Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Samoa

der friedenstörenden Keime gearbeitet wird. Man wird froh sein müssen, wenn
eine gewisse Rücksicht auf die ünßere Form die Herren Anglosachsen bestimmt,
wenigstens bis zu der endgiltigen Vereinbarung der neuen Samoaakte ciknten
Konflikten aus dem Wege zu gehn.

Die Kommission hat in der ihren Vorschlägen beigegebnen Begründung
nun aber noch folgende sehr bedeutungsvolle und sachlich durchaus berechtigte
Bemerkung gemacht: "Wir siud nicht der Ansicht, daß es jemals möglich sein
wird, diesen Zustand -- d. h. die Eifersüchteleien und Wühlereien der Weißen
gegen einander -- unter einer dreiteiliger Verwaltung zu beseitigen, und wir
benutzen die Gelegenheit, unsre Ansicht dahin auszusprechen, daß der einzige
natürliche und normale Verwaltungsplan für diese Inseln, das einzige Regie-
rungssystem, das andauernd Wohlergehn und Ruhe verbürgen kann, die Ver¬
waltung durch eine einzige Macht ist. Wir glauben jedoch, daß es außerhalb
des uns erteilten Auftrags liegen würde, eine Ansicht über diese Frage aus-
zusprechen, und haben deshalb den Versuch gemacht, die bestehenden Einrich¬
tungen in einer solchen Weise zu verbessern, daß sie, wenn auch nicht voll¬
kommen genügen, sich doch zum wenigsten als brauchbar erweisen."

Diese Bemerkung giebt der Lage einen ganz besondern Charakter. Sie
stellt auch vor den Augen der unmittelbar beteiligten, in scharfen Parteigegen¬
sätzen befangnen Weißen in Samoa den Inhalt der Vorschlüge -- der Wahr¬
heit gemäß -- als im wesentlichen wertlos dar und wird natürlich nicht ver¬
fehlen, die sich bekämpfenden Parteien, d. h. auf der einen Seite die Engländer
und Amerikaner und auf der andern die Deutschen, dazu anzureizen, den Vor¬
schlägen, wenn sie angenommen würden, einen befriedigenden Erfolg erst recht
zu erschweren und für die Besitznahme der Herrschaft durch eine Macht, je
nach den Parteiwünschen, um so eifriger zu agitieren. Ist unter diesen Um¬
ständen die Annahme der Vorschläge überhaupt noch möglich? Und wenn
nicht, was dann? Der Ernst der Frage liegt auf der Hand, obgleich gewisse
Radaupatrioten auch in Deutschland schnell genug mit der Antwort fertig sein
werden.

Eine beachtenswerte Meinungsäußerung Bastians über den vernünftigen
und natürlichen Zweck der Verhandlungen der Samoakommission ist vorzüglich
geeignet, auch bei der Beurteilung der jetzt durch die Kommissionsvorschlnge
weniger geschaffnen als gekennzeichneten Sachlage als Fingerzeig zu dienen.
Man mag Vastian für keinen großen Politiker und für keinen Diplomaten
halten -- er hält sich auch selbst nicht dafür --, aber ein ganz hervorragendes
Maß von Sach- und Menschenkenntnis in derlei exotischen Fragen wird
ihm niemand absprechen können, ebensowenig wie sein vollwertiges nationales
Ehrgefühl und seine gut deutsche Gesinnung anzweifeln. In dem kleinen, kurz
vor dem Zusammentritt der Samoakommission erschienenen Buche: "Die Tei¬
lung der Erde und die Teilung Samoas" äußert sich der große Ethnologe
etwa folgendermaßen zur Sache:


Samoa

der friedenstörenden Keime gearbeitet wird. Man wird froh sein müssen, wenn
eine gewisse Rücksicht auf die ünßere Form die Herren Anglosachsen bestimmt,
wenigstens bis zu der endgiltigen Vereinbarung der neuen Samoaakte ciknten
Konflikten aus dem Wege zu gehn.

Die Kommission hat in der ihren Vorschlägen beigegebnen Begründung
nun aber noch folgende sehr bedeutungsvolle und sachlich durchaus berechtigte
Bemerkung gemacht: „Wir siud nicht der Ansicht, daß es jemals möglich sein
wird, diesen Zustand — d. h. die Eifersüchteleien und Wühlereien der Weißen
gegen einander — unter einer dreiteiliger Verwaltung zu beseitigen, und wir
benutzen die Gelegenheit, unsre Ansicht dahin auszusprechen, daß der einzige
natürliche und normale Verwaltungsplan für diese Inseln, das einzige Regie-
rungssystem, das andauernd Wohlergehn und Ruhe verbürgen kann, die Ver¬
waltung durch eine einzige Macht ist. Wir glauben jedoch, daß es außerhalb
des uns erteilten Auftrags liegen würde, eine Ansicht über diese Frage aus-
zusprechen, und haben deshalb den Versuch gemacht, die bestehenden Einrich¬
tungen in einer solchen Weise zu verbessern, daß sie, wenn auch nicht voll¬
kommen genügen, sich doch zum wenigsten als brauchbar erweisen."

Diese Bemerkung giebt der Lage einen ganz besondern Charakter. Sie
stellt auch vor den Augen der unmittelbar beteiligten, in scharfen Parteigegen¬
sätzen befangnen Weißen in Samoa den Inhalt der Vorschlüge — der Wahr¬
heit gemäß — als im wesentlichen wertlos dar und wird natürlich nicht ver¬
fehlen, die sich bekämpfenden Parteien, d. h. auf der einen Seite die Engländer
und Amerikaner und auf der andern die Deutschen, dazu anzureizen, den Vor¬
schlägen, wenn sie angenommen würden, einen befriedigenden Erfolg erst recht
zu erschweren und für die Besitznahme der Herrschaft durch eine Macht, je
nach den Parteiwünschen, um so eifriger zu agitieren. Ist unter diesen Um¬
ständen die Annahme der Vorschläge überhaupt noch möglich? Und wenn
nicht, was dann? Der Ernst der Frage liegt auf der Hand, obgleich gewisse
Radaupatrioten auch in Deutschland schnell genug mit der Antwort fertig sein
werden.

Eine beachtenswerte Meinungsäußerung Bastians über den vernünftigen
und natürlichen Zweck der Verhandlungen der Samoakommission ist vorzüglich
geeignet, auch bei der Beurteilung der jetzt durch die Kommissionsvorschlnge
weniger geschaffnen als gekennzeichneten Sachlage als Fingerzeig zu dienen.
Man mag Vastian für keinen großen Politiker und für keinen Diplomaten
halten — er hält sich auch selbst nicht dafür —, aber ein ganz hervorragendes
Maß von Sach- und Menschenkenntnis in derlei exotischen Fragen wird
ihm niemand absprechen können, ebensowenig wie sein vollwertiges nationales
Ehrgefühl und seine gut deutsche Gesinnung anzweifeln. In dem kleinen, kurz
vor dem Zusammentritt der Samoakommission erschienenen Buche: „Die Tei¬
lung der Erde und die Teilung Samoas" äußert sich der große Ethnologe
etwa folgendermaßen zur Sache:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0394" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231564"/>
          <fw type="header" place="top"> Samoa</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1281" prev="#ID_1280"> der friedenstörenden Keime gearbeitet wird. Man wird froh sein müssen, wenn<lb/>
eine gewisse Rücksicht auf die ünßere Form die Herren Anglosachsen bestimmt,<lb/>
wenigstens bis zu der endgiltigen Vereinbarung der neuen Samoaakte ciknten<lb/>
Konflikten aus dem Wege zu gehn.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1282"> Die Kommission hat in der ihren Vorschlägen beigegebnen Begründung<lb/>
nun aber noch folgende sehr bedeutungsvolle und sachlich durchaus berechtigte<lb/>
Bemerkung gemacht: &#x201E;Wir siud nicht der Ansicht, daß es jemals möglich sein<lb/>
wird, diesen Zustand &#x2014; d. h. die Eifersüchteleien und Wühlereien der Weißen<lb/>
gegen einander &#x2014; unter einer dreiteiliger Verwaltung zu beseitigen, und wir<lb/>
benutzen die Gelegenheit, unsre Ansicht dahin auszusprechen, daß der einzige<lb/>
natürliche und normale Verwaltungsplan für diese Inseln, das einzige Regie-<lb/>
rungssystem, das andauernd Wohlergehn und Ruhe verbürgen kann, die Ver¬<lb/>
waltung durch eine einzige Macht ist. Wir glauben jedoch, daß es außerhalb<lb/>
des uns erteilten Auftrags liegen würde, eine Ansicht über diese Frage aus-<lb/>
zusprechen, und haben deshalb den Versuch gemacht, die bestehenden Einrich¬<lb/>
tungen in einer solchen Weise zu verbessern, daß sie, wenn auch nicht voll¬<lb/>
kommen genügen, sich doch zum wenigsten als brauchbar erweisen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1283"> Diese Bemerkung giebt der Lage einen ganz besondern Charakter. Sie<lb/>
stellt auch vor den Augen der unmittelbar beteiligten, in scharfen Parteigegen¬<lb/>
sätzen befangnen Weißen in Samoa den Inhalt der Vorschlüge &#x2014; der Wahr¬<lb/>
heit gemäß &#x2014; als im wesentlichen wertlos dar und wird natürlich nicht ver¬<lb/>
fehlen, die sich bekämpfenden Parteien, d. h. auf der einen Seite die Engländer<lb/>
und Amerikaner und auf der andern die Deutschen, dazu anzureizen, den Vor¬<lb/>
schlägen, wenn sie angenommen würden, einen befriedigenden Erfolg erst recht<lb/>
zu erschweren und für die Besitznahme der Herrschaft durch eine Macht, je<lb/>
nach den Parteiwünschen, um so eifriger zu agitieren. Ist unter diesen Um¬<lb/>
ständen die Annahme der Vorschläge überhaupt noch möglich? Und wenn<lb/>
nicht, was dann? Der Ernst der Frage liegt auf der Hand, obgleich gewisse<lb/>
Radaupatrioten auch in Deutschland schnell genug mit der Antwort fertig sein<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1284"> Eine beachtenswerte Meinungsäußerung Bastians über den vernünftigen<lb/>
und natürlichen Zweck der Verhandlungen der Samoakommission ist vorzüglich<lb/>
geeignet, auch bei der Beurteilung der jetzt durch die Kommissionsvorschlnge<lb/>
weniger geschaffnen als gekennzeichneten Sachlage als Fingerzeig zu dienen.<lb/>
Man mag Vastian für keinen großen Politiker und für keinen Diplomaten<lb/>
halten &#x2014; er hält sich auch selbst nicht dafür &#x2014;, aber ein ganz hervorragendes<lb/>
Maß von Sach- und Menschenkenntnis in derlei exotischen Fragen wird<lb/>
ihm niemand absprechen können, ebensowenig wie sein vollwertiges nationales<lb/>
Ehrgefühl und seine gut deutsche Gesinnung anzweifeln. In dem kleinen, kurz<lb/>
vor dem Zusammentritt der Samoakommission erschienenen Buche: &#x201E;Die Tei¬<lb/>
lung der Erde und die Teilung Samoas" äußert sich der große Ethnologe<lb/>
etwa folgendermaßen zur Sache:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0394] Samoa der friedenstörenden Keime gearbeitet wird. Man wird froh sein müssen, wenn eine gewisse Rücksicht auf die ünßere Form die Herren Anglosachsen bestimmt, wenigstens bis zu der endgiltigen Vereinbarung der neuen Samoaakte ciknten Konflikten aus dem Wege zu gehn. Die Kommission hat in der ihren Vorschlägen beigegebnen Begründung nun aber noch folgende sehr bedeutungsvolle und sachlich durchaus berechtigte Bemerkung gemacht: „Wir siud nicht der Ansicht, daß es jemals möglich sein wird, diesen Zustand — d. h. die Eifersüchteleien und Wühlereien der Weißen gegen einander — unter einer dreiteiliger Verwaltung zu beseitigen, und wir benutzen die Gelegenheit, unsre Ansicht dahin auszusprechen, daß der einzige natürliche und normale Verwaltungsplan für diese Inseln, das einzige Regie- rungssystem, das andauernd Wohlergehn und Ruhe verbürgen kann, die Ver¬ waltung durch eine einzige Macht ist. Wir glauben jedoch, daß es außerhalb des uns erteilten Auftrags liegen würde, eine Ansicht über diese Frage aus- zusprechen, und haben deshalb den Versuch gemacht, die bestehenden Einrich¬ tungen in einer solchen Weise zu verbessern, daß sie, wenn auch nicht voll¬ kommen genügen, sich doch zum wenigsten als brauchbar erweisen." Diese Bemerkung giebt der Lage einen ganz besondern Charakter. Sie stellt auch vor den Augen der unmittelbar beteiligten, in scharfen Parteigegen¬ sätzen befangnen Weißen in Samoa den Inhalt der Vorschlüge — der Wahr¬ heit gemäß — als im wesentlichen wertlos dar und wird natürlich nicht ver¬ fehlen, die sich bekämpfenden Parteien, d. h. auf der einen Seite die Engländer und Amerikaner und auf der andern die Deutschen, dazu anzureizen, den Vor¬ schlägen, wenn sie angenommen würden, einen befriedigenden Erfolg erst recht zu erschweren und für die Besitznahme der Herrschaft durch eine Macht, je nach den Parteiwünschen, um so eifriger zu agitieren. Ist unter diesen Um¬ ständen die Annahme der Vorschläge überhaupt noch möglich? Und wenn nicht, was dann? Der Ernst der Frage liegt auf der Hand, obgleich gewisse Radaupatrioten auch in Deutschland schnell genug mit der Antwort fertig sein werden. Eine beachtenswerte Meinungsäußerung Bastians über den vernünftigen und natürlichen Zweck der Verhandlungen der Samoakommission ist vorzüglich geeignet, auch bei der Beurteilung der jetzt durch die Kommissionsvorschlnge weniger geschaffnen als gekennzeichneten Sachlage als Fingerzeig zu dienen. Man mag Vastian für keinen großen Politiker und für keinen Diplomaten halten — er hält sich auch selbst nicht dafür —, aber ein ganz hervorragendes Maß von Sach- und Menschenkenntnis in derlei exotischen Fragen wird ihm niemand absprechen können, ebensowenig wie sein vollwertiges nationales Ehrgefühl und seine gut deutsche Gesinnung anzweifeln. In dem kleinen, kurz vor dem Zusammentritt der Samoakommission erschienenen Buche: „Die Tei¬ lung der Erde und die Teilung Samoas" äußert sich der große Ethnologe etwa folgendermaßen zur Sache:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/394
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/394>, abgerufen am 15.01.2025.