Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Die großen Berliner Rnnstansstellnngen werden sich ihre Ausstellungen ausdehnen müssen, und desto weiter werden Während die Abtrünnigen an ihrem Hause in Charlottenburg bauten, Die großen Berliner Rnnstansstellnngen werden sich ihre Ausstellungen ausdehnen müssen, und desto weiter werden Während die Abtrünnigen an ihrem Hause in Charlottenburg bauten, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0038" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231208"/> <fw type="header" place="top"> Die großen Berliner Rnnstansstellnngen</fw><lb/> <p xml:id="ID_90" prev="#ID_89"> werden sich ihre Ausstellungen ausdehnen müssen, und desto weiter werden<lb/> sie sich von dem Ideal einer Ausstellung entfernen. Diese Erfahrung wird<lb/> auch den deutschen Sezessionen nicht erspart bleiben, wenn sie nicht, wie<lb/> es freilich den Anschein hat, der Vermehrung ihrer Mitgliederzahl bestimmte<lb/> Greuzen ziehen wollen. Die „Berliner Sezession" zählte bei ihrer Begründung<lb/> nnr 68 Mitglieder, und ihre Zahl hat sich, soweit die Ausstellung ein Urteil<lb/> erlaubt, seitdem nicht sehr vermehrt. Aber selbst diese geringe Zahl findet<lb/> in den sechs Räumen des neuen Ausstellungsgebäudes nur ein notdürftiges<lb/> Unterkommen, das sie noch mit Künstlern aus andern deutschen Städten<lb/> teilen muß, zu denen, wie im Vorworte des Katalogs verheißen wird, in<lb/> den folgenden Jahren auch noch ausländische Künstler hinzukommen werden.<lb/> Die Fiktion einer „Eliteausstellung" wird sich auf die Dauer nur durch die<lb/> Handhabung jener Tyrannei aufrecht erhalten lassen, die die jetzigen Sezessio-<lb/> nisten den Leitern der großen Kunstausstellungen gerade zum schwersten Vor¬<lb/> wurf gemacht haben. Man wird abwarten müssen, wie lange die Sezessivnisteu<lb/> den selbsterwählten Zwang geduldig „um der großen und guten Sache willen"<lb/> ertragen werden. Es giebt unter ihnen nicht wenige, die mit einer außer¬<lb/> gewöhnlichen Leichtigkeit und Fruchtbarkeit des Schaffens den Wunsch ver¬<lb/> binden, die Früchte ihres Schaffens auch vor der Öffentlichkeit auszubreiten-<lb/> Während des Winters kommen die Ausstellungen des Küustlervereins und be¬<lb/> sonders der Kunsthändler diesen Wünschen bereitwillig entgegen. Aber auch<lb/> sie sind schon längst nicht mehr den Überschwemmungen mit Sammelaus¬<lb/> stellungen gewachsen, und so bleiben die weiten Räume des großen Glas¬<lb/> palastes das einzige Asyl für die Mehrzahl der schaffenslustigen Künstler, die<lb/> sich mit Sonderausstellungen sehen lassen wollen. Vielleicht wird der unstill¬<lb/> bare Drang danach auch manch einen Sezessionisten in die zu voreilig ver¬<lb/> lassenen Hallen wieder zurückführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_91" next="#ID_92"> Während die Abtrünnigen an ihrem Hause in Charlottenburg bauten,<lb/> sind die Leiter der großen Ausstellungen nicht müßig gewesen, um dem Ver¬<lb/> luste, der ihnen zu drohen schien, durch außergewöhnliche Veranstaltungen zu<lb/> begegnen. In der Mitwirkung der Gartenkunst hat man schon vor längerer<lb/> Zeit ein nützliches Mittel erkannt, um modernen Ausstattungssälen, besonders<lb/> den weiten und hohen Eintrittshallen einen Teil ihres unwirtlichen Aus¬<lb/> sehens zu nehmen. In diesem Jahre hat man aber zum erstenmale, gestützt<lb/> auf eine reiche Sammlung von wahren Prachtexemplaren tropischer Ge¬<lb/> wächse jeglicher Art, die ein deutscher Palmenzüchter in Bordighera, Ludwig<lb/> Winter, nach Berlin schaffen ließ, einen Versuch in großem Umfange gemacht.<lb/> Die Wände der großen Eingangshalle, die gewöhnlich zur Aufnahme von<lb/> Skulpturen dient, sind zum Teil durch diese üppig entwickelten Zierpflanzen<lb/> verdeckt worden, und durch geschickte Gruppierung kleinerer Gewächse um riesige,<lb/> fast bis zum Glasdach reichende Palmen erhält der Besucher die Illusion,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Die großen Berliner Rnnstansstellnngen
werden sich ihre Ausstellungen ausdehnen müssen, und desto weiter werden
sie sich von dem Ideal einer Ausstellung entfernen. Diese Erfahrung wird
auch den deutschen Sezessionen nicht erspart bleiben, wenn sie nicht, wie
es freilich den Anschein hat, der Vermehrung ihrer Mitgliederzahl bestimmte
Greuzen ziehen wollen. Die „Berliner Sezession" zählte bei ihrer Begründung
nnr 68 Mitglieder, und ihre Zahl hat sich, soweit die Ausstellung ein Urteil
erlaubt, seitdem nicht sehr vermehrt. Aber selbst diese geringe Zahl findet
in den sechs Räumen des neuen Ausstellungsgebäudes nur ein notdürftiges
Unterkommen, das sie noch mit Künstlern aus andern deutschen Städten
teilen muß, zu denen, wie im Vorworte des Katalogs verheißen wird, in
den folgenden Jahren auch noch ausländische Künstler hinzukommen werden.
Die Fiktion einer „Eliteausstellung" wird sich auf die Dauer nur durch die
Handhabung jener Tyrannei aufrecht erhalten lassen, die die jetzigen Sezessio-
nisten den Leitern der großen Kunstausstellungen gerade zum schwersten Vor¬
wurf gemacht haben. Man wird abwarten müssen, wie lange die Sezessivnisteu
den selbsterwählten Zwang geduldig „um der großen und guten Sache willen"
ertragen werden. Es giebt unter ihnen nicht wenige, die mit einer außer¬
gewöhnlichen Leichtigkeit und Fruchtbarkeit des Schaffens den Wunsch ver¬
binden, die Früchte ihres Schaffens auch vor der Öffentlichkeit auszubreiten-
Während des Winters kommen die Ausstellungen des Küustlervereins und be¬
sonders der Kunsthändler diesen Wünschen bereitwillig entgegen. Aber auch
sie sind schon längst nicht mehr den Überschwemmungen mit Sammelaus¬
stellungen gewachsen, und so bleiben die weiten Räume des großen Glas¬
palastes das einzige Asyl für die Mehrzahl der schaffenslustigen Künstler, die
sich mit Sonderausstellungen sehen lassen wollen. Vielleicht wird der unstill¬
bare Drang danach auch manch einen Sezessionisten in die zu voreilig ver¬
lassenen Hallen wieder zurückführen.
Während die Abtrünnigen an ihrem Hause in Charlottenburg bauten,
sind die Leiter der großen Ausstellungen nicht müßig gewesen, um dem Ver¬
luste, der ihnen zu drohen schien, durch außergewöhnliche Veranstaltungen zu
begegnen. In der Mitwirkung der Gartenkunst hat man schon vor längerer
Zeit ein nützliches Mittel erkannt, um modernen Ausstattungssälen, besonders
den weiten und hohen Eintrittshallen einen Teil ihres unwirtlichen Aus¬
sehens zu nehmen. In diesem Jahre hat man aber zum erstenmale, gestützt
auf eine reiche Sammlung von wahren Prachtexemplaren tropischer Ge¬
wächse jeglicher Art, die ein deutscher Palmenzüchter in Bordighera, Ludwig
Winter, nach Berlin schaffen ließ, einen Versuch in großem Umfange gemacht.
Die Wände der großen Eingangshalle, die gewöhnlich zur Aufnahme von
Skulpturen dient, sind zum Teil durch diese üppig entwickelten Zierpflanzen
verdeckt worden, und durch geschickte Gruppierung kleinerer Gewächse um riesige,
fast bis zum Glasdach reichende Palmen erhält der Besucher die Illusion,
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