Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser geiht in derselben Periode auf die Verbesserung der Produktionsmittel, auf die Wir haben in der That dem eignen Fette barbarisch zugesetzt. Und doch ?ini8 coronae oxus! Es macht sich bekanntlich zur Zeit in Deutschland So wie bisher, geht es nicht mehr weiter! Wir können unsre Industrie renzboten IV 1898 71
Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser geiht in derselben Periode auf die Verbesserung der Produktionsmittel, auf die Wir haben in der That dem eignen Fette barbarisch zugesetzt. Und doch ?ini8 coronae oxus! Es macht sich bekanntlich zur Zeit in Deutschland So wie bisher, geht es nicht mehr weiter! Wir können unsre Industrie renzboten IV 1898 71
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0572" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229521"/> <fw type="header" place="top"> Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser</fw><lb/> <p xml:id="ID_1817" prev="#ID_1816"> geiht in derselben Periode auf die Verbesserung der Produktionsmittel, auf die<lb/> Steigerung der Produktionskraft Jahr für Jahr verwandt hat. Auch an die<lb/> gleichfalls unerhörten Summen darf man wohl erinnern, die seit 1880 im land¬<lb/> wirtschaftlichen Kredit zu niedrigem Zinsfuß trotz der bekannten Drohungen mit<lb/> dem Bankrott der Landwirte recht sehr festgelegt worden sind, ganz abgesehen<lb/> von der Spekulation und den Verlusten in ausländischen Staatspapieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1818"> Wir haben in der That dem eignen Fette barbarisch zugesetzt. Und doch<lb/> haben wir keine Edelmetalle, keine landwirtschaftlichen Bodenerzeugnisse — mit<lb/> Ausnahme des Rübenzuckers, den wir verschenken — ans Ausland zu ver¬<lb/> kaufen, doch besitzen wir keine gewinnbringenden Kolonien und haben sie nie<lb/> besessen, doch fehlt in der Masse unsers Volks der altererbte Reichtum, der<lb/> Engländern und Franzosen weit eher erlauben würde, eine Zeit lang im eignen<lb/> Fette zu schwelgen. Wie kommen wir von Haus aus armen Schlucker zu diesem<lb/> überaus opulenten „innern Markt"?</p><lb/> <p xml:id="ID_1819"> ?ini8 coronae oxus! Es macht sich bekanntlich zur Zeit in Deutschland<lb/> Wie gedankenlose Spekulation durch Erhöhung des Kapitals unsrer industriellen<lb/> Aktienunternehmungen und durch Umwandlung privater Etablissements in solche<lb/> lus Aktien bemerkbar, ein ganz regelrechter Gründungsschwindel, der, wie man<lb/> ^ge, den Kapitalmarkt schon in bedenklichem Maße zu erschöpfen begonnen hat.<lb/> ^le Gründer der neusten Ära scheinen es darauf anzulegen, für die bekannten<lb/> Übertreibungen Oldenbergs und andrer nachträglich den Beweis zu führen, daß<lb/> "uf dem Kapitalmarkt jeder Sinn für die Zukunft systematisch erstickt werde,<lb/> und daß man bei Kapitalanlagen immer nur darauf rechne, sie rechtzeitig los¬<lb/> zuschlagen, damit ein andrer hineinfalle. In der Hauptsache bedroht dieser<lb/> ^ründungsschwindel auch wieder den innern Markt. Er ist nichts weiter als<lb/> b'e Krone des Werks, das wir seit achtzehn Jahren betreiben. So verdam-<lb/> wenswert er ist, scheint er schon das eine Gute bewirkt zu haben, daß die be¬<lb/> gonnenen Elemente in der Finanz, im Handel und in der Industrie endlich an<lb/> seit Jahrzehnten herrschenden Überschätzung des innern Markes und an dem<lb/> Übermaß seiner Ausbeutung Kritik zu üben anfangen und hoffentlich nun auch<lb/> endlich die furchtbare Krisis erkennen werden, die kommen muß, wenn wir uns<lb/> "übt mit dem Aufgebot aller Kräfte und Mittel der Welthandelspolitik zu¬<lb/> wenden, die der Kaiser bei der Eröffnung der neuen Hafenanlagen in Stettin,<lb/> kurz vor seiner Palästinareise, mit den Worten kennzeichnete: „Unsre Zukunft<lb/> uegt auf dem Wasser!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1820" next="#ID_1821"> So wie bisher, geht es nicht mehr weiter! Wir können unsre Industrie<lb/> und die in ihr thätige Bevölkerung nicht erhalten, wenn wir nicht das Aus¬<lb/> landsgeschäft bald und in großem Maßstabe ausdehnen. Der Zusammenbruch<lb/> er Industrie wird für die heutige Generation der Landwirte den Gewinn,<lb/> auf den man spekulirt, nicht haben; je verschuldeter sie sind, umso vernichtender<lb/> wird die Krisis gerade auch sie treffen. Sie, die ganz vom „innern Markte"<lb/> G</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> renzboten IV 1898 71</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0572]
Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser
geiht in derselben Periode auf die Verbesserung der Produktionsmittel, auf die
Steigerung der Produktionskraft Jahr für Jahr verwandt hat. Auch an die
gleichfalls unerhörten Summen darf man wohl erinnern, die seit 1880 im land¬
wirtschaftlichen Kredit zu niedrigem Zinsfuß trotz der bekannten Drohungen mit
dem Bankrott der Landwirte recht sehr festgelegt worden sind, ganz abgesehen
von der Spekulation und den Verlusten in ausländischen Staatspapieren.
Wir haben in der That dem eignen Fette barbarisch zugesetzt. Und doch
haben wir keine Edelmetalle, keine landwirtschaftlichen Bodenerzeugnisse — mit
Ausnahme des Rübenzuckers, den wir verschenken — ans Ausland zu ver¬
kaufen, doch besitzen wir keine gewinnbringenden Kolonien und haben sie nie
besessen, doch fehlt in der Masse unsers Volks der altererbte Reichtum, der
Engländern und Franzosen weit eher erlauben würde, eine Zeit lang im eignen
Fette zu schwelgen. Wie kommen wir von Haus aus armen Schlucker zu diesem
überaus opulenten „innern Markt"?
?ini8 coronae oxus! Es macht sich bekanntlich zur Zeit in Deutschland
Wie gedankenlose Spekulation durch Erhöhung des Kapitals unsrer industriellen
Aktienunternehmungen und durch Umwandlung privater Etablissements in solche
lus Aktien bemerkbar, ein ganz regelrechter Gründungsschwindel, der, wie man
^ge, den Kapitalmarkt schon in bedenklichem Maße zu erschöpfen begonnen hat.
^le Gründer der neusten Ära scheinen es darauf anzulegen, für die bekannten
Übertreibungen Oldenbergs und andrer nachträglich den Beweis zu führen, daß
"uf dem Kapitalmarkt jeder Sinn für die Zukunft systematisch erstickt werde,
und daß man bei Kapitalanlagen immer nur darauf rechne, sie rechtzeitig los¬
zuschlagen, damit ein andrer hineinfalle. In der Hauptsache bedroht dieser
^ründungsschwindel auch wieder den innern Markt. Er ist nichts weiter als
b'e Krone des Werks, das wir seit achtzehn Jahren betreiben. So verdam-
wenswert er ist, scheint er schon das eine Gute bewirkt zu haben, daß die be¬
gonnenen Elemente in der Finanz, im Handel und in der Industrie endlich an
seit Jahrzehnten herrschenden Überschätzung des innern Markes und an dem
Übermaß seiner Ausbeutung Kritik zu üben anfangen und hoffentlich nun auch
endlich die furchtbare Krisis erkennen werden, die kommen muß, wenn wir uns
"übt mit dem Aufgebot aller Kräfte und Mittel der Welthandelspolitik zu¬
wenden, die der Kaiser bei der Eröffnung der neuen Hafenanlagen in Stettin,
kurz vor seiner Palästinareise, mit den Worten kennzeichnete: „Unsre Zukunft
uegt auf dem Wasser!"
So wie bisher, geht es nicht mehr weiter! Wir können unsre Industrie
und die in ihr thätige Bevölkerung nicht erhalten, wenn wir nicht das Aus¬
landsgeschäft bald und in großem Maßstabe ausdehnen. Der Zusammenbruch
er Industrie wird für die heutige Generation der Landwirte den Gewinn,
auf den man spekulirt, nicht haben; je verschuldeter sie sind, umso vernichtender
wird die Krisis gerade auch sie treffen. Sie, die ganz vom „innern Markte"
G
renzboten IV 1898 71
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |