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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Gkkultisums "ut Buddhismus

Körper, Lebenskraft, Astralleib, Tierseele. Menschenseele, Geistseele, Geist. Hat
sich in einem Menschen der sechste Grundteil, die Geistseele, zu einer gewissen
Selbständigkeit entwickelt, so geht dieser Teil samt dem fünften nach dem Tode
in einen Zustand über, der Devachan heißt. Es ist das ein rein geistiger
Zustand, worin sich die geistige Persönlichkeit des Verstorbnen vollendet.
Dieser Zustand kann Traum genannt werden, sofern die Personen, deren Vor¬
stellung die Seele dahin mitnimmt, dort nicht körperlich weilen, Wirklich¬
keit aber, sofern sie für den Seligen dort wirklich vorhanden sind. Von dem,
was auf Erden vorgeht, hat die Seele im Devachan keine Kenntnis. Wenn
ein Eingeweihter mit diesen Seligen verkehrt, so unterliegt er einer Täuschung;
er bildet sich ein, daß ihm eine jener Seelen erscheine, während er umgekehrt
einen Blick ins Devachan gethan hat. Überwiegt in einem Menschen beim
Sterben die Tierseele, so heißt der Zustand seiner Seele nach dem Tode
Avitchi; es ist dies ein Zustand ungestillter Wünsche. In diesem Zustande
macht die Seele einen Läuterungs- und Vergeistigungsprozeß durch, der sie
bis zum Übergange ins Devachan reifen kann. Verkehrt sie, von ihrer Be¬
gierde gezogen, mit irdischen Menschen, indem sie ihnen erscheint, so hemmt
oder vereitelt das ihren Läuteruugsprozeß. Wird die Seele durch Mord oder
einen andern Unglücksfall oder Selbstmord gewaltsam vom Leibe losgerissen,
so geht es ihr wie dem Kern einer unreifen Frucht, der herausgerissen wird,
anstatt sich nach vollendeter Reife von selbst reinlich herauszuschälen: viel
Fleisch bleibt an ihm hängen; dnrch die Begierde nach dem Erdendasein werden
solche ungereiften Seelen zum allergröbsten Verkehr mit den lebenden Menschen,
z. B. als Jncubi und Succubi, befähigt; die meisten Gespenster sind jedoch
bloße Schemen, seelew und bewußtlose Reste, Abfallstoffe eines Entwicklungs¬
prozesses. In Tierleiber kehren die Seelen aus Devachan und Avitchi nicht
zurück, wohl aber in Menschenleiber. In was für einem Leibe und unter
welchen Umständen eine Seele wiedergeboren wird, das hängt von dem Karna
ihres vorigen Lebens ab. Karna ist die Gesamtheit der guten und bösen
Neigungen, die sich während eines Erdenlebens entwickeln. Für das Aufsteigen
nach Avitchi und Devachan ist nicht die Moralität, sondern das Maß der
Geistigkeit entscheidend, die der Verstorbne entwickelt hat; Kinderseelen, die
zwar keine bösen Begierden, aber auch keinen Geist entwickelt haben, werden
sofort in andern Kindern wiedergeboren. Andrerseits schützt ein hohes Maß
von Geist nicht vor einer schlimmen Wiedergeburt. Von Baco, der mit der
edelsten und höchsten geistigen Thätigkeit die niedrigste Begierde, schmutzige
Habsucht, verbunden hat, meint Sinnett, in Devachan würden seine großen
Pläne sittlicher Verbesserung und sein Trachten nach der Erforschung der
letzten Ursachen volle Befriedigung finden, dann aber werde er als schmutziger
Wucherer wiedergeboren werden- Im Entwicklungskreislauf eines Planeten¬
systems erlebt der Einzelgeist nahe an 800 Verkörperungen, und zwischen je


Gkkultisums »ut Buddhismus

Körper, Lebenskraft, Astralleib, Tierseele. Menschenseele, Geistseele, Geist. Hat
sich in einem Menschen der sechste Grundteil, die Geistseele, zu einer gewissen
Selbständigkeit entwickelt, so geht dieser Teil samt dem fünften nach dem Tode
in einen Zustand über, der Devachan heißt. Es ist das ein rein geistiger
Zustand, worin sich die geistige Persönlichkeit des Verstorbnen vollendet.
Dieser Zustand kann Traum genannt werden, sofern die Personen, deren Vor¬
stellung die Seele dahin mitnimmt, dort nicht körperlich weilen, Wirklich¬
keit aber, sofern sie für den Seligen dort wirklich vorhanden sind. Von dem,
was auf Erden vorgeht, hat die Seele im Devachan keine Kenntnis. Wenn
ein Eingeweihter mit diesen Seligen verkehrt, so unterliegt er einer Täuschung;
er bildet sich ein, daß ihm eine jener Seelen erscheine, während er umgekehrt
einen Blick ins Devachan gethan hat. Überwiegt in einem Menschen beim
Sterben die Tierseele, so heißt der Zustand seiner Seele nach dem Tode
Avitchi; es ist dies ein Zustand ungestillter Wünsche. In diesem Zustande
macht die Seele einen Läuterungs- und Vergeistigungsprozeß durch, der sie
bis zum Übergange ins Devachan reifen kann. Verkehrt sie, von ihrer Be¬
gierde gezogen, mit irdischen Menschen, indem sie ihnen erscheint, so hemmt
oder vereitelt das ihren Läuteruugsprozeß. Wird die Seele durch Mord oder
einen andern Unglücksfall oder Selbstmord gewaltsam vom Leibe losgerissen,
so geht es ihr wie dem Kern einer unreifen Frucht, der herausgerissen wird,
anstatt sich nach vollendeter Reife von selbst reinlich herauszuschälen: viel
Fleisch bleibt an ihm hängen; dnrch die Begierde nach dem Erdendasein werden
solche ungereiften Seelen zum allergröbsten Verkehr mit den lebenden Menschen,
z. B. als Jncubi und Succubi, befähigt; die meisten Gespenster sind jedoch
bloße Schemen, seelew und bewußtlose Reste, Abfallstoffe eines Entwicklungs¬
prozesses. In Tierleiber kehren die Seelen aus Devachan und Avitchi nicht
zurück, wohl aber in Menschenleiber. In was für einem Leibe und unter
welchen Umständen eine Seele wiedergeboren wird, das hängt von dem Karna
ihres vorigen Lebens ab. Karna ist die Gesamtheit der guten und bösen
Neigungen, die sich während eines Erdenlebens entwickeln. Für das Aufsteigen
nach Avitchi und Devachan ist nicht die Moralität, sondern das Maß der
Geistigkeit entscheidend, die der Verstorbne entwickelt hat; Kinderseelen, die
zwar keine bösen Begierden, aber auch keinen Geist entwickelt haben, werden
sofort in andern Kindern wiedergeboren. Andrerseits schützt ein hohes Maß
von Geist nicht vor einer schlimmen Wiedergeburt. Von Baco, der mit der
edelsten und höchsten geistigen Thätigkeit die niedrigste Begierde, schmutzige
Habsucht, verbunden hat, meint Sinnett, in Devachan würden seine großen
Pläne sittlicher Verbesserung und sein Trachten nach der Erforschung der
letzten Ursachen volle Befriedigung finden, dann aber werde er als schmutziger
Wucherer wiedergeboren werden- Im Entwicklungskreislauf eines Planeten¬
systems erlebt der Einzelgeist nahe an 800 Verkörperungen, und zwischen je


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[0551] Gkkultisums »ut Buddhismus Körper, Lebenskraft, Astralleib, Tierseele. Menschenseele, Geistseele, Geist. Hat sich in einem Menschen der sechste Grundteil, die Geistseele, zu einer gewissen Selbständigkeit entwickelt, so geht dieser Teil samt dem fünften nach dem Tode in einen Zustand über, der Devachan heißt. Es ist das ein rein geistiger Zustand, worin sich die geistige Persönlichkeit des Verstorbnen vollendet. Dieser Zustand kann Traum genannt werden, sofern die Personen, deren Vor¬ stellung die Seele dahin mitnimmt, dort nicht körperlich weilen, Wirklich¬ keit aber, sofern sie für den Seligen dort wirklich vorhanden sind. Von dem, was auf Erden vorgeht, hat die Seele im Devachan keine Kenntnis. Wenn ein Eingeweihter mit diesen Seligen verkehrt, so unterliegt er einer Täuschung; er bildet sich ein, daß ihm eine jener Seelen erscheine, während er umgekehrt einen Blick ins Devachan gethan hat. Überwiegt in einem Menschen beim Sterben die Tierseele, so heißt der Zustand seiner Seele nach dem Tode Avitchi; es ist dies ein Zustand ungestillter Wünsche. In diesem Zustande macht die Seele einen Läuterungs- und Vergeistigungsprozeß durch, der sie bis zum Übergange ins Devachan reifen kann. Verkehrt sie, von ihrer Be¬ gierde gezogen, mit irdischen Menschen, indem sie ihnen erscheint, so hemmt oder vereitelt das ihren Läuteruugsprozeß. Wird die Seele durch Mord oder einen andern Unglücksfall oder Selbstmord gewaltsam vom Leibe losgerissen, so geht es ihr wie dem Kern einer unreifen Frucht, der herausgerissen wird, anstatt sich nach vollendeter Reife von selbst reinlich herauszuschälen: viel Fleisch bleibt an ihm hängen; dnrch die Begierde nach dem Erdendasein werden solche ungereiften Seelen zum allergröbsten Verkehr mit den lebenden Menschen, z. B. als Jncubi und Succubi, befähigt; die meisten Gespenster sind jedoch bloße Schemen, seelew und bewußtlose Reste, Abfallstoffe eines Entwicklungs¬ prozesses. In Tierleiber kehren die Seelen aus Devachan und Avitchi nicht zurück, wohl aber in Menschenleiber. In was für einem Leibe und unter welchen Umständen eine Seele wiedergeboren wird, das hängt von dem Karna ihres vorigen Lebens ab. Karna ist die Gesamtheit der guten und bösen Neigungen, die sich während eines Erdenlebens entwickeln. Für das Aufsteigen nach Avitchi und Devachan ist nicht die Moralität, sondern das Maß der Geistigkeit entscheidend, die der Verstorbne entwickelt hat; Kinderseelen, die zwar keine bösen Begierden, aber auch keinen Geist entwickelt haben, werden sofort in andern Kindern wiedergeboren. Andrerseits schützt ein hohes Maß von Geist nicht vor einer schlimmen Wiedergeburt. Von Baco, der mit der edelsten und höchsten geistigen Thätigkeit die niedrigste Begierde, schmutzige Habsucht, verbunden hat, meint Sinnett, in Devachan würden seine großen Pläne sittlicher Verbesserung und sein Trachten nach der Erforschung der letzten Ursachen volle Befriedigung finden, dann aber werde er als schmutziger Wucherer wiedergeboren werden- Im Entwicklungskreislauf eines Planeten¬ systems erlebt der Einzelgeist nahe an 800 Verkörperungen, und zwischen je

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/551>, abgerufen am 15.01.2025.