Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.mancher heutige Protz einen von ihm protegierten Künstler oder die "freie" Gleich der erste größere Aufstand hing unmittelbar mit dem zweiten mancher heutige Protz einen von ihm protegierten Künstler oder die „freie" Gleich der erste größere Aufstand hing unmittelbar mit dem zweiten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0501" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231671"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1662" prev="#ID_1661"> mancher heutige Protz einen von ihm protegierten Künstler oder die „freie"<lb/> Lehrerin seiner Kinder. Plinius schickt seinen lungenkranken Vorleser »nich<lb/> Ägypten und dann auf das Landgut eines Bekannten zur Kur. Dagegen ist<lb/> die Lage der Negersklaven insofern weit besser gewesen als die der antiken<lb/> Plantagen-, Bergwerks- und Steinbruchsklaven, als jene eigne Hütten bewohnten,<lb/> Familien hatten und sich der Sonn- und Feiertagsruhe erfreuten, während<lb/> diese Unglücklichen der alten Welt des Nachts in halb unterirdische Zwinger<lb/> gesperrt wurden, bei Tage gefesselt arbeiteten, und ihnen gar keine oder nur<lb/> ganz seltne Ruhetage gegönnt wurden: nach Xenophon den attischen Bergwerks¬<lb/> sklaven nur fünf im Jahre; allerdings wurden meist nur Verbrecher in die<lb/> Bergwerke geschickt. Bedenkt man nun, daß zwischen dem Herrn und solchen<lb/> Sklavenherden gar kein persönliches Verhältnis bestand, daß er die Vergwerks-<lb/> fklaven überhaupt nicht, von den Plantagensklaven nur die wenigsten zu sehen<lb/> bekam, daß es im Interesse der Aufseher lag, sich durch Ablieferung hoher<lb/> Reinertrage die Zufriedenheit des Herrn zu erwerben, und daß den neuen<lb/> Plantagen die Pflanzungen der durch ihre Grausamkeit berüchtigten Karthager<lb/> zum Vorbilde dienten, so ist damit dem Kundigen die Lage dieser Sklaven ge¬<lb/> geben, und es bedarf keiner Beschreibung von Einzelheiten. Selbstverständlich<lb/> revoltierten sie, so oft sich eine Möglichkeit oder Gelegenheit darbot.</p><lb/> <p xml:id="ID_1663" next="#ID_1664"> Gleich der erste größere Aufstand hing unmittelbar mit dem zweiten<lb/> punischen Kriege zusammen. In Sella in Latium waren die karthagischen<lb/> Geiseln interniert. Das waren vornehme Herren, die viele Sklaven zu ihrer<lb/> persönlichen Bedienung mitgebracht hatten. Unter den Sklaven der Setiner<lb/> waren viele erst jüngst aus der afrikanischen Beute erworbne; mit diesen<lb/> Landsleuten verschworen sich jene andern Afrikaner, und die Verschwörung ver¬<lb/> breitete sich weiter bis Circeji. Unter verschwornen Sklaven finden sich aber<lb/> immer Verräter; so auch hier. Die Verschwörung wurde entdeckt, zweitausend<lb/> Mann mußten sie mit dem Leben büßen. Das war 198. Zwei Jahre darauf<lb/> empörten sich die Feldarbeiter Etruriens, jedenfalls neu angekaufte auf eben<lb/> erst angelegten Plantagen. Eine andre Art von Unruhen erlebte man in Unter¬<lb/> italien. Hier, namentlich in Lukanien und Brnttium, hatte die Bestrafung der<lb/> Abgefallnen das Werk des Kriegs vollendet; das Land war verödet und wurde<lb/> von den neuen römischen Besitzern größtenteils als Weide benutzt. Die Hirten<lb/> waren natürlich ebenfalls Sklaven, und da aus Hirten leicht Räuber werden,<lb/> aus Sklavenhirten doppelt leicht, so wimmelte es bald von Räubern, gegen<lb/> die Militär aufgeboten werden mußte. Im Jahre 185 wurden siebentausend<lb/> gefangne Räuber gerichtlich abgeurteilt. Am schlimmsten aber sah es auf<lb/> Sizilien aus, wo mau karthagische Zustünde übernommen hatte, und wo die<lb/> selbst von Tyrannen gepeinigten Griechenstädte nicht eben die edelsten Blüten<lb/> griechischer Humanität gezeitigt hatten. Beide Arten von Sklavenunruhen<lb/> flössen hier in eins zusammen. Es gab auf Sizilien ebenfalls viel Weideland,<lb/> und die Hirtensklaven wurden von ihren Herren geradezu auf Räuberei an-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0501]
mancher heutige Protz einen von ihm protegierten Künstler oder die „freie"
Lehrerin seiner Kinder. Plinius schickt seinen lungenkranken Vorleser »nich
Ägypten und dann auf das Landgut eines Bekannten zur Kur. Dagegen ist
die Lage der Negersklaven insofern weit besser gewesen als die der antiken
Plantagen-, Bergwerks- und Steinbruchsklaven, als jene eigne Hütten bewohnten,
Familien hatten und sich der Sonn- und Feiertagsruhe erfreuten, während
diese Unglücklichen der alten Welt des Nachts in halb unterirdische Zwinger
gesperrt wurden, bei Tage gefesselt arbeiteten, und ihnen gar keine oder nur
ganz seltne Ruhetage gegönnt wurden: nach Xenophon den attischen Bergwerks¬
sklaven nur fünf im Jahre; allerdings wurden meist nur Verbrecher in die
Bergwerke geschickt. Bedenkt man nun, daß zwischen dem Herrn und solchen
Sklavenherden gar kein persönliches Verhältnis bestand, daß er die Vergwerks-
fklaven überhaupt nicht, von den Plantagensklaven nur die wenigsten zu sehen
bekam, daß es im Interesse der Aufseher lag, sich durch Ablieferung hoher
Reinertrage die Zufriedenheit des Herrn zu erwerben, und daß den neuen
Plantagen die Pflanzungen der durch ihre Grausamkeit berüchtigten Karthager
zum Vorbilde dienten, so ist damit dem Kundigen die Lage dieser Sklaven ge¬
geben, und es bedarf keiner Beschreibung von Einzelheiten. Selbstverständlich
revoltierten sie, so oft sich eine Möglichkeit oder Gelegenheit darbot.
Gleich der erste größere Aufstand hing unmittelbar mit dem zweiten
punischen Kriege zusammen. In Sella in Latium waren die karthagischen
Geiseln interniert. Das waren vornehme Herren, die viele Sklaven zu ihrer
persönlichen Bedienung mitgebracht hatten. Unter den Sklaven der Setiner
waren viele erst jüngst aus der afrikanischen Beute erworbne; mit diesen
Landsleuten verschworen sich jene andern Afrikaner, und die Verschwörung ver¬
breitete sich weiter bis Circeji. Unter verschwornen Sklaven finden sich aber
immer Verräter; so auch hier. Die Verschwörung wurde entdeckt, zweitausend
Mann mußten sie mit dem Leben büßen. Das war 198. Zwei Jahre darauf
empörten sich die Feldarbeiter Etruriens, jedenfalls neu angekaufte auf eben
erst angelegten Plantagen. Eine andre Art von Unruhen erlebte man in Unter¬
italien. Hier, namentlich in Lukanien und Brnttium, hatte die Bestrafung der
Abgefallnen das Werk des Kriegs vollendet; das Land war verödet und wurde
von den neuen römischen Besitzern größtenteils als Weide benutzt. Die Hirten
waren natürlich ebenfalls Sklaven, und da aus Hirten leicht Räuber werden,
aus Sklavenhirten doppelt leicht, so wimmelte es bald von Räubern, gegen
die Militär aufgeboten werden mußte. Im Jahre 185 wurden siebentausend
gefangne Räuber gerichtlich abgeurteilt. Am schlimmsten aber sah es auf
Sizilien aus, wo mau karthagische Zustünde übernommen hatte, und wo die
selbst von Tyrannen gepeinigten Griechenstädte nicht eben die edelsten Blüten
griechischer Humanität gezeitigt hatten. Beide Arten von Sklavenunruhen
flössen hier in eins zusammen. Es gab auf Sizilien ebenfalls viel Weideland,
und die Hirtensklaven wurden von ihren Herren geradezu auf Räuberei an-
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