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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Teil wir im zweiten vorjährigen Bande Seite 198 angezeigt haben. Es droht
zu einer ganzen Bibliothek anzuschwellen, denn der vorliegende Band (300 S.
groß 8") behandelt nur die Zimmerer, nach seiner Vollendung wird es aber auch
eine sehr wichtige und vollständige Informationsquelle sein. -- Das Handbuch
des gewerblichen Arbeiterschutzes vom Regiermigsrat Georg Evert (Berlin,
Karl Heymann, 1897) ist ein reines Nachschlagebuch; es enthält die gesetzlichen
Bestimmungen mit erläuternden Anmerkungen. -- Mit einem einzelnen Zweige des
Arbeiterschutzes beschäftigt sich Dr. Arthur Dodd in dem Buche: Die Wirkung
der Schutzbestimmungen für die jugendlichen und weiblichen Fabrikarbeiter und
die Verhältnisse im Konfektionsbetriebe in Deutschland. (Jena, Gustav Fischer,
1893.) Der Verfasser findet, daß die Schntzbestimmungen die Lage der Frauen
und der "Jugendlichen" bedeutend verbessert und der Kinderarbeit in Fabriken ein
Ende gemacht haben; ob die Kinder dafür nicht anderwärts desto ärger geplagt
werden, das bleibt eine offne Frage. Die Statistik ist stellenweise unklar. Über
die Konfektionsarbeiter erfahren wir nichts neues, doch verdient die Schilderung
der Wohnungshöhlen in Hamburg, Berlin, Breslau, die der Verfasser besucht hat,
besonders der in der Hamburger Steinstraße, Seite 199, gelesen zu werden. Zwar
weiß vor der Hand niemand, wie diesem Elend abgeholfen werden könnte -- der
Verfasser will zunächst die Konfektion der Gelverbeaufsicht unterworfen wissen, aber
wie diese Maßregel wirken würde, ist zweifelhaft --, dennoch ist es notwendig, daß
solche Zustände allgemein bekannt werden. Sie haben Wirkungen, die in die Augen
fallen, und kennen die Gesetzgeber die Ursache nicht, so lassen sie sich zu einer
falschen Kur auf Symptome verleiten, die die Übel erster wie zweiter Ordnung nur
verschlimmert. -- Wie der englische Arbeiter lebt, vom Bergarbeiter Ernst
Dückershoff (Dresden, O. V. Böhmert. 1398) ist ein Schriftchen, das jedermann
lesen muß. Der Verfasser schildert deutsche und englische Arbeiterzustände, wie er
sie mit seinen klaren Augen gesehen und in seinem Herzen empfunden hat, schlicht
und trocken; er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne zu posen, ohne
sich als Schriftsteller aufzuspielen und sich zu zieren. Wir wollen nur etwas von
dem anführen, was er über den Trunk sagt. Die englische Arbeiterschaft trinkt
seiner Schätzung nach im ganzen ungefähr ebenso viel wie die deutsche; aber der
Spiritus verteilt sich dort anders als bei uus; der anständige und mäßige süss,
der bei uns so hoch in Ehren steht, ist dort selten; der anständige Arbeiter trinkt
fast gar nicht, der Lump desto mehr. Der ordentliche Arbeiter erholt sich zu Hause
oder im Freien; seine Versammlungen hält er in Sälen ab, in denen es nichts zu
trinken giebt, und versammelt man sich einmal in einem Gasthause, so bleibt die
Thür zum Schanklokcil geschlossen. Desto zahlreicher sind die Trunkenbolde, und
diese ruinieren ihre Familie unfehlbar, denn Tabak und Alkohol siud viermal so
teuer als in Deutschland; die Trinker und Raucher, meint Dückershoff, trügen die
Steuer für die ganze Arbeiterschaft, die nüchternen und nicht rauchenden Arbeiter
seien so gut wie steuerfrei. Der Trunkenbold endet meistens im Arbeitshaus, und
der Familie nimmt sich eine der zahlreichen Wohlthtttigkeitsgesellschaften an. Die
Sekten, meint er, seien nicht sowohl Gebets- und Bekenntnisgemeinschaften, als
Vereine für die Ausübung der christlichen Nächstenliebe; deshalb stehe der englische
Arbeiter dem Christentum nicht feindlich gegenüber. -- Die unermüdlichen Webbs
haben das Jubiläumsjahr nicht vorübergehen lassen, ohne das Fazit des Viktoria¬
zeitalters für die Arbeiterschaft zu ziehen. Ihr Schriftchen ist unter dem Titel
Englands Arbeiterschaft 1837 und 1897 bei Vandenhoeck und Ruprecht in
Göttingen deutsch erschienen. Die oder vielmehr der Verfasser -- Herr Sidney
Webb scheint diesmal allein, ohne die Gattin, zu sprechen -- meint, wer den Fort-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Teil wir im zweiten vorjährigen Bande Seite 198 angezeigt haben. Es droht
zu einer ganzen Bibliothek anzuschwellen, denn der vorliegende Band (300 S.
groß 8") behandelt nur die Zimmerer, nach seiner Vollendung wird es aber auch
eine sehr wichtige und vollständige Informationsquelle sein. — Das Handbuch
des gewerblichen Arbeiterschutzes vom Regiermigsrat Georg Evert (Berlin,
Karl Heymann, 1897) ist ein reines Nachschlagebuch; es enthält die gesetzlichen
Bestimmungen mit erläuternden Anmerkungen. — Mit einem einzelnen Zweige des
Arbeiterschutzes beschäftigt sich Dr. Arthur Dodd in dem Buche: Die Wirkung
der Schutzbestimmungen für die jugendlichen und weiblichen Fabrikarbeiter und
die Verhältnisse im Konfektionsbetriebe in Deutschland. (Jena, Gustav Fischer,
1893.) Der Verfasser findet, daß die Schntzbestimmungen die Lage der Frauen
und der „Jugendlichen" bedeutend verbessert und der Kinderarbeit in Fabriken ein
Ende gemacht haben; ob die Kinder dafür nicht anderwärts desto ärger geplagt
werden, das bleibt eine offne Frage. Die Statistik ist stellenweise unklar. Über
die Konfektionsarbeiter erfahren wir nichts neues, doch verdient die Schilderung
der Wohnungshöhlen in Hamburg, Berlin, Breslau, die der Verfasser besucht hat,
besonders der in der Hamburger Steinstraße, Seite 199, gelesen zu werden. Zwar
weiß vor der Hand niemand, wie diesem Elend abgeholfen werden könnte — der
Verfasser will zunächst die Konfektion der Gelverbeaufsicht unterworfen wissen, aber
wie diese Maßregel wirken würde, ist zweifelhaft —, dennoch ist es notwendig, daß
solche Zustände allgemein bekannt werden. Sie haben Wirkungen, die in die Augen
fallen, und kennen die Gesetzgeber die Ursache nicht, so lassen sie sich zu einer
falschen Kur auf Symptome verleiten, die die Übel erster wie zweiter Ordnung nur
verschlimmert. — Wie der englische Arbeiter lebt, vom Bergarbeiter Ernst
Dückershoff (Dresden, O. V. Böhmert. 1398) ist ein Schriftchen, das jedermann
lesen muß. Der Verfasser schildert deutsche und englische Arbeiterzustände, wie er
sie mit seinen klaren Augen gesehen und in seinem Herzen empfunden hat, schlicht
und trocken; er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne zu posen, ohne
sich als Schriftsteller aufzuspielen und sich zu zieren. Wir wollen nur etwas von
dem anführen, was er über den Trunk sagt. Die englische Arbeiterschaft trinkt
seiner Schätzung nach im ganzen ungefähr ebenso viel wie die deutsche; aber der
Spiritus verteilt sich dort anders als bei uus; der anständige und mäßige süss,
der bei uns so hoch in Ehren steht, ist dort selten; der anständige Arbeiter trinkt
fast gar nicht, der Lump desto mehr. Der ordentliche Arbeiter erholt sich zu Hause
oder im Freien; seine Versammlungen hält er in Sälen ab, in denen es nichts zu
trinken giebt, und versammelt man sich einmal in einem Gasthause, so bleibt die
Thür zum Schanklokcil geschlossen. Desto zahlreicher sind die Trunkenbolde, und
diese ruinieren ihre Familie unfehlbar, denn Tabak und Alkohol siud viermal so
teuer als in Deutschland; die Trinker und Raucher, meint Dückershoff, trügen die
Steuer für die ganze Arbeiterschaft, die nüchternen und nicht rauchenden Arbeiter
seien so gut wie steuerfrei. Der Trunkenbold endet meistens im Arbeitshaus, und
der Familie nimmt sich eine der zahlreichen Wohlthtttigkeitsgesellschaften an. Die
Sekten, meint er, seien nicht sowohl Gebets- und Bekenntnisgemeinschaften, als
Vereine für die Ausübung der christlichen Nächstenliebe; deshalb stehe der englische
Arbeiter dem Christentum nicht feindlich gegenüber. — Die unermüdlichen Webbs
haben das Jubiläumsjahr nicht vorübergehen lassen, ohne das Fazit des Viktoria¬
zeitalters für die Arbeiterschaft zu ziehen. Ihr Schriftchen ist unter dem Titel
Englands Arbeiterschaft 1837 und 1897 bei Vandenhoeck und Ruprecht in
Göttingen deutsch erschienen. Die oder vielmehr der Verfasser — Herr Sidney
Webb scheint diesmal allein, ohne die Gattin, zu sprechen — meint, wer den Fort-


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[0294] Maßgebliches und Unmaßgebliches Teil wir im zweiten vorjährigen Bande Seite 198 angezeigt haben. Es droht zu einer ganzen Bibliothek anzuschwellen, denn der vorliegende Band (300 S. groß 8") behandelt nur die Zimmerer, nach seiner Vollendung wird es aber auch eine sehr wichtige und vollständige Informationsquelle sein. — Das Handbuch des gewerblichen Arbeiterschutzes vom Regiermigsrat Georg Evert (Berlin, Karl Heymann, 1897) ist ein reines Nachschlagebuch; es enthält die gesetzlichen Bestimmungen mit erläuternden Anmerkungen. — Mit einem einzelnen Zweige des Arbeiterschutzes beschäftigt sich Dr. Arthur Dodd in dem Buche: Die Wirkung der Schutzbestimmungen für die jugendlichen und weiblichen Fabrikarbeiter und die Verhältnisse im Konfektionsbetriebe in Deutschland. (Jena, Gustav Fischer, 1893.) Der Verfasser findet, daß die Schntzbestimmungen die Lage der Frauen und der „Jugendlichen" bedeutend verbessert und der Kinderarbeit in Fabriken ein Ende gemacht haben; ob die Kinder dafür nicht anderwärts desto ärger geplagt werden, das bleibt eine offne Frage. Die Statistik ist stellenweise unklar. Über die Konfektionsarbeiter erfahren wir nichts neues, doch verdient die Schilderung der Wohnungshöhlen in Hamburg, Berlin, Breslau, die der Verfasser besucht hat, besonders der in der Hamburger Steinstraße, Seite 199, gelesen zu werden. Zwar weiß vor der Hand niemand, wie diesem Elend abgeholfen werden könnte — der Verfasser will zunächst die Konfektion der Gelverbeaufsicht unterworfen wissen, aber wie diese Maßregel wirken würde, ist zweifelhaft —, dennoch ist es notwendig, daß solche Zustände allgemein bekannt werden. Sie haben Wirkungen, die in die Augen fallen, und kennen die Gesetzgeber die Ursache nicht, so lassen sie sich zu einer falschen Kur auf Symptome verleiten, die die Übel erster wie zweiter Ordnung nur verschlimmert. — Wie der englische Arbeiter lebt, vom Bergarbeiter Ernst Dückershoff (Dresden, O. V. Böhmert. 1398) ist ein Schriftchen, das jedermann lesen muß. Der Verfasser schildert deutsche und englische Arbeiterzustände, wie er sie mit seinen klaren Augen gesehen und in seinem Herzen empfunden hat, schlicht und trocken; er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne zu posen, ohne sich als Schriftsteller aufzuspielen und sich zu zieren. Wir wollen nur etwas von dem anführen, was er über den Trunk sagt. Die englische Arbeiterschaft trinkt seiner Schätzung nach im ganzen ungefähr ebenso viel wie die deutsche; aber der Spiritus verteilt sich dort anders als bei uus; der anständige und mäßige süss, der bei uns so hoch in Ehren steht, ist dort selten; der anständige Arbeiter trinkt fast gar nicht, der Lump desto mehr. Der ordentliche Arbeiter erholt sich zu Hause oder im Freien; seine Versammlungen hält er in Sälen ab, in denen es nichts zu trinken giebt, und versammelt man sich einmal in einem Gasthause, so bleibt die Thür zum Schanklokcil geschlossen. Desto zahlreicher sind die Trunkenbolde, und diese ruinieren ihre Familie unfehlbar, denn Tabak und Alkohol siud viermal so teuer als in Deutschland; die Trinker und Raucher, meint Dückershoff, trügen die Steuer für die ganze Arbeiterschaft, die nüchternen und nicht rauchenden Arbeiter seien so gut wie steuerfrei. Der Trunkenbold endet meistens im Arbeitshaus, und der Familie nimmt sich eine der zahlreichen Wohlthtttigkeitsgesellschaften an. Die Sekten, meint er, seien nicht sowohl Gebets- und Bekenntnisgemeinschaften, als Vereine für die Ausübung der christlichen Nächstenliebe; deshalb stehe der englische Arbeiter dem Christentum nicht feindlich gegenüber. — Die unermüdlichen Webbs haben das Jubiläumsjahr nicht vorübergehen lassen, ohne das Fazit des Viktoria¬ zeitalters für die Arbeiterschaft zu ziehen. Ihr Schriftchen ist unter dem Titel Englands Arbeiterschaft 1837 und 1897 bei Vandenhoeck und Ruprecht in Göttingen deutsch erschienen. Die oder vielmehr der Verfasser — Herr Sidney Webb scheint diesmal allein, ohne die Gattin, zu sprechen — meint, wer den Fort-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/294>, abgerufen am 23.07.2024.