Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.Die deutsche Geldreform Aber Deutschland verfuhr, wie schon bemerkt worden ist, in seinem eignen *) Diese betrug in der Periode 1841 bis 1850 im Jahresdurchschnitt 780000 Kilogramm, 1871 bis 187S fast 2 Millionen Kilogramm, Grenzboten l 180g Is
Die deutsche Geldreform Aber Deutschland verfuhr, wie schon bemerkt worden ist, in seinem eignen *) Diese betrug in der Periode 1841 bis 1850 im Jahresdurchschnitt 780000 Kilogramm, 1871 bis 187S fast 2 Millionen Kilogramm, Grenzboten l 180g Is
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0153" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229839"/> <fw type="header" place="top"> Die deutsche Geldreform</fw><lb/> <p xml:id="ID_600" prev="#ID_599" next="#ID_601"> Aber Deutschland verfuhr, wie schon bemerkt worden ist, in seinem eignen<lb/> Interesse vorsichtig und schonend. Nicht die einzelnen Silberverkäufe, wohl<lb/> aber die Demouetisierung des Silbers in Deutschland, dem andre Staaten,<lb/> zunächst die skandinavischen, folgten, wirkten preisdrückend schon aus dem<lb/> Grunde, weil dadurch die Minderwertigkeit des Silbers für monetarische Zwecke<lb/> aller Welt offenbar wurde. Und diese Wandlung in der Schätzung des Silbers<lb/> traf zusammen einerseits mit einer starken Steigerung der Silberförderung,")<lb/> andrerseits mit der Abnahme der indischen Nachfrage, wobei noch dazu die<lb/> Jndia-Council-Bills, die Anfang der siebziger Jahre in Brauch kamen, dem<lb/> Silber Konkurrenz machten; es sind dies Wechsel, die vom indischen Rate in<lb/> London auf die indische Finanzverwaltung gezogen werden. Aus rein psycho¬<lb/> logischen Ursachen entsprang der starke Preisrückgang im Juli 187ö (von<lb/> 56^ Pence für die Unze auf 46^ Pence). Man hatte in London immer<lb/> noch gehofft, trotz der Aufhebung der freien Silberpräguug in Deutschland.<lb/> Skandinavien, Holland und der lateinischen Münznnion den Silberpreis<lb/> halten zu können; zu der angegebnen Zeit kam jedoch die Erkenntnis zum<lb/> Durchbruch, daß dies nicht möglich sei, und das hatte eine Panik auf dem<lb/> Silbermarkte zur Folge. Helfferich verfolgt a. a. O. die Wechselwirkung zwischen<lb/> der deutschen Müuzreform und den Bewegungen des Silberpreises nur bis<lb/> zum Jahre 1878, dem letzten, in dem bedeutende Mengen deutschen Silbers<lb/> verkauft worden sind. Das Schlnßkapitel des ersten Bandes ist überschrieben:<lb/> Die Vollendung der Geldreform durch die Thatsachen. Helfferich berichtet<lb/> darin zunächst über die geradezu staunenswerte Vermehrung des deutschen<lb/> Goldvorrats (von 1580 Millionen Mark im Jahre 1885 auf 2850 Millionen<lb/> im Jahre 1897), über die Vermehrung der Goldgewinnung der Erde (im Jahre<lb/> 1897 betrug die Ausbeute eine Milliarde Mark), die das Gerede von der<lb/> zu kurzen Golddecke so gründlich abgethan hat, über die Silbergewinnung, die<lb/> auf 5 Millionen Kilogramm gestiegen ist und den Silberpreis bis auf 27 Pence<lb/> hinabgedrückt hat, über die bimetallistische Agitation und die münzpolitischen<lb/> Maßregeln, die, den Thatsachen Rechnung tragend, dieser Agitation den Boden<lb/> entziehen: die Einstellung der Silberausprägnng in Indien, den Übergang<lb/> Rußlands und Österreich-Ungarns zur Goldwährung und die Erfolglosigkeit<lb/> der Bemühungen der nordamerikanischen Silberpartei, die europäischen Mächte<lb/> für ihre Interessen einzufangen. Er schließt mit den Worten: „Je mehr sich<lb/> die Erkenntnis der unbestreitbaren und großen Besserung, welche die inter¬<lb/> nationalen Währungsverhältnisse in den letzten Jahren erfahren haben, Durch¬<lb/> bruch verschafft, je mehr die ungeheuern Gefahren des von den Bimetallisten<lb/> erstrebten Zieles gewürdigt werden, desto geringer wird die Kraft und werden</p><lb/> <note xml:id="FID_30" place="foot"> *) Diese betrug in der Periode 1841 bis 1850 im Jahresdurchschnitt 780000 Kilogramm,<lb/> 1871 bis 187S fast 2 Millionen Kilogramm,</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten l 180g Is</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0153]
Die deutsche Geldreform
Aber Deutschland verfuhr, wie schon bemerkt worden ist, in seinem eignen
Interesse vorsichtig und schonend. Nicht die einzelnen Silberverkäufe, wohl
aber die Demouetisierung des Silbers in Deutschland, dem andre Staaten,
zunächst die skandinavischen, folgten, wirkten preisdrückend schon aus dem
Grunde, weil dadurch die Minderwertigkeit des Silbers für monetarische Zwecke
aller Welt offenbar wurde. Und diese Wandlung in der Schätzung des Silbers
traf zusammen einerseits mit einer starken Steigerung der Silberförderung,")
andrerseits mit der Abnahme der indischen Nachfrage, wobei noch dazu die
Jndia-Council-Bills, die Anfang der siebziger Jahre in Brauch kamen, dem
Silber Konkurrenz machten; es sind dies Wechsel, die vom indischen Rate in
London auf die indische Finanzverwaltung gezogen werden. Aus rein psycho¬
logischen Ursachen entsprang der starke Preisrückgang im Juli 187ö (von
56^ Pence für die Unze auf 46^ Pence). Man hatte in London immer
noch gehofft, trotz der Aufhebung der freien Silberpräguug in Deutschland.
Skandinavien, Holland und der lateinischen Münznnion den Silberpreis
halten zu können; zu der angegebnen Zeit kam jedoch die Erkenntnis zum
Durchbruch, daß dies nicht möglich sei, und das hatte eine Panik auf dem
Silbermarkte zur Folge. Helfferich verfolgt a. a. O. die Wechselwirkung zwischen
der deutschen Müuzreform und den Bewegungen des Silberpreises nur bis
zum Jahre 1878, dem letzten, in dem bedeutende Mengen deutschen Silbers
verkauft worden sind. Das Schlnßkapitel des ersten Bandes ist überschrieben:
Die Vollendung der Geldreform durch die Thatsachen. Helfferich berichtet
darin zunächst über die geradezu staunenswerte Vermehrung des deutschen
Goldvorrats (von 1580 Millionen Mark im Jahre 1885 auf 2850 Millionen
im Jahre 1897), über die Vermehrung der Goldgewinnung der Erde (im Jahre
1897 betrug die Ausbeute eine Milliarde Mark), die das Gerede von der
zu kurzen Golddecke so gründlich abgethan hat, über die Silbergewinnung, die
auf 5 Millionen Kilogramm gestiegen ist und den Silberpreis bis auf 27 Pence
hinabgedrückt hat, über die bimetallistische Agitation und die münzpolitischen
Maßregeln, die, den Thatsachen Rechnung tragend, dieser Agitation den Boden
entziehen: die Einstellung der Silberausprägnng in Indien, den Übergang
Rußlands und Österreich-Ungarns zur Goldwährung und die Erfolglosigkeit
der Bemühungen der nordamerikanischen Silberpartei, die europäischen Mächte
für ihre Interessen einzufangen. Er schließt mit den Worten: „Je mehr sich
die Erkenntnis der unbestreitbaren und großen Besserung, welche die inter¬
nationalen Währungsverhältnisse in den letzten Jahren erfahren haben, Durch¬
bruch verschafft, je mehr die ungeheuern Gefahren des von den Bimetallisten
erstrebten Zieles gewürdigt werden, desto geringer wird die Kraft und werden
*) Diese betrug in der Periode 1841 bis 1850 im Jahresdurchschnitt 780000 Kilogramm,
1871 bis 187S fast 2 Millionen Kilogramm,
Grenzboten l 180g Is
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |