Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.hundert Jahre Landwirtschaft in Deutschland die Gesamtheit ansah, hielt ein Vertreter der Staatswissenschaften, der Leipziger Von der Zeit ab. schreibt Elsner, wo die Güter in andre und bessere ") In Holstein und Mecklenburg wurde die Hufe in eine Anzahl um Schlägen oder
Koppeln geteilt, die man mit Hecken (Knicks) und Gräben umgab, um das Vieh am Ausbrechen ZU hindern; jede Koppel wurde eine Anzahl von Jahren als Weide und dann nach einer be¬ stimmten Fruchtfolge als Acker benutzt. hundert Jahre Landwirtschaft in Deutschland die Gesamtheit ansah, hielt ein Vertreter der Staatswissenschaften, der Leipziger Von der Zeit ab. schreibt Elsner, wo die Güter in andre und bessere ") In Holstein und Mecklenburg wurde die Hufe in eine Anzahl um Schlägen oder
Koppeln geteilt, die man mit Hecken (Knicks) und Gräben umgab, um das Vieh am Ausbrechen ZU hindern; jede Koppel wurde eine Anzahl von Jahren als Weide und dann nach einer be¬ stimmten Fruchtfolge als Acker benutzt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0530" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229479"/> <fw type="header" place="top"> hundert Jahre Landwirtschaft in Deutschland</fw><lb/> <p xml:id="ID_1570" prev="#ID_1569"> die Gesamtheit ansah, hielt ein Vertreter der Staatswissenschaften, der Leipziger<lb/> Professor Friedrich Butan, in seiner Schrift: Der Staat und der Landbau<lb/> (1833) die Thatsache entgegen, daß bei freier Bewegung der Güter, die den<lb/> Tüchtigen an die richtige Stelle bringe, der Nutzen der Gesamtheit die Schä¬<lb/> digung Einzelner bei weitem überwiege. Thüren hatte den vom privatwirtschaft¬<lb/> lichen Standpunkte aus richtigen Grundsatz aufgestellt, daß es dem Landwirt<lb/> nicht so sehr auf dem Rohertrag als auf den Reinertrag ankomme, und daß<lb/> daher in Gegenden, wo die intensive Kultur zu kostspielig ist, die extensive<lb/> Uwählt werden müsse, wie denn auch Mecklenburg, als es die Dreifelderwirt¬<lb/> schaft verließ, statt der Fruchtwechselwirtschaft die Koppelwirtschaft*) gewählt<lb/> hat; erst in unserm Tagen, schrieb Nvdbertus 1847, und nur sporadisch, be¬<lb/> reitet sich dort der Übergang in die Fruchtwechselwirtschaft vor. Butan erklärt<lb/> nun: „Der Bruttoertrag ist es. von dessen Größe der Flor des National¬<lb/> wohlstandes abhängt. Was kümmert es die Gesellschaft, ob Einzelne einen<lb/> höhern oder geringern Gewinn von ihren Besitzungen ziehen? Der kleine Wirt,<lb/> der mehr um sich zu nähren, als auf den Verkauf baut, freut sich wohlfeiler<lb/> Zeiten, reicher Produktion. Der große Gutsherr ist wohl über den geringen<lb/> Ertrag froh, wenn er durch hohen Preis wertvoll wird." In der That be¬<lb/> deutet Teuerung nicht selten ein Glück für den Rittergutsbesitzer und den Gro߬<lb/> dauern, für das Volk niemals. Die Wohlfeilheit der zwanziger Jahre ent¬<lb/> sprang, wie nach einer Arbeit von Kuhne 1826 Merkel in den Schlesischen<lb/> Provinzialblättern nachwies, den durch Vermehrung der Anbaufläche und inten¬<lb/> sivere Bewirtschaftung gesteigerten Ernteertrügen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1571" next="#ID_1572"> Von der Zeit ab. schreibt Elsner, wo die Güter in andre und bessere<lb/> Hände gekommen waren, d. h. von den dreißiger Jahren ab. datirt der rasche<lb/> Fortschritt der Landwirtschaft, an dem nun die frei gewordnen Bauern teil¬<lb/> nahmen. In der Bauernbefreiung waren die übrigen deutschen Staaten Preußen<lb/> teils vorausgegangen, teils folgten sie bald nach; am spätesten das Königreich<lb/> Sachsen, das nach Langcthal das intelligenteste Volk und die reaktionärste<lb/> Regierung hatte, die mit der Ablösung so lange zögerte, bis sie durch Bauern¬<lb/> unruhen dazu gezwungen wurde. Während die englische Kornbill noch auf die<lb/> Getreideproduktivn im Osten drückte —der Westen führte Schlachtvieh nach Frank¬<lb/> reich ans und exportirte auch Getreide nach Holland und der Schweiz —, half<lb/> sich dort die intelligente jüngere Generation von Landwirten zunächst mit der<lb/> Schafzucht; nach Aufhebung der Kontinentalsperre erschienen die Engländer<lb/> wieder auf den Wvllmärkten. und die Wolle der veredelten deutscheu Schafe<lb/> wurde mit Gewinn nach England verlauft. Sachsen und Schlesien gingen</p><lb/> <note xml:id="FID_53" place="foot"> ") In Holstein und Mecklenburg wurde die Hufe in eine Anzahl um Schlägen oder<lb/> Koppeln geteilt, die man mit Hecken (Knicks) und Gräben umgab, um das Vieh am Ausbrechen<lb/> ZU hindern; jede Koppel wurde eine Anzahl von Jahren als Weide und dann nach einer be¬<lb/> stimmten Fruchtfolge als Acker benutzt.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0530]
hundert Jahre Landwirtschaft in Deutschland
die Gesamtheit ansah, hielt ein Vertreter der Staatswissenschaften, der Leipziger
Professor Friedrich Butan, in seiner Schrift: Der Staat und der Landbau
(1833) die Thatsache entgegen, daß bei freier Bewegung der Güter, die den
Tüchtigen an die richtige Stelle bringe, der Nutzen der Gesamtheit die Schä¬
digung Einzelner bei weitem überwiege. Thüren hatte den vom privatwirtschaft¬
lichen Standpunkte aus richtigen Grundsatz aufgestellt, daß es dem Landwirt
nicht so sehr auf dem Rohertrag als auf den Reinertrag ankomme, und daß
daher in Gegenden, wo die intensive Kultur zu kostspielig ist, die extensive
Uwählt werden müsse, wie denn auch Mecklenburg, als es die Dreifelderwirt¬
schaft verließ, statt der Fruchtwechselwirtschaft die Koppelwirtschaft*) gewählt
hat; erst in unserm Tagen, schrieb Nvdbertus 1847, und nur sporadisch, be¬
reitet sich dort der Übergang in die Fruchtwechselwirtschaft vor. Butan erklärt
nun: „Der Bruttoertrag ist es. von dessen Größe der Flor des National¬
wohlstandes abhängt. Was kümmert es die Gesellschaft, ob Einzelne einen
höhern oder geringern Gewinn von ihren Besitzungen ziehen? Der kleine Wirt,
der mehr um sich zu nähren, als auf den Verkauf baut, freut sich wohlfeiler
Zeiten, reicher Produktion. Der große Gutsherr ist wohl über den geringen
Ertrag froh, wenn er durch hohen Preis wertvoll wird." In der That be¬
deutet Teuerung nicht selten ein Glück für den Rittergutsbesitzer und den Gro߬
dauern, für das Volk niemals. Die Wohlfeilheit der zwanziger Jahre ent¬
sprang, wie nach einer Arbeit von Kuhne 1826 Merkel in den Schlesischen
Provinzialblättern nachwies, den durch Vermehrung der Anbaufläche und inten¬
sivere Bewirtschaftung gesteigerten Ernteertrügen.
Von der Zeit ab. schreibt Elsner, wo die Güter in andre und bessere
Hände gekommen waren, d. h. von den dreißiger Jahren ab. datirt der rasche
Fortschritt der Landwirtschaft, an dem nun die frei gewordnen Bauern teil¬
nahmen. In der Bauernbefreiung waren die übrigen deutschen Staaten Preußen
teils vorausgegangen, teils folgten sie bald nach; am spätesten das Königreich
Sachsen, das nach Langcthal das intelligenteste Volk und die reaktionärste
Regierung hatte, die mit der Ablösung so lange zögerte, bis sie durch Bauern¬
unruhen dazu gezwungen wurde. Während die englische Kornbill noch auf die
Getreideproduktivn im Osten drückte —der Westen führte Schlachtvieh nach Frank¬
reich ans und exportirte auch Getreide nach Holland und der Schweiz —, half
sich dort die intelligente jüngere Generation von Landwirten zunächst mit der
Schafzucht; nach Aufhebung der Kontinentalsperre erschienen die Engländer
wieder auf den Wvllmärkten. und die Wolle der veredelten deutscheu Schafe
wurde mit Gewinn nach England verlauft. Sachsen und Schlesien gingen
") In Holstein und Mecklenburg wurde die Hufe in eine Anzahl um Schlägen oder
Koppeln geteilt, die man mit Hecken (Knicks) und Gräben umgab, um das Vieh am Ausbrechen
ZU hindern; jede Koppel wurde eine Anzahl von Jahren als Weide und dann nach einer be¬
stimmten Fruchtfolge als Acker benutzt.
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