Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.Die Aussichten des Rhein-Llbekanals wird der Staatseisenbahn eine verhängnisvolle Konkurrenz machen, ihre Über¬ Auch darüber ist seitens der Regierungsvertreter gar kein Zweifel übrig Nach gewissenhafter Prüfung aller Umstände kann die Regierung nicht Auch die Behauptung, daß durch den Mittellandkanal die Überschwemmung Was gerade diese ganze Opposition in Wahrheit wert ist, das hat der Mi¬ Die Aussichten des Rhein-Llbekanals wird der Staatseisenbahn eine verhängnisvolle Konkurrenz machen, ihre Über¬ Auch darüber ist seitens der Regierungsvertreter gar kein Zweifel übrig Nach gewissenhafter Prüfung aller Umstände kann die Regierung nicht Auch die Behauptung, daß durch den Mittellandkanal die Überschwemmung Was gerade diese ganze Opposition in Wahrheit wert ist, das hat der Mi¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230725"/> <fw type="header" place="top"> Die Aussichten des Rhein-Llbekanals</fw><lb/> <p xml:id="ID_912" prev="#ID_911"> wird der Staatseisenbahn eine verhängnisvolle Konkurrenz machen, ihre Über¬<lb/> schüsse werden dadurch herabgedrückt werden. Natürlich haben die Minister<lb/> solchen grundsätzlichen und grundlosen Opponenten gegenüber schließlich nur<lb/> noch Spott übrig gehabt. Aber leider ist die große Masse des gebildeten<lb/> Publikums uur zu sehr geneigt, Vernunft und Logik beiseite zu stellen, sobald<lb/> oppositionelle Schlagworte ausgegeben sind, mögen sie sich auch schroff wider¬<lb/> sprechen und sich gegenseitig aufheben.</p><lb/> <p xml:id="ID_913"> Auch darüber ist seitens der Regierungsvertreter gar kein Zweifel übrig<lb/> gelassen worden, daß die Hoffnung, durch Vermehrung der Eisenbahnen allein<lb/> mit geringern Kosten den zu erwartenden Ansprüchen des Verkehrs in Zukunft<lb/> genügen zu können, falsch ist, daß vielmehr die Anlage neuer Gleise und Bahn¬<lb/> höfe, wenn sie den Transport der Massengüter allein bewältigen sollten und<lb/> zugleich den andern Ansprüchen halbwegs genügen, den Aufwand von Summen<lb/> erfordern würden, wogegen die Kosten des Kanalbans verschwindend sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_914"> Nach gewissenhafter Prüfung aller Umstände kann die Regierung nicht<lb/> anders, als die zukünftige Entlastung der Eisenbahnen durch Ausbau der<lb/> Wasserstraßen vorzubereiten und zu sichern. Thatsächlich stellt sich die bisher<lb/> erwähnte Polemik gegen die Vorlage nur dar als eine Klopffechterei ohne<lb/> ernsthafte sachliche Bedeutung.</p><lb/> <p xml:id="ID_915"> Auch die Behauptung, daß durch den Mittellandkanal die Überschwemmung<lb/> des Jnlandsmarkts mit fremdem Getreide werde gefördert werden, ist von den<lb/> gut agrarischen Ministern Miquel und Hammerstein mit mathematischer Schürfe<lb/> widerlegt worden. Mit dem Zirkel in der Hand kann sich jedermann auf der<lb/> Landkarte davon überzeugen, daß der Kanal in keinem Teile dem Getreideimport<lb/> neue Vorteile bringt, wohl aber den Transport der landwirtschaftlichen Pro¬<lb/> dukte Ostelbiens nach dem dentschen Westen wesentlich zu verbillige:, verspricht.<lb/> Die agrarische Opposition im Landtage scheint auch von diesem Vorwand keinen<lb/> Eindruck mehr zu erwarten, wenn sie auch bei den Bauern immer noch Stimmung<lb/> damit gegen die Regierung zu machen versuchen und verstehn wird. Aber es<lb/> wird unentwegt weiter opponiert, auch ohne jeden Vorwand.</p><lb/> <p xml:id="ID_916" next="#ID_917"> Was gerade diese ganze Opposition in Wahrheit wert ist, das hat der Mi¬<lb/> nister der öffentlichen Arbeiten am 18. April in einer weit über den Rahmen der<lb/> Kanalvorlage bedeutsamen Kritik der Reden des Grafen Kanitz mit voller Klar¬<lb/> heit dargelegt. Graf Kanitz hatte seine und seiner Parteigenossen Anschauungen<lb/> unter dem lebhaften Beifall der Agrarier wie folgt scharf formuliert: „Ich<lb/> darf meinen Standpunkt zu dieser Vorlage nochmals dahin zusammenfassen,<lb/> daß ich durchaus keinen Stillstand in der Entwicklung unsers Verkehrswesens<lb/> wünsche. Aber diese Entwicklung muß eine gleichmüßige sein; sie muß allen<lb/> Landesteilen gleichmüßig zu gute kommen. Sie muß namentlich mit der Pro¬<lb/> duktion gleichen Schritt halten, mit ihr Hand in Hand gehn; sonst werden die<lb/> Verkehrserleichterungen mehr dem Auslande als dem Inlande zu gute kommen.<lb/> Wir gelangen dann zu keinem wirtschaftlichen Aufschwung, sondern nur zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0293]
Die Aussichten des Rhein-Llbekanals
wird der Staatseisenbahn eine verhängnisvolle Konkurrenz machen, ihre Über¬
schüsse werden dadurch herabgedrückt werden. Natürlich haben die Minister
solchen grundsätzlichen und grundlosen Opponenten gegenüber schließlich nur
noch Spott übrig gehabt. Aber leider ist die große Masse des gebildeten
Publikums uur zu sehr geneigt, Vernunft und Logik beiseite zu stellen, sobald
oppositionelle Schlagworte ausgegeben sind, mögen sie sich auch schroff wider¬
sprechen und sich gegenseitig aufheben.
Auch darüber ist seitens der Regierungsvertreter gar kein Zweifel übrig
gelassen worden, daß die Hoffnung, durch Vermehrung der Eisenbahnen allein
mit geringern Kosten den zu erwartenden Ansprüchen des Verkehrs in Zukunft
genügen zu können, falsch ist, daß vielmehr die Anlage neuer Gleise und Bahn¬
höfe, wenn sie den Transport der Massengüter allein bewältigen sollten und
zugleich den andern Ansprüchen halbwegs genügen, den Aufwand von Summen
erfordern würden, wogegen die Kosten des Kanalbans verschwindend sind.
Nach gewissenhafter Prüfung aller Umstände kann die Regierung nicht
anders, als die zukünftige Entlastung der Eisenbahnen durch Ausbau der
Wasserstraßen vorzubereiten und zu sichern. Thatsächlich stellt sich die bisher
erwähnte Polemik gegen die Vorlage nur dar als eine Klopffechterei ohne
ernsthafte sachliche Bedeutung.
Auch die Behauptung, daß durch den Mittellandkanal die Überschwemmung
des Jnlandsmarkts mit fremdem Getreide werde gefördert werden, ist von den
gut agrarischen Ministern Miquel und Hammerstein mit mathematischer Schürfe
widerlegt worden. Mit dem Zirkel in der Hand kann sich jedermann auf der
Landkarte davon überzeugen, daß der Kanal in keinem Teile dem Getreideimport
neue Vorteile bringt, wohl aber den Transport der landwirtschaftlichen Pro¬
dukte Ostelbiens nach dem dentschen Westen wesentlich zu verbillige:, verspricht.
Die agrarische Opposition im Landtage scheint auch von diesem Vorwand keinen
Eindruck mehr zu erwarten, wenn sie auch bei den Bauern immer noch Stimmung
damit gegen die Regierung zu machen versuchen und verstehn wird. Aber es
wird unentwegt weiter opponiert, auch ohne jeden Vorwand.
Was gerade diese ganze Opposition in Wahrheit wert ist, das hat der Mi¬
nister der öffentlichen Arbeiten am 18. April in einer weit über den Rahmen der
Kanalvorlage bedeutsamen Kritik der Reden des Grafen Kanitz mit voller Klar¬
heit dargelegt. Graf Kanitz hatte seine und seiner Parteigenossen Anschauungen
unter dem lebhaften Beifall der Agrarier wie folgt scharf formuliert: „Ich
darf meinen Standpunkt zu dieser Vorlage nochmals dahin zusammenfassen,
daß ich durchaus keinen Stillstand in der Entwicklung unsers Verkehrswesens
wünsche. Aber diese Entwicklung muß eine gleichmüßige sein; sie muß allen
Landesteilen gleichmüßig zu gute kommen. Sie muß namentlich mit der Pro¬
duktion gleichen Schritt halten, mit ihr Hand in Hand gehn; sonst werden die
Verkehrserleichterungen mehr dem Auslande als dem Inlande zu gute kommen.
Wir gelangen dann zu keinem wirtschaftlichen Aufschwung, sondern nur zu
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |