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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser

hat eine solche Zusammenstellung selbst bei der Veröffentlichung der Haupt¬
ergebnisse der Gewerbezählung von 1895 unternommen.

Bemerkenswert -- um das vorweg zu erwähnen -- ist es, daß gerade
die Gewerbegruppe, die nicht nur in der Industrie soudern zugleich unter allen
Gewerben die höchste Personenzunahme und den größten Anteil an dem ganzen
Personenzuwachs aufweist, das Baugewerbe (96,0 und 17,5 Prozent), keinen
Anteil an den "Exportinteressen" hat. Es beschäftigte 1045516 Personen
im Jahre 1895 gegen 533511 im Jahre 1882; das sind über eine halbe
Million Personen mehr. Es muß hier diese Mitteilung genügen, obwohl das
Baugewerbe seine besondre Beurteilung verlangt, und, was wohl zu beachten
ist, die Bauthätigkeit im allgemeinen seit 1895 erst recht zugenommen zu
haben scheint.

Um von dem Verhältnis der Ausfuhr zur Gewerbeproduktion ein an¬
nähernd richtiges Bild zu geben, seien zunächst aus der bekannten Denkschrift
des Neichsmarineamts über die "Seeinteressen des Deutschen Reichs" folgende
Hauptzahlen vorgeführt. Es betrug der geschätzte Wert der



Das bedeutet die geradezu winzige Vermehrung des Ausfuhrwertes um
ganze vier Prozent gegenüber einer weit über das Zehnfache gehenden Steigerung
der Gewerbeproduktion. Unzweifelhaft ist diese Thatsache von der größten
Bedeutung für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage und der sich aus ihr
ergebenden Forderungen an die Wirtschafts- und Handelspolitik der nächsten
Zukunft. Wir wollen auf die meist übertriebnen Gefahren einer zunehmend
passiven Handelsbilanz an sich nicht eingehen. Es steht fest, daß die Schutz¬
zollära diese Gefahr nicht beseitigt hat durch Einschränkung der Einfuhr im
Verhältnis zur Ausfuhr, und daß sie unsre Industrie nicht in die Lage gebracht
hat, den Ausfuhrwert, mit dem wir die Einfuhr zu bezahlen haben oder be¬
zahlen sollten, nennenswert zu vermehren. Das wäre schon ohne die gewaltige
Vermehrung der in der Industrie thätigen Personen von 1382 bis 1895 ein
recht bedenkliches Ergebnis, angesichts dieser Vermehrung wird man unsre
Ausfuhr geradezu als zurückgeblieben und vernachlässigt bezeichnen dürfen.


Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser

hat eine solche Zusammenstellung selbst bei der Veröffentlichung der Haupt¬
ergebnisse der Gewerbezählung von 1895 unternommen.

Bemerkenswert — um das vorweg zu erwähnen — ist es, daß gerade
die Gewerbegruppe, die nicht nur in der Industrie soudern zugleich unter allen
Gewerben die höchste Personenzunahme und den größten Anteil an dem ganzen
Personenzuwachs aufweist, das Baugewerbe (96,0 und 17,5 Prozent), keinen
Anteil an den „Exportinteressen" hat. Es beschäftigte 1045516 Personen
im Jahre 1895 gegen 533511 im Jahre 1882; das sind über eine halbe
Million Personen mehr. Es muß hier diese Mitteilung genügen, obwohl das
Baugewerbe seine besondre Beurteilung verlangt, und, was wohl zu beachten
ist, die Bauthätigkeit im allgemeinen seit 1895 erst recht zugenommen zu
haben scheint.

Um von dem Verhältnis der Ausfuhr zur Gewerbeproduktion ein an¬
nähernd richtiges Bild zu geben, seien zunächst aus der bekannten Denkschrift
des Neichsmarineamts über die „Seeinteressen des Deutschen Reichs" folgende
Hauptzahlen vorgeführt. Es betrug der geschätzte Wert der



Das bedeutet die geradezu winzige Vermehrung des Ausfuhrwertes um
ganze vier Prozent gegenüber einer weit über das Zehnfache gehenden Steigerung
der Gewerbeproduktion. Unzweifelhaft ist diese Thatsache von der größten
Bedeutung für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage und der sich aus ihr
ergebenden Forderungen an die Wirtschafts- und Handelspolitik der nächsten
Zukunft. Wir wollen auf die meist übertriebnen Gefahren einer zunehmend
passiven Handelsbilanz an sich nicht eingehen. Es steht fest, daß die Schutz¬
zollära diese Gefahr nicht beseitigt hat durch Einschränkung der Einfuhr im
Verhältnis zur Ausfuhr, und daß sie unsre Industrie nicht in die Lage gebracht
hat, den Ausfuhrwert, mit dem wir die Einfuhr zu bezahlen haben oder be¬
zahlen sollten, nennenswert zu vermehren. Das wäre schon ohne die gewaltige
Vermehrung der in der Industrie thätigen Personen von 1382 bis 1895 ein
recht bedenkliches Ergebnis, angesichts dieser Vermehrung wird man unsre
Ausfuhr geradezu als zurückgeblieben und vernachlässigt bezeichnen dürfen.


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[0567] Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser hat eine solche Zusammenstellung selbst bei der Veröffentlichung der Haupt¬ ergebnisse der Gewerbezählung von 1895 unternommen. Bemerkenswert — um das vorweg zu erwähnen — ist es, daß gerade die Gewerbegruppe, die nicht nur in der Industrie soudern zugleich unter allen Gewerben die höchste Personenzunahme und den größten Anteil an dem ganzen Personenzuwachs aufweist, das Baugewerbe (96,0 und 17,5 Prozent), keinen Anteil an den „Exportinteressen" hat. Es beschäftigte 1045516 Personen im Jahre 1895 gegen 533511 im Jahre 1882; das sind über eine halbe Million Personen mehr. Es muß hier diese Mitteilung genügen, obwohl das Baugewerbe seine besondre Beurteilung verlangt, und, was wohl zu beachten ist, die Bauthätigkeit im allgemeinen seit 1895 erst recht zugenommen zu haben scheint. Um von dem Verhältnis der Ausfuhr zur Gewerbeproduktion ein an¬ nähernd richtiges Bild zu geben, seien zunächst aus der bekannten Denkschrift des Neichsmarineamts über die „Seeinteressen des Deutschen Reichs" folgende Hauptzahlen vorgeführt. Es betrug der geschätzte Wert der EinfuhrAusfuhr im Durchschnitt der Jahre 1894/9ögegen 1881/831894/96gegen 1881/83 Millionen MarkMillionen Mark an Rohstoffen , > - „ Fabrikaten . - -3010,0 1111,8933,7 ^ 7»,«827,4 2439,8— 111,4 -s- 234,3 zusammen4121,81004,332U7,2-4- 122,9 Das bedeutet die geradezu winzige Vermehrung des Ausfuhrwertes um ganze vier Prozent gegenüber einer weit über das Zehnfache gehenden Steigerung der Gewerbeproduktion. Unzweifelhaft ist diese Thatsache von der größten Bedeutung für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage und der sich aus ihr ergebenden Forderungen an die Wirtschafts- und Handelspolitik der nächsten Zukunft. Wir wollen auf die meist übertriebnen Gefahren einer zunehmend passiven Handelsbilanz an sich nicht eingehen. Es steht fest, daß die Schutz¬ zollära diese Gefahr nicht beseitigt hat durch Einschränkung der Einfuhr im Verhältnis zur Ausfuhr, und daß sie unsre Industrie nicht in die Lage gebracht hat, den Ausfuhrwert, mit dem wir die Einfuhr zu bezahlen haben oder be¬ zahlen sollten, nennenswert zu vermehren. Das wäre schon ohne die gewaltige Vermehrung der in der Industrie thätigen Personen von 1382 bis 1895 ein recht bedenkliches Ergebnis, angesichts dieser Vermehrung wird man unsre Ausfuhr geradezu als zurückgeblieben und vernachlässigt bezeichnen dürfen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/567>, abgerufen am 24.07.2024.