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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Kaiserliche Finanzen

auch ihre Bedürfnisse, und damit sind ihre Ansprüche an die Königliche Kasse
weit geringer geworden. Denn es liegt, wie schon erwähnt, ganz in der Hand
des Königs, wie hoch er die Apanage bemessen, und ob er eine solche über¬
haupt zahlen will.

Nach dem siebenjährigen Kriege ließ Friedrich der Große, um zu zeigen,
daß seine Finanzen noch nicht erschöpft seien, das Neue Palais, mit den dazu
gehörigen Kommüns der prachtvollste Bau, den die preußische Krone besitzt,
errichten, und welche Bauten hat König Friedrich Wilhelm IV., der ebenfalls
alle die vorgenannten Höfe und außerdem den des Prinzen von Preußen
(nachmaligen Kaisers Wilhelm) zu unterhalten hatte, aufführen lassen! Allein
in der Umgegend von Potsdam nennen wir: die Friedenskirche und die Kirche
bei Sacrow, das Schloß Charlottenhof mit den Römischen Bädern, das Ge¬
bäude auf dem Pfingstberge, und vor allem den "Orangerie" genannten Palast,
mit den dazu gehörigen Anlagen, ganz zu schweigen von den großen Summen,
die er überall im Lande und weit über dessen Grenzen hinaus für die Er¬
richtung neuer und die Restaurierung älterer Baulichkeiten aus seiner Privat¬
schatulle hergab. Trotzdem hat Friedrich der Große ein bedeutendes, und
Friedrich Wilhelm IV. das Krouvermögen in durchaus geordneten Verhält¬
nissen hinterlassen, während unser überaus sparsamer alter Kaiser ständig
zurücklegte und dadurch das Hausvermögen bedeutend vermehrte. Alledem
gegenüber soll man nun doch irgend einen Grund geltend machen, aus dem
sich schließen ließe, daß das preußische Kronvermögen, das früher einen so
großen Aufwand tragen konnte, jetzt plötzlich die Ausgaben für die Hofhaltung
des Kaisers nicht mehr zu leisten vermöchte.

Oder sind diese Ausgaben etwa besonders hoch? Das tägliche Leben an
unserm Kaiserhof liegt offen und klar zu Tage. Wer sich näher darüber
informieren will, der lese in dem von Büxenstein herausgegebnen Buch "Unser
Kaiser" den vom Hofprediger Keßler geschriebnen Abschnitt "Der Kaiser in
seinem Heim." Den größten Teil des Jahres ist das Hoflager im Neuen
Palais in Sanssouci. Dort lebt Wilhelm II. in keiner Weise anders, ja in
mancher Beziehung noch weit einfacher als ein reicher Privatmann. Im
Palais selbst wohnen, abgesehen von den Kaiserlichen Kindern und deren Er-
zichungspersonal, nur die Oberhofmeisterin und die drei Damen der Kaiserin.
Der Oberhofmeister und die beiden dienstthuenden Kammerherren, desgleichen
die Hofmarschälle, die Generäle und Flügeladjutanten haben ihr Quartier in
Potsdam und Berlin, nur zwei Flügeladjutauten und ein Kammerherr sind
abwechselnd, nämlich wenn sie "Dienst haben," am Hofe anwesend.

Noch unter Friedrich Wilhelm IV. fand täglich größere Tafel statt, an
der alle Herren und Damen des Gefolges teilnehmen konnten oder mußten.
speiste die Königliche Familie für sich allein (Familientafel, die unter Zu¬
ziehung sämtlicher prinzlichen Herrschaften zumeist am Sonntag stattfand), so


Kaiserliche Finanzen

auch ihre Bedürfnisse, und damit sind ihre Ansprüche an die Königliche Kasse
weit geringer geworden. Denn es liegt, wie schon erwähnt, ganz in der Hand
des Königs, wie hoch er die Apanage bemessen, und ob er eine solche über¬
haupt zahlen will.

Nach dem siebenjährigen Kriege ließ Friedrich der Große, um zu zeigen,
daß seine Finanzen noch nicht erschöpft seien, das Neue Palais, mit den dazu
gehörigen Kommüns der prachtvollste Bau, den die preußische Krone besitzt,
errichten, und welche Bauten hat König Friedrich Wilhelm IV., der ebenfalls
alle die vorgenannten Höfe und außerdem den des Prinzen von Preußen
(nachmaligen Kaisers Wilhelm) zu unterhalten hatte, aufführen lassen! Allein
in der Umgegend von Potsdam nennen wir: die Friedenskirche und die Kirche
bei Sacrow, das Schloß Charlottenhof mit den Römischen Bädern, das Ge¬
bäude auf dem Pfingstberge, und vor allem den „Orangerie" genannten Palast,
mit den dazu gehörigen Anlagen, ganz zu schweigen von den großen Summen,
die er überall im Lande und weit über dessen Grenzen hinaus für die Er¬
richtung neuer und die Restaurierung älterer Baulichkeiten aus seiner Privat¬
schatulle hergab. Trotzdem hat Friedrich der Große ein bedeutendes, und
Friedrich Wilhelm IV. das Krouvermögen in durchaus geordneten Verhält¬
nissen hinterlassen, während unser überaus sparsamer alter Kaiser ständig
zurücklegte und dadurch das Hausvermögen bedeutend vermehrte. Alledem
gegenüber soll man nun doch irgend einen Grund geltend machen, aus dem
sich schließen ließe, daß das preußische Kronvermögen, das früher einen so
großen Aufwand tragen konnte, jetzt plötzlich die Ausgaben für die Hofhaltung
des Kaisers nicht mehr zu leisten vermöchte.

Oder sind diese Ausgaben etwa besonders hoch? Das tägliche Leben an
unserm Kaiserhof liegt offen und klar zu Tage. Wer sich näher darüber
informieren will, der lese in dem von Büxenstein herausgegebnen Buch „Unser
Kaiser" den vom Hofprediger Keßler geschriebnen Abschnitt „Der Kaiser in
seinem Heim." Den größten Teil des Jahres ist das Hoflager im Neuen
Palais in Sanssouci. Dort lebt Wilhelm II. in keiner Weise anders, ja in
mancher Beziehung noch weit einfacher als ein reicher Privatmann. Im
Palais selbst wohnen, abgesehen von den Kaiserlichen Kindern und deren Er-
zichungspersonal, nur die Oberhofmeisterin und die drei Damen der Kaiserin.
Der Oberhofmeister und die beiden dienstthuenden Kammerherren, desgleichen
die Hofmarschälle, die Generäle und Flügeladjutanten haben ihr Quartier in
Potsdam und Berlin, nur zwei Flügeladjutauten und ein Kammerherr sind
abwechselnd, nämlich wenn sie „Dienst haben," am Hofe anwesend.

Noch unter Friedrich Wilhelm IV. fand täglich größere Tafel statt, an
der alle Herren und Damen des Gefolges teilnehmen konnten oder mußten.
speiste die Königliche Familie für sich allein (Familientafel, die unter Zu¬
ziehung sämtlicher prinzlichen Herrschaften zumeist am Sonntag stattfand), so


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[0075] Kaiserliche Finanzen auch ihre Bedürfnisse, und damit sind ihre Ansprüche an die Königliche Kasse weit geringer geworden. Denn es liegt, wie schon erwähnt, ganz in der Hand des Königs, wie hoch er die Apanage bemessen, und ob er eine solche über¬ haupt zahlen will. Nach dem siebenjährigen Kriege ließ Friedrich der Große, um zu zeigen, daß seine Finanzen noch nicht erschöpft seien, das Neue Palais, mit den dazu gehörigen Kommüns der prachtvollste Bau, den die preußische Krone besitzt, errichten, und welche Bauten hat König Friedrich Wilhelm IV., der ebenfalls alle die vorgenannten Höfe und außerdem den des Prinzen von Preußen (nachmaligen Kaisers Wilhelm) zu unterhalten hatte, aufführen lassen! Allein in der Umgegend von Potsdam nennen wir: die Friedenskirche und die Kirche bei Sacrow, das Schloß Charlottenhof mit den Römischen Bädern, das Ge¬ bäude auf dem Pfingstberge, und vor allem den „Orangerie" genannten Palast, mit den dazu gehörigen Anlagen, ganz zu schweigen von den großen Summen, die er überall im Lande und weit über dessen Grenzen hinaus für die Er¬ richtung neuer und die Restaurierung älterer Baulichkeiten aus seiner Privat¬ schatulle hergab. Trotzdem hat Friedrich der Große ein bedeutendes, und Friedrich Wilhelm IV. das Krouvermögen in durchaus geordneten Verhält¬ nissen hinterlassen, während unser überaus sparsamer alter Kaiser ständig zurücklegte und dadurch das Hausvermögen bedeutend vermehrte. Alledem gegenüber soll man nun doch irgend einen Grund geltend machen, aus dem sich schließen ließe, daß das preußische Kronvermögen, das früher einen so großen Aufwand tragen konnte, jetzt plötzlich die Ausgaben für die Hofhaltung des Kaisers nicht mehr zu leisten vermöchte. Oder sind diese Ausgaben etwa besonders hoch? Das tägliche Leben an unserm Kaiserhof liegt offen und klar zu Tage. Wer sich näher darüber informieren will, der lese in dem von Büxenstein herausgegebnen Buch „Unser Kaiser" den vom Hofprediger Keßler geschriebnen Abschnitt „Der Kaiser in seinem Heim." Den größten Teil des Jahres ist das Hoflager im Neuen Palais in Sanssouci. Dort lebt Wilhelm II. in keiner Weise anders, ja in mancher Beziehung noch weit einfacher als ein reicher Privatmann. Im Palais selbst wohnen, abgesehen von den Kaiserlichen Kindern und deren Er- zichungspersonal, nur die Oberhofmeisterin und die drei Damen der Kaiserin. Der Oberhofmeister und die beiden dienstthuenden Kammerherren, desgleichen die Hofmarschälle, die Generäle und Flügeladjutanten haben ihr Quartier in Potsdam und Berlin, nur zwei Flügeladjutauten und ein Kammerherr sind abwechselnd, nämlich wenn sie „Dienst haben," am Hofe anwesend. Noch unter Friedrich Wilhelm IV. fand täglich größere Tafel statt, an der alle Herren und Damen des Gefolges teilnehmen konnten oder mußten. speiste die Königliche Familie für sich allein (Familientafel, die unter Zu¬ ziehung sämtlicher prinzlichen Herrschaften zumeist am Sonntag stattfand), so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/75>, abgerufen am 23.07.2024.