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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Rasse" und Kriege

arbeiteten einander in die Hände wie beim dass-lmII-Spiel. Etwas viel Ge¬
schrei machten sie dabei, aber es war "Zug" darin. Fünf Minuten später
waren alle Zelte zusammen gepackt. Ich mußte unwillkürlich an die "affenartige
Geschwindigkeit der Preußen" denken. Es waren übrigens auch eine Menge
Leute, die deutsche Namen hatten, darunter, Nachkommen von Deutsch¬
amerikanern. Ich sagte mir: mit einem Exerziermeister wie Stender und
Generalen wie Kalb und Washington ließe sich ans diesem Material etwas
Brauchbares schaffen."

Da der Brief eine scharfe und praktische Beobachtnugsga.be mit Unpartei¬
lichkeit verbindet und nicht vom amerikanischen Standpunkt urteilt, so verdient
er gewiß die Beachtung des dentschen Lesers. Wer übrigens in England gelebt
und in großen Städten jahrelang den geschäftlichen und sozialen Verkehr mit¬
gemacht hat, der wird mir bestätigen können, daß die Regelung des Straßen¬
verkehrs in der City, die Pünktlichkeit der Eisenbahnen, die absolute Autorität
der Schutzleute -- auf das Fingerzeichen eiues volioönmn stehn, ohne Lärm,
die dichtgedrängten Wagenzttge selbst an den belebtesten Straßenecken, fünf,
sechs Reihen tief, wie angewurzelt --, die Abwicklung der Geschäfte mit viel
Geld und wenig Worten, die Ruhe und Gleichmäßigkeit im Gang der alltäg¬
lichen I)U8Mk88-Routine, die Zuverlässigkeit des Engländers bei Verabredungen
und Versprechungen, daß alle diese und noch viele andre kleine Züge die An¬
lagen des Angelsachsen zu gemeinsamer disziplinierter Arbeit ins deutlichste
Licht rücken. Es berührt mich darum auch mehr komisch als unangenehm,
wenn der Dürchschuittseuglünder oder Amerikaner die straffe Disziplin unsrer
Heeresorganisation für etwas Unnötiges, Anfgezwungnes hält. Er übersieht
die andersartigen Existenzbedingungen unsers Staates und verkennt zugleich
einen Hauptzug in der Raffenverwandtschast!

Der Erzählung eines englischen Kriegskorrespondenten auf Kuba, der
Augenzeuge der drei Schlachttage vor der Einnahme von Santiago war, ist
folgende Schilderung entnommen. "Die Jankees waren mit ihren Kragh-
Jorgensengewehren den kleinkalibrigen Jnfanteriegewehren der Spanier gegen¬
über im Nachteil, lito tds dsrmWS ^aiirst eilf (ÜNii886pot8 in 1870, heißt
es in dem Bericht. Der immense Vorteil des rauchlosen Pulvers zeigte sich
namentlich bei dem blutigen Angriff auf El Carey, wo ganze Reihen der
stürmenden ron^ki riäsrs und des Newhorker 101. Regiments durch das
spanische Schnellfeuer niedergestreckt wurden. Einige Augenblicke schien die
Wirkung geradezu verheerend; aber Oberst Roosevelt und die rougli Moi'8
drangen vor mit einem onssr. Die Spanier wurden aus einer Schanze in die
andre zurückgeworfen, teilweise noch im letzten Anlauf mit dem Bajonett, also
nicht in voreiliger Flucht; wirkliche Feigheit ist bei den Spaniern in keinem
einzigen Falle nachgewiesen."

Die Bemerkung des Engländers über die "LImWoxoK in 1870" ist be-


Rasse» und Kriege

arbeiteten einander in die Hände wie beim dass-lmII-Spiel. Etwas viel Ge¬
schrei machten sie dabei, aber es war »Zug« darin. Fünf Minuten später
waren alle Zelte zusammen gepackt. Ich mußte unwillkürlich an die »affenartige
Geschwindigkeit der Preußen« denken. Es waren übrigens auch eine Menge
Leute, die deutsche Namen hatten, darunter, Nachkommen von Deutsch¬
amerikanern. Ich sagte mir: mit einem Exerziermeister wie Stender und
Generalen wie Kalb und Washington ließe sich ans diesem Material etwas
Brauchbares schaffen."

Da der Brief eine scharfe und praktische Beobachtnugsga.be mit Unpartei¬
lichkeit verbindet und nicht vom amerikanischen Standpunkt urteilt, so verdient
er gewiß die Beachtung des dentschen Lesers. Wer übrigens in England gelebt
und in großen Städten jahrelang den geschäftlichen und sozialen Verkehr mit¬
gemacht hat, der wird mir bestätigen können, daß die Regelung des Straßen¬
verkehrs in der City, die Pünktlichkeit der Eisenbahnen, die absolute Autorität
der Schutzleute — auf das Fingerzeichen eiues volioönmn stehn, ohne Lärm,
die dichtgedrängten Wagenzttge selbst an den belebtesten Straßenecken, fünf,
sechs Reihen tief, wie angewurzelt —, die Abwicklung der Geschäfte mit viel
Geld und wenig Worten, die Ruhe und Gleichmäßigkeit im Gang der alltäg¬
lichen I)U8Mk88-Routine, die Zuverlässigkeit des Engländers bei Verabredungen
und Versprechungen, daß alle diese und noch viele andre kleine Züge die An¬
lagen des Angelsachsen zu gemeinsamer disziplinierter Arbeit ins deutlichste
Licht rücken. Es berührt mich darum auch mehr komisch als unangenehm,
wenn der Dürchschuittseuglünder oder Amerikaner die straffe Disziplin unsrer
Heeresorganisation für etwas Unnötiges, Anfgezwungnes hält. Er übersieht
die andersartigen Existenzbedingungen unsers Staates und verkennt zugleich
einen Hauptzug in der Raffenverwandtschast!

Der Erzählung eines englischen Kriegskorrespondenten auf Kuba, der
Augenzeuge der drei Schlachttage vor der Einnahme von Santiago war, ist
folgende Schilderung entnommen. „Die Jankees waren mit ihren Kragh-
Jorgensengewehren den kleinkalibrigen Jnfanteriegewehren der Spanier gegen¬
über im Nachteil, lito tds dsrmWS ^aiirst eilf (ÜNii886pot8 in 1870, heißt
es in dem Bericht. Der immense Vorteil des rauchlosen Pulvers zeigte sich
namentlich bei dem blutigen Angriff auf El Carey, wo ganze Reihen der
stürmenden ron^ki riäsrs und des Newhorker 101. Regiments durch das
spanische Schnellfeuer niedergestreckt wurden. Einige Augenblicke schien die
Wirkung geradezu verheerend; aber Oberst Roosevelt und die rougli Moi'8
drangen vor mit einem onssr. Die Spanier wurden aus einer Schanze in die
andre zurückgeworfen, teilweise noch im letzten Anlauf mit dem Bajonett, also
nicht in voreiliger Flucht; wirkliche Feigheit ist bei den Spaniern in keinem
einzigen Falle nachgewiesen."

Die Bemerkung des Engländers über die „LImWoxoK in 1870" ist be-


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[0243] Rasse» und Kriege arbeiteten einander in die Hände wie beim dass-lmII-Spiel. Etwas viel Ge¬ schrei machten sie dabei, aber es war »Zug« darin. Fünf Minuten später waren alle Zelte zusammen gepackt. Ich mußte unwillkürlich an die »affenartige Geschwindigkeit der Preußen« denken. Es waren übrigens auch eine Menge Leute, die deutsche Namen hatten, darunter, Nachkommen von Deutsch¬ amerikanern. Ich sagte mir: mit einem Exerziermeister wie Stender und Generalen wie Kalb und Washington ließe sich ans diesem Material etwas Brauchbares schaffen." Da der Brief eine scharfe und praktische Beobachtnugsga.be mit Unpartei¬ lichkeit verbindet und nicht vom amerikanischen Standpunkt urteilt, so verdient er gewiß die Beachtung des dentschen Lesers. Wer übrigens in England gelebt und in großen Städten jahrelang den geschäftlichen und sozialen Verkehr mit¬ gemacht hat, der wird mir bestätigen können, daß die Regelung des Straßen¬ verkehrs in der City, die Pünktlichkeit der Eisenbahnen, die absolute Autorität der Schutzleute — auf das Fingerzeichen eiues volioönmn stehn, ohne Lärm, die dichtgedrängten Wagenzttge selbst an den belebtesten Straßenecken, fünf, sechs Reihen tief, wie angewurzelt —, die Abwicklung der Geschäfte mit viel Geld und wenig Worten, die Ruhe und Gleichmäßigkeit im Gang der alltäg¬ lichen I)U8Mk88-Routine, die Zuverlässigkeit des Engländers bei Verabredungen und Versprechungen, daß alle diese und noch viele andre kleine Züge die An¬ lagen des Angelsachsen zu gemeinsamer disziplinierter Arbeit ins deutlichste Licht rücken. Es berührt mich darum auch mehr komisch als unangenehm, wenn der Dürchschuittseuglünder oder Amerikaner die straffe Disziplin unsrer Heeresorganisation für etwas Unnötiges, Anfgezwungnes hält. Er übersieht die andersartigen Existenzbedingungen unsers Staates und verkennt zugleich einen Hauptzug in der Raffenverwandtschast! Der Erzählung eines englischen Kriegskorrespondenten auf Kuba, der Augenzeuge der drei Schlachttage vor der Einnahme von Santiago war, ist folgende Schilderung entnommen. „Die Jankees waren mit ihren Kragh- Jorgensengewehren den kleinkalibrigen Jnfanteriegewehren der Spanier gegen¬ über im Nachteil, lito tds dsrmWS ^aiirst eilf (ÜNii886pot8 in 1870, heißt es in dem Bericht. Der immense Vorteil des rauchlosen Pulvers zeigte sich namentlich bei dem blutigen Angriff auf El Carey, wo ganze Reihen der stürmenden ron^ki riäsrs und des Newhorker 101. Regiments durch das spanische Schnellfeuer niedergestreckt wurden. Einige Augenblicke schien die Wirkung geradezu verheerend; aber Oberst Roosevelt und die rougli Moi'8 drangen vor mit einem onssr. Die Spanier wurden aus einer Schanze in die andre zurückgeworfen, teilweise noch im letzten Anlauf mit dem Bajonett, also nicht in voreiliger Flucht; wirkliche Feigheit ist bei den Spaniern in keinem einzigen Falle nachgewiesen." Die Bemerkung des Engländers über die „LImWoxoK in 1870" ist be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/243>, abgerufen am 28.09.2024.