Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Praxiteles Polizei, denn eine solche giebt es in der Regel nicht, sondern aus Angst vor Praxiteles ch Grenzboten IV 18S8 M
Praxiteles Polizei, denn eine solche giebt es in der Regel nicht, sondern aus Angst vor Praxiteles ch Grenzboten IV 18S8 M
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Praxiteles
Polizei, denn eine solche giebt es in der Regel nicht, sondern aus Angst vor
übler Nachrede, da hier alle Menschen bekannt sind. Geht man auf der Straße,
so muß man in jedes Fenster hineingrüßen, wo gewöhnlich eine alte Dame
sitzt und wiedergrüßt. Man muß auch jeden grüßen, dem man begegnet, denn
alle diese stillen Menschen denken darüber nach, was sich im allgemeinen und
im besondern schickt. Wer das Maß überschreitet, das seinem Stand oder
seiner Stellung gesetzt ist, verliert seinen guten Ruf, denn man kennt ihn und
seine Voreltern und forscht dann, ob sich in der Familie schon früher etwas
unschickliches gezeigt habe. — Das ist ans dem Eingang zum „Fischermädchen."
Einladend, nicht wahr? Und noch eins zum Schluß! In diesen Geschichten
finden sich keine Schlüpfrigkeiten, in denen die neuesten norwegischen Erzähler
ihre Erfindungskraft erschöpfen. Wir sehen also aus dem Jugendwerk des
Meisters, es geht auch ohne das, und so zeigt sich anch hier wieder, wie so
oft, dem Neuen das Alte überlegen.
Praxiteles
ch
on lange vor der Auffindung des Hermes in Olympia war der
Name Praxiteles im großen Publikum oder doch bei den Mensche»,
die für Werke der bildenden Kunst Verständnis haben oder dafür
wenigstens äußeres Interesse zeigen, der geläufigste unter allen
Künstlernamen des klassischen Altertums. Man machte sich wohl
eine dunkle Vorstellung von dem erhabnen Phidias, dem strengen
Polyklet und dem realistischen Erzbildner Lysippos, man kannte auch die Anek¬
doten, die die antiken Schriftsteller von Zeuxis, Parrhasios und Apelles über¬
liefert haben, aber populär, d. h. im Munde der Leute, die über Kunst nach¬
dachten und darüber sprachen, war eigentlich nur Praxiteles. Es darf jedoch nicht
verschwiegen werden, daß besonders in unsrer Zeit das Verhältnis des griechischen
Bildhauers zu jener Frauengestalt, deren Name im Laufe der Jahrhunderte
bei allen Kulturvölkern ein Gattungsbegriff geworden ist, wesentlich zu seiner
Popularität beigetragen hat, und wohl alle berühmten Venusstatuen, die aus
altem Besitz und aus neuen Ausgrabungen öffentlichen Museen und Privat¬
sammlungen zugewachsen sind, hat man daraufhin gemustert, ob doch nicht die
eine oder die andre die Gestalt der Phryne enthalte, die Praxiteles als Modell
gedient hat. Man hat sich dabei in dem weiten Kreise bewegt, der durch die
kapitolinische Venus, die Venus von Milo und die Medieeerin umschrieben
^vird, und wenn auch von der letzten allmählich der Nimbus gefallen ist, mit
dem sie Enthusiasten aus allen Ländern seit der Mitte des vorigen Jahr¬
hunderts umgeben haben, so ist doch die melische Venus bis vor kurzer Zeit
noch eine ernsthafte Bewerberin um den Ruhm geblieben, einem Urbilde des
Praxiteles nahe zu stehen. Vor der Forschung unsrer Tage hat von diesen
Grenzboten IV 18S8 M
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