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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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An der Schwelle des (Orients

entlang der Morawn anmarschierenden Truppen die ungehinderte Überschreitung
der Donau, zu gewährleisten. Nach der Abfahrt von Kubin sehen wir auf der
serbischen Seite landeinwärts die Türme von Poscharewatz, auf dessen kleines
schon unterhalb der Morawamündung liegendes Hafenörtchen, Duboviza, wir
zusteuerten. Poscharewatz, berühmt durch den Passarowitzer Frieden vom 21. Juli
1718, wonach wenigstens für zwanzig Jahre, dank Prinz Eugen, Österreich
über das halbe heutige Serbien herrschte, soll sonst gar nichts Anziehendes
haben, sodaß man nicht mit Bedanern, wie bei Semendria, bald wieder von
seiner ärmlichen Landesteile Abschied nahm,, freilich ohne bei der Weiterfahrt
an der langgestreckten, niedern schmalen Ostrowoinscl, die die Donau vom Aus¬
flusse der Morawa bis gegen Altpalanka in der Nähe von Bazias teilt, als¬
bald entschädigt zu werden.

Mittlerweile war es -^9 Uhr geworden, und die Sonne brannte schon
ziemlich kräftig auf das Verdeck. Dn ich wußte, daß die nächsten anderthalb
Stunden der um wenigsten dankbare Teil der sonst so schönen Tagcsfahrt
waren, so nahm ich zunächst einen kleinen Imbiß ein -- der nnr leider, wie das
spätere Mittagessen, keine Probe der bei verhältnismüßiger Billigkeit um ihrer
Güte willen sprichwörtlichen Küche der Dvnaudampfschiffe war -- und erledigte
dann einige Brief- und Postsachen, um sie in Bazias der uach Temesvar
führenden Bahn anzuvertrauen. Erst geht es hier nordostwärts zwischen dem
ungarischen Ufer und der langgestreckten Ostrowoinscl hin, die den Einfluß der
kleinen Mlava verdeckt, an deren Mündung nahe von dem Dörfchen Kostolnz
das ehemalige Viminaeium liegt. Hier war es, wo bei der Hauptstadt von
Moslem drei' alte Römerstraßen zusammenliefen: die von Osten von Nikopvli
herkommende, die von Süden mit Byzanz verbindende und die, die bei Alt¬
palanka östlich der Ostrowoinsel die Donau überschritt, und auf der mindestens
ein Teil von Trajans Heer ins Dacierland eindrang. Ruinen und Mauer¬
werk finden sich hier noch überall sowohl bei Koftolaz als am Einfluß des
goldführenden Pet in die Donau, bei Gradischtc, wo die alte Römerstraße
nach Überschreitung eines Höhenrückens, der hier die Donan nach Norden aus-
zubiegen zwingt, den Strom wieder erreicht; die interessantesten aber sind die
Brückenköpfe bei Altpalanka, das denn auch in allen Türkenkricgen nach der
zweiten Belagerung vou Wien eine wichtige Rolle spielte, lind namentlich die
Trümmer des ihm am Südufer entsprechenden, auf jenem Höhenrücken gelegnen
Rama. Leider habe ich nnr den Anblick des mittelalterlichen Serbenschlosses
über der Arbeit entgehn lassen, das sich hier auf römischen Grundmauern erhebt
"ut mit seinen flammengeschwärzten Mauern von der Zrinyschen Großthat des
Grafen Lopresti erzählt, der sich hier mit einer kleinen Schar 1788 gegen eine
große Übermacht aufs tapferste verteidigte und sich unter Ablehnung der Über¬
gabe endlich unter deu Trümmern der brennenden Feste begrub.

(Fortsetzung folgt)




An der Schwelle des (Orients

entlang der Morawn anmarschierenden Truppen die ungehinderte Überschreitung
der Donau, zu gewährleisten. Nach der Abfahrt von Kubin sehen wir auf der
serbischen Seite landeinwärts die Türme von Poscharewatz, auf dessen kleines
schon unterhalb der Morawamündung liegendes Hafenörtchen, Duboviza, wir
zusteuerten. Poscharewatz, berühmt durch den Passarowitzer Frieden vom 21. Juli
1718, wonach wenigstens für zwanzig Jahre, dank Prinz Eugen, Österreich
über das halbe heutige Serbien herrschte, soll sonst gar nichts Anziehendes
haben, sodaß man nicht mit Bedanern, wie bei Semendria, bald wieder von
seiner ärmlichen Landesteile Abschied nahm,, freilich ohne bei der Weiterfahrt
an der langgestreckten, niedern schmalen Ostrowoinscl, die die Donau vom Aus¬
flusse der Morawa bis gegen Altpalanka in der Nähe von Bazias teilt, als¬
bald entschädigt zu werden.

Mittlerweile war es -^9 Uhr geworden, und die Sonne brannte schon
ziemlich kräftig auf das Verdeck. Dn ich wußte, daß die nächsten anderthalb
Stunden der um wenigsten dankbare Teil der sonst so schönen Tagcsfahrt
waren, so nahm ich zunächst einen kleinen Imbiß ein — der nnr leider, wie das
spätere Mittagessen, keine Probe der bei verhältnismüßiger Billigkeit um ihrer
Güte willen sprichwörtlichen Küche der Dvnaudampfschiffe war — und erledigte
dann einige Brief- und Postsachen, um sie in Bazias der uach Temesvar
führenden Bahn anzuvertrauen. Erst geht es hier nordostwärts zwischen dem
ungarischen Ufer und der langgestreckten Ostrowoinscl hin, die den Einfluß der
kleinen Mlava verdeckt, an deren Mündung nahe von dem Dörfchen Kostolnz
das ehemalige Viminaeium liegt. Hier war es, wo bei der Hauptstadt von
Moslem drei' alte Römerstraßen zusammenliefen: die von Osten von Nikopvli
herkommende, die von Süden mit Byzanz verbindende und die, die bei Alt¬
palanka östlich der Ostrowoinsel die Donau überschritt, und auf der mindestens
ein Teil von Trajans Heer ins Dacierland eindrang. Ruinen und Mauer¬
werk finden sich hier noch überall sowohl bei Koftolaz als am Einfluß des
goldführenden Pet in die Donau, bei Gradischtc, wo die alte Römerstraße
nach Überschreitung eines Höhenrückens, der hier die Donan nach Norden aus-
zubiegen zwingt, den Strom wieder erreicht; die interessantesten aber sind die
Brückenköpfe bei Altpalanka, das denn auch in allen Türkenkricgen nach der
zweiten Belagerung vou Wien eine wichtige Rolle spielte, lind namentlich die
Trümmer des ihm am Südufer entsprechenden, auf jenem Höhenrücken gelegnen
Rama. Leider habe ich nnr den Anblick des mittelalterlichen Serbenschlosses
über der Arbeit entgehn lassen, das sich hier auf römischen Grundmauern erhebt
»ut mit seinen flammengeschwärzten Mauern von der Zrinyschen Großthat des
Grafen Lopresti erzählt, der sich hier mit einer kleinen Schar 1788 gegen eine
große Übermacht aufs tapferste verteidigte und sich unter Ablehnung der Über¬
gabe endlich unter deu Trümmern der brennenden Feste begrub.

(Fortsetzung folgt)




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[0197] An der Schwelle des (Orients entlang der Morawn anmarschierenden Truppen die ungehinderte Überschreitung der Donau, zu gewährleisten. Nach der Abfahrt von Kubin sehen wir auf der serbischen Seite landeinwärts die Türme von Poscharewatz, auf dessen kleines schon unterhalb der Morawamündung liegendes Hafenörtchen, Duboviza, wir zusteuerten. Poscharewatz, berühmt durch den Passarowitzer Frieden vom 21. Juli 1718, wonach wenigstens für zwanzig Jahre, dank Prinz Eugen, Österreich über das halbe heutige Serbien herrschte, soll sonst gar nichts Anziehendes haben, sodaß man nicht mit Bedanern, wie bei Semendria, bald wieder von seiner ärmlichen Landesteile Abschied nahm,, freilich ohne bei der Weiterfahrt an der langgestreckten, niedern schmalen Ostrowoinscl, die die Donau vom Aus¬ flusse der Morawa bis gegen Altpalanka in der Nähe von Bazias teilt, als¬ bald entschädigt zu werden. Mittlerweile war es -^9 Uhr geworden, und die Sonne brannte schon ziemlich kräftig auf das Verdeck. Dn ich wußte, daß die nächsten anderthalb Stunden der um wenigsten dankbare Teil der sonst so schönen Tagcsfahrt waren, so nahm ich zunächst einen kleinen Imbiß ein — der nnr leider, wie das spätere Mittagessen, keine Probe der bei verhältnismüßiger Billigkeit um ihrer Güte willen sprichwörtlichen Küche der Dvnaudampfschiffe war — und erledigte dann einige Brief- und Postsachen, um sie in Bazias der uach Temesvar führenden Bahn anzuvertrauen. Erst geht es hier nordostwärts zwischen dem ungarischen Ufer und der langgestreckten Ostrowoinscl hin, die den Einfluß der kleinen Mlava verdeckt, an deren Mündung nahe von dem Dörfchen Kostolnz das ehemalige Viminaeium liegt. Hier war es, wo bei der Hauptstadt von Moslem drei' alte Römerstraßen zusammenliefen: die von Osten von Nikopvli herkommende, die von Süden mit Byzanz verbindende und die, die bei Alt¬ palanka östlich der Ostrowoinsel die Donau überschritt, und auf der mindestens ein Teil von Trajans Heer ins Dacierland eindrang. Ruinen und Mauer¬ werk finden sich hier noch überall sowohl bei Koftolaz als am Einfluß des goldführenden Pet in die Donau, bei Gradischtc, wo die alte Römerstraße nach Überschreitung eines Höhenrückens, der hier die Donan nach Norden aus- zubiegen zwingt, den Strom wieder erreicht; die interessantesten aber sind die Brückenköpfe bei Altpalanka, das denn auch in allen Türkenkricgen nach der zweiten Belagerung vou Wien eine wichtige Rolle spielte, lind namentlich die Trümmer des ihm am Südufer entsprechenden, auf jenem Höhenrücken gelegnen Rama. Leider habe ich nnr den Anblick des mittelalterlichen Serbenschlosses über der Arbeit entgehn lassen, das sich hier auf römischen Grundmauern erhebt »ut mit seinen flammengeschwärzten Mauern von der Zrinyschen Großthat des Grafen Lopresti erzählt, der sich hier mit einer kleinen Schar 1788 gegen eine große Übermacht aufs tapferste verteidigte und sich unter Ablehnung der Über¬ gabe endlich unter deu Trümmern der brennenden Feste begrub. (Fortsetzung folgt)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/197>, abgerufen am 24.07.2024.