l e innervsterreichischc Politik ist auf einem Punkt angelangt, der die Deutschen gebieterisch zur Sammlung mahnt, denn es kann sich auch der denkträgste und vertrauensseligste von ihnen nicht verhehlen, daß es ans die Ausschließung der Deutschen vom politischen Einfluß und auf die Unterdrückung der deutschen Sprache und des deutschen Volksbewußtseins mit allen Mitteln der Negierungs- gi-'walt abgesehen ist. Es war das Verhängnis der Deutschen Österreichs, daß sie die Gefahr, die sie seit Jahrzehnten umgiebt, so spät in ihrer ganzen Schwere erkannt haben. Ja noch heute giebt es trotz Taaffe, Badeni und Thun brave Männer unter ihnen, die meinen, an der ja noch bestehenden Verfassung und schlimmstenfalls am Kaiser die Gewähr zu haben, daß es nicht zum Äußersten komme, daß ihnen der Verzweiflungskampf gegen die ihnen von der Krone setzte Obrigkeit erspart werde. Diese Leute, die auch heute noch in den Reihen der Deutschen zwar nicht mehr das große Wort führen wie ehedem, "der doch noch immer entscheidenden Einfluß ausüben, haben es nicht erkannt, ^"ß von allem Anfang an außer ihnen kein Mensch in Österreich die Dezember- ^rfassnng für heilig und für etwas mehr gehalten hat als für ein Aushilfs- wittel, das man der Welt nur so lange als eine dauernde politische Einrichtung Kvrspiegelte, als man sich nicht stark genug wußte, sie wieder zu beseitigen Die Badenische Politik, die Graf Thun so gewaltthätig fortsetzt, hat ihre lange Vorgeschichte, die auffälligerweise noch nicht geschrieben worden ist. Sie in U)ren Hauptzügen kennen zu lernen, ist unerläßlich, wenn man beurteilen will, "l> die Deutschen Österreichs zu tadeln sind, wenn sie der jetzigen Regierungs- weise den Kampf bis aufs äußerste ansagen, und ob es für das Deutsche Reich gleichgiltig ist. daß acht Millionen Deutsche in Österreich politisch einflußlos und national stumm gemacht werden."
Grenzboten IV 1808 , 49
Österreichisches
l e innervsterreichischc Politik ist auf einem Punkt angelangt, der die Deutschen gebieterisch zur Sammlung mahnt, denn es kann sich auch der denkträgste und vertrauensseligste von ihnen nicht verhehlen, daß es ans die Ausschließung der Deutschen vom politischen Einfluß und auf die Unterdrückung der deutschen Sprache und des deutschen Volksbewußtseins mit allen Mitteln der Negierungs- gi-'walt abgesehen ist. Es war das Verhängnis der Deutschen Österreichs, daß sie die Gefahr, die sie seit Jahrzehnten umgiebt, so spät in ihrer ganzen Schwere erkannt haben. Ja noch heute giebt es trotz Taaffe, Badeni und Thun brave Männer unter ihnen, die meinen, an der ja noch bestehenden Verfassung und schlimmstenfalls am Kaiser die Gewähr zu haben, daß es nicht zum Äußersten komme, daß ihnen der Verzweiflungskampf gegen die ihnen von der Krone setzte Obrigkeit erspart werde. Diese Leute, die auch heute noch in den Reihen der Deutschen zwar nicht mehr das große Wort führen wie ehedem, "der doch noch immer entscheidenden Einfluß ausüben, haben es nicht erkannt, ^"ß von allem Anfang an außer ihnen kein Mensch in Österreich die Dezember- ^rfassnng für heilig und für etwas mehr gehalten hat als für ein Aushilfs- wittel, das man der Welt nur so lange als eine dauernde politische Einrichtung Kvrspiegelte, als man sich nicht stark genug wußte, sie wieder zu beseitigen Die Badenische Politik, die Graf Thun so gewaltthätig fortsetzt, hat ihre lange Vorgeschichte, die auffälligerweise noch nicht geschrieben worden ist. Sie in U)ren Hauptzügen kennen zu lernen, ist unerläßlich, wenn man beurteilen will, "l> die Deutschen Österreichs zu tadeln sind, wenn sie der jetzigen Regierungs- weise den Kampf bis aufs äußerste ansagen, und ob es für das Deutsche Reich gleichgiltig ist. daß acht Millionen Deutsche in Österreich politisch einflußlos und national stumm gemacht werden."
Grenzboten IV 1808 , 49
<TEI><text><body><div><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0396"corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229345"/><figurefacs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341867_228947/figures/grenzboten_341867_228947_229345_000.jpg"/><lb/></div></div><divn="1"><head> Österreichisches</head><lb/><pxml:id="ID_1100"> l<lb/>
e innervsterreichischc Politik ist auf einem Punkt angelangt, der<lb/>
die Deutschen gebieterisch zur Sammlung mahnt, denn es kann<lb/>
sich auch der denkträgste und vertrauensseligste von ihnen nicht<lb/>
verhehlen, daß es ans die Ausschließung der Deutschen vom<lb/>
politischen Einfluß und auf die Unterdrückung der deutschen<lb/>
Sprache und des deutschen Volksbewußtseins mit allen Mitteln der Negierungs-<lb/>
gi-'walt abgesehen ist. Es war das Verhängnis der Deutschen Österreichs, daß<lb/>
sie die Gefahr, die sie seit Jahrzehnten umgiebt, so spät in ihrer ganzen Schwere<lb/>
erkannt haben. Ja noch heute giebt es trotz Taaffe, Badeni und Thun brave<lb/>
Männer unter ihnen, die meinen, an der ja noch bestehenden Verfassung und<lb/>
schlimmstenfalls am Kaiser die Gewähr zu haben, daß es nicht zum Äußersten<lb/>
komme, daß ihnen der Verzweiflungskampf gegen die ihnen von der Krone<lb/>
setzte Obrigkeit erspart werde. Diese Leute, die auch heute noch in den<lb/>
Reihen der Deutschen zwar nicht mehr das große Wort führen wie ehedem,<lb/>
"der doch noch immer entscheidenden Einfluß ausüben, haben es nicht erkannt,<lb/>
^"ß von allem Anfang an außer ihnen kein Mensch in Österreich die Dezember-<lb/>
^rfassnng für heilig und für etwas mehr gehalten hat als für ein Aushilfs-<lb/>
wittel, das man der Welt nur so lange als eine dauernde politische Einrichtung<lb/>
Kvrspiegelte, als man sich nicht stark genug wußte, sie wieder zu beseitigen<lb/>
Die Badenische Politik, die Graf Thun so gewaltthätig fortsetzt, hat ihre lange<lb/>
Vorgeschichte, die auffälligerweise noch nicht geschrieben worden ist. Sie in<lb/>
U)ren Hauptzügen kennen zu lernen, ist unerläßlich, wenn man beurteilen will,<lb/>
"l> die Deutschen Österreichs zu tadeln sind, wenn sie der jetzigen Regierungs-<lb/>
weise den Kampf bis aufs äußerste ansagen, und ob es für das Deutsche Reich<lb/>
gleichgiltig ist. daß acht Millionen Deutsche in Österreich politisch einflußlos<lb/>
und national stumm gemacht werden."</p><lb/><fwtype="sig"place="bottom"> Grenzboten IV 1808 , 49</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[0396]
[Abbildung]
Österreichisches
l
e innervsterreichischc Politik ist auf einem Punkt angelangt, der
die Deutschen gebieterisch zur Sammlung mahnt, denn es kann
sich auch der denkträgste und vertrauensseligste von ihnen nicht
verhehlen, daß es ans die Ausschließung der Deutschen vom
politischen Einfluß und auf die Unterdrückung der deutschen
Sprache und des deutschen Volksbewußtseins mit allen Mitteln der Negierungs-
gi-'walt abgesehen ist. Es war das Verhängnis der Deutschen Österreichs, daß
sie die Gefahr, die sie seit Jahrzehnten umgiebt, so spät in ihrer ganzen Schwere
erkannt haben. Ja noch heute giebt es trotz Taaffe, Badeni und Thun brave
Männer unter ihnen, die meinen, an der ja noch bestehenden Verfassung und
schlimmstenfalls am Kaiser die Gewähr zu haben, daß es nicht zum Äußersten
komme, daß ihnen der Verzweiflungskampf gegen die ihnen von der Krone
setzte Obrigkeit erspart werde. Diese Leute, die auch heute noch in den
Reihen der Deutschen zwar nicht mehr das große Wort führen wie ehedem,
"der doch noch immer entscheidenden Einfluß ausüben, haben es nicht erkannt,
^"ß von allem Anfang an außer ihnen kein Mensch in Österreich die Dezember-
^rfassnng für heilig und für etwas mehr gehalten hat als für ein Aushilfs-
wittel, das man der Welt nur so lange als eine dauernde politische Einrichtung
Kvrspiegelte, als man sich nicht stark genug wußte, sie wieder zu beseitigen
Die Badenische Politik, die Graf Thun so gewaltthätig fortsetzt, hat ihre lange
Vorgeschichte, die auffälligerweise noch nicht geschrieben worden ist. Sie in
U)ren Hauptzügen kennen zu lernen, ist unerläßlich, wenn man beurteilen will,
"l> die Deutschen Österreichs zu tadeln sind, wenn sie der jetzigen Regierungs-
weise den Kampf bis aufs äußerste ansagen, und ob es für das Deutsche Reich
gleichgiltig ist. daß acht Millionen Deutsche in Österreich politisch einflußlos
und national stumm gemacht werden."
Grenzboten IV 1808 , 49
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;
Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/396>, abgerufen am 12.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.