anderm die Reduktion
der aktiven Dienstzeit auf nur ein Jahr vor für den Sohn einer Familie mit
mindestens fünf Kindern und für die jungen Leute, die bei ihrem Eintritt in
die Armee schon verheiratet sind. Von andrer Seite wurde eine Steuer¬
erleichterung für die kinderreichen Familien und eine Steuerbelastung für die
Junggesellen und die kinderarmer oder die kinderlosen Familien empfohlen. Diese
verschiednen Vorschlüge haben sich ausnahmelos als undurchführbar oder un¬
zweckmäßig erwiesen, um so mehr, als die vielen Dispensationen von der ge¬
setzlichen dreijährigen aktiven Dienstpflicht an und für sich schon einen schweren
Übelstand bedeuten, und als von diesen Befreiungen, zum Teil wenigstens,
schon jetzt die Familien mit mehreren Söhnen einen Gewinn ziehen.

Neuerdings sind nun wieder zwei Vorschläge aufgetaucht, die wir kurz
wiedergeben möchten, obgleich sie uns als ganz undurchführbar erscheinen. Im
LxsetÄtöur inilitglrs (Novemberausgabc) schlug nämlich Oberst Odicr vor, daß
sich die Dauer der militärischen Dienstzeit richten solle nach der Zahl der
Söhne, die eine Familie habe. Er begründet diesen Vorschlag damit, daß die
Dienstleistung — abgesehen von den vielen Dispensationen — zwar gleich
mäßig sei für den Einzelnen, nicht aber für die Familie. So habe zum Bei-



') Woher der Überschuß von acht Mann kommt, ist aus den uns vorliegenden Unterlagen
nicht zu sehen.
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[0386] Frankreichs Bevölkerung und Heeresersatz jährigem Dienste eingestellt, ') Sie trafen vom 14, bis 16, November 1898 bei ihren Truppenteilen ein. Sieht man das letzte, im Jahre 1899 eingestellte Rekrutenkontingent (Klasse 1898) näher an, so ergiebt sich das Nachstehende. Von den, wie eben erwähnt worden ist, in die Aushebungslisten eingetragnen rund 310000 Mann sind in die aktive Armee zu dreijähriger oder zweijähriger Dienstleistung ein¬ gestellt worden: bei der Infanterie , , , , 91162 Mann „ „ Kavallerie , , , . 18359 „ „ Fußartillerie . . , 3832 „ „ „ Feldartillerio , , , 15446 „ „ dem Genie...... 3753 „ „ „ Train...... 2040 „ als Handwerker..... 2SSO „ „ Sanitätssoldaten , , , 1224 13836t. Mann Hierzu kommen , , , , , 68281 „ zu einjähriger Dienst- 206 647 Mann leistung Dispensierte Diese Zahl wird sich, nach französischen Angaben, durch Todesfälle, Entlassungen, Nichteintreten usw. auf etwa 202000 Mann ermäßigen, was gegen das Vor¬ jahr einen Ausfall von rund 28000 Rekruten bedeutet. Daß man unter solchen Umständen immer von neuem die Frage aufwirft, in welcher Weise es möglich sein könnte, die Natalität im allgemeinen und, wenn möglich, die Zahl der männlichen Geburten im besondern zu erhöhen, erscheint sehr begreiflich. Schon vor Jahre» beschäftigte man sich in der französischen Kammer in eingehender Weise mit dieser Angelegenheit. Man schlug damals unter anderm die Reduktion der aktiven Dienstzeit auf nur ein Jahr vor für den Sohn einer Familie mit mindestens fünf Kindern und für die jungen Leute, die bei ihrem Eintritt in die Armee schon verheiratet sind. Von andrer Seite wurde eine Steuer¬ erleichterung für die kinderreichen Familien und eine Steuerbelastung für die Junggesellen und die kinderarmer oder die kinderlosen Familien empfohlen. Diese verschiednen Vorschlüge haben sich ausnahmelos als undurchführbar oder un¬ zweckmäßig erwiesen, um so mehr, als die vielen Dispensationen von der ge¬ setzlichen dreijährigen aktiven Dienstpflicht an und für sich schon einen schweren Übelstand bedeuten, und als von diesen Befreiungen, zum Teil wenigstens, schon jetzt die Familien mit mehreren Söhnen einen Gewinn ziehen. Neuerdings sind nun wieder zwei Vorschläge aufgetaucht, die wir kurz wiedergeben möchten, obgleich sie uns als ganz undurchführbar erscheinen. Im LxsetÄtöur inilitglrs (Novemberausgabc) schlug nämlich Oberst Odicr vor, daß sich die Dauer der militärischen Dienstzeit richten solle nach der Zahl der Söhne, die eine Familie habe. Er begründet diesen Vorschlag damit, daß die Dienstleistung — abgesehen von den vielen Dispensationen — zwar gleich mäßig sei für den Einzelnen, nicht aber für die Familie. So habe zum Bei- ') Woher der Überschuß von acht Mann kommt, ist aus den uns vorliegenden Unterlagen nicht zu sehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/386>, abgerufen am 03.07.2024.