Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Angelsachsen und Deutsche in Südamerika auszubilden, nach außen eine verhältnismäßig bescheidne überseeische Handels¬ Und nicht nur wirtschaftlich stärken diese ihr neues Vaterland, sie ziehen Aber, wird hier der ängstliche Einwand lauten, haben wir nicht unsre Ferner leben sonst vielfach Kolonisten deutscher Abstammung unter fremder, Angelsachsen und Deutsche in Südamerika auszubilden, nach außen eine verhältnismäßig bescheidne überseeische Handels¬ Und nicht nur wirtschaftlich stärken diese ihr neues Vaterland, sie ziehen Aber, wird hier der ängstliche Einwand lauten, haben wir nicht unsre Ferner leben sonst vielfach Kolonisten deutscher Abstammung unter fremder, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0159" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231329"/> <fw type="header" place="top"> Angelsachsen und Deutsche in Südamerika</fw><lb/> <p xml:id="ID_489" prev="#ID_488"> auszubilden, nach außen eine verhältnismäßig bescheidne überseeische Handels¬<lb/> politik unter der Ägide der angelsächsischen Vettern zu treiben und diesen wie<lb/> bisher den Blntzoll in Gestalt der Tausende von Auswandrern zu bezahlen,<lb/> die alljährlich zu deren wirtschaftlicher Stärkung der nationalen Arbeit ver¬<lb/> loren gehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_490"> Und nicht nur wirtschaftlich stärken diese ihr neues Vaterland, sie ziehen<lb/> auch dafür zu Feld. Nach dem Bericht eines Augenzeugen konnten auf einem<lb/> Transportdampfer, der Unionstrnppen nach den Philippinen hinüber führte, an¬<lb/> läßlich der Feier eines amerikanischen Nationalfestcs aus der Mitte der Milizen<lb/> deutscher Abstammung allein hundert in Deutschland ausgebildete Soldaten<lb/> ausgewählt werden, die vor versammeltem Kriegsvolke eine Probe des deutschen<lb/> Parademarsches vorzuführen hatten. Und wie viele Deutsche mögen sich außer<lb/> diesen Hundert noch auf dem einen Dampfer befunden haben! Wahrhaftig, die<lb/> Wahl sollte nicht schwer fallen, welchen Weg wir zu gehn haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_491"> Aber, wird hier der ängstliche Einwand lauten, haben wir nicht unsre<lb/> Volksgenossen aus den handarbeitenden Klassen im eignen Lande nötiger, als<lb/> daß wir sie für eine überseeische Kulturarbeit entbehren könnten, bei der es<lb/> noch fraglich ist, ob sie zuletzt dem Deutschtum als solchem zu gute kommen<lb/> wird? Dieser Einwand ist vollkommen berechtigt. Allein es geht auch ohne<lb/> einen fühlbaren Aderlaß an dem deutschen Volkskörper. Einmal handelt es<lb/> sich darum, die kolonisatorischen Kräfte immer mehr auch den gebildeter«,<lb/> höhern Klassen zu entnehmen, die sich in den angelsächsischen Ländern be¬<lb/> kanntlich in ganz andrer Weise an der kolonialen Arbeit beteiligen als bei<lb/> uns. Die Ablenkung der Jugend dieser Kreise von den bürokratischen und<lb/> gelehrten Berufen ist ebenso wie die richtige Verwendung für die sich vom Beruf<lb/> der Väter abwendenden Bauern- und Handwerkersöhne, die ein die Nach¬<lb/> frage weit übersteigendes Angebot besonders für den Kaufmannsstand und die<lb/> niedern Staatsstellungen liefern, eine Aufgabe, von deren befriedigender Lösung<lb/> sehr viel für eine gedeihliche Entwicklung unsrer sozialen Verhältnisse abhängt.<lb/> Sodann würde sich unter den in Nordamerika und Australien sowie in andern<lb/> angelsächsischen Gebiete:« schon angesiedelten Bauern und Handwerkern deutscher<lb/> Abstammung ein weites Nekrutierungsfeld eröffnen. Es unterliegt keinem<lb/> Zweifel, daß beispielsweise im Westen der Vereinigten Staaten deutsch-ameri¬<lb/> kanische Farmersöhne in Menge für die kolonisatorische Arbeit in Südamerika<lb/> zu gewinnen wären, die zugleich deu Vorteil böten, für die Pionierarbeit besser<lb/> vorgeschickt zu sein, als dies bei unsern deutschen Bauern der Fall ist. Eine<lb/> der dabei interessierten deutschen Dampferlinieu müßte dann zuweilen eines<lb/> ihrer Schiffe Baltimore oder einen andern der hierfür in Betracht kommenden<lb/> Häfen anlaufen lassen-</p><lb/> <p xml:id="ID_492" next="#ID_493"> Ferner leben sonst vielfach Kolonisten deutscher Abstammung unter fremder,<lb/> so besonders slawischer und muhammedanischer Bevölkerung in Enklaven ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0159]
Angelsachsen und Deutsche in Südamerika
auszubilden, nach außen eine verhältnismäßig bescheidne überseeische Handels¬
politik unter der Ägide der angelsächsischen Vettern zu treiben und diesen wie
bisher den Blntzoll in Gestalt der Tausende von Auswandrern zu bezahlen,
die alljährlich zu deren wirtschaftlicher Stärkung der nationalen Arbeit ver¬
loren gehn.
Und nicht nur wirtschaftlich stärken diese ihr neues Vaterland, sie ziehen
auch dafür zu Feld. Nach dem Bericht eines Augenzeugen konnten auf einem
Transportdampfer, der Unionstrnppen nach den Philippinen hinüber führte, an¬
läßlich der Feier eines amerikanischen Nationalfestcs aus der Mitte der Milizen
deutscher Abstammung allein hundert in Deutschland ausgebildete Soldaten
ausgewählt werden, die vor versammeltem Kriegsvolke eine Probe des deutschen
Parademarsches vorzuführen hatten. Und wie viele Deutsche mögen sich außer
diesen Hundert noch auf dem einen Dampfer befunden haben! Wahrhaftig, die
Wahl sollte nicht schwer fallen, welchen Weg wir zu gehn haben.
Aber, wird hier der ängstliche Einwand lauten, haben wir nicht unsre
Volksgenossen aus den handarbeitenden Klassen im eignen Lande nötiger, als
daß wir sie für eine überseeische Kulturarbeit entbehren könnten, bei der es
noch fraglich ist, ob sie zuletzt dem Deutschtum als solchem zu gute kommen
wird? Dieser Einwand ist vollkommen berechtigt. Allein es geht auch ohne
einen fühlbaren Aderlaß an dem deutschen Volkskörper. Einmal handelt es
sich darum, die kolonisatorischen Kräfte immer mehr auch den gebildeter«,
höhern Klassen zu entnehmen, die sich in den angelsächsischen Ländern be¬
kanntlich in ganz andrer Weise an der kolonialen Arbeit beteiligen als bei
uns. Die Ablenkung der Jugend dieser Kreise von den bürokratischen und
gelehrten Berufen ist ebenso wie die richtige Verwendung für die sich vom Beruf
der Väter abwendenden Bauern- und Handwerkersöhne, die ein die Nach¬
frage weit übersteigendes Angebot besonders für den Kaufmannsstand und die
niedern Staatsstellungen liefern, eine Aufgabe, von deren befriedigender Lösung
sehr viel für eine gedeihliche Entwicklung unsrer sozialen Verhältnisse abhängt.
Sodann würde sich unter den in Nordamerika und Australien sowie in andern
angelsächsischen Gebiete:« schon angesiedelten Bauern und Handwerkern deutscher
Abstammung ein weites Nekrutierungsfeld eröffnen. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß beispielsweise im Westen der Vereinigten Staaten deutsch-ameri¬
kanische Farmersöhne in Menge für die kolonisatorische Arbeit in Südamerika
zu gewinnen wären, die zugleich deu Vorteil böten, für die Pionierarbeit besser
vorgeschickt zu sein, als dies bei unsern deutschen Bauern der Fall ist. Eine
der dabei interessierten deutschen Dampferlinieu müßte dann zuweilen eines
ihrer Schiffe Baltimore oder einen andern der hierfür in Betracht kommenden
Häfen anlaufen lassen-
Ferner leben sonst vielfach Kolonisten deutscher Abstammung unter fremder,
so besonders slawischer und muhammedanischer Bevölkerung in Enklaven ver-
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