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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Die Lrfolge der Palästinafahrt unsers Uaisers

Landes eine tiefere Bedeutung zukomme und ihm die Zukunft gehöre, zumal
da auf deutscher Seite wirklich Arbeit geleistet werde, während das Französische
nur die Formen des Verkehrs bestimmt und als Wirklichkeit doch nnr in
Form von Kirchen- und Ordensniederlassungen auftritt.

Seit den Oktobertagen erscheinen auch auf dem deutschen Markte Jafa-
apfelsinen, die Erzeugnisse der wackern Schwaben, die bisher nur in Ägypten
und besonders auf den großen Dampfern in Port Said Absatz fanden. Hoffent¬
lich wird sich auch der Palästinawein unsrer Kolonisten immer mehr Liebhaber
im deutschen Mutterlands erwerben und ihnen so wirtschaftlich zu noch größerm
Aufschwünge verhelfen. Damit in Zukunft das Deutschtum in Palästina eine
einheitlichere Krüftiguug erfährt, ist das Konsulat zu Jerusalem noch in den
Kaisertagen in ein Generalkonsulat verwandelt worden, das der bewährten
Leitung des bisherigen Konsuls I)r. Tischendorf anvertraut worden ist. Welche
begeisterte und vaterlandsfrohe Stimmung gegenwärtig unter den Deutschen
herrscht, mag daraus hervorgehen, daß am 18. Januar in Jerusalem unter
zahlreicher Beteiligung ein Flottenverein gegründet worden ist; die Sammlung,
die gleich am ersten Abende zu diesem Zwecke veranstaltet wurde, ergab über
1000 Mark.

Von großem Interesse ist auch eine Mitteilung, die Ende März über
Paris kam, daß Kaiser Wilhelm in der Nähe des alten Caesarea, an der
einzigen guten Stelle der unwirtlichen Küste, wo schon die Römer den Ein¬
gangshafen für Palästina angelegt hatten, eine Kohlenstation und das dazu
gehörige Land für Deutschland käuflich erworben habe.

Dies dürften die Folgen sein, soweit sie sich uns aufdrängen, die die
Kaiserreise unmittelbar für die Deutschen Palästinas gehabt hat; aber auch
dem Deutschtum, das im türkischen Reiche in Kleinasien sowohl wie in dem
europäischen Teile des Reichs thätig ist, hat die Reise große Vorteile gebracht.
Am 29. Januar wurde durch Jrade des Sultans der deutschen Anatolischen
Eisenbahngesellschaft das schon lange erstrebte Recht zugesichert, einen großen
Handelshafen mit Docks und Speichern in Haidar-Pascha am Bosporus an¬
zulegen. Durch diesen Hafen erhält die genannte Bahn, die bekanntlich das
Rückgrat aller wirtschaftlichen Unternehmungen Deutschlands in Kleinasien ist,
den Anschluß an das Meer. Künftig werden also die deutschen Handelsschiffe
am Bosporus, Konstantinopel gegenüber, die zur Einfuhr nach Kleinasten be¬
stimmten Waren löschen und ebenso die aus dem Innern herangeführten Er¬
zeugnisse unmittelbar übernehmen können, die ihnen bisher durch Leichterschiffe
umständlich zugeführt werden mußten.*)

Ebenso hat der Sultan jüngst dem Geheimen Regierungsrat Dr. Zander
in Konstantinopel, dem Direktor der Anatolischen Bahnen, die Genehmigung



Glücklicherweise ist eS den französischen Ranken nicht gelungen, diese Erlaubnis zu
hintertreiben i denn am 23, März ist zwischen dein türkischen Bautemninister und Dr. Zander
der Vertrag endgiltig unterzeichnet worden.
Die Lrfolge der Palästinafahrt unsers Uaisers

Landes eine tiefere Bedeutung zukomme und ihm die Zukunft gehöre, zumal
da auf deutscher Seite wirklich Arbeit geleistet werde, während das Französische
nur die Formen des Verkehrs bestimmt und als Wirklichkeit doch nnr in
Form von Kirchen- und Ordensniederlassungen auftritt.

Seit den Oktobertagen erscheinen auch auf dem deutschen Markte Jafa-
apfelsinen, die Erzeugnisse der wackern Schwaben, die bisher nur in Ägypten
und besonders auf den großen Dampfern in Port Said Absatz fanden. Hoffent¬
lich wird sich auch der Palästinawein unsrer Kolonisten immer mehr Liebhaber
im deutschen Mutterlands erwerben und ihnen so wirtschaftlich zu noch größerm
Aufschwünge verhelfen. Damit in Zukunft das Deutschtum in Palästina eine
einheitlichere Krüftiguug erfährt, ist das Konsulat zu Jerusalem noch in den
Kaisertagen in ein Generalkonsulat verwandelt worden, das der bewährten
Leitung des bisherigen Konsuls I)r. Tischendorf anvertraut worden ist. Welche
begeisterte und vaterlandsfrohe Stimmung gegenwärtig unter den Deutschen
herrscht, mag daraus hervorgehen, daß am 18. Januar in Jerusalem unter
zahlreicher Beteiligung ein Flottenverein gegründet worden ist; die Sammlung,
die gleich am ersten Abende zu diesem Zwecke veranstaltet wurde, ergab über
1000 Mark.

Von großem Interesse ist auch eine Mitteilung, die Ende März über
Paris kam, daß Kaiser Wilhelm in der Nähe des alten Caesarea, an der
einzigen guten Stelle der unwirtlichen Küste, wo schon die Römer den Ein¬
gangshafen für Palästina angelegt hatten, eine Kohlenstation und das dazu
gehörige Land für Deutschland käuflich erworben habe.

Dies dürften die Folgen sein, soweit sie sich uns aufdrängen, die die
Kaiserreise unmittelbar für die Deutschen Palästinas gehabt hat; aber auch
dem Deutschtum, das im türkischen Reiche in Kleinasien sowohl wie in dem
europäischen Teile des Reichs thätig ist, hat die Reise große Vorteile gebracht.
Am 29. Januar wurde durch Jrade des Sultans der deutschen Anatolischen
Eisenbahngesellschaft das schon lange erstrebte Recht zugesichert, einen großen
Handelshafen mit Docks und Speichern in Haidar-Pascha am Bosporus an¬
zulegen. Durch diesen Hafen erhält die genannte Bahn, die bekanntlich das
Rückgrat aller wirtschaftlichen Unternehmungen Deutschlands in Kleinasien ist,
den Anschluß an das Meer. Künftig werden also die deutschen Handelsschiffe
am Bosporus, Konstantinopel gegenüber, die zur Einfuhr nach Kleinasten be¬
stimmten Waren löschen und ebenso die aus dem Innern herangeführten Er¬
zeugnisse unmittelbar übernehmen können, die ihnen bisher durch Leichterschiffe
umständlich zugeführt werden mußten.*)

Ebenso hat der Sultan jüngst dem Geheimen Regierungsrat Dr. Zander
in Konstantinopel, dem Direktor der Anatolischen Bahnen, die Genehmigung



Glücklicherweise ist eS den französischen Ranken nicht gelungen, diese Erlaubnis zu
hintertreiben i denn am 23, März ist zwischen dein türkischen Bautemninister und Dr. Zander
der Vertrag endgiltig unterzeichnet worden.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/69>, abgerufen am 28.09.2024.