Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Schlacht bei Khartum

icht eine ins einzelne gehende Darstellung der Schlacht bei
Khartum soll hier geboten werden; dazu gehören Karten, Stärke¬
übersichten, Truppenlisten usw., ein Rüstzeug, das den nicht-
militärischeu Leser begreiflicherweise abschreckt. Es handelt sich
hier um eine kritische Würdigung der englisch-ägyptischen Waffen¬
that, wobei natürlich die Zeichnung des Kampfes in großen Zügen nicht zu
vermeiden ist. Dem Verständnis kommt dabei zu statten, daß sich die Schlacht
in recht einfachen Formen abspielte. Selbstverständlich faßt die folgende Studie
ein ganz bestimmtes Ziel ins Auge: sie will die übertriebne Wertschätzung des
Sieges bei Khartum, wie sie in England gnug und gäbe und vom Auslande
ziemlich kritiklos übernommen ist, auf das richtige Maß zurückführen. Dabei
beschäftigt sie sich nur mit der rein militärischen Leistung, auf die man sich jen¬
seits des Kanals nicht wenig zu gute thut. Giebt es doch Leute dort, die in
dem Waffenerfolge gegen die Mahdisten einen Triumph des überlebten, in jedem
nationalen Kampfe mit Notwendigkeit zusammenbrechenden Werbesystems sehen
wollen und der Ansicht sind, daß die englischen Jnfanteristen und Artilleristen
mit europäischen Soldaten ebenso bequem fertig werden würden, wie mit den
dunkelhüutigen Streitern des Kalifen. Solchen Schwärmern dürfte, wenn es
einmal zum Zusammenstoß zwischen englischen und kontinentalen Truppen
kommen sollte, eine grausame Enttäuschung beschieden sein.

Wir müssen eingestehn, daß die Engländer auf Grund ihrer reichen Er¬
sahrungen in kolonialen Kämpfen Meister in der Vorbereitung kleinerer wie
größerer Expeditionen sind. Eine gute Vorbereitung bedeutet aber, ganz be¬
sonders für innerafrikanische Unternehmungen, den halben Erfolg. Das haben
die Italiener sehr zu ihrem Schaden 1895/96 erfahren. Eine gewisse Üppigkeit
in der Vorbereitung lohnt sich nicht selten im Verlauf der Operationen


Grenzboten I 1899 72


Die Schlacht bei Khartum

icht eine ins einzelne gehende Darstellung der Schlacht bei
Khartum soll hier geboten werden; dazu gehören Karten, Stärke¬
übersichten, Truppenlisten usw., ein Rüstzeug, das den nicht-
militärischeu Leser begreiflicherweise abschreckt. Es handelt sich
hier um eine kritische Würdigung der englisch-ägyptischen Waffen¬
that, wobei natürlich die Zeichnung des Kampfes in großen Zügen nicht zu
vermeiden ist. Dem Verständnis kommt dabei zu statten, daß sich die Schlacht
in recht einfachen Formen abspielte. Selbstverständlich faßt die folgende Studie
ein ganz bestimmtes Ziel ins Auge: sie will die übertriebne Wertschätzung des
Sieges bei Khartum, wie sie in England gnug und gäbe und vom Auslande
ziemlich kritiklos übernommen ist, auf das richtige Maß zurückführen. Dabei
beschäftigt sie sich nur mit der rein militärischen Leistung, auf die man sich jen¬
seits des Kanals nicht wenig zu gute thut. Giebt es doch Leute dort, die in
dem Waffenerfolge gegen die Mahdisten einen Triumph des überlebten, in jedem
nationalen Kampfe mit Notwendigkeit zusammenbrechenden Werbesystems sehen
wollen und der Ansicht sind, daß die englischen Jnfanteristen und Artilleristen
mit europäischen Soldaten ebenso bequem fertig werden würden, wie mit den
dunkelhüutigen Streitern des Kalifen. Solchen Schwärmern dürfte, wenn es
einmal zum Zusammenstoß zwischen englischen und kontinentalen Truppen
kommen sollte, eine grausame Enttäuschung beschieden sein.

Wir müssen eingestehn, daß die Engländer auf Grund ihrer reichen Er¬
sahrungen in kolonialen Kämpfen Meister in der Vorbereitung kleinerer wie
größerer Expeditionen sind. Eine gute Vorbereitung bedeutet aber, ganz be¬
sonders für innerafrikanische Unternehmungen, den halben Erfolg. Das haben
die Italiener sehr zu ihrem Schaden 1895/96 erfahren. Eine gewisse Üppigkeit
in der Vorbereitung lohnt sich nicht selten im Verlauf der Operationen


Grenzboten I 1899 72
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0577" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230263"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341869_229685/figures/grenzboten_341869_229685_230263_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Schlacht bei Khartum</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2388"> icht eine ins einzelne gehende Darstellung der Schlacht bei<lb/>
Khartum soll hier geboten werden; dazu gehören Karten, Stärke¬<lb/>
übersichten, Truppenlisten usw., ein Rüstzeug, das den nicht-<lb/>
militärischeu Leser begreiflicherweise abschreckt. Es handelt sich<lb/>
hier um eine kritische Würdigung der englisch-ägyptischen Waffen¬<lb/>
that, wobei natürlich die Zeichnung des Kampfes in großen Zügen nicht zu<lb/>
vermeiden ist. Dem Verständnis kommt dabei zu statten, daß sich die Schlacht<lb/>
in recht einfachen Formen abspielte. Selbstverständlich faßt die folgende Studie<lb/>
ein ganz bestimmtes Ziel ins Auge: sie will die übertriebne Wertschätzung des<lb/>
Sieges bei Khartum, wie sie in England gnug und gäbe und vom Auslande<lb/>
ziemlich kritiklos übernommen ist, auf das richtige Maß zurückführen. Dabei<lb/>
beschäftigt sie sich nur mit der rein militärischen Leistung, auf die man sich jen¬<lb/>
seits des Kanals nicht wenig zu gute thut. Giebt es doch Leute dort, die in<lb/>
dem Waffenerfolge gegen die Mahdisten einen Triumph des überlebten, in jedem<lb/>
nationalen Kampfe mit Notwendigkeit zusammenbrechenden Werbesystems sehen<lb/>
wollen und der Ansicht sind, daß die englischen Jnfanteristen und Artilleristen<lb/>
mit europäischen Soldaten ebenso bequem fertig werden würden, wie mit den<lb/>
dunkelhüutigen Streitern des Kalifen. Solchen Schwärmern dürfte, wenn es<lb/>
einmal zum Zusammenstoß zwischen englischen und kontinentalen Truppen<lb/>
kommen sollte, eine grausame Enttäuschung beschieden sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2389" next="#ID_2390"> Wir müssen eingestehn, daß die Engländer auf Grund ihrer reichen Er¬<lb/>
sahrungen in kolonialen Kämpfen Meister in der Vorbereitung kleinerer wie<lb/>
größerer Expeditionen sind. Eine gute Vorbereitung bedeutet aber, ganz be¬<lb/>
sonders für innerafrikanische Unternehmungen, den halben Erfolg. Das haben<lb/>
die Italiener sehr zu ihrem Schaden 1895/96 erfahren. Eine gewisse Üppigkeit<lb/>
in der Vorbereitung lohnt sich nicht selten im Verlauf der Operationen</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1899 72</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0577] [Abbildung] Die Schlacht bei Khartum icht eine ins einzelne gehende Darstellung der Schlacht bei Khartum soll hier geboten werden; dazu gehören Karten, Stärke¬ übersichten, Truppenlisten usw., ein Rüstzeug, das den nicht- militärischeu Leser begreiflicherweise abschreckt. Es handelt sich hier um eine kritische Würdigung der englisch-ägyptischen Waffen¬ that, wobei natürlich die Zeichnung des Kampfes in großen Zügen nicht zu vermeiden ist. Dem Verständnis kommt dabei zu statten, daß sich die Schlacht in recht einfachen Formen abspielte. Selbstverständlich faßt die folgende Studie ein ganz bestimmtes Ziel ins Auge: sie will die übertriebne Wertschätzung des Sieges bei Khartum, wie sie in England gnug und gäbe und vom Auslande ziemlich kritiklos übernommen ist, auf das richtige Maß zurückführen. Dabei beschäftigt sie sich nur mit der rein militärischen Leistung, auf die man sich jen¬ seits des Kanals nicht wenig zu gute thut. Giebt es doch Leute dort, die in dem Waffenerfolge gegen die Mahdisten einen Triumph des überlebten, in jedem nationalen Kampfe mit Notwendigkeit zusammenbrechenden Werbesystems sehen wollen und der Ansicht sind, daß die englischen Jnfanteristen und Artilleristen mit europäischen Soldaten ebenso bequem fertig werden würden, wie mit den dunkelhüutigen Streitern des Kalifen. Solchen Schwärmern dürfte, wenn es einmal zum Zusammenstoß zwischen englischen und kontinentalen Truppen kommen sollte, eine grausame Enttäuschung beschieden sein. Wir müssen eingestehn, daß die Engländer auf Grund ihrer reichen Er¬ sahrungen in kolonialen Kämpfen Meister in der Vorbereitung kleinerer wie größerer Expeditionen sind. Eine gute Vorbereitung bedeutet aber, ganz be¬ sonders für innerafrikanische Unternehmungen, den halben Erfolg. Das haben die Italiener sehr zu ihrem Schaden 1895/96 erfahren. Eine gewisse Üppigkeit in der Vorbereitung lohnt sich nicht selten im Verlauf der Operationen Grenzboten I 1899 72

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/577
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/577>, abgerufen am 03.07.2024.