Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.Die Unbeliebtheit der Generalkommisfionen Sie hat, wie es in den Verordnungen vom 20. Juni 1817 und vom 30. Juni Die Unbeliebtheit der Generalkommisfionen Sie hat, wie es in den Verordnungen vom 20. Juni 1817 und vom 30. Juni <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229829"/> <fw type="header" place="top"> Die Unbeliebtheit der Generalkommisfionen</fw><lb/> <p xml:id="ID_584" prev="#ID_583" next="#ID_585"> Sie hat, wie es in den Verordnungen vom 20. Juni 1817 und vom 30. Juni<lb/> 1834 heißt, nicht bloß den Hciuptgegenstand der Auseinandersetzung zu regeln,<lb/> sondern auch alle andern Rechtsverhältnisse, die bei der vorschriftsmäßigen<lb/> Ausführung der Auseinandersetzung nicht in ihrer bisherigen Lage verbleiben<lb/> können. Dabei gebührt ihr, außer der allgemeinen Leitung und Belehrung der<lb/> mit den Auseinandersetzungen beauftragten Kommissare, der Erlaß aller obrig¬<lb/> keitlichen Festsetzungen, deren es bedarf, um die Auseinandersetzung zur Aus¬<lb/> führung zu bringen und die Beteiligten zu einem völlig geordneten Zustande<lb/> zurückzuführen. Ihr gebührt die Bestätigung der Auseinandersetzungsrezesse<lb/> und die Veranlassung der Zwangsvollstreckung. Wo eine Auseinandersetzung<lb/> schwebt, unterliegen ferner alle Streitigkeiten, die die Teilnehmungsrechte oder<lb/> die Art und Weise der Abfindungen betreffen oder sonst in notwendigen Zu¬<lb/> sammenhange mit der Auseinandersetzung stehen, der Entscheidung der Aus¬<lb/> einandersetzungsbehörden. Diese haben also unter andern: über alle Eigentums-,<lb/> Besitz- und Grenzstreitigkeiten zu befinden. Nicht minder entscheiden sie die<lb/> Streitigkeiten über die Entschädigungsansprüche aus der Vergangenheit und<lb/> über die Rückstände von Abgaben, die zur Ablösung gelangen. Sie sind ferner<lb/> befugt, ihre Vermittlung auch auf Geschäfte sowohl unter den Hauptparteien<lb/> als unter diesen und andern nicht beteiligten Personen auszudehnen. Und<lb/> diese Befugnis haben sie sogar dann, wenn die Regelung solcher Geschäfte zwar<lb/> in keinem Zusammenhange mit dem Hauptgegenstande der anhängigen Aus¬<lb/> einandersetzung (Rentengutsbildung) steht, aber zur bessern Ordnung des Haupt¬<lb/> geschäfts gereicht. Sie haben ferner das Interesse der entferntem Teilnehmer,<lb/> besonders der eingetragnen Hypothekengläubiger sowie der Lehrs- und Fidei-<lb/> kommißsolger und -Anwärter von Amts wegen wahrzunehmen. Und endlich<lb/> liegt ihnen auch die Wahrnehmung der landespolizeilichen Interessen z. B. für<lb/> die öffentlichen Wege ob. Erst mit der Bestätigung des Rezesses tritt mit<lb/> bestimmten, hier nicht näher zu erörternden Ausnahmen die Zuständigkeit der<lb/> ordentlichen Justiz- und Verwaltungsbehörden wieder ein. Hiernach setzen sie<lb/> in der That, solange eine Auseinandersetzung schwebt, alle übrigen Behörden,<lb/> so weit es sich um den Gegenstand der Auseinandersetzung handelt, sast außer<lb/> Thätigkeit. Allerdings sind sie immer aus den guten Willen zahlreicher andrer<lb/> Behörden angewiesen; sie haben noch mancherlei Genehmigungen von Aufsichts¬<lb/> behörden, Vormundschaftsgerichten usw. einzuziehen, die Negierung um die Be¬<lb/> richtigung der Kataster, die Amtsgerichte um die Berichtigung der Grundbücher<lb/> anzugehen, in Kolonisationsangelegenheiten den Kreisausschuß, in Wegesachen<lb/> den Landrat zu hören usw., und dadurch werden viele Verzögerungen herbei¬<lb/> geführt, die natürlich alle den Geueralkommifsionen aufs Kerbholz gesetzt werden.<lb/> Doch bleibt ihnen immer noch eine Machtfülle, die selbstverständlich der übrigen<lb/> Beamtenwelt nicht angenehm ist. Wenn es auch vorkommen mag, daß Gerichte<lb/> die Akten in einer recht verwickelten Prozeßsache gern an die Auseincmder-<lb/> setzuugsbehörde abgeben, so ist doch schließlich bei allen Sterblichen die Freude</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0143]
Die Unbeliebtheit der Generalkommisfionen
Sie hat, wie es in den Verordnungen vom 20. Juni 1817 und vom 30. Juni
1834 heißt, nicht bloß den Hciuptgegenstand der Auseinandersetzung zu regeln,
sondern auch alle andern Rechtsverhältnisse, die bei der vorschriftsmäßigen
Ausführung der Auseinandersetzung nicht in ihrer bisherigen Lage verbleiben
können. Dabei gebührt ihr, außer der allgemeinen Leitung und Belehrung der
mit den Auseinandersetzungen beauftragten Kommissare, der Erlaß aller obrig¬
keitlichen Festsetzungen, deren es bedarf, um die Auseinandersetzung zur Aus¬
führung zu bringen und die Beteiligten zu einem völlig geordneten Zustande
zurückzuführen. Ihr gebührt die Bestätigung der Auseinandersetzungsrezesse
und die Veranlassung der Zwangsvollstreckung. Wo eine Auseinandersetzung
schwebt, unterliegen ferner alle Streitigkeiten, die die Teilnehmungsrechte oder
die Art und Weise der Abfindungen betreffen oder sonst in notwendigen Zu¬
sammenhange mit der Auseinandersetzung stehen, der Entscheidung der Aus¬
einandersetzungsbehörden. Diese haben also unter andern: über alle Eigentums-,
Besitz- und Grenzstreitigkeiten zu befinden. Nicht minder entscheiden sie die
Streitigkeiten über die Entschädigungsansprüche aus der Vergangenheit und
über die Rückstände von Abgaben, die zur Ablösung gelangen. Sie sind ferner
befugt, ihre Vermittlung auch auf Geschäfte sowohl unter den Hauptparteien
als unter diesen und andern nicht beteiligten Personen auszudehnen. Und
diese Befugnis haben sie sogar dann, wenn die Regelung solcher Geschäfte zwar
in keinem Zusammenhange mit dem Hauptgegenstande der anhängigen Aus¬
einandersetzung (Rentengutsbildung) steht, aber zur bessern Ordnung des Haupt¬
geschäfts gereicht. Sie haben ferner das Interesse der entferntem Teilnehmer,
besonders der eingetragnen Hypothekengläubiger sowie der Lehrs- und Fidei-
kommißsolger und -Anwärter von Amts wegen wahrzunehmen. Und endlich
liegt ihnen auch die Wahrnehmung der landespolizeilichen Interessen z. B. für
die öffentlichen Wege ob. Erst mit der Bestätigung des Rezesses tritt mit
bestimmten, hier nicht näher zu erörternden Ausnahmen die Zuständigkeit der
ordentlichen Justiz- und Verwaltungsbehörden wieder ein. Hiernach setzen sie
in der That, solange eine Auseinandersetzung schwebt, alle übrigen Behörden,
so weit es sich um den Gegenstand der Auseinandersetzung handelt, sast außer
Thätigkeit. Allerdings sind sie immer aus den guten Willen zahlreicher andrer
Behörden angewiesen; sie haben noch mancherlei Genehmigungen von Aufsichts¬
behörden, Vormundschaftsgerichten usw. einzuziehen, die Negierung um die Be¬
richtigung der Kataster, die Amtsgerichte um die Berichtigung der Grundbücher
anzugehen, in Kolonisationsangelegenheiten den Kreisausschuß, in Wegesachen
den Landrat zu hören usw., und dadurch werden viele Verzögerungen herbei¬
geführt, die natürlich alle den Geueralkommifsionen aufs Kerbholz gesetzt werden.
Doch bleibt ihnen immer noch eine Machtfülle, die selbstverständlich der übrigen
Beamtenwelt nicht angenehm ist. Wenn es auch vorkommen mag, daß Gerichte
die Akten in einer recht verwickelten Prozeßsache gern an die Auseincmder-
setzuugsbehörde abgeben, so ist doch schließlich bei allen Sterblichen die Freude
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