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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Gin Wort über die preußischen Generalkonimissionen

Obliegenheit der Regierung ist, liegt auf der Hand. Auf der einen Seite, der
Ausbreitung der Staatssprache jeden erdenklichen Vorschub zu leisten und
deren die Regel bildenden Gebrauch im öffentlichen Leben zu sichern, auf der
andern Seite in jeder Weise dafür Sorge zu tragen, daß den Bewohnern
Böhmens, die mit der Staatssprache nicht vertraut sind, hieraus so wenig wie
möglich Unbequemlichkeit oder Nachteil entstehe. Daß die Staatssprache für
Österreich die deutsche ist, hat auf unsre Beurteilung der Frage keinen Einfluß:
wir würden genau dasselbe zu sagen haben, wenn es sich "in die spanische
oder die italienische Sprache als Staatssprache handelte.

(Schluß folgt)




Ein Wort über die preußischen Generalkommissionen

och vor wenig Jahren waren die Gcneralkommissioncn eine dem
Laien völlig unbekannte Behörde. Ich erinnere mich mit Ver¬
gnügen , wie sehr ich als Einjührig-FreiNülliger in der Achtung
meines Hauptmanns stieg, als ich ihm erklärte, ich wäre bei der
Gencrnlkommission angestellt: er muß sie wohl für etwas höheres
Militärisches gehalten habe". Heute weiß zwar jeder, daß die Behörde mit
dem militärischen Titel eine landwirtschaftliche ist, aber ihre Zusammensetzung
Und ihr Geschäftsgang sind so wenig bekannt, daß die immer und immer wieder
M Parlament und in der Presse vorgebrachten Klagen über ihre Thätigkeit
das Grundübel selten zu treffen vermögen.

Die Generalkonnnissionen sind im Anfang dieses Jahrhunderts gegründet
worden, um die Stein-Hardcnbergische Agrarreform nach dem Landeskultur-
>Md Regulierungsedikt vom 14. September 1811 durchzuführen. Sie sollten
dein unfreien und zu vielfachen Hand- und Spanndiensten verpflichteten Bauern
unter Entschädigung der Gntsherrschnft zu vollem Eigentum an seinem Hofe
verhelfen, sie sollten die zahlreiche!?, ans den ländlichen Grundstücken ruhenden
kulturschädlichen Naturalleistungen und Dienstbnrkeiteu ablösen, knltnrhindcrnde
servitutem beseitigen und gemeinschaftlich benutzte Grundstücke anstellen, soweit
dadurch die Landeskultur gefördert würde. Kurz, die Gencraltommissionen
waren berufen, die sich ans der Feudalherrschaft und Naturalwirtschaft er¬
gebenden tiefgreifenden Übelstände zu beseitigen und die gesamte Landwirtschaft
auf moderne Rechtsgrundlagen zu stellen.

Als eine mir vorübergehend bestehende Behörde gedacht, erhielten sie eine
ganz oberflächliche Organisation. I" jedem Landesteile war ein Kollegium
als Zentrale, draußen an Ort und Stelle wirkten einzelne Kommissare. Um


Gin Wort über die preußischen Generalkonimissionen

Obliegenheit der Regierung ist, liegt auf der Hand. Auf der einen Seite, der
Ausbreitung der Staatssprache jeden erdenklichen Vorschub zu leisten und
deren die Regel bildenden Gebrauch im öffentlichen Leben zu sichern, auf der
andern Seite in jeder Weise dafür Sorge zu tragen, daß den Bewohnern
Böhmens, die mit der Staatssprache nicht vertraut sind, hieraus so wenig wie
möglich Unbequemlichkeit oder Nachteil entstehe. Daß die Staatssprache für
Österreich die deutsche ist, hat auf unsre Beurteilung der Frage keinen Einfluß:
wir würden genau dasselbe zu sagen haben, wenn es sich »in die spanische
oder die italienische Sprache als Staatssprache handelte.

(Schluß folgt)




Ein Wort über die preußischen Generalkommissionen

och vor wenig Jahren waren die Gcneralkommissioncn eine dem
Laien völlig unbekannte Behörde. Ich erinnere mich mit Ver¬
gnügen , wie sehr ich als Einjührig-FreiNülliger in der Achtung
meines Hauptmanns stieg, als ich ihm erklärte, ich wäre bei der
Gencrnlkommission angestellt: er muß sie wohl für etwas höheres
Militärisches gehalten habe». Heute weiß zwar jeder, daß die Behörde mit
dem militärischen Titel eine landwirtschaftliche ist, aber ihre Zusammensetzung
Und ihr Geschäftsgang sind so wenig bekannt, daß die immer und immer wieder
M Parlament und in der Presse vorgebrachten Klagen über ihre Thätigkeit
das Grundübel selten zu treffen vermögen.

Die Generalkonnnissionen sind im Anfang dieses Jahrhunderts gegründet
worden, um die Stein-Hardcnbergische Agrarreform nach dem Landeskultur-
>Md Regulierungsedikt vom 14. September 1811 durchzuführen. Sie sollten
dein unfreien und zu vielfachen Hand- und Spanndiensten verpflichteten Bauern
unter Entschädigung der Gntsherrschnft zu vollem Eigentum an seinem Hofe
verhelfen, sie sollten die zahlreiche!?, ans den ländlichen Grundstücken ruhenden
kulturschädlichen Naturalleistungen und Dienstbnrkeiteu ablösen, knltnrhindcrnde
servitutem beseitigen und gemeinschaftlich benutzte Grundstücke anstellen, soweit
dadurch die Landeskultur gefördert würde. Kurz, die Gencraltommissionen
waren berufen, die sich ans der Feudalherrschaft und Naturalwirtschaft er¬
gebenden tiefgreifenden Übelstände zu beseitigen und die gesamte Landwirtschaft
auf moderne Rechtsgrundlagen zu stellen.

Als eine mir vorübergehend bestehende Behörde gedacht, erhielten sie eine
ganz oberflächliche Organisation. I» jedem Landesteile war ein Kollegium
als Zentrale, draußen an Ort und Stelle wirkten einzelne Kommissare. Um


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/227>, abgerufen am 02.07.2024.