Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.(öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Ünterbeamte Wünschenswerter Weise gefördert, der Körper wird abgehärtet und mehr gegen Endlich ist die Wirkung nicht zu unterschätzen, die das innigere Zusammen¬ In einigen Städten der Provinz Schleswig-Holstein werden vom Magi¬ Welches Vergnügen gewährt es, wenn man an schönen Tagen ganze Grenzboten III 18S9 4t
(öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Ünterbeamte Wünschenswerter Weise gefördert, der Körper wird abgehärtet und mehr gegen Endlich ist die Wirkung nicht zu unterschätzen, die das innigere Zusammen¬ In einigen Städten der Provinz Schleswig-Holstein werden vom Magi¬ Welches Vergnügen gewährt es, wenn man an schönen Tagen ganze Grenzboten III 18S9 4t
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0329" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231499"/> <fw type="header" place="top"> (öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Ünterbeamte</fw><lb/> <p xml:id="ID_1019" prev="#ID_1018"> Wünschenswerter Weise gefördert, der Körper wird abgehärtet und mehr gegen<lb/> Krankheitsanfülle gestählt. Auch wird durch die Beobachtung dessen, was der<lb/> Boden hervorbringt, wie sich die Früchte der eignen Arbeit entwickeln, eine<lb/> innere Freudigkeit und Befriedigung für jeden einzelnen erzeugt, die wiederum<lb/> den Sinn für weitere Thätigkeit fördert und Freude an der Arbeit an sich<lb/> erweckt. Dies wird namentlich auf die Kinder von wohlthätigem Einfluß sein<lb/> und sie zu regem Eifer und Fleiß anspornen, wenn sie ein kleineres Stück<lb/> Land zur selbständigen Bewirtschaftung erhalten. Zugleich mit der Freude<lb/> am selbst Erworbnen und Geschaffnen wird auch die Achtung des Eigentums<lb/> im allgemeinen, sowie das Streben nach haushälterischer Einteilung und Spar¬<lb/> samkeit lebendig erhalten. In dieser Richtung kann bei der Erziehung des<lb/> jünger» Geschlechts durch die Schule viel gutes geschehen. Die Belehrung<lb/> auf dem Gebiete der Pflanzenkunde sollte mit Vorzug die Gartenwirtschaft<lb/> berücksichtigen, dann würde sicher auch mehr Aufmerksamkeit und Interesse bei<lb/> Schillern und Schülerinnen hervorgerufen, als es jetzt vielfach der Fall ist.<lb/> Wird in den Schulen die Belehrung auf praktische Beispiele gestützt, so ist<lb/> auch auf einen bessern Erfolg zu rechnen. Die Jugend bringt dann einen<lb/> Grundstock von Kenntnissen auf landwirtschaftlichen Gebiete schon mit ins<lb/> Leben, der für die spätern Jahre und für die Volkswirtschaft, für den all¬<lb/> gemeinen Wohlstand von großem Nutzen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1020"> Endlich ist die Wirkung nicht zu unterschätzen, die das innigere Zusammen¬<lb/> leben der Familienglieder in Gottes freier Natur, besonders an Sonn- und<lb/> Feiertagen auf Geist und Gemüt ausübt an einem Fleckchen Erde, das sie<lb/> gewissermaßen ihr eigen nennen können. Vor allem aber entzieht es die<lb/> Arbeiter dem ungesunden Wirtshausleben. So werden durch die Garten¬<lb/> arbeit nicht nur unnütze Geldausgabeu vermieden, sondern es wird auch noch<lb/> etwas hinzu erworben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1021"> In einigen Städten der Provinz Schleswig-Holstein werden vom Magi¬<lb/> strate schon seit längerer Zeit städtische Ländereien in der Nähe der Stadt in<lb/> Parzellen von etwa 20 Quadratruten zur Gartenbenutzung für jedermann zur<lb/> Verfügung gestellt und zu diesem Zweck öffentlich meistbietend verpachtet.<lb/> Hierbei wird beispielsweise in Kiel für eine Flüche von rund 20 Quadratruten<lb/> ein Pachtzins von 25 bis 35 Mark jährlich erzielt. Trotz dieses nicht gerade<lb/> niedrigen Pachtpreises ist doch die Nachfrage nach solchen Pachtgärten allseitig<lb/> sehr groß, ein Beweis dafür, wie hoch die oben geschilderten Vorteile von der<lb/> Bevölkerung geschätzt werden. Und in der That, da draußen vor den Thoren<lb/> der Stadt zeigt sich ein Stück echten deutschen Familienlebens, wie es er¬<lb/> quickender kaum gedacht werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1022" next="#ID_1023"> Welches Vergnügen gewährt es, wenn man an schönen Tagen ganze<lb/> Familien mit Kind und Kegel zur Stadt hinauswandern sieht, um den Garten<lb/> zu Pflegen, wenn man sie dann nach gethaner Arbeit gegen Abend im Garten-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 18S9 4t</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0329]
(öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Ünterbeamte
Wünschenswerter Weise gefördert, der Körper wird abgehärtet und mehr gegen
Krankheitsanfülle gestählt. Auch wird durch die Beobachtung dessen, was der
Boden hervorbringt, wie sich die Früchte der eignen Arbeit entwickeln, eine
innere Freudigkeit und Befriedigung für jeden einzelnen erzeugt, die wiederum
den Sinn für weitere Thätigkeit fördert und Freude an der Arbeit an sich
erweckt. Dies wird namentlich auf die Kinder von wohlthätigem Einfluß sein
und sie zu regem Eifer und Fleiß anspornen, wenn sie ein kleineres Stück
Land zur selbständigen Bewirtschaftung erhalten. Zugleich mit der Freude
am selbst Erworbnen und Geschaffnen wird auch die Achtung des Eigentums
im allgemeinen, sowie das Streben nach haushälterischer Einteilung und Spar¬
samkeit lebendig erhalten. In dieser Richtung kann bei der Erziehung des
jünger» Geschlechts durch die Schule viel gutes geschehen. Die Belehrung
auf dem Gebiete der Pflanzenkunde sollte mit Vorzug die Gartenwirtschaft
berücksichtigen, dann würde sicher auch mehr Aufmerksamkeit und Interesse bei
Schillern und Schülerinnen hervorgerufen, als es jetzt vielfach der Fall ist.
Wird in den Schulen die Belehrung auf praktische Beispiele gestützt, so ist
auch auf einen bessern Erfolg zu rechnen. Die Jugend bringt dann einen
Grundstock von Kenntnissen auf landwirtschaftlichen Gebiete schon mit ins
Leben, der für die spätern Jahre und für die Volkswirtschaft, für den all¬
gemeinen Wohlstand von großem Nutzen ist.
Endlich ist die Wirkung nicht zu unterschätzen, die das innigere Zusammen¬
leben der Familienglieder in Gottes freier Natur, besonders an Sonn- und
Feiertagen auf Geist und Gemüt ausübt an einem Fleckchen Erde, das sie
gewissermaßen ihr eigen nennen können. Vor allem aber entzieht es die
Arbeiter dem ungesunden Wirtshausleben. So werden durch die Garten¬
arbeit nicht nur unnütze Geldausgabeu vermieden, sondern es wird auch noch
etwas hinzu erworben.
In einigen Städten der Provinz Schleswig-Holstein werden vom Magi¬
strate schon seit längerer Zeit städtische Ländereien in der Nähe der Stadt in
Parzellen von etwa 20 Quadratruten zur Gartenbenutzung für jedermann zur
Verfügung gestellt und zu diesem Zweck öffentlich meistbietend verpachtet.
Hierbei wird beispielsweise in Kiel für eine Flüche von rund 20 Quadratruten
ein Pachtzins von 25 bis 35 Mark jährlich erzielt. Trotz dieses nicht gerade
niedrigen Pachtpreises ist doch die Nachfrage nach solchen Pachtgärten allseitig
sehr groß, ein Beweis dafür, wie hoch die oben geschilderten Vorteile von der
Bevölkerung geschätzt werden. Und in der That, da draußen vor den Thoren
der Stadt zeigt sich ein Stück echten deutschen Familienlebens, wie es er¬
quickender kaum gedacht werden kann.
Welches Vergnügen gewährt es, wenn man an schönen Tagen ganze
Familien mit Kind und Kegel zur Stadt hinauswandern sieht, um den Garten
zu Pflegen, wenn man sie dann nach gethaner Arbeit gegen Abend im Garten-
Grenzboten III 18S9 4t
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