Eine Hrühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien Hermann Lhrenberg Von(Schluß)
er Eindruck, den das Schloß hervorruft, ist über alle Be¬ schreibung großartig. Es hat einen hohen und monumentalen Charakter, wie er nur wenig Kunstdenkmälern eigen ist. Dem Ernste des gesamten Aufbaus entspricht die Feierlichkeit der einzelnen Räume. Obwohl jedes Glied sehr sorgfältig durch¬ gebildet ist, so finden wir doch nirgends etwas Kleinliches. Alles ist hier groß und ernst gedacht und von wahrhaft klassischem Geiste beseelt. Und steigt man in einer der Wendeltreppen die 106 Stufen hinauf zum flachen Dache, so wird auch hier oben die Seele durch gleiche Eindrücke bewegt; nirgends offenbart sich der Charakter der Landschaft, den ich vorhin zu schildern ver¬ sucht habe, schöner als hier auf dem "Balkon," dem "Velvedere" Apuliens.") Natur und Kunst greifen wirkungsvoll ineinander. Hier lernt man es in der That erst vollends verstehen, warum Kaiser Friedrich eine besondre Vorliebe für Apulien und seine weiträumiger Gefilde hegte.
Die große Land- und Meeresflüche, die man überschaut, erhält übrigens eine prächtige Umrahmung durch die fernen hohen Berge, unter denen der mächtige Stock des vereinzelt in die Adria vorspringenden Monte Gargäno, des Sporns am Stiefel Italiens, besonders auffüllt. Unter den Ortschaften aber fesseln uns namentlich die Hafenplätze Barlettci, Trani n. a. in., dazu in der Nähe die Landstadt Andria, einst gleichfalls ein Lieblingssitz der Hohenstaufen, wo zwei Gemahlinnen Friedrichs II. beigesetzt worden sind, und wo man noch heute dnrch eine angeblich vom Kaiser selbst verfaßte metrische Inschrift an einem Stadtthor an die Zeiten des Glanzes erinnert wird.
Von Andria aus, das man mit einer Trambahn von Barlettci her leicht und bequem erreicht, wird man am häufigsten das Castello aufsuchen. An die Stelle des frühern Saumpfades ist schon seit mehreren Jahren eine Provinzial-
Castel del Monte liegt 540 Meter über dein Meere.
Eine Hrühlingsfahrt nach den Abruzzen und nach Apulien Hermann Lhrenberg Von(Schluß)
er Eindruck, den das Schloß hervorruft, ist über alle Be¬ schreibung großartig. Es hat einen hohen und monumentalen Charakter, wie er nur wenig Kunstdenkmälern eigen ist. Dem Ernste des gesamten Aufbaus entspricht die Feierlichkeit der einzelnen Räume. Obwohl jedes Glied sehr sorgfältig durch¬ gebildet ist, so finden wir doch nirgends etwas Kleinliches. Alles ist hier groß und ernst gedacht und von wahrhaft klassischem Geiste beseelt. Und steigt man in einer der Wendeltreppen die 106 Stufen hinauf zum flachen Dache, so wird auch hier oben die Seele durch gleiche Eindrücke bewegt; nirgends offenbart sich der Charakter der Landschaft, den ich vorhin zu schildern ver¬ sucht habe, schöner als hier auf dem „Balkon," dem „Velvedere" Apuliens.") Natur und Kunst greifen wirkungsvoll ineinander. Hier lernt man es in der That erst vollends verstehen, warum Kaiser Friedrich eine besondre Vorliebe für Apulien und seine weiträumiger Gefilde hegte.
Die große Land- und Meeresflüche, die man überschaut, erhält übrigens eine prächtige Umrahmung durch die fernen hohen Berge, unter denen der mächtige Stock des vereinzelt in die Adria vorspringenden Monte Gargäno, des Sporns am Stiefel Italiens, besonders auffüllt. Unter den Ortschaften aber fesseln uns namentlich die Hafenplätze Barlettci, Trani n. a. in., dazu in der Nähe die Landstadt Andria, einst gleichfalls ein Lieblingssitz der Hohenstaufen, wo zwei Gemahlinnen Friedrichs II. beigesetzt worden sind, und wo man noch heute dnrch eine angeblich vom Kaiser selbst verfaßte metrische Inschrift an einem Stadtthor an die Zeiten des Glanzes erinnert wird.
Von Andria aus, das man mit einer Trambahn von Barlettci her leicht und bequem erreicht, wird man am häufigsten das Castello aufsuchen. An die Stelle des frühern Saumpfades ist schon seit mehreren Jahren eine Provinzial-
Castel del Monte liegt 540 Meter über dein Meere.
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Eine Hrühlingsfahrt nach den Abruzzen
und nach Apulien
Hermann Lhrenberg Von(Schluß)
er Eindruck, den das Schloß hervorruft, ist über alle Be¬
schreibung großartig. Es hat einen hohen und monumentalen
Charakter, wie er nur wenig Kunstdenkmälern eigen ist. Dem
Ernste des gesamten Aufbaus entspricht die Feierlichkeit der
einzelnen Räume. Obwohl jedes Glied sehr sorgfältig durch¬
gebildet ist, so finden wir doch nirgends etwas Kleinliches. Alles ist hier
groß und ernst gedacht und von wahrhaft klassischem Geiste beseelt. Und
steigt man in einer der Wendeltreppen die 106 Stufen hinauf zum flachen
Dache, so wird auch hier oben die Seele durch gleiche Eindrücke bewegt; nirgends
offenbart sich der Charakter der Landschaft, den ich vorhin zu schildern ver¬
sucht habe, schöner als hier auf dem „Balkon," dem „Velvedere" Apuliens.")
Natur und Kunst greifen wirkungsvoll ineinander. Hier lernt man es in der
That erst vollends verstehen, warum Kaiser Friedrich eine besondre Vorliebe
für Apulien und seine weiträumiger Gefilde hegte.
Die große Land- und Meeresflüche, die man überschaut, erhält übrigens eine
prächtige Umrahmung durch die fernen hohen Berge, unter denen der mächtige
Stock des vereinzelt in die Adria vorspringenden Monte Gargäno, des Sporns
am Stiefel Italiens, besonders auffüllt. Unter den Ortschaften aber fesseln
uns namentlich die Hafenplätze Barlettci, Trani n. a. in., dazu in der Nähe
die Landstadt Andria, einst gleichfalls ein Lieblingssitz der Hohenstaufen, wo
zwei Gemahlinnen Friedrichs II. beigesetzt worden sind, und wo man noch
heute dnrch eine angeblich vom Kaiser selbst verfaßte metrische Inschrift an
einem Stadtthor an die Zeiten des Glanzes erinnert wird.
Von Andria aus, das man mit einer Trambahn von Barlettci her leicht
und bequem erreicht, wird man am häufigsten das Castello aufsuchen. An die
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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/123>, abgerufen am 23.01.2025.
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