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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Über das Alter der französischen Generale

Schwierigkeiten, großenteils politischer Natur, da man fürchtet, daß sich ein
Generalissimus leicht zum Diktator entwickeln könne. Andre Schwierigkeiten
liegen in der Gesetzgebung, die die aktive Dienstleistung eines Generals im
Frieden nur bis zu einem gewissen Alter zuläßt. In dieser Hinsicht sind die Avcmce-
mentsverhültnisse in der französischen Armee von den unsrigen wesentlich ver¬
schieden; es giebt keinen Kriegsherrn, dem die Personalia unterstellt sind,
sondern gewisse gesetzliche Bestimmungen mußten an die Stelle der persönlichen
Entscheidung treten. Die Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit ist
hierdurch in den Hintergrund gerückt worden.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Organisation der französischen
Generalität, die mit dem Gesamtnamcn Mg-t-rnsjor Zsnsral bezeichnet wird.
Er umfaßt: die Marschälle von Frankreich, die Divisionsgcneräle und die
Brigadegeneräle und zerfällt in zwei Abteilungen (Sektionen), deren erste die
aktiven und zur Disposition stehenden, die zweite die in die Reserve übergctretnen
Generäle umfaßt. Der Übertritt aus der ersten in die zweite Sektion erfolgt im
Prinzip durch die Erreichung eines bestimmten Alters, das für die Divisionsgeneräle
auf das fünfundsechzigste, für die Brigadegeneräle auf das zweiundsechzigste
Lebensjahr festgesetzt ist (limites ä'ZM). Die "Marschälle von Frankreich" sind
einer Altersgrenze nicht unterworfen; zur Zeit giebt es aber keine, da von den
vier Marschüllcn, die während des deutsch-französischen Krieges der aktiven
Armee angehörten, Bazaine, Mac Mensor, Canrobert und Le Voeuf, keiner
mehr am Leben ist, und seitdem diese Würde nicht mehr verliehen wurde, ge¬
treu dem bekannten Ausspruch des Generals Chanzy: Hus oslui cM g-indi-
ticmns lo llatoir as MÄrssnAl filis 1s ollsrsllsr an cista 6u illum. Nach dem
Gesetze vom Jahre 1839, dem letzten, das die Ernennung von Marschüllen
behandelt, war ihre Zahl in Friedenszeiten auf sechs, im Kriege auf zwölf
beschränkt.

Die Zahl der Generäle der ersten Sektion ist durch das Gesetz vom
25. Juli 1893 auf 110 Divisions- und 220 Brigndegeneräle festgesetzt worden.
Ein längeres Bleiben in der ersten Sektion, als es die eben angegebne Alters¬
grenze bestimmt, ist für die Divisionsgeneräle nur möglich, wenn sie dem
Vaterlande hervorragende Dienste vor dem Feinde geleistet haben, entweder
als selbständige Kommandanten <Loirimauc1g.mes su ollst) einer Armee oder eines
Armeekorps, das aus Divistonen verschiedner Waffen zusammengesetzt war, oder
endlich als Kommandanten der Artillerie oder der Genietruppen in einer aus
mehreren Armeekorps bestehenden Armee. Diese Divisionsgeneräle bleiben dann
bis zu ihrem siebzigsten Lebensjahre in der aktiven Armee (eaärs ä'itvtivitv)
und können jederzeit verwandt werden; nach dem siebzigsten Jahre werden sie
außer Aktivität gesetzt und in ihrem Grade ersetzt (plaess llors oaärss se rsm-
xlaoss äg.n8 Isur ^g.as). Eine Versetzung in die Reserve vor der Erreichung
der Altersgrenze ist nur möglich, wenn der Gesundheitszustand des Betreffenden


Über das Alter der französischen Generale

Schwierigkeiten, großenteils politischer Natur, da man fürchtet, daß sich ein
Generalissimus leicht zum Diktator entwickeln könne. Andre Schwierigkeiten
liegen in der Gesetzgebung, die die aktive Dienstleistung eines Generals im
Frieden nur bis zu einem gewissen Alter zuläßt. In dieser Hinsicht sind die Avcmce-
mentsverhültnisse in der französischen Armee von den unsrigen wesentlich ver¬
schieden; es giebt keinen Kriegsherrn, dem die Personalia unterstellt sind,
sondern gewisse gesetzliche Bestimmungen mußten an die Stelle der persönlichen
Entscheidung treten. Die Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit ist
hierdurch in den Hintergrund gerückt worden.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Organisation der französischen
Generalität, die mit dem Gesamtnamcn Mg-t-rnsjor Zsnsral bezeichnet wird.
Er umfaßt: die Marschälle von Frankreich, die Divisionsgcneräle und die
Brigadegeneräle und zerfällt in zwei Abteilungen (Sektionen), deren erste die
aktiven und zur Disposition stehenden, die zweite die in die Reserve übergctretnen
Generäle umfaßt. Der Übertritt aus der ersten in die zweite Sektion erfolgt im
Prinzip durch die Erreichung eines bestimmten Alters, das für die Divisionsgeneräle
auf das fünfundsechzigste, für die Brigadegeneräle auf das zweiundsechzigste
Lebensjahr festgesetzt ist (limites ä'ZM). Die „Marschälle von Frankreich" sind
einer Altersgrenze nicht unterworfen; zur Zeit giebt es aber keine, da von den
vier Marschüllcn, die während des deutsch-französischen Krieges der aktiven
Armee angehörten, Bazaine, Mac Mensor, Canrobert und Le Voeuf, keiner
mehr am Leben ist, und seitdem diese Würde nicht mehr verliehen wurde, ge¬
treu dem bekannten Ausspruch des Generals Chanzy: Hus oslui cM g-indi-
ticmns lo llatoir as MÄrssnAl filis 1s ollsrsllsr an cista 6u illum. Nach dem
Gesetze vom Jahre 1839, dem letzten, das die Ernennung von Marschüllen
behandelt, war ihre Zahl in Friedenszeiten auf sechs, im Kriege auf zwölf
beschränkt.

Die Zahl der Generäle der ersten Sektion ist durch das Gesetz vom
25. Juli 1893 auf 110 Divisions- und 220 Brigndegeneräle festgesetzt worden.
Ein längeres Bleiben in der ersten Sektion, als es die eben angegebne Alters¬
grenze bestimmt, ist für die Divisionsgeneräle nur möglich, wenn sie dem
Vaterlande hervorragende Dienste vor dem Feinde geleistet haben, entweder
als selbständige Kommandanten <Loirimauc1g.mes su ollst) einer Armee oder eines
Armeekorps, das aus Divistonen verschiedner Waffen zusammengesetzt war, oder
endlich als Kommandanten der Artillerie oder der Genietruppen in einer aus
mehreren Armeekorps bestehenden Armee. Diese Divisionsgeneräle bleiben dann
bis zu ihrem siebzigsten Lebensjahre in der aktiven Armee (eaärs ä'itvtivitv)
und können jederzeit verwandt werden; nach dem siebzigsten Jahre werden sie
außer Aktivität gesetzt und in ihrem Grade ersetzt (plaess llors oaärss se rsm-
xlaoss äg.n8 Isur ^g.as). Eine Versetzung in die Reserve vor der Erreichung
der Altersgrenze ist nur möglich, wenn der Gesundheitszustand des Betreffenden


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[0612] Über das Alter der französischen Generale Schwierigkeiten, großenteils politischer Natur, da man fürchtet, daß sich ein Generalissimus leicht zum Diktator entwickeln könne. Andre Schwierigkeiten liegen in der Gesetzgebung, die die aktive Dienstleistung eines Generals im Frieden nur bis zu einem gewissen Alter zuläßt. In dieser Hinsicht sind die Avcmce- mentsverhültnisse in der französischen Armee von den unsrigen wesentlich ver¬ schieden; es giebt keinen Kriegsherrn, dem die Personalia unterstellt sind, sondern gewisse gesetzliche Bestimmungen mußten an die Stelle der persönlichen Entscheidung treten. Die Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit ist hierdurch in den Hintergrund gerückt worden. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Organisation der französischen Generalität, die mit dem Gesamtnamcn Mg-t-rnsjor Zsnsral bezeichnet wird. Er umfaßt: die Marschälle von Frankreich, die Divisionsgcneräle und die Brigadegeneräle und zerfällt in zwei Abteilungen (Sektionen), deren erste die aktiven und zur Disposition stehenden, die zweite die in die Reserve übergctretnen Generäle umfaßt. Der Übertritt aus der ersten in die zweite Sektion erfolgt im Prinzip durch die Erreichung eines bestimmten Alters, das für die Divisionsgeneräle auf das fünfundsechzigste, für die Brigadegeneräle auf das zweiundsechzigste Lebensjahr festgesetzt ist (limites ä'ZM). Die „Marschälle von Frankreich" sind einer Altersgrenze nicht unterworfen; zur Zeit giebt es aber keine, da von den vier Marschüllcn, die während des deutsch-französischen Krieges der aktiven Armee angehörten, Bazaine, Mac Mensor, Canrobert und Le Voeuf, keiner mehr am Leben ist, und seitdem diese Würde nicht mehr verliehen wurde, ge¬ treu dem bekannten Ausspruch des Generals Chanzy: Hus oslui cM g-indi- ticmns lo llatoir as MÄrssnAl filis 1s ollsrsllsr an cista 6u illum. Nach dem Gesetze vom Jahre 1839, dem letzten, das die Ernennung von Marschüllen behandelt, war ihre Zahl in Friedenszeiten auf sechs, im Kriege auf zwölf beschränkt. Die Zahl der Generäle der ersten Sektion ist durch das Gesetz vom 25. Juli 1893 auf 110 Divisions- und 220 Brigndegeneräle festgesetzt worden. Ein längeres Bleiben in der ersten Sektion, als es die eben angegebne Alters¬ grenze bestimmt, ist für die Divisionsgeneräle nur möglich, wenn sie dem Vaterlande hervorragende Dienste vor dem Feinde geleistet haben, entweder als selbständige Kommandanten <Loirimauc1g.mes su ollst) einer Armee oder eines Armeekorps, das aus Divistonen verschiedner Waffen zusammengesetzt war, oder endlich als Kommandanten der Artillerie oder der Genietruppen in einer aus mehreren Armeekorps bestehenden Armee. Diese Divisionsgeneräle bleiben dann bis zu ihrem siebzigsten Lebensjahre in der aktiven Armee (eaärs ä'itvtivitv) und können jederzeit verwandt werden; nach dem siebzigsten Jahre werden sie außer Aktivität gesetzt und in ihrem Grade ersetzt (plaess llors oaärss se rsm- xlaoss äg.n8 Isur ^g.as). Eine Versetzung in die Reserve vor der Erreichung der Altersgrenze ist nur möglich, wenn der Gesundheitszustand des Betreffenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/612>, abgerufen am 28.07.2024.