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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Line plattdeutsche Dichterin

Es ist bezeichnend, daß von den vier Strüzings (Sträußen), in die Marx
Möller die neue Sammlung eingeteilt hat, das ganze erste, das fast ein
Drittel des Buches einnimmt, der Vogelwelt gilt ("Ut de Vagelwelt"). Ich
erwähne daraus zunächst "De Kullehahn" (Truthahn), worin das Wesen dieses
Protzigen Vogels mit seltner Anschaulichkeit geschildert ist; in Einzelzügen
erinnert es an ein reizendes erst in den letzten Jahren bekannt gewordnes
Geburtstagsgedicht Fritz Reuters an den damaligen Grafen Vismarck bei der
Überreichung eines Truthahns aus der Provinz Posen. Sehr hübsch ist es
bei unsrer Dichterin, daß die ganze Schilderung einem kleinen Mädchen in
den Mund gelegt wird, das der Schwester den merkwürdigen Vogel zeigt.
Insofern konnte man dieses Gedicht, wie so manches andre, auch als
Kinderlied bezeichnen; aber geschrieben ist es eigentlich doch für Erwachsene.
So recht aus dem Kindergemüt heraus ist auch das folgende Gedicht
"Margreting un de Adebor" empfunden, während "Hänfling bi'n Nestbu" uns
Lebensweisheit durch Vogelmund lehrt, ebenso wie "Kukeruku" menschliches
Liebesglück unter dem Bilde der Vogelliebe schildert und in "Duwenmudder"
eine schöne Symbolik ähnlicher Art herrscht. Ein von feinster Beobachtung
zeugendes und wahrhaft wohlthuend berührendes Stück ist "De Kluck mit
Ahnden" (Enten). Am Schlüsse tröstet die Dichterin die Henne, die über die
unbegreifliche und in ihren Augen gefährliche Vorliebe der jungen Enten für
das Wasser des Teiches betrübt ist, mit den Worten:

Wie neckisch und voll echten Humors ist ferner "Ärwtenbesäuk" ("Erbsen¬
besuch"), während "Vagel in'n Winter" und "Kreigenled" ("Krähenlied") uns
Vogelbilder aus der kalten Jahreszeit vorführen. Im ersten Gedicht ant¬
wortet ein Vogel auf die besorgte Frage:

mit heiterm Sinn:


Grenzboten IV 1898 L7
Line plattdeutsche Dichterin

Es ist bezeichnend, daß von den vier Strüzings (Sträußen), in die Marx
Möller die neue Sammlung eingeteilt hat, das ganze erste, das fast ein
Drittel des Buches einnimmt, der Vogelwelt gilt („Ut de Vagelwelt"). Ich
erwähne daraus zunächst „De Kullehahn" (Truthahn), worin das Wesen dieses
Protzigen Vogels mit seltner Anschaulichkeit geschildert ist; in Einzelzügen
erinnert es an ein reizendes erst in den letzten Jahren bekannt gewordnes
Geburtstagsgedicht Fritz Reuters an den damaligen Grafen Vismarck bei der
Überreichung eines Truthahns aus der Provinz Posen. Sehr hübsch ist es
bei unsrer Dichterin, daß die ganze Schilderung einem kleinen Mädchen in
den Mund gelegt wird, das der Schwester den merkwürdigen Vogel zeigt.
Insofern konnte man dieses Gedicht, wie so manches andre, auch als
Kinderlied bezeichnen; aber geschrieben ist es eigentlich doch für Erwachsene.
So recht aus dem Kindergemüt heraus ist auch das folgende Gedicht
»Margreting un de Adebor" empfunden, während „Hänfling bi'n Nestbu" uns
Lebensweisheit durch Vogelmund lehrt, ebenso wie „Kukeruku" menschliches
Liebesglück unter dem Bilde der Vogelliebe schildert und in „Duwenmudder"
eine schöne Symbolik ähnlicher Art herrscht. Ein von feinster Beobachtung
zeugendes und wahrhaft wohlthuend berührendes Stück ist „De Kluck mit
Ahnden" (Enten). Am Schlüsse tröstet die Dichterin die Henne, die über die
unbegreifliche und in ihren Augen gefährliche Vorliebe der jungen Enten für
das Wasser des Teiches betrübt ist, mit den Worten:

Wie neckisch und voll echten Humors ist ferner „Ärwtenbesäuk" („Erbsen¬
besuch"), während „Vagel in'n Winter" und „Kreigenled" („Krähenlied") uns
Vogelbilder aus der kalten Jahreszeit vorführen. Im ersten Gedicht ant¬
wortet ein Vogel auf die besorgte Frage:

mit heiterm Sinn:


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[0540] Line plattdeutsche Dichterin Es ist bezeichnend, daß von den vier Strüzings (Sträußen), in die Marx Möller die neue Sammlung eingeteilt hat, das ganze erste, das fast ein Drittel des Buches einnimmt, der Vogelwelt gilt („Ut de Vagelwelt"). Ich erwähne daraus zunächst „De Kullehahn" (Truthahn), worin das Wesen dieses Protzigen Vogels mit seltner Anschaulichkeit geschildert ist; in Einzelzügen erinnert es an ein reizendes erst in den letzten Jahren bekannt gewordnes Geburtstagsgedicht Fritz Reuters an den damaligen Grafen Vismarck bei der Überreichung eines Truthahns aus der Provinz Posen. Sehr hübsch ist es bei unsrer Dichterin, daß die ganze Schilderung einem kleinen Mädchen in den Mund gelegt wird, das der Schwester den merkwürdigen Vogel zeigt. Insofern konnte man dieses Gedicht, wie so manches andre, auch als Kinderlied bezeichnen; aber geschrieben ist es eigentlich doch für Erwachsene. So recht aus dem Kindergemüt heraus ist auch das folgende Gedicht »Margreting un de Adebor" empfunden, während „Hänfling bi'n Nestbu" uns Lebensweisheit durch Vogelmund lehrt, ebenso wie „Kukeruku" menschliches Liebesglück unter dem Bilde der Vogelliebe schildert und in „Duwenmudder" eine schöne Symbolik ähnlicher Art herrscht. Ein von feinster Beobachtung zeugendes und wahrhaft wohlthuend berührendes Stück ist „De Kluck mit Ahnden" (Enten). Am Schlüsse tröstet die Dichterin die Henne, die über die unbegreifliche und in ihren Augen gefährliche Vorliebe der jungen Enten für das Wasser des Teiches betrübt ist, mit den Worten: Wie neckisch und voll echten Humors ist ferner „Ärwtenbesäuk" („Erbsen¬ besuch"), während „Vagel in'n Winter" und „Kreigenled" („Krähenlied") uns Vogelbilder aus der kalten Jahreszeit vorführen. Im ersten Gedicht ant¬ wortet ein Vogel auf die besorgte Frage: mit heiterm Sinn: Grenzboten IV 1898 L7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/540>, abgerufen am 12.12.2024.