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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Nikolaus Lenau und Gustav Schwab

hattest. Die Wnrmlinger Kapelle habe ich deiner Frau als Tübingerin geschickt.
(Sollte Man nicht sagen: Tübingin? denn sie ist ja eigentlich als deine Frau eine
Stuttgarlerin?) Für den Musenalmanach will ich mit vielem Vergnügen beitragen
aus meinem kleinen Geistesvorrat, den dn, Allzugütiger! einen reichen nennst. Das
Gedicht an den Minister ist in der Zeitschrift Merooosmu3 in der Gestalt erschienen,
wie du es hier erhältst. Willst du es so in die Sammlung geben, gut. Wo nicht,
wirf es weg, jedoch nur aus ästhetischen Gründen.

Du willst mein Zueignungsblatt ändern. O nimm Liebe darauf, recht viel
Liebe! Aber nicht als ob Verehrung zu viel wäre, nein, weil es zu wenig ist.
Gerne hätte ich vor der Welt mein Gefühl für dich als Verehrung bezeichnet, die
du wahrlich Verdienst als Mensch und Dichter. Doch dein bescheidner Wille
geschehe.

Grüße mir Pfizer herzlich. Wie sieht es mit seinem Musenalmanach aus?
Da kommst dn ja in eine kleine Kollision? Hast du dein separiertes Arbeitszimmer
schon bezogen? Wie wirst du dich immer auf den Mittwoch freuen und das schöne
Kollegium! Morgen um elf Uhr will ich an euch denken. Es ist so angenehm,
zu wissen, was geliebte Menschen in der Ferne zu einer gewissen Stunde thun.

Meine Gedichte müssen mindestens fünfzehn Bogen geben; ich habe das aus¬
gerechnet. Cotta muß es nach meiner Paginierung beurteilt haben, nach welcher
nicht jede Seite gezählt ist. Die Freundschaft stärke dich im sauern Geschäfte des
Korrigierens.

Grüße mir auch alle andern, die meiner gedenken. Lebe Wohl, geliebter
Freund.


Niembsch. Ewig dein

Ein nicht minder schönes Zeugnis des Seelenbundes Lenaus und Schwabs
enthält der folgende, ebenfalls aus den Familienpapieren des schwäbischen
Hauses stammende Brief Leuaus an seinen Freund:

Heidelberg, den 16. Februar 1832.

Du hast mir überhaupt die poetische Konfirmation gegeben, und ich werde
deine segnende Hand in jedem spätern Gedichte spüren. Dieses Verhältnis zu dir,
mein geliebter Freund, kann nichts auf Erden stören, und sollten wir dereinst, was
die Götter verhüten mögen, wegen irgend einer ungeheuern Irrung zerfallen -- ans
der seligen Insel der Poesie würden wir uns doch begegnen und manuum, wie
die Krieger Ossians oft am Vorabend der Todesschlacht, ihre Feindschaft vergessend,
zusnmmensaßen und tranken beim Gesang ihrer Barden. Doch wir wollen im Leben
wie im Gedichte treu zusammenstehn, das Leben ist ja so kurz, und der Tod wird
unsre Gebeine weit auseinanderstreuen, und unsre Seelen sich schwerlich wieder¬
finden.

Lebe wohl, mein lieber Freund, und Pflege mir deine Liebe in deinem
Herzen.

Dein lieber Ludwig gedeiht so erfreulich für uus alle. Wenn ich ihn nnr
manchmal auf eine Stunde da hätte. Gott segne ihn und euch alle!


Niembsch. Dein

Lenaus unglückliche Liebe zu Lotte Gmelin hatte die Spannung seiner
Seele in erschreckender Weise erhöht, und als er die innere Hoffnungslosigkeit


Nikolaus Lenau und Gustav Schwab

hattest. Die Wnrmlinger Kapelle habe ich deiner Frau als Tübingerin geschickt.
(Sollte Man nicht sagen: Tübingin? denn sie ist ja eigentlich als deine Frau eine
Stuttgarlerin?) Für den Musenalmanach will ich mit vielem Vergnügen beitragen
aus meinem kleinen Geistesvorrat, den dn, Allzugütiger! einen reichen nennst. Das
Gedicht an den Minister ist in der Zeitschrift Merooosmu3 in der Gestalt erschienen,
wie du es hier erhältst. Willst du es so in die Sammlung geben, gut. Wo nicht,
wirf es weg, jedoch nur aus ästhetischen Gründen.

Du willst mein Zueignungsblatt ändern. O nimm Liebe darauf, recht viel
Liebe! Aber nicht als ob Verehrung zu viel wäre, nein, weil es zu wenig ist.
Gerne hätte ich vor der Welt mein Gefühl für dich als Verehrung bezeichnet, die
du wahrlich Verdienst als Mensch und Dichter. Doch dein bescheidner Wille
geschehe.

Grüße mir Pfizer herzlich. Wie sieht es mit seinem Musenalmanach aus?
Da kommst dn ja in eine kleine Kollision? Hast du dein separiertes Arbeitszimmer
schon bezogen? Wie wirst du dich immer auf den Mittwoch freuen und das schöne
Kollegium! Morgen um elf Uhr will ich an euch denken. Es ist so angenehm,
zu wissen, was geliebte Menschen in der Ferne zu einer gewissen Stunde thun.

Meine Gedichte müssen mindestens fünfzehn Bogen geben; ich habe das aus¬
gerechnet. Cotta muß es nach meiner Paginierung beurteilt haben, nach welcher
nicht jede Seite gezählt ist. Die Freundschaft stärke dich im sauern Geschäfte des
Korrigierens.

Grüße mir auch alle andern, die meiner gedenken. Lebe Wohl, geliebter
Freund.


Niembsch. Ewig dein

Ein nicht minder schönes Zeugnis des Seelenbundes Lenaus und Schwabs
enthält der folgende, ebenfalls aus den Familienpapieren des schwäbischen
Hauses stammende Brief Leuaus an seinen Freund:

Heidelberg, den 16. Februar 1832.

Du hast mir überhaupt die poetische Konfirmation gegeben, und ich werde
deine segnende Hand in jedem spätern Gedichte spüren. Dieses Verhältnis zu dir,
mein geliebter Freund, kann nichts auf Erden stören, und sollten wir dereinst, was
die Götter verhüten mögen, wegen irgend einer ungeheuern Irrung zerfallen — ans
der seligen Insel der Poesie würden wir uns doch begegnen und manuum, wie
die Krieger Ossians oft am Vorabend der Todesschlacht, ihre Feindschaft vergessend,
zusnmmensaßen und tranken beim Gesang ihrer Barden. Doch wir wollen im Leben
wie im Gedichte treu zusammenstehn, das Leben ist ja so kurz, und der Tod wird
unsre Gebeine weit auseinanderstreuen, und unsre Seelen sich schwerlich wieder¬
finden.

Lebe wohl, mein lieber Freund, und Pflege mir deine Liebe in deinem
Herzen.

Dein lieber Ludwig gedeiht so erfreulich für uus alle. Wenn ich ihn nnr
manchmal auf eine Stunde da hätte. Gott segne ihn und euch alle!


Niembsch. Dein

Lenaus unglückliche Liebe zu Lotte Gmelin hatte die Spannung seiner
Seele in erschreckender Weise erhöht, und als er die innere Hoffnungslosigkeit


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[0562] Nikolaus Lenau und Gustav Schwab hattest. Die Wnrmlinger Kapelle habe ich deiner Frau als Tübingerin geschickt. (Sollte Man nicht sagen: Tübingin? denn sie ist ja eigentlich als deine Frau eine Stuttgarlerin?) Für den Musenalmanach will ich mit vielem Vergnügen beitragen aus meinem kleinen Geistesvorrat, den dn, Allzugütiger! einen reichen nennst. Das Gedicht an den Minister ist in der Zeitschrift Merooosmu3 in der Gestalt erschienen, wie du es hier erhältst. Willst du es so in die Sammlung geben, gut. Wo nicht, wirf es weg, jedoch nur aus ästhetischen Gründen. Du willst mein Zueignungsblatt ändern. O nimm Liebe darauf, recht viel Liebe! Aber nicht als ob Verehrung zu viel wäre, nein, weil es zu wenig ist. Gerne hätte ich vor der Welt mein Gefühl für dich als Verehrung bezeichnet, die du wahrlich Verdienst als Mensch und Dichter. Doch dein bescheidner Wille geschehe. Grüße mir Pfizer herzlich. Wie sieht es mit seinem Musenalmanach aus? Da kommst dn ja in eine kleine Kollision? Hast du dein separiertes Arbeitszimmer schon bezogen? Wie wirst du dich immer auf den Mittwoch freuen und das schöne Kollegium! Morgen um elf Uhr will ich an euch denken. Es ist so angenehm, zu wissen, was geliebte Menschen in der Ferne zu einer gewissen Stunde thun. Meine Gedichte müssen mindestens fünfzehn Bogen geben; ich habe das aus¬ gerechnet. Cotta muß es nach meiner Paginierung beurteilt haben, nach welcher nicht jede Seite gezählt ist. Die Freundschaft stärke dich im sauern Geschäfte des Korrigierens. Grüße mir auch alle andern, die meiner gedenken. Lebe Wohl, geliebter Freund. Niembsch. Ewig dein Ein nicht minder schönes Zeugnis des Seelenbundes Lenaus und Schwabs enthält der folgende, ebenfalls aus den Familienpapieren des schwäbischen Hauses stammende Brief Leuaus an seinen Freund: Heidelberg, den 16. Februar 1832. Du hast mir überhaupt die poetische Konfirmation gegeben, und ich werde deine segnende Hand in jedem spätern Gedichte spüren. Dieses Verhältnis zu dir, mein geliebter Freund, kann nichts auf Erden stören, und sollten wir dereinst, was die Götter verhüten mögen, wegen irgend einer ungeheuern Irrung zerfallen — ans der seligen Insel der Poesie würden wir uns doch begegnen und manuum, wie die Krieger Ossians oft am Vorabend der Todesschlacht, ihre Feindschaft vergessend, zusnmmensaßen und tranken beim Gesang ihrer Barden. Doch wir wollen im Leben wie im Gedichte treu zusammenstehn, das Leben ist ja so kurz, und der Tod wird unsre Gebeine weit auseinanderstreuen, und unsre Seelen sich schwerlich wieder¬ finden. Lebe wohl, mein lieber Freund, und Pflege mir deine Liebe in deinem Herzen. Dein lieber Ludwig gedeiht so erfreulich für uus alle. Wenn ich ihn nnr manchmal auf eine Stunde da hätte. Gott segne ihn und euch alle! Niembsch. Dein Lenaus unglückliche Liebe zu Lotte Gmelin hatte die Spannung seiner Seele in erschreckender Weise erhöht, und als er die innere Hoffnungslosigkeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/562>, abgerufen am 15.01.2025.