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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Die Gärtnerei und Fischerei bietet für unsre Betrachtung kein besondres
Interesse. Es genügt zu wissen, daß bei einem zwar sehr erfreulichen aber
immerhin recht geringen Export an Erzengnissen der Kunst- und Handels¬
gärtnerei die starke Zunahme des Personals in diesem Gewerbszweige fast
ausschließlich der auffällig in die Höhe getriebnen Liebhaberei für frische
Blumen in Deutschland selbst zu danken ist. Es ist dabei wohl viel Mode
im Spiel, die sich ändern kann. Auch die Fischerei und die mit ihr zusammen-
geworfne nichtlandwirtschaftliche Tierzucht hat mit dem Ausfuhrhandel wenig
oder nichts zu thun. Im Handel und Verkehr (Abteilung v in der Über¬
sicht) sind die am stärksten angewachsenen Gewerbszweige: Versicherungsgewerbe
und Gast- und Schankwirtschaft, an den "Exportinteressen" unmittelbar gar
nicht und mittelbar sehr wenig beteiligt, während natürlich das Handels¬
gewerbe wie das Verkehrsgewerbe sehr stark davon berührt werden. Darauf
wird später kurz zurückzukommen sein, nachdem das eigentliche Gewerbe (Ab¬
teilung L), die Industrie, wie wir kurz sagen wollen, um die es sich für uns
vor allem handelt, etwas näher betrachtet sein wird.

Die Industrie hat ihr Personal um 34,8 Prozent vermehrt, und nicht
weniger als 70.6 Prozent des ganzen Personenzuwachses fallen auf sie. Die
Zunahmeziffer steht zwar hinter den Ziffern der beiden andern Abteilungen
zurück, wo sie 53,0 und 61,6 Prozent ausmachen, ist aber trotzdem als ganz
außerordentlich hoch zu bezeichnen. In dem Zeitraum von 1881 bis 1891
hatte die Industrie Großbritanniens ihr Personal nur um 13 Prozent ver¬
mehrt, wobei die Detailhändler eingerechnet sind, und in Frankreich belief sich
in demselben Zeitraum die Zunahme der Erwerbsthätigen in der Industrie
gar nur auf 2,3 Prozent. Bedenkt man, welche ungeheure Steigerung die
Bedeutung dieses Personenznwachses in Rücksicht auf die Produktion durch
die Vermehrung der Motoren und durch die Verbesserung der Arbeitsmaschinen
und Arbeitsmethoden erfahren hat. so wird man einsehen, daß Deutschland in
der Beobachtuugsperiode seine Gewerbeprodnktion um weit mehr als 40 Prozent
gesteigert haben muß; vielleicht um weit mehr als 50 Prozent.

Die Statistik führt über die Produktion nur bei einigen wenigen In¬
dustriezweigen Buch, und die für diese vorhandnen Zahlen lassen keinerlei
Schlüsse auf das Verhältnis der Personenzahl zur Produktionsmenge in der
Gesamtindustrie zu. Dagegen ducht bekanntlich die Statistik die Ausfuhrmengen
und die Ausfuhrwerte. Leider stimmen die Warengattungen, für die die Sta¬
tistik des auswärtigen Handels ihre Notirungen macht, nicht überein mit den
Gewerbszweigen, für die die Gewerbestatistik die Personenzahl nachweist. Aber
immerhin geben die Zahlen der Ausfuhrstatistik im großen und ganzen für
""fern Zweck durchaus brauchbare Aufschlüsse, und für eine ganze Reihe
einzelner Gewerbearten ist man doch auch in der Lage, die Personenzahlen
und die Ausfuhrziffern strikt zu vergleichen. Die Statistik des Deutschen Reichs


Die Gärtnerei und Fischerei bietet für unsre Betrachtung kein besondres
Interesse. Es genügt zu wissen, daß bei einem zwar sehr erfreulichen aber
immerhin recht geringen Export an Erzengnissen der Kunst- und Handels¬
gärtnerei die starke Zunahme des Personals in diesem Gewerbszweige fast
ausschließlich der auffällig in die Höhe getriebnen Liebhaberei für frische
Blumen in Deutschland selbst zu danken ist. Es ist dabei wohl viel Mode
im Spiel, die sich ändern kann. Auch die Fischerei und die mit ihr zusammen-
geworfne nichtlandwirtschaftliche Tierzucht hat mit dem Ausfuhrhandel wenig
oder nichts zu thun. Im Handel und Verkehr (Abteilung v in der Über¬
sicht) sind die am stärksten angewachsenen Gewerbszweige: Versicherungsgewerbe
und Gast- und Schankwirtschaft, an den „Exportinteressen" unmittelbar gar
nicht und mittelbar sehr wenig beteiligt, während natürlich das Handels¬
gewerbe wie das Verkehrsgewerbe sehr stark davon berührt werden. Darauf
wird später kurz zurückzukommen sein, nachdem das eigentliche Gewerbe (Ab¬
teilung L), die Industrie, wie wir kurz sagen wollen, um die es sich für uns
vor allem handelt, etwas näher betrachtet sein wird.

Die Industrie hat ihr Personal um 34,8 Prozent vermehrt, und nicht
weniger als 70.6 Prozent des ganzen Personenzuwachses fallen auf sie. Die
Zunahmeziffer steht zwar hinter den Ziffern der beiden andern Abteilungen
zurück, wo sie 53,0 und 61,6 Prozent ausmachen, ist aber trotzdem als ganz
außerordentlich hoch zu bezeichnen. In dem Zeitraum von 1881 bis 1891
hatte die Industrie Großbritanniens ihr Personal nur um 13 Prozent ver¬
mehrt, wobei die Detailhändler eingerechnet sind, und in Frankreich belief sich
in demselben Zeitraum die Zunahme der Erwerbsthätigen in der Industrie
gar nur auf 2,3 Prozent. Bedenkt man, welche ungeheure Steigerung die
Bedeutung dieses Personenznwachses in Rücksicht auf die Produktion durch
die Vermehrung der Motoren und durch die Verbesserung der Arbeitsmaschinen
und Arbeitsmethoden erfahren hat. so wird man einsehen, daß Deutschland in
der Beobachtuugsperiode seine Gewerbeprodnktion um weit mehr als 40 Prozent
gesteigert haben muß; vielleicht um weit mehr als 50 Prozent.

Die Statistik führt über die Produktion nur bei einigen wenigen In¬
dustriezweigen Buch, und die für diese vorhandnen Zahlen lassen keinerlei
Schlüsse auf das Verhältnis der Personenzahl zur Produktionsmenge in der
Gesamtindustrie zu. Dagegen ducht bekanntlich die Statistik die Ausfuhrmengen
und die Ausfuhrwerte. Leider stimmen die Warengattungen, für die die Sta¬
tistik des auswärtigen Handels ihre Notirungen macht, nicht überein mit den
Gewerbszweigen, für die die Gewerbestatistik die Personenzahl nachweist. Aber
immerhin geben die Zahlen der Ausfuhrstatistik im großen und ganzen für
""fern Zweck durchaus brauchbare Aufschlüsse, und für eine ganze Reihe
einzelner Gewerbearten ist man doch auch in der Lage, die Personenzahlen
und die Ausfuhrziffern strikt zu vergleichen. Die Statistik des Deutschen Reichs


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[0566] Die Gärtnerei und Fischerei bietet für unsre Betrachtung kein besondres Interesse. Es genügt zu wissen, daß bei einem zwar sehr erfreulichen aber immerhin recht geringen Export an Erzengnissen der Kunst- und Handels¬ gärtnerei die starke Zunahme des Personals in diesem Gewerbszweige fast ausschließlich der auffällig in die Höhe getriebnen Liebhaberei für frische Blumen in Deutschland selbst zu danken ist. Es ist dabei wohl viel Mode im Spiel, die sich ändern kann. Auch die Fischerei und die mit ihr zusammen- geworfne nichtlandwirtschaftliche Tierzucht hat mit dem Ausfuhrhandel wenig oder nichts zu thun. Im Handel und Verkehr (Abteilung v in der Über¬ sicht) sind die am stärksten angewachsenen Gewerbszweige: Versicherungsgewerbe und Gast- und Schankwirtschaft, an den „Exportinteressen" unmittelbar gar nicht und mittelbar sehr wenig beteiligt, während natürlich das Handels¬ gewerbe wie das Verkehrsgewerbe sehr stark davon berührt werden. Darauf wird später kurz zurückzukommen sein, nachdem das eigentliche Gewerbe (Ab¬ teilung L), die Industrie, wie wir kurz sagen wollen, um die es sich für uns vor allem handelt, etwas näher betrachtet sein wird. Die Industrie hat ihr Personal um 34,8 Prozent vermehrt, und nicht weniger als 70.6 Prozent des ganzen Personenzuwachses fallen auf sie. Die Zunahmeziffer steht zwar hinter den Ziffern der beiden andern Abteilungen zurück, wo sie 53,0 und 61,6 Prozent ausmachen, ist aber trotzdem als ganz außerordentlich hoch zu bezeichnen. In dem Zeitraum von 1881 bis 1891 hatte die Industrie Großbritanniens ihr Personal nur um 13 Prozent ver¬ mehrt, wobei die Detailhändler eingerechnet sind, und in Frankreich belief sich in demselben Zeitraum die Zunahme der Erwerbsthätigen in der Industrie gar nur auf 2,3 Prozent. Bedenkt man, welche ungeheure Steigerung die Bedeutung dieses Personenznwachses in Rücksicht auf die Produktion durch die Vermehrung der Motoren und durch die Verbesserung der Arbeitsmaschinen und Arbeitsmethoden erfahren hat. so wird man einsehen, daß Deutschland in der Beobachtuugsperiode seine Gewerbeprodnktion um weit mehr als 40 Prozent gesteigert haben muß; vielleicht um weit mehr als 50 Prozent. Die Statistik führt über die Produktion nur bei einigen wenigen In¬ dustriezweigen Buch, und die für diese vorhandnen Zahlen lassen keinerlei Schlüsse auf das Verhältnis der Personenzahl zur Produktionsmenge in der Gesamtindustrie zu. Dagegen ducht bekanntlich die Statistik die Ausfuhrmengen und die Ausfuhrwerte. Leider stimmen die Warengattungen, für die die Sta¬ tistik des auswärtigen Handels ihre Notirungen macht, nicht überein mit den Gewerbszweigen, für die die Gewerbestatistik die Personenzahl nachweist. Aber immerhin geben die Zahlen der Ausfuhrstatistik im großen und ganzen für ""fern Zweck durchaus brauchbare Aufschlüsse, und für eine ganze Reihe einzelner Gewerbearten ist man doch auch in der Lage, die Personenzahlen und die Ausfuhrziffern strikt zu vergleichen. Die Statistik des Deutschen Reichs

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/566>, abgerufen am 24.07.2024.