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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Rassen und Kriege

zeigen wird, wie das plötzliche Leuchten eines elektrischen Leitungssystems von
unzähligen Glühkörpern. Solange es möglich ist, werden die Engländer, als
die beati xosMsntgZ, den Kampf hinausschieben. In dem Augenblick aber,
wo er unvermeidlich wird, werden sie ihn mit einer wilden Energie aufnehmen
und ihren letzten Mann und ihren letzten Penny an ihn wenden. Bei den
kolossalen Reichtümern, den gesunden Finanzen und der zähen Volkskraft der
Rasse ist der ungünstige Ausgang des Kampfes keineswegs eine ausgemachte
Sache. Nußland müßte sehr gesunde innere Zustände haben, wenn es einen
solchen Gegner überwinden sollte. Die neusten Aufdeckungen russischer Finanzen
(f. Grenzboten Ur. 2) lassen diese in einem recht traurigen Lichte erscheinen.
Daß Frankreich sofort dem russischen Bruder Milliarden anbietet, wenn dieser
dem verhaßten Albion zu Leibe geht, ist selbstverständlich; um Krieg anzufangen
ist immer Geld vorhanden. Um ihn auszuhalten, ist England weit überlegen.
In dem Kampf zwischen Slawen und Angelsachsen wird die Welt erfahren
-- und eine gewisse Klasse deutscher Bierbankpolitiker wird staunen --, wie
groß die innere Macht Großbritanniens und wie groß die innere Ohnmacht
Rußlands ist, das bei allem äußern Glanz ein kranker Koloß bleibt. Für die
politische Reife eines Deutschen giebt es keinen bessern Maßstab als den, auf
wessen Seite er in diesem großen Nassenkampfe stehn wird, in dem, wie überall,
die geistigen und moralischen Kräfte den Ausschlag geben müssen.

Im modernen Kriege mit seiner furchtbaren Zerstörungstechnik werden
höhere moralische Anforderungen an den Soldaten gestellt, als je zuvor. Der
Wert des kalten Mutes im Gegensatz zum tierischen ist größer geworden. Der
kühle Mut der Besonnenheit ist bei allen Kulturvölkern vertreten, am häufigsten
aber das ist Erfahrungsthatsache -- bei den Nationen germanischer Ab¬
stammung mit regem Seeverkehr und Welthandel.

Wer längere Zeit im Auslande gelebt hat, lernt Rassenqualitäten erkennen
und unterscheiden; er gewinnt die erforderliche Distanz zur Abschätzung der
relativen Stärkegrade. Dem Deutschen in der Heimat wird die Erkenntnis,
wie groß das Kraftzentrum des Reiches ist, kaum so klar zum Bewußtsein
kommen, als dem im Anstand "zuschauenden," der Vergleiche anstellen kann mit
den auswärtigen Zuständen. Unser Heer gewährleistet nur deshalb den Frieden,
weil es die Fähigkeit hat, ihn zu erzwingen. Wohin wir unser Augenmerk
zu richten haben, das wird angesichts der jüngsten überseeischen Verwicklungen
wohl selbst dem Kurzsichtigsten klar geworden sein: auf den Ausbau unsrer
tüchtigen, aber im Verhältnis zu einer Vereinigung der anglv-amerikanischen
Seemacht doch lächerlich kleinen Flotte. Auf politische Rücksicht der Angel¬
sachsen als Stammverwandte können wir uns -- so bedauerlich diese Thatsache
sein mag -- nicht verlassen. Aber eine schlagfertige Seemacht zu haben, die
dazu hinreicht, daß es sich die verantwortlichen Persönlichkeiten in Washington
und London zweimal überlegen, ehe sie uns angreifen, darauf darf und muß


Grenzboten II 1899 31
Rassen und Kriege

zeigen wird, wie das plötzliche Leuchten eines elektrischen Leitungssystems von
unzähligen Glühkörpern. Solange es möglich ist, werden die Engländer, als
die beati xosMsntgZ, den Kampf hinausschieben. In dem Augenblick aber,
wo er unvermeidlich wird, werden sie ihn mit einer wilden Energie aufnehmen
und ihren letzten Mann und ihren letzten Penny an ihn wenden. Bei den
kolossalen Reichtümern, den gesunden Finanzen und der zähen Volkskraft der
Rasse ist der ungünstige Ausgang des Kampfes keineswegs eine ausgemachte
Sache. Nußland müßte sehr gesunde innere Zustände haben, wenn es einen
solchen Gegner überwinden sollte. Die neusten Aufdeckungen russischer Finanzen
(f. Grenzboten Ur. 2) lassen diese in einem recht traurigen Lichte erscheinen.
Daß Frankreich sofort dem russischen Bruder Milliarden anbietet, wenn dieser
dem verhaßten Albion zu Leibe geht, ist selbstverständlich; um Krieg anzufangen
ist immer Geld vorhanden. Um ihn auszuhalten, ist England weit überlegen.
In dem Kampf zwischen Slawen und Angelsachsen wird die Welt erfahren
— und eine gewisse Klasse deutscher Bierbankpolitiker wird staunen —, wie
groß die innere Macht Großbritanniens und wie groß die innere Ohnmacht
Rußlands ist, das bei allem äußern Glanz ein kranker Koloß bleibt. Für die
politische Reife eines Deutschen giebt es keinen bessern Maßstab als den, auf
wessen Seite er in diesem großen Nassenkampfe stehn wird, in dem, wie überall,
die geistigen und moralischen Kräfte den Ausschlag geben müssen.

Im modernen Kriege mit seiner furchtbaren Zerstörungstechnik werden
höhere moralische Anforderungen an den Soldaten gestellt, als je zuvor. Der
Wert des kalten Mutes im Gegensatz zum tierischen ist größer geworden. Der
kühle Mut der Besonnenheit ist bei allen Kulturvölkern vertreten, am häufigsten
aber das ist Erfahrungsthatsache — bei den Nationen germanischer Ab¬
stammung mit regem Seeverkehr und Welthandel.

Wer längere Zeit im Auslande gelebt hat, lernt Rassenqualitäten erkennen
und unterscheiden; er gewinnt die erforderliche Distanz zur Abschätzung der
relativen Stärkegrade. Dem Deutschen in der Heimat wird die Erkenntnis,
wie groß das Kraftzentrum des Reiches ist, kaum so klar zum Bewußtsein
kommen, als dem im Anstand „zuschauenden," der Vergleiche anstellen kann mit
den auswärtigen Zuständen. Unser Heer gewährleistet nur deshalb den Frieden,
weil es die Fähigkeit hat, ihn zu erzwingen. Wohin wir unser Augenmerk
zu richten haben, das wird angesichts der jüngsten überseeischen Verwicklungen
wohl selbst dem Kurzsichtigsten klar geworden sein: auf den Ausbau unsrer
tüchtigen, aber im Verhältnis zu einer Vereinigung der anglv-amerikanischen
Seemacht doch lächerlich kleinen Flotte. Auf politische Rücksicht der Angel¬
sachsen als Stammverwandte können wir uns — so bedauerlich diese Thatsache
sein mag — nicht verlassen. Aber eine schlagfertige Seemacht zu haben, die
dazu hinreicht, daß es sich die verantwortlichen Persönlichkeiten in Washington
und London zweimal überlegen, ehe sie uns angreifen, darauf darf und muß


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[0249] Rassen und Kriege zeigen wird, wie das plötzliche Leuchten eines elektrischen Leitungssystems von unzähligen Glühkörpern. Solange es möglich ist, werden die Engländer, als die beati xosMsntgZ, den Kampf hinausschieben. In dem Augenblick aber, wo er unvermeidlich wird, werden sie ihn mit einer wilden Energie aufnehmen und ihren letzten Mann und ihren letzten Penny an ihn wenden. Bei den kolossalen Reichtümern, den gesunden Finanzen und der zähen Volkskraft der Rasse ist der ungünstige Ausgang des Kampfes keineswegs eine ausgemachte Sache. Nußland müßte sehr gesunde innere Zustände haben, wenn es einen solchen Gegner überwinden sollte. Die neusten Aufdeckungen russischer Finanzen (f. Grenzboten Ur. 2) lassen diese in einem recht traurigen Lichte erscheinen. Daß Frankreich sofort dem russischen Bruder Milliarden anbietet, wenn dieser dem verhaßten Albion zu Leibe geht, ist selbstverständlich; um Krieg anzufangen ist immer Geld vorhanden. Um ihn auszuhalten, ist England weit überlegen. In dem Kampf zwischen Slawen und Angelsachsen wird die Welt erfahren — und eine gewisse Klasse deutscher Bierbankpolitiker wird staunen —, wie groß die innere Macht Großbritanniens und wie groß die innere Ohnmacht Rußlands ist, das bei allem äußern Glanz ein kranker Koloß bleibt. Für die politische Reife eines Deutschen giebt es keinen bessern Maßstab als den, auf wessen Seite er in diesem großen Nassenkampfe stehn wird, in dem, wie überall, die geistigen und moralischen Kräfte den Ausschlag geben müssen. Im modernen Kriege mit seiner furchtbaren Zerstörungstechnik werden höhere moralische Anforderungen an den Soldaten gestellt, als je zuvor. Der Wert des kalten Mutes im Gegensatz zum tierischen ist größer geworden. Der kühle Mut der Besonnenheit ist bei allen Kulturvölkern vertreten, am häufigsten aber das ist Erfahrungsthatsache — bei den Nationen germanischer Ab¬ stammung mit regem Seeverkehr und Welthandel. Wer längere Zeit im Auslande gelebt hat, lernt Rassenqualitäten erkennen und unterscheiden; er gewinnt die erforderliche Distanz zur Abschätzung der relativen Stärkegrade. Dem Deutschen in der Heimat wird die Erkenntnis, wie groß das Kraftzentrum des Reiches ist, kaum so klar zum Bewußtsein kommen, als dem im Anstand „zuschauenden," der Vergleiche anstellen kann mit den auswärtigen Zuständen. Unser Heer gewährleistet nur deshalb den Frieden, weil es die Fähigkeit hat, ihn zu erzwingen. Wohin wir unser Augenmerk zu richten haben, das wird angesichts der jüngsten überseeischen Verwicklungen wohl selbst dem Kurzsichtigsten klar geworden sein: auf den Ausbau unsrer tüchtigen, aber im Verhältnis zu einer Vereinigung der anglv-amerikanischen Seemacht doch lächerlich kleinen Flotte. Auf politische Rücksicht der Angel¬ sachsen als Stammverwandte können wir uns — so bedauerlich diese Thatsache sein mag — nicht verlassen. Aber eine schlagfertige Seemacht zu haben, die dazu hinreicht, daß es sich die verantwortlichen Persönlichkeiten in Washington und London zweimal überlegen, ehe sie uns angreifen, darauf darf und muß Grenzboten II 1899 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/249>, abgerufen am 28.09.2024.