Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Der Römerstaat legenden zur Versorgung in Kolonien darbot. Die fortschreitende Eroberung Die punischen Kriege haben zusammen mit den andern Kriegen, die da¬ Der Römerstaat legenden zur Versorgung in Kolonien darbot. Die fortschreitende Eroberung Die punischen Kriege haben zusammen mit den andern Kriegen, die da¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231582"/> <fw type="header" place="top"> Der Römerstaat</fw><lb/> <p xml:id="ID_1341" prev="#ID_1340"> legenden zur Versorgung in Kolonien darbot. Die fortschreitende Eroberung<lb/> hatte diese Kräftigung des Bauernstands ermöglicht, ohne den Reichtum der<lb/> Reichen zu mindern und dem Wachstum dieses Reichtums Einhalt zu thu».<lb/> Und obwohl den besiegten Jtalikern immer ein Teil ihres Gebiets zum Besten<lb/> der römischen Bürgerschaft abgenommen wurde, vernichtete man doch nirgends<lb/> den einheimischen Bauernstand. Die Ausrottung der Vojer südlich vom Po<lb/> bedeutete keine soziale und wirtschaftliche Schädigung des Landes, denn die<lb/> Gallier waren keine guten Ackerwirte, und an ihre Stelle traten italische Ge¬<lb/> meinden. Von den alten Geschichtschreibern wird, wie schon bemerkt wurde,<lb/> diese weise Politik auf die Könige zurückgeführt; Tullus Hostilius soll sogar<lb/> das Krongut unter die ärmern Bürger verteilt und nach der Zerstörung von<lb/> Alba Longa die albanischen Domänen mit Ausnahme der für die Bestreitung<lb/> des Gottesdienstes bestimmten zur Ausstattung der albanischen Armen mit<lb/> Ackerlosen verwandt haben. Wir dürfen diese Angabe des Dionhsius wohl<lb/> als einen symbolischen Ausdruck der Thatsache betrachten, daß der italische<lb/> Bauernstand unter der Römerherrschaft besser gesichert war, als er, in Klein¬<lb/> staaten mit weniger weisen Regierungen zerteilt, gewesen sein würde. Den<lb/> Beweis dafür, daß sich Italien unter der Römerherrschaft im ganzen wohl<lb/> befand, und daß im dritten Jahrhundert vor Christo sein Bauernstand noch<lb/> in ungebrochner Kraft dastand, lieferte die Haltung der Jtaliker in den punischen<lb/> Kriegen. Im ersten trat die freiwillige Opferfreudigkeit der Bürger ein und<lb/> rüstete Flotten aus, als nach ungeheuern Verlusten an Menschen und Schiffen<lb/> — die Bürgerliste war um 40000 Mann gesunken — der und- und ratlose<lb/> Senat die Dinge laufen ließ, wie sie wollten. Im Hannibalischen Kriege aber<lb/> bestanden viele italische Gemeinden, namentlich die ladinischen, die Feuerprobe<lb/> der Treue; die abfielen, fielen nicht ans Haß gegen Rom ab, sondern im<lb/> Drange der Not und nach den vielen entscheidenden Siegen Hannibals an<lb/> Rom verzweifelnd; an der italischen Bauernschaft ist Hannibals Genie ge¬<lb/> scheitert, freilich nicht, ohne daß diese Bauernschaft tödliche Wunden erlitt, von<lb/> denen sie sich nie wieder ganz erholt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1342" next="#ID_1343"> Die punischen Kriege haben zusammen mit den andern Kriegen, die da¬<lb/> zwischen und gleichzeitig mit dem zweiten und dritten geführt wurden, die wirt¬<lb/> schaftlichen und sozialen Verhältnisse Italiens von Grund aus umgewälzt.<lb/> Bisher hatten die Römer in ihren Kriegen den Besiegten immer nur so viel<lb/> Acker abgenommen, als sie selbst zu bestellen gedachten, den Ertrag dessen aber,<lb/> den die neuen Mitbürger oder Bundesgenossen behielten, diesen vollständig ge¬<lb/> lassen und ihnen weiter keine Verpflichtung auferlegt, als im Kriege ein Kon¬<lb/> tingent zu stellen. Von den Karthagern lernten sie eine andre Behandlung be¬<lb/> siegter Städte und Völker; Karthago machte die Besiegten zu Unterthanen und<lb/> legte ihnen eine schwere Steuer auf; es zog die Grundrente des eroberten<lb/> Landes und ließ den Bedauern nnr den Arbeitslohn. Im ersten Kriege mit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Der Römerstaat
legenden zur Versorgung in Kolonien darbot. Die fortschreitende Eroberung
hatte diese Kräftigung des Bauernstands ermöglicht, ohne den Reichtum der
Reichen zu mindern und dem Wachstum dieses Reichtums Einhalt zu thu».
Und obwohl den besiegten Jtalikern immer ein Teil ihres Gebiets zum Besten
der römischen Bürgerschaft abgenommen wurde, vernichtete man doch nirgends
den einheimischen Bauernstand. Die Ausrottung der Vojer südlich vom Po
bedeutete keine soziale und wirtschaftliche Schädigung des Landes, denn die
Gallier waren keine guten Ackerwirte, und an ihre Stelle traten italische Ge¬
meinden. Von den alten Geschichtschreibern wird, wie schon bemerkt wurde,
diese weise Politik auf die Könige zurückgeführt; Tullus Hostilius soll sogar
das Krongut unter die ärmern Bürger verteilt und nach der Zerstörung von
Alba Longa die albanischen Domänen mit Ausnahme der für die Bestreitung
des Gottesdienstes bestimmten zur Ausstattung der albanischen Armen mit
Ackerlosen verwandt haben. Wir dürfen diese Angabe des Dionhsius wohl
als einen symbolischen Ausdruck der Thatsache betrachten, daß der italische
Bauernstand unter der Römerherrschaft besser gesichert war, als er, in Klein¬
staaten mit weniger weisen Regierungen zerteilt, gewesen sein würde. Den
Beweis dafür, daß sich Italien unter der Römerherrschaft im ganzen wohl
befand, und daß im dritten Jahrhundert vor Christo sein Bauernstand noch
in ungebrochner Kraft dastand, lieferte die Haltung der Jtaliker in den punischen
Kriegen. Im ersten trat die freiwillige Opferfreudigkeit der Bürger ein und
rüstete Flotten aus, als nach ungeheuern Verlusten an Menschen und Schiffen
— die Bürgerliste war um 40000 Mann gesunken — der und- und ratlose
Senat die Dinge laufen ließ, wie sie wollten. Im Hannibalischen Kriege aber
bestanden viele italische Gemeinden, namentlich die ladinischen, die Feuerprobe
der Treue; die abfielen, fielen nicht ans Haß gegen Rom ab, sondern im
Drange der Not und nach den vielen entscheidenden Siegen Hannibals an
Rom verzweifelnd; an der italischen Bauernschaft ist Hannibals Genie ge¬
scheitert, freilich nicht, ohne daß diese Bauernschaft tödliche Wunden erlitt, von
denen sie sich nie wieder ganz erholt hat.
Die punischen Kriege haben zusammen mit den andern Kriegen, die da¬
zwischen und gleichzeitig mit dem zweiten und dritten geführt wurden, die wirt¬
schaftlichen und sozialen Verhältnisse Italiens von Grund aus umgewälzt.
Bisher hatten die Römer in ihren Kriegen den Besiegten immer nur so viel
Acker abgenommen, als sie selbst zu bestellen gedachten, den Ertrag dessen aber,
den die neuen Mitbürger oder Bundesgenossen behielten, diesen vollständig ge¬
lassen und ihnen weiter keine Verpflichtung auferlegt, als im Kriege ein Kon¬
tingent zu stellen. Von den Karthagern lernten sie eine andre Behandlung be¬
siegter Städte und Völker; Karthago machte die Besiegten zu Unterthanen und
legte ihnen eine schwere Steuer auf; es zog die Grundrente des eroberten
Landes und ließ den Bedauern nnr den Arbeitslohn. Im ersten Kriege mit
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