Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Die Aufteilung Afrikas des Sklavenhandels war für die arabischen Landwirte eine wirtschaftliche Benach¬ Die wirtschaftlichen Vorgänge im Sansibargebiet übten einen Rück¬ Die Aufteilung Afrikas des Sklavenhandels war für die arabischen Landwirte eine wirtschaftliche Benach¬ Die wirtschaftlichen Vorgänge im Sansibargebiet übten einen Rück¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0364" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231534"/> <fw type="header" place="top"> Die Aufteilung Afrikas</fw><lb/> <p xml:id="ID_1162" prev="#ID_1161"> des Sklavenhandels war für die arabischen Landwirte eine wirtschaftliche Benach¬<lb/> teiligung. Das Sklavenmaterial stieg im Preise, während die Nelke infolge von<lb/> Überproduktion einen dauernden Preissturz erfuhr. Die arabische Landwirtschaft<lb/> wurde bankrott und wandte sich einem andern Erwerbszweige zu, dem Elfen¬<lb/> beinhandel, der infolge der weiten Verbreitung, die Billard und Klavier seit<lb/> dem zweiten Drittel dieses Jahrhunderts in Europa fanden, sehr lohnend<lb/> wurde. Das beste und meiste Elfenbein lieferte Ostafrika. Das zog in<lb/> steigendem Maße die Aufmerksamkeit des im Indischen Ozean dominierenden<lb/> Handelsvolkes der Jndier auf sich. In den vierziger Jahren dieses Jahr¬<lb/> hunderts lassen sich zahlreiche Jndier in Sansibar nieder, sie veranlassen durch<lb/> Gewährung von Vorschüssen die bankrotte arabische Bevölkerung, sich dem Elfen¬<lb/> beinhandel zuzuwenden. Sansibar wird eine Filiale von Bombay, die billigen<lb/> englisch-indischen Waren verdrängen die amerikanischen Produkte, die seit der<lb/> Niederlassung des ersten amerikanischen Großhcmdclshauses in Sansibar (1820)<lb/> den Markt beherrscht hatten. So ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.<lb/> Der wucherische Kapitalismus der Jndier verschuldet es, daß jetzt das deutsche<lb/> Seengebiet wirtschaftlich bankrott ist. Der unfruchtbare Karawanenhandel ent¬<lb/> zieht der Landwirtschaft das Arbeitermaterial. Unsre Kolonie wird nicht früher<lb/> zur Blüte gelangen, als bis mit deutschem Gelde das Arabertum aus den<lb/> indischen Krallen gelöst, und bis es veranlaßt wird, mit Unterstützung deutschen<lb/> Kapitals die brachliegende Landwirtschaft wieder aufzunehmen. Deutschvstafrika<lb/> hat die natürliche Bestimmung, den sich in steigendem Maße in Indien und<lb/> in Zukunft in dem erzreichen Bcmgmeologebiet bietenden Lebensmittelmarkt mit<lb/> Getreide (Reis) und Vieh zu versehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1163" next="#ID_1164"> Die wirtschaftlichen Vorgänge im Sansibargebiet übten einen Rück¬<lb/> schlag auf die politischen Verhältnisse im äquatorialen Ostafrika aus. Das<lb/> Verlangen nach Sklaven und Elfenbein führte das Arabertum in wenigen Jahr¬<lb/> zehnten tief hinein in den Kontinent. Es überschreitet das Seengebiet und<lb/> dringt ins Kongobecken. Im Jahre 1868 begründet Muini Fugumbe die erste<lb/> arabische Niederlassung am Kongo, Nyangwe. Die wirtschaftliche Bedrängung<lb/> Schweiße das Arabertum zusammen, ihr Haß richtet sich gegen die Fremden. Ihr<lb/> Sultan gewinnt aus dieser Lage, er wird aus dem xrimus inwr xarss der<lb/> Herrscher, das natürliche Oberhaupt des arabischen Elements. Said Medjit<lb/> war ein diplomatischer Kopf. Er wußte sich durch die Fährnisse, die ihm von<lb/> den Fremden drohten, hindurchzuwinden. Unregelmäßigkeiten, die von den eng¬<lb/> lischen Kaperkreuzern aus Habgier begangen wurden, nutzte er geschickt aus.<lb/> Als 1861 Unruhen im Sansibargebiet ausbrachen, bei denen einige der ver¬<lb/> hafteten Briten den Tod fanden, wußte er mit Hinweis auf den erwachten<lb/> arabischen Fanatismus von England mildere Formen in der Behandlung des<lb/> für die Orientalen unverständlichen Sklavereiverbots zu erzielen, und im<lb/> folgenden Jahre erreichte er die Anerkennung seiner Selbständigkeit von Eng-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0364]
Die Aufteilung Afrikas
des Sklavenhandels war für die arabischen Landwirte eine wirtschaftliche Benach¬
teiligung. Das Sklavenmaterial stieg im Preise, während die Nelke infolge von
Überproduktion einen dauernden Preissturz erfuhr. Die arabische Landwirtschaft
wurde bankrott und wandte sich einem andern Erwerbszweige zu, dem Elfen¬
beinhandel, der infolge der weiten Verbreitung, die Billard und Klavier seit
dem zweiten Drittel dieses Jahrhunderts in Europa fanden, sehr lohnend
wurde. Das beste und meiste Elfenbein lieferte Ostafrika. Das zog in
steigendem Maße die Aufmerksamkeit des im Indischen Ozean dominierenden
Handelsvolkes der Jndier auf sich. In den vierziger Jahren dieses Jahr¬
hunderts lassen sich zahlreiche Jndier in Sansibar nieder, sie veranlassen durch
Gewährung von Vorschüssen die bankrotte arabische Bevölkerung, sich dem Elfen¬
beinhandel zuzuwenden. Sansibar wird eine Filiale von Bombay, die billigen
englisch-indischen Waren verdrängen die amerikanischen Produkte, die seit der
Niederlassung des ersten amerikanischen Großhcmdclshauses in Sansibar (1820)
den Markt beherrscht hatten. So ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.
Der wucherische Kapitalismus der Jndier verschuldet es, daß jetzt das deutsche
Seengebiet wirtschaftlich bankrott ist. Der unfruchtbare Karawanenhandel ent¬
zieht der Landwirtschaft das Arbeitermaterial. Unsre Kolonie wird nicht früher
zur Blüte gelangen, als bis mit deutschem Gelde das Arabertum aus den
indischen Krallen gelöst, und bis es veranlaßt wird, mit Unterstützung deutschen
Kapitals die brachliegende Landwirtschaft wieder aufzunehmen. Deutschvstafrika
hat die natürliche Bestimmung, den sich in steigendem Maße in Indien und
in Zukunft in dem erzreichen Bcmgmeologebiet bietenden Lebensmittelmarkt mit
Getreide (Reis) und Vieh zu versehen.
Die wirtschaftlichen Vorgänge im Sansibargebiet übten einen Rück¬
schlag auf die politischen Verhältnisse im äquatorialen Ostafrika aus. Das
Verlangen nach Sklaven und Elfenbein führte das Arabertum in wenigen Jahr¬
zehnten tief hinein in den Kontinent. Es überschreitet das Seengebiet und
dringt ins Kongobecken. Im Jahre 1868 begründet Muini Fugumbe die erste
arabische Niederlassung am Kongo, Nyangwe. Die wirtschaftliche Bedrängung
Schweiße das Arabertum zusammen, ihr Haß richtet sich gegen die Fremden. Ihr
Sultan gewinnt aus dieser Lage, er wird aus dem xrimus inwr xarss der
Herrscher, das natürliche Oberhaupt des arabischen Elements. Said Medjit
war ein diplomatischer Kopf. Er wußte sich durch die Fährnisse, die ihm von
den Fremden drohten, hindurchzuwinden. Unregelmäßigkeiten, die von den eng¬
lischen Kaperkreuzern aus Habgier begangen wurden, nutzte er geschickt aus.
Als 1861 Unruhen im Sansibargebiet ausbrachen, bei denen einige der ver¬
hafteten Briten den Tod fanden, wußte er mit Hinweis auf den erwachten
arabischen Fanatismus von England mildere Formen in der Behandlung des
für die Orientalen unverständlichen Sklavereiverbots zu erzielen, und im
folgenden Jahre erreichte er die Anerkennung seiner Selbständigkeit von Eng-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |