Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Die großen Berliner Äunstausstelliingen Studien, bei denen er sich hie und da den Scherz gemacht hat, zu zeigen, wie Die monumentale Bildnerei, überhaupt die Vildnerei großen Stils ist bei Auf dem Gebiete der idealen Plastik haben wir dagegen einige Schöpfungen Die großen Berliner Äunstausstelliingen Studien, bei denen er sich hie und da den Scherz gemacht hat, zu zeigen, wie Die monumentale Bildnerei, überhaupt die Vildnerei großen Stils ist bei Auf dem Gebiete der idealen Plastik haben wir dagegen einige Schöpfungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0479" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231649"/> <fw type="header" place="top"> Die großen Berliner Äunstausstelliingen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1585" prev="#ID_1584"> Studien, bei denen er sich hie und da den Scherz gemacht hat, zu zeigen, wie<lb/> leicht es ist, impressionistisch zu malen und mit den verwegensten Lichteffekteu<lb/> zu spielen. Er sowohl wie die Sammclausstellung des Kupferstechers Hans<lb/> Meyer, der zugleich ein mit feinem koloristischen Empfinden begabter Landschafts¬<lb/> maler ist und sich in einem Totentanz nach Motiven ans dem modernen Leben<lb/> auch als Künstler von reicher Phantasie bewährt hat, verdienten eingehende<lb/> Studien. Aber sie würden über den Nahmen eines Nusstellungsberichts hinaus¬<lb/> wachsen, zumal da wir noch einen Blick auf die Plastik werfen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1586"> Die monumentale Bildnerei, überhaupt die Vildnerei großen Stils ist bei<lb/> weitem schwächer vertreten als in den letzten Jahren. Es liegt nicht an einem<lb/> Sinken der Kraft uuter den deutschen Bildhauern — für Berlin kommen freilich<lb/> nur die einheimischen in Betracht — oder an dem Mangel an Aufträgen, fondern<lb/> nur an äußern Umständen, die den Transport großer Modelle aus den Werk¬<lb/> stätten in die Ausstellung verhindert haben. Gerade jetzt herrscht in den Bild¬<lb/> hauerwerkstätten Berlins eine überaus rege Thätigkeit, die die meisten Bild-<lb/> hauer verhindert, ihre Zeit auf Vorbereitungen für Ausstelluugszwecke zu ver¬<lb/> wenden. Man denke nur an die Gruppen für die Siegesallee, von denen<lb/> bisher keine einzige im Modell auf die Ausstellung gebracht werden konnte,<lb/> weil das Modell nach seiner Vollendung sofort in die Werkstatt des Marmor¬<lb/> arbeiters geschafft werden mußte. Was wir an monumentalen Werken auf<lb/> der Ausstellung zu sehen bekommen — das Kaiser Wilhelm-Denkmal für Liegnitz<lb/> von Johann Boese, das Standbild Kaiser Friedrichs für Hagen i. W. von<lb/> Emil Cauer, das Standbild Bismarcks für Mannheim von Emil Hundrieser<lb/> und eine zur Aufstellung in Kassel bestimmte riesenhafte Figur des Landgrafen<lb/> Philipp von Hessen von Hans Everding —, das sind alles fleißig durch¬<lb/> geführte, achtbare, von starkem monumentalen Gefühl durchdrungne Arbeiten;<lb/> aber es fehlt ihnen der geniale, hinreißende Zug, der solche Denkmäler über<lb/> die Massenproduktion erhebt, die mittlerweile ein verhältnismäßig hohes Niveau<lb/> erreicht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1587" next="#ID_1588"> Auf dem Gebiete der idealen Plastik haben wir dagegen einige Schöpfungen<lb/> von hervorragender Bedeutung zu verzeichnen, an erster Stelle einen nackten<lb/> olympischen Sieger, der mit dem Siegesreis in der erhobnen Linken auf seinem<lb/> Rosse ruhigen Schritts vorwärtsreitet, von Louis Tuaillon in Rom, einem<lb/> Schüler von N. Vegas, der in jahrelangem Umgang mit der Antike die pathe¬<lb/> tische Formensprache seines Meisters völlig abgestreift, aber mit der edeln Ein¬<lb/> falt der Antike ein durch und durch modernes Naturgefühl verbunden hat,<lb/> wodurch seine Werke — er hat früher schon eine reitende Amazone geschaffen —<lb/> eine ganz eigentümliche Stellung in der neuern deutschen Bildhauerkunst ge¬<lb/> winnen. Eine kolossale Gruppe von Hermann Kvtolsky, die Verspottung<lb/> Christi — der leidende Heiland auf erhöhtem Standort zwischen einem römischen<lb/> Soldaten und einem Pharisäer, den Vertretern des fanatischen Heiden- und<lb/> Judentums —, ist von so echtem religiösen Gefühl erfüllt, daß sie schon des¬<lb/> wegen allein das lebhafte Interesse aller Freunde der religiösen Kunst erwecken<lb/> würde, wenn sie nicht auch den Vorzug eines ungemein wirksamen Gruppen¬<lb/> aufbaus und einer energischen Hervorhebung der Gegensätze zwischen dem<lb/> leidenden Heiland und seinen Peinigern hätte. Ein Grabmal von Hans<lb/> Dammann ist diesen beiden Schöpfungen anzureihen, weil es sich durch seine<lb/> Komposition über die Gemeinplätze der Grabmälerplastik erhebt, an denen es<lb/> auf unsrer Ausstellung nicht fehlt, obwohl die Künstler, was zu ihrer Ehre</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0479]
Die großen Berliner Äunstausstelliingen
Studien, bei denen er sich hie und da den Scherz gemacht hat, zu zeigen, wie
leicht es ist, impressionistisch zu malen und mit den verwegensten Lichteffekteu
zu spielen. Er sowohl wie die Sammclausstellung des Kupferstechers Hans
Meyer, der zugleich ein mit feinem koloristischen Empfinden begabter Landschafts¬
maler ist und sich in einem Totentanz nach Motiven ans dem modernen Leben
auch als Künstler von reicher Phantasie bewährt hat, verdienten eingehende
Studien. Aber sie würden über den Nahmen eines Nusstellungsberichts hinaus¬
wachsen, zumal da wir noch einen Blick auf die Plastik werfen wollen.
Die monumentale Bildnerei, überhaupt die Vildnerei großen Stils ist bei
weitem schwächer vertreten als in den letzten Jahren. Es liegt nicht an einem
Sinken der Kraft uuter den deutschen Bildhauern — für Berlin kommen freilich
nur die einheimischen in Betracht — oder an dem Mangel an Aufträgen, fondern
nur an äußern Umständen, die den Transport großer Modelle aus den Werk¬
stätten in die Ausstellung verhindert haben. Gerade jetzt herrscht in den Bild¬
hauerwerkstätten Berlins eine überaus rege Thätigkeit, die die meisten Bild-
hauer verhindert, ihre Zeit auf Vorbereitungen für Ausstelluugszwecke zu ver¬
wenden. Man denke nur an die Gruppen für die Siegesallee, von denen
bisher keine einzige im Modell auf die Ausstellung gebracht werden konnte,
weil das Modell nach seiner Vollendung sofort in die Werkstatt des Marmor¬
arbeiters geschafft werden mußte. Was wir an monumentalen Werken auf
der Ausstellung zu sehen bekommen — das Kaiser Wilhelm-Denkmal für Liegnitz
von Johann Boese, das Standbild Kaiser Friedrichs für Hagen i. W. von
Emil Cauer, das Standbild Bismarcks für Mannheim von Emil Hundrieser
und eine zur Aufstellung in Kassel bestimmte riesenhafte Figur des Landgrafen
Philipp von Hessen von Hans Everding —, das sind alles fleißig durch¬
geführte, achtbare, von starkem monumentalen Gefühl durchdrungne Arbeiten;
aber es fehlt ihnen der geniale, hinreißende Zug, der solche Denkmäler über
die Massenproduktion erhebt, die mittlerweile ein verhältnismäßig hohes Niveau
erreicht hat.
Auf dem Gebiete der idealen Plastik haben wir dagegen einige Schöpfungen
von hervorragender Bedeutung zu verzeichnen, an erster Stelle einen nackten
olympischen Sieger, der mit dem Siegesreis in der erhobnen Linken auf seinem
Rosse ruhigen Schritts vorwärtsreitet, von Louis Tuaillon in Rom, einem
Schüler von N. Vegas, der in jahrelangem Umgang mit der Antike die pathe¬
tische Formensprache seines Meisters völlig abgestreift, aber mit der edeln Ein¬
falt der Antike ein durch und durch modernes Naturgefühl verbunden hat,
wodurch seine Werke — er hat früher schon eine reitende Amazone geschaffen —
eine ganz eigentümliche Stellung in der neuern deutschen Bildhauerkunst ge¬
winnen. Eine kolossale Gruppe von Hermann Kvtolsky, die Verspottung
Christi — der leidende Heiland auf erhöhtem Standort zwischen einem römischen
Soldaten und einem Pharisäer, den Vertretern des fanatischen Heiden- und
Judentums —, ist von so echtem religiösen Gefühl erfüllt, daß sie schon des¬
wegen allein das lebhafte Interesse aller Freunde der religiösen Kunst erwecken
würde, wenn sie nicht auch den Vorzug eines ungemein wirksamen Gruppen¬
aufbaus und einer energischen Hervorhebung der Gegensätze zwischen dem
leidenden Heiland und seinen Peinigern hätte. Ein Grabmal von Hans
Dammann ist diesen beiden Schöpfungen anzureihen, weil es sich durch seine
Komposition über die Gemeinplätze der Grabmälerplastik erhebt, an denen es
auf unsrer Ausstellung nicht fehlt, obwohl die Künstler, was zu ihrer Ehre
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