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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Die Irangiexpedition

der Bergingenieur L. v. Tippelskirch und eilf Mineraloge Freiherr W. v. Fircks
beigegeben.

Am 6. Mai 1896 reisten die erstgenannten beiden Herren nach Deutsch-
Ostafrika ab und begannen sofort nach ihrer Ankunft mit der Bildung der
Karawane. Am 12. Juli 1896 brach die Expedition von Bagamoyo auf. Herr
v. Fircks mußte bald, infolge von Fieberanfällen und Ameisenbissen krank, nach
Deutschland zurückkehren, während die andern beiden Herren ihrem Ziele zu¬
strebten. Der Weg führte mit Umwegen nach Mpuapua in nordwestlicher
Richtung nach Kondoa in Jrangi, dann durch die prachtvollen Hochgebirgs¬
landschaften des sogenannten ostafrikanischen Grabens und führte dann, nachdem
das Salzseegebiet, der Eiassi- und Hohenlohesee durchforscht waren, wieder
nach der Küste zurück. Die Ergebnisse dieser Forschungsreise sind in einem
sehr beachtenswerten Werke niedergelegt, das kürzlich erschienen ist.")

Wer das Buch zur Hand nimmt, weil er sich für Goldfunde interessiert,
wird enttäuscht werden. Über das Thema "Gold" wird in dem Werke wenig
und nur beiläufig gesprochen. Eine kurze Notiz des Geologen v. Tippelskirch
belehrt uns, daß abbauwürdige Mineralien fast gar nicht gefunden wurden.
Vielleicht wollte auch die Jrangigesellschaft die ihr etwa gewordne Mitteilung
von solchen Funden nicht vorzeitig preisgeben. Mehrere male hatte die Ex¬
pedition aber Gelegenheit, Legenden von Goldfunden den Garaus zu machen.
So wollten französische Missionare in Mpuapua im Msuerobach Gold gefunden
haben, das sich aber bei näherer Untersuchung als goldglänzender Glimmer
herausstellte. In Kondoa wurden später im Sariflusse thatsächlich Goldspuren
entdeckt, die aber, wie Werther erzählt, immer nur Spuren blieben, ein Fund
von wissenschaftlichem, aber nicht praktischem Werte. Obwohl nun der ur¬
sprüngliche Zweck der Expedition, Gold zu finden, nicht erreicht scheint, hat
sie doch eine große Bedeutung wegen ihrer wertvollen wissenschaftlichen Re¬
sultate. Werther ist ein tüchtiger Geograph, diese seine Erforschung des ab¬
flußlosen Gebietes unsrer Kolonie sichert ihm einen Ehrenplatz in der wissen¬
schaftlichen Welt. Die Sammlungen, die er zurückbrachte, sind von Fach¬
genossen verarbeitet und die Resultate in Monographien dem Reisewerke ein¬
verleibt, das sich somit aufs würdigste der stattlichen Anzahl hervorragender
Werke anreiht, die im letzten Jahrfünft über unsre Kolonie erschienen sind.

Werther hat aber noch ein ganz besondres Interesse. Er war der Mann,
auf den gewisse Kreise Hoffnungen für einen ausgiebigen Kolonialskandal setzten.
Von der Antisklavereiexpedition her stand er in dem Rufe der Rücksichtslosigkeit



Die mittlern Hochländer des nördlichen Deutsch-Ostafrika, Wissenschaftliche
Ergebnisse der Jrangiexpedition 1896--1897, nebst kurzer Reisebeschreibung. Im Auftrage der
Jmngicr.vedition herausgegeben von dem Führer der Expedition, Premierlcutnant Waldemar
Werther. Berlin, H, Paetel, 1898.
Die Irangiexpedition

der Bergingenieur L. v. Tippelskirch und eilf Mineraloge Freiherr W. v. Fircks
beigegeben.

Am 6. Mai 1896 reisten die erstgenannten beiden Herren nach Deutsch-
Ostafrika ab und begannen sofort nach ihrer Ankunft mit der Bildung der
Karawane. Am 12. Juli 1896 brach die Expedition von Bagamoyo auf. Herr
v. Fircks mußte bald, infolge von Fieberanfällen und Ameisenbissen krank, nach
Deutschland zurückkehren, während die andern beiden Herren ihrem Ziele zu¬
strebten. Der Weg führte mit Umwegen nach Mpuapua in nordwestlicher
Richtung nach Kondoa in Jrangi, dann durch die prachtvollen Hochgebirgs¬
landschaften des sogenannten ostafrikanischen Grabens und führte dann, nachdem
das Salzseegebiet, der Eiassi- und Hohenlohesee durchforscht waren, wieder
nach der Küste zurück. Die Ergebnisse dieser Forschungsreise sind in einem
sehr beachtenswerten Werke niedergelegt, das kürzlich erschienen ist.")

Wer das Buch zur Hand nimmt, weil er sich für Goldfunde interessiert,
wird enttäuscht werden. Über das Thema „Gold" wird in dem Werke wenig
und nur beiläufig gesprochen. Eine kurze Notiz des Geologen v. Tippelskirch
belehrt uns, daß abbauwürdige Mineralien fast gar nicht gefunden wurden.
Vielleicht wollte auch die Jrangigesellschaft die ihr etwa gewordne Mitteilung
von solchen Funden nicht vorzeitig preisgeben. Mehrere male hatte die Ex¬
pedition aber Gelegenheit, Legenden von Goldfunden den Garaus zu machen.
So wollten französische Missionare in Mpuapua im Msuerobach Gold gefunden
haben, das sich aber bei näherer Untersuchung als goldglänzender Glimmer
herausstellte. In Kondoa wurden später im Sariflusse thatsächlich Goldspuren
entdeckt, die aber, wie Werther erzählt, immer nur Spuren blieben, ein Fund
von wissenschaftlichem, aber nicht praktischem Werte. Obwohl nun der ur¬
sprüngliche Zweck der Expedition, Gold zu finden, nicht erreicht scheint, hat
sie doch eine große Bedeutung wegen ihrer wertvollen wissenschaftlichen Re¬
sultate. Werther ist ein tüchtiger Geograph, diese seine Erforschung des ab¬
flußlosen Gebietes unsrer Kolonie sichert ihm einen Ehrenplatz in der wissen¬
schaftlichen Welt. Die Sammlungen, die er zurückbrachte, sind von Fach¬
genossen verarbeitet und die Resultate in Monographien dem Reisewerke ein¬
verleibt, das sich somit aufs würdigste der stattlichen Anzahl hervorragender
Werke anreiht, die im letzten Jahrfünft über unsre Kolonie erschienen sind.

Werther hat aber noch ein ganz besondres Interesse. Er war der Mann,
auf den gewisse Kreise Hoffnungen für einen ausgiebigen Kolonialskandal setzten.
Von der Antisklavereiexpedition her stand er in dem Rufe der Rücksichtslosigkeit



Die mittlern Hochländer des nördlichen Deutsch-Ostafrika, Wissenschaftliche
Ergebnisse der Jrangiexpedition 1896—1897, nebst kurzer Reisebeschreibung. Im Auftrage der
Jmngicr.vedition herausgegeben von dem Führer der Expedition, Premierlcutnant Waldemar
Werther. Berlin, H, Paetel, 1898.
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[0210] Die Irangiexpedition der Bergingenieur L. v. Tippelskirch und eilf Mineraloge Freiherr W. v. Fircks beigegeben. Am 6. Mai 1896 reisten die erstgenannten beiden Herren nach Deutsch- Ostafrika ab und begannen sofort nach ihrer Ankunft mit der Bildung der Karawane. Am 12. Juli 1896 brach die Expedition von Bagamoyo auf. Herr v. Fircks mußte bald, infolge von Fieberanfällen und Ameisenbissen krank, nach Deutschland zurückkehren, während die andern beiden Herren ihrem Ziele zu¬ strebten. Der Weg führte mit Umwegen nach Mpuapua in nordwestlicher Richtung nach Kondoa in Jrangi, dann durch die prachtvollen Hochgebirgs¬ landschaften des sogenannten ostafrikanischen Grabens und führte dann, nachdem das Salzseegebiet, der Eiassi- und Hohenlohesee durchforscht waren, wieder nach der Küste zurück. Die Ergebnisse dieser Forschungsreise sind in einem sehr beachtenswerten Werke niedergelegt, das kürzlich erschienen ist.") Wer das Buch zur Hand nimmt, weil er sich für Goldfunde interessiert, wird enttäuscht werden. Über das Thema „Gold" wird in dem Werke wenig und nur beiläufig gesprochen. Eine kurze Notiz des Geologen v. Tippelskirch belehrt uns, daß abbauwürdige Mineralien fast gar nicht gefunden wurden. Vielleicht wollte auch die Jrangigesellschaft die ihr etwa gewordne Mitteilung von solchen Funden nicht vorzeitig preisgeben. Mehrere male hatte die Ex¬ pedition aber Gelegenheit, Legenden von Goldfunden den Garaus zu machen. So wollten französische Missionare in Mpuapua im Msuerobach Gold gefunden haben, das sich aber bei näherer Untersuchung als goldglänzender Glimmer herausstellte. In Kondoa wurden später im Sariflusse thatsächlich Goldspuren entdeckt, die aber, wie Werther erzählt, immer nur Spuren blieben, ein Fund von wissenschaftlichem, aber nicht praktischem Werte. Obwohl nun der ur¬ sprüngliche Zweck der Expedition, Gold zu finden, nicht erreicht scheint, hat sie doch eine große Bedeutung wegen ihrer wertvollen wissenschaftlichen Re¬ sultate. Werther ist ein tüchtiger Geograph, diese seine Erforschung des ab¬ flußlosen Gebietes unsrer Kolonie sichert ihm einen Ehrenplatz in der wissen¬ schaftlichen Welt. Die Sammlungen, die er zurückbrachte, sind von Fach¬ genossen verarbeitet und die Resultate in Monographien dem Reisewerke ein¬ verleibt, das sich somit aufs würdigste der stattlichen Anzahl hervorragender Werke anreiht, die im letzten Jahrfünft über unsre Kolonie erschienen sind. Werther hat aber noch ein ganz besondres Interesse. Er war der Mann, auf den gewisse Kreise Hoffnungen für einen ausgiebigen Kolonialskandal setzten. Von der Antisklavereiexpedition her stand er in dem Rufe der Rücksichtslosigkeit Die mittlern Hochländer des nördlichen Deutsch-Ostafrika, Wissenschaftliche Ergebnisse der Jrangiexpedition 1896—1897, nebst kurzer Reisebeschreibung. Im Auftrage der Jmngicr.vedition herausgegeben von dem Führer der Expedition, Premierlcutnant Waldemar Werther. Berlin, H, Paetel, 1898.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/210>, abgerufen am 03.07.2024.