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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Angelsachsen und Deutsche in Südamerika

or kurzem teilte der Aso?or1( Ilsralä seinen Lesern eine Unter¬
redung mit, die ein Vertreter des Blattes in Alexandria mit
Cecil Rhodes gehabt hatte. Danach stellte dieser der Erobe¬
rungspolitik der Vereinigten Staaten in der Neuen Welt eine
glänzende Zukunft in Aussicht. Innerhalb von hundert Jahren,
meinte er, werde ganz Amerika, mit der einzigen Ausnahme von Kanada, unter
die Botmäßigkeit der Union gebracht sein. Also auch hier wieder, wie zur
Zeit überall, wo sich die angelsächsischen Brüder auf diesem Globus zusammen¬
finden, eitel Freundschaft zwischen den beiden, und die freundliche Einladung
Albions an die neue Weltmacht, soweit nicht englische Interessen dadurch ge¬
fährdet werden, ungeniert zuzugreifen und auch auf dem südlichen Kontinent,
der bekanntlich an sich mit dem nördlichen außer dem Namen nicht allzuviel
gemeinsame Eigentümlichkeiten aufweist, ganz zu thun, als ob man zu Hause
wäre. Daß der Gewaltige von Südafrika in diesem Fall England als stillen
Teilhaber an dem Geschäft mit in Rechnung nimmt, versteht sich bei der Inter¬
essengemeinschaft zwischen den beiden Schwesternationen von selbst; denn beide
sind bereit, "des weißen Mannes Bürde" redlich auf sich zu nehmen und
überall, wo noch farbige Menschen, vom zarten Hellgelb bis zum dunkelsten
Schwarz der Hautfarbe, nach ihrer Fa?-on selig werden mochten, das Banner
der heutzutage alleinseligmachenden angelsächsischen Gesittung aufzupflanzen.

Eine solche Äußerung Hütte nun an und sür sich nicht viel zu bedeuten,
wenn nicht eine Reihe von Thatsachen ein planmäßiges Vorgehen der Union
im Sinne der Losung, die hier ausgegeben worden ist, erkennen ließen. Seit
Jcihren werden von dem Kabinett von Washington Fäden um Fäden gesponnen,
um den südamerikanischen Koloß an die führende Macht im Norden enger und
enger anzuketten. Ganz allmählich hat man auf politischem Gebiet dem be-


Grenzbotcn III 189S 19


Angelsachsen und Deutsche in Südamerika

or kurzem teilte der Aso?or1( Ilsralä seinen Lesern eine Unter¬
redung mit, die ein Vertreter des Blattes in Alexandria mit
Cecil Rhodes gehabt hatte. Danach stellte dieser der Erobe¬
rungspolitik der Vereinigten Staaten in der Neuen Welt eine
glänzende Zukunft in Aussicht. Innerhalb von hundert Jahren,
meinte er, werde ganz Amerika, mit der einzigen Ausnahme von Kanada, unter
die Botmäßigkeit der Union gebracht sein. Also auch hier wieder, wie zur
Zeit überall, wo sich die angelsächsischen Brüder auf diesem Globus zusammen¬
finden, eitel Freundschaft zwischen den beiden, und die freundliche Einladung
Albions an die neue Weltmacht, soweit nicht englische Interessen dadurch ge¬
fährdet werden, ungeniert zuzugreifen und auch auf dem südlichen Kontinent,
der bekanntlich an sich mit dem nördlichen außer dem Namen nicht allzuviel
gemeinsame Eigentümlichkeiten aufweist, ganz zu thun, als ob man zu Hause
wäre. Daß der Gewaltige von Südafrika in diesem Fall England als stillen
Teilhaber an dem Geschäft mit in Rechnung nimmt, versteht sich bei der Inter¬
essengemeinschaft zwischen den beiden Schwesternationen von selbst; denn beide
sind bereit, „des weißen Mannes Bürde" redlich auf sich zu nehmen und
überall, wo noch farbige Menschen, vom zarten Hellgelb bis zum dunkelsten
Schwarz der Hautfarbe, nach ihrer Fa?-on selig werden mochten, das Banner
der heutzutage alleinseligmachenden angelsächsischen Gesittung aufzupflanzen.

Eine solche Äußerung Hütte nun an und sür sich nicht viel zu bedeuten,
wenn nicht eine Reihe von Thatsachen ein planmäßiges Vorgehen der Union
im Sinne der Losung, die hier ausgegeben worden ist, erkennen ließen. Seit
Jcihren werden von dem Kabinett von Washington Fäden um Fäden gesponnen,
um den südamerikanischen Koloß an die führende Macht im Norden enger und
enger anzuketten. Ganz allmählich hat man auf politischem Gebiet dem be-


Grenzbotcn III 189S 19
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[0153] [Abbildung] Angelsachsen und Deutsche in Südamerika or kurzem teilte der Aso?or1( Ilsralä seinen Lesern eine Unter¬ redung mit, die ein Vertreter des Blattes in Alexandria mit Cecil Rhodes gehabt hatte. Danach stellte dieser der Erobe¬ rungspolitik der Vereinigten Staaten in der Neuen Welt eine glänzende Zukunft in Aussicht. Innerhalb von hundert Jahren, meinte er, werde ganz Amerika, mit der einzigen Ausnahme von Kanada, unter die Botmäßigkeit der Union gebracht sein. Also auch hier wieder, wie zur Zeit überall, wo sich die angelsächsischen Brüder auf diesem Globus zusammen¬ finden, eitel Freundschaft zwischen den beiden, und die freundliche Einladung Albions an die neue Weltmacht, soweit nicht englische Interessen dadurch ge¬ fährdet werden, ungeniert zuzugreifen und auch auf dem südlichen Kontinent, der bekanntlich an sich mit dem nördlichen außer dem Namen nicht allzuviel gemeinsame Eigentümlichkeiten aufweist, ganz zu thun, als ob man zu Hause wäre. Daß der Gewaltige von Südafrika in diesem Fall England als stillen Teilhaber an dem Geschäft mit in Rechnung nimmt, versteht sich bei der Inter¬ essengemeinschaft zwischen den beiden Schwesternationen von selbst; denn beide sind bereit, „des weißen Mannes Bürde" redlich auf sich zu nehmen und überall, wo noch farbige Menschen, vom zarten Hellgelb bis zum dunkelsten Schwarz der Hautfarbe, nach ihrer Fa?-on selig werden mochten, das Banner der heutzutage alleinseligmachenden angelsächsischen Gesittung aufzupflanzen. Eine solche Äußerung Hütte nun an und sür sich nicht viel zu bedeuten, wenn nicht eine Reihe von Thatsachen ein planmäßiges Vorgehen der Union im Sinne der Losung, die hier ausgegeben worden ist, erkennen ließen. Seit Jcihren werden von dem Kabinett von Washington Fäden um Fäden gesponnen, um den südamerikanischen Koloß an die führende Macht im Norden enger und enger anzuketten. Ganz allmählich hat man auf politischem Gebiet dem be- Grenzbotcn III 189S 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/153>, abgerufen am 15.01.2025.