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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Die Interessengemeinschaft zwischen Agrariern und Arbeitern

selber verliert nie den Faden aus den Augen, es liegt ihm eben nicht daran,
mit Aphorismen zu glänzen, sondern einen möglichst treffenden Beweis zu
führen in einer Sache, die ihm als Ganzes Geist und Gemüt bewegt; deshalb
erhält und spannt er auch die Aufmerksamkeit des Lesers, dieser schweift uicht
ab, weil es der Verfasser nicht thut. Und in der Sache selbst ist dem Ver¬
fasser ein bedeutender Teil der Aufgabe, die er sich gesetzt hat, wirklich geglückt:
er hat in der That bewiesen, daß die Interessen der landwirtschaftlichen Be¬
völkerung und der Arbeiterschaft unter einander vereinbar sind, und daß nur
durch ihre gemeinschaftliche Befriedigung die Wehrhciftigkeit und Macht Deutsch¬
lands erhalten werden kann. Das ist eine große und fruchtbare Wahrheit,
die so bestimmt noch nicht aufgestellt und dargelegt worden ist. Es ist ja zu
dem, was der Verfasser darüber gesagt hat, noch viel hinzuzufügen, aber er
hat den Weg gezeigt, und seine Schrift verdient, wie gesagt, nicht nur gelesen
und verbreitet, sondern auch durch Nachfolge und Wetteifer gewürdigt zu
werden. Die Schrift ist übrigens auch "interessant," und so werden bei der
Lektüre auch die ihre Rechnung finden, die vor allem darnach jagen, aber dem
Verfasser werden nur die Leser ganz gerecht werden, die es mit dem politischen
Leben ernst nehmen, auf den Ruf der Pflicht hören.

Es soll nicht versucht werden, einen Auszug aus der Ottoschen Schrift
zu geben. Was daraus dem Sinne nach oder wörtlich schon angeführt wurde,
reicht hin, den Leser vorzubereiten, und außerdem schreibt Otto so gedrängt
und prägnant, daß eine vollständige Inhaltsangabe sehr ausführlich sein und
doch die Frische des Originals einbüßen würde. Es ist nur noch zu erwähnen,
daß Otto von den zwei Vorschlägen, worin er seine Ausführungen zusammen¬
faßt, den einen, die gesetzliche Anerkennung des Rechts auf Arbeit, selbst näher
begründet und erörtert, für den zweiten dagegen im wesentlichen auf eine
fremde Schrift Bezug nimmt. Es ist dies "Das Getreidemonopol als soziale
Maßregel. Von Emil Kühn. Leipzig, bei Grunow, 1896." Die Besprechung
hat sich also auch darauf zu erstrecken.

Otto sagt von dieser Schrift, sie enthalte "vortreffliche Vorschläge," sei
"gründlich durchdacht und aus sorgfältigster Erwägung des notwendigen und
Nützlichen hervorgegangen" und wisse "alle Einwendungen, die uns die Kurcmt-
münze unsrer politischen Gewohnheitsgedanken an die Hand giebt, voraus¬
zusehen und im voraus zu entwerten." "Die Landwirtschaft würde durch die
von Kühn vorgeschlagnen Einrichtungen mit einem Schlage von den Launen
der Weltmarktskonjunktur uuabhüngig gemacht und in die soziale Stellung
wieder eingesetzt, die ihr durch die Übermacht des Geldkapitals verloren ge¬
gangen ist. Eine Reform des Kreditwesens und der Formen des Besitzerwerbs
und Besitzwechsels dürfte sich aber daneben auch auf die Dauer als nötig er¬
weisen." Einer Selbstanzeige Kubus ist zur Ergänzung folgendes zu entnehmen:
..Das, was diese Behandlung des Monopolgedankens von sonstigen unterscheidet,


Die Interessengemeinschaft zwischen Agrariern und Arbeitern

selber verliert nie den Faden aus den Augen, es liegt ihm eben nicht daran,
mit Aphorismen zu glänzen, sondern einen möglichst treffenden Beweis zu
führen in einer Sache, die ihm als Ganzes Geist und Gemüt bewegt; deshalb
erhält und spannt er auch die Aufmerksamkeit des Lesers, dieser schweift uicht
ab, weil es der Verfasser nicht thut. Und in der Sache selbst ist dem Ver¬
fasser ein bedeutender Teil der Aufgabe, die er sich gesetzt hat, wirklich geglückt:
er hat in der That bewiesen, daß die Interessen der landwirtschaftlichen Be¬
völkerung und der Arbeiterschaft unter einander vereinbar sind, und daß nur
durch ihre gemeinschaftliche Befriedigung die Wehrhciftigkeit und Macht Deutsch¬
lands erhalten werden kann. Das ist eine große und fruchtbare Wahrheit,
die so bestimmt noch nicht aufgestellt und dargelegt worden ist. Es ist ja zu
dem, was der Verfasser darüber gesagt hat, noch viel hinzuzufügen, aber er
hat den Weg gezeigt, und seine Schrift verdient, wie gesagt, nicht nur gelesen
und verbreitet, sondern auch durch Nachfolge und Wetteifer gewürdigt zu
werden. Die Schrift ist übrigens auch „interessant," und so werden bei der
Lektüre auch die ihre Rechnung finden, die vor allem darnach jagen, aber dem
Verfasser werden nur die Leser ganz gerecht werden, die es mit dem politischen
Leben ernst nehmen, auf den Ruf der Pflicht hören.

Es soll nicht versucht werden, einen Auszug aus der Ottoschen Schrift
zu geben. Was daraus dem Sinne nach oder wörtlich schon angeführt wurde,
reicht hin, den Leser vorzubereiten, und außerdem schreibt Otto so gedrängt
und prägnant, daß eine vollständige Inhaltsangabe sehr ausführlich sein und
doch die Frische des Originals einbüßen würde. Es ist nur noch zu erwähnen,
daß Otto von den zwei Vorschlägen, worin er seine Ausführungen zusammen¬
faßt, den einen, die gesetzliche Anerkennung des Rechts auf Arbeit, selbst näher
begründet und erörtert, für den zweiten dagegen im wesentlichen auf eine
fremde Schrift Bezug nimmt. Es ist dies „Das Getreidemonopol als soziale
Maßregel. Von Emil Kühn. Leipzig, bei Grunow, 1896." Die Besprechung
hat sich also auch darauf zu erstrecken.

Otto sagt von dieser Schrift, sie enthalte „vortreffliche Vorschläge," sei
„gründlich durchdacht und aus sorgfältigster Erwägung des notwendigen und
Nützlichen hervorgegangen" und wisse „alle Einwendungen, die uns die Kurcmt-
münze unsrer politischen Gewohnheitsgedanken an die Hand giebt, voraus¬
zusehen und im voraus zu entwerten." „Die Landwirtschaft würde durch die
von Kühn vorgeschlagnen Einrichtungen mit einem Schlage von den Launen
der Weltmarktskonjunktur uuabhüngig gemacht und in die soziale Stellung
wieder eingesetzt, die ihr durch die Übermacht des Geldkapitals verloren ge¬
gangen ist. Eine Reform des Kreditwesens und der Formen des Besitzerwerbs
und Besitzwechsels dürfte sich aber daneben auch auf die Dauer als nötig er¬
weisen." Einer Selbstanzeige Kubus ist zur Ergänzung folgendes zu entnehmen:
..Das, was diese Behandlung des Monopolgedankens von sonstigen unterscheidet,


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[0631] Die Interessengemeinschaft zwischen Agrariern und Arbeitern selber verliert nie den Faden aus den Augen, es liegt ihm eben nicht daran, mit Aphorismen zu glänzen, sondern einen möglichst treffenden Beweis zu führen in einer Sache, die ihm als Ganzes Geist und Gemüt bewegt; deshalb erhält und spannt er auch die Aufmerksamkeit des Lesers, dieser schweift uicht ab, weil es der Verfasser nicht thut. Und in der Sache selbst ist dem Ver¬ fasser ein bedeutender Teil der Aufgabe, die er sich gesetzt hat, wirklich geglückt: er hat in der That bewiesen, daß die Interessen der landwirtschaftlichen Be¬ völkerung und der Arbeiterschaft unter einander vereinbar sind, und daß nur durch ihre gemeinschaftliche Befriedigung die Wehrhciftigkeit und Macht Deutsch¬ lands erhalten werden kann. Das ist eine große und fruchtbare Wahrheit, die so bestimmt noch nicht aufgestellt und dargelegt worden ist. Es ist ja zu dem, was der Verfasser darüber gesagt hat, noch viel hinzuzufügen, aber er hat den Weg gezeigt, und seine Schrift verdient, wie gesagt, nicht nur gelesen und verbreitet, sondern auch durch Nachfolge und Wetteifer gewürdigt zu werden. Die Schrift ist übrigens auch „interessant," und so werden bei der Lektüre auch die ihre Rechnung finden, die vor allem darnach jagen, aber dem Verfasser werden nur die Leser ganz gerecht werden, die es mit dem politischen Leben ernst nehmen, auf den Ruf der Pflicht hören. Es soll nicht versucht werden, einen Auszug aus der Ottoschen Schrift zu geben. Was daraus dem Sinne nach oder wörtlich schon angeführt wurde, reicht hin, den Leser vorzubereiten, und außerdem schreibt Otto so gedrängt und prägnant, daß eine vollständige Inhaltsangabe sehr ausführlich sein und doch die Frische des Originals einbüßen würde. Es ist nur noch zu erwähnen, daß Otto von den zwei Vorschlägen, worin er seine Ausführungen zusammen¬ faßt, den einen, die gesetzliche Anerkennung des Rechts auf Arbeit, selbst näher begründet und erörtert, für den zweiten dagegen im wesentlichen auf eine fremde Schrift Bezug nimmt. Es ist dies „Das Getreidemonopol als soziale Maßregel. Von Emil Kühn. Leipzig, bei Grunow, 1896." Die Besprechung hat sich also auch darauf zu erstrecken. Otto sagt von dieser Schrift, sie enthalte „vortreffliche Vorschläge," sei „gründlich durchdacht und aus sorgfältigster Erwägung des notwendigen und Nützlichen hervorgegangen" und wisse „alle Einwendungen, die uns die Kurcmt- münze unsrer politischen Gewohnheitsgedanken an die Hand giebt, voraus¬ zusehen und im voraus zu entwerten." „Die Landwirtschaft würde durch die von Kühn vorgeschlagnen Einrichtungen mit einem Schlage von den Launen der Weltmarktskonjunktur uuabhüngig gemacht und in die soziale Stellung wieder eingesetzt, die ihr durch die Übermacht des Geldkapitals verloren ge¬ gangen ist. Eine Reform des Kreditwesens und der Formen des Besitzerwerbs und Besitzwechsels dürfte sich aber daneben auch auf die Dauer als nötig er¬ weisen." Einer Selbstanzeige Kubus ist zur Ergänzung folgendes zu entnehmen: ..Das, was diese Behandlung des Monopolgedankens von sonstigen unterscheidet,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/631>, abgerufen am 24.07.2024.